Lebensdaten
1839 – 1909
Geburtsort
Braunau (Böhmen)
Sterbeort
Prag
Beruf/Funktion
Politiker ; Historiker ; Volksbildner
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118838040 | OGND | VIAF: 76414533
Namensvarianten
  • Lippert, Julius
  • Lippert, Ju.

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Lippert, Julius, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118838040.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Vinzenz ( 1852/53), Tuchscherer in B., aus Freiwaldau;
    M Josepha Schöns, Zieh-T d. Tuchscherers Joh. Mendel in B.;
    1865 Malvine ( 1904), T d. Kaufm. Johann Friedrich in Wien;
    1 S, 2 T.

  • Biographie

    L. besuchte das Gymnasium der Benediktiner in Braunau (Böhmen), danach das Obergymnasium und die Univ. Prag. Nach anfänglichem Jura-Studium wechselte er zu Geschichte, Philosophie und deutscher Philologie; seine Lehrer waren u. a. Konstantin Höfler, Wilh. Volkmann und Václav Vladivoj Tomek. Noch in seine Studentenzeit fiel die Gründung des „Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen“, an der L. zusammen mit Ludwig Schlesinger, Hermann Hallwich und anderen maßgeblich beteiligt war. In den „Mitteilungen“ dieses Vereins sollte er im Laufe der Jahre noch viele Beiträge veröffentlichen, ebenso in der „Sammlung gemeinnütziger Vorträge“ des „Vereins zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse“. 1863 wurde L. Professor an der Oberrealschule in Leitmeritz, 1869 in Budweis Leiter der mit einer Bürgerschule verbundenen Volksschule, 1872 Leiter der Kommunal-Oberrealschule. 1874 geriet er durch seine freisinnige und antiklerikale Einstellung mit Landesschulinspektor Pater Johann Maresch in Konflikt. Bei der Verstaatlichung der Lehranstalt wurde L. daher nicht in den Staatsdienst übernommen, was im Reichsrat und in der Presse großes Aufsehen erregte („Affaire Lippert“).

    Im Winter 1874/75 begab sich L. nach Deutschland, wo er im Dienste der durch Hermann Schulze-Delitzsch und andere gegründeten „Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung“ zunächst als Wanderlehrer, dann, nach dem Tode Franz Leibings im August 1875, als Generalsekretär in Berlin tätig war. Zugleich war er verantwortlicher Redakteur der von der Gesellschaft herausgegebenen Zeitschrift „Der Bildungsverein“, in der er sich mit zahlreichen Aufsätzen unterschiedlicher Thematik an die Leser wandte. 1885 kehrte er nach Böhmen zurück und wurde 1888 in das Abgeordnetenhaus des österr. Reichsrates gewählt, in dem er, dem Klub der Vereinigten deutschen Linken angehörend, bis 1891 blieb und sich besonders der Schulpolitik widmete. Im böhm. Landtag war L. schon einmal 1871/72 Abgeordneter gewesen, seit 1889 war er wieder Mitglied der böhm. Landesvertretung. Im Landesausschuß (seit 1891) betätigte er sich maßgeblich auf sozialpolitischer Ebene. 1895 erfolgte seine Ernennung zum Oberstlandmarschall-Stellvertreter des böhm. Landtagesges. Nach dem Erlaß der Badenischen Sprachenverordnungen 1897 trieb eine zunehmende Radikalisierung auf deutscher und tschech. Seite den in der Nationalitätenfrage für eine ausgleichende Politik eintretenden L. immer mehr in die Isolierung. Daher legte er 1898 sein Landtagsmandat und die damit verbundenen Ämter nieder. Neben einer politischen Tätigkeit hatte L. seine wissenschaftlichen und schriftstellerischen Arbeiten stets fortgeführt; in seinem letzten Lebensjahrzehnt verfaßte er vor allem zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften, z. B. in „Deutsche Arbeit“, herausgegeben von der „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur“, deren 2. Präsident er zeitweilig gewesen war.

    Ob als Liberaler, als Anhänger der Lehre Darwins oder als national denkender Deutscher in Böhmen – immer wahrte L. zu den jeweiligen Strömungen einen kritischen Abstand. Als Wissenschaftler beeinflußte er mit seiner „Kulturgeschichte der Menschheit in ihrem organischen Aufbau“ (2 Bde., 1886 f., russ. 1902, bulgar. 1910, engl. 1931) u. a. den amerikan. Soziologen William Graham Sumner in dessen Werk „Folkways“ (1906). Mit seinem anderen Hauptwerk, der „Sozialgeschichte Böhmens in vorhussitischer Zeit“ (2 Bde., 1896/98) schuf er neue Ansatzpunkte zu der damals noch jungen Wissenschaft der Sozialgeschichte.|

  • Auszeichnungen

    Orden d. Eisernen Krone III. Kl. (1898).

  • Werke

    Weitere W Gesch. d. Stadt Leitmeritz. 1871;
    Des Landmanns Gäste in Haus u. Hof, in Wiese u. Feld, 1875, ²1889;
    Die wilden Pflanzen d. Heimath, Eine Fibel d. Pflanzenkde. z. Belehrung u. Unterhaltung, 1876;
    Christentum, Volksglaube u. Volksbrauch, Geschichtl. Entwicklung ihres Vorstellungsinhaltes, 1882;
    Das Leben d. Vorfahren, Das Wesentliche e. dt. Culturgesch. ältester Zeit, 1882;
    Der Antisemitismus, in: Slg. gemeinnütziger Vorträge, Nr. 88, 1883;
    Dt. Festbräuche, 1884;
    Gesch. d. Fam., 1884 (russ. 1897);
    Das alte Mittelgebirgshaus in Böhmen u. s. Bautypus, in: Btrr. z. dt.-böhm. Volkskde. 1, H. 3, 1898;
    Hausbaustud. in. e. Kleinstadt (Braunau in Böhmen), ebd. 5, H. 1, 1903;
    J. L., Von ihm selbst, in: Dt. Arbeit 5, 1905/06, S. 25-34 (P);
    Bibelstunden e. modernen Laien, 1906, NF, Neues Testament, 1907.

  • Literatur

    Neue Freie Presse v. 13.11.1909, S. 1;
    Leitmeritzer Ztg. v. 17.11.1909, S. 1-4;
    J. Tews, in: Volkbildung 39, Nr. 24 v. 26.11.1909, S. 481-84;
    H. Ankert, in: Mitt. d. Verf. d. Gesch. d. Deutschen in Böhmen 48, 1910, S. 361-84;
    J. P., in: Český časopis historický 16, 1910, S. 116 f.;
    J. Reinwarth, in: Slg. gemeinnütziger Vorträge, Nr. 392, 1911;
    Z. Nejedly, Werke X, Dějiny národa českého, T. 1, 1953, S. 111-14, 122;
    F. Seibt, in: Bohemia 10, 1969, S. 424-29;
    ÖBL;
    Biogr. Lex. z. Gesch. d. böhm. Länder II, 1982.

  • Porträts

    Phot. (Forchheim, Braunauer Heimatmus.).

  • Autor/in

    Astrid Tönnies
  • Zitierweise

    Tönnies, Astrid, "Lippert, Julius" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 658-659 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118838040.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA