Lebensdaten
1629 – 1698
Geburtsort
Herzberg am Harz
Sterbeort
Herrenhausen
Beruf/Funktion
Kurfürst von Hannover ; Herzog von Braunschweig und Lüneburg ; Bischof von Osnabrück
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 101052677 | OGND | VIAF: 59444874
Namensvarianten
  • Ernst August von Braunschweig
  • Ernst August von Hannover
  • Ernst August
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Zitierweise

Ernst August, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd101052677.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hzg. Georg v. Braunschweig-Lüneburg (1583–1641);
    M Anna Eleonore (1591–1659), T des Landgrafen Ludw. V. v. Hessen-Darmstadt (1555–1626);
    B Christian Ludw. (1622–65, s. ADB IV), Gg. Wilh. (1624–1705, s. ADB VIII), Joh. Frdr. (1625–79, s. ADB XIV);
    1658 Sophie (1630–1714), T des Kf. Frdr. V. v. der Pfalz, Kg. v. Böhmen ( 1632), u. der Elisabeth Stuart ( 1662, s. NDB IV);
    6 S, 1 T, u. a. Kg. Georg I. v. Großbritannien ( 1727), Ernst August II. ( 1728), Bischof v. Osnabrück (s. NDB IV), Sophie Charl. ( 1705, Frdr. I., Kg. in Preußen, 1713).

  • Biographie

    Der erste Kurfürst von Hannover war der jüngste von vier Brüdern, die nach- und nebeneinander in den welfischen Fürstentümern Calenberg (Hannover) und Lüneburg (Celle) regiert haben. Um seine Versorgung zu sichern, erreichte man, daß E. 1646 zum Koadjutor des Erzstifts Magdeburg gewählt wurde. Der Westfälische Friede, der diese Aussicht durch die Säkularisation des Erzstifts zerstörte, entschädigte ihn mit der Anwartschaft auf das Bistum Osnabrück, das nach Artikel 13 des „Instrumentum pacis Osnabrugense“ im Wechsel mit einem katholischen Bischof von einem Prinzen des Hauses Braunschweig-Lüneburg besetzt werden sollte. Der Sukzessionsfall in Osnabrück trat 1661 ein. 1658 hatte E. die Prinzessin Sophie von der Pfalz geheiratet, die ursprünglich mit seinem Bruder Georg Wilhelm verlobt war, von diesem aber an E. abgetreten wurde unter Zusicherung, daß Georg Wilhelm ehelos bleiben und dem Bruder sein Fürstentum vermachen werde. Er verehelichte sich trotzdem (mit Eleonore d'Olbreuse), willigte aber darin ein, daß die einzige Tochter dieser Ehe Sophie Dorothea 1682 mit ihrem Vetter Georg Ludwig, E.s ältestem Sohn, verheiratet wurde, um diesem den Heimfall des Fürstentums Lüneburg zu gewährleisten.

    1679 durch den Tod seines Bruders Johann Friedrich zur Regierung des Fürstentums Calenberg berufen, gewann E. durch seine Energie und Klugheit bald die politische und militärische Führung des Gesamthauses, der sich allerdings die Linie Wolfenbüttel wieder versagte, als E. die schon von seinem Vorgänger eingeleiteten Bemühungen um die Verleihung der Kurwürde für sich und seine Nachkommen wieder aufnahm und 1692 zum Erfolg führte. Die letzten Lebensjahre des Kurfürsten waren beschattet durch häusliches Ungemach (Ehescheidung des Kurprinzen von Sophie Dorothea infolge der Königsmarck-Affäre), durch den Schlachtentod zweier Söhne (1690/91), durch den bei zahlreichen Mächten des In- und Auslandes fortdauernden (erst 1713 endgültig überwundenen) Widerstand gegen die Anerkennung der 9. Kurwürde und durch schwere Krankheit, die zu teilweiser Erblindung und nach zwei Schlaganfällen 1698 zum Tode führte.

    Die Bedeutung E.s für sein Haus beruht außer auf der Erringung der Kurwürde vor allem auf der von ihm 1682 erlassenen und gegen heftigen Widerstand in der eigenen Familie mit fester Hand durchgesetzten Erstgeburtsordnung. Daneben hat er seinem Hause durch die Ehe mit der Stuart-Enkelin Sophie die Anwartschaft auf die englische Krone eingebracht, die seinem Sohne Georg Ludwig 1714 zuteil wurde. E. war eine machtvolle Fürstenpersönlichkeit von hoher staatsmännischer Begabung, geschickt und glücklich in der Wahl seiner Mitarbeiter, wendig und nicht selten bedenkenlos in seiner Politik und Lebensführung, in Glaubensfragen duldsam und indifferent, wenn es auch nicht zutrifft, daß er um des Kurhutes willen das Bekenntnis zu wechseln bereit gewesen wäre. Als Barockfürst bau-, fest-, reise- und jagdfreudig, ein großer Liebhaber und Förderer der Oper, hatte er doch zu Kunst und Wissenschaft kein inneres Verhältnis. Anders als seiner Gemahlin und Tochter ist ihm das Wirken und der Wert von G. W. Leibniz fremd geblieben. Dieser aber kennzeichnete E.s geschichtliche Bedeutung richtig, wenn er ihm nachrief: „Das Haus Braunschweig wird allzeit diesen Herrn unter diejenigen setzen, mit denen es am meisten zu prangen Ursach hat.“

  • Literatur

    ADB VI;
    G. W. Leibniz, Personalien d. Churfürsten E. A., 1698, in: G. H. Pertz, Leibnizens Geschichtl. Aufss. u. Gedichte. 1847, S. 43-82;
    W. Rothert, in: Allg. hannov. Biogr. III, 1916, S. 79-97;
    G. Schnath, in: Hann. Mgz. 5,1929, S. 37-58;
    ders., Gesch. Hannovers 1674-1714, I, 1938 (P: Marmorbüste v. R. Mesny);
    Briefe d. Kf. E. an s. Gemahlin, die Kfn. Sophie, hrsg. v. A. Wendland, in: Nd.sächs. Jb. f. Landesgesch. 7, 1930, S. 206-64;
    E. v. Obernitz, Ahnentafel, in: Ahnentafeln berühmter Deutscher, 1929/32, S. 273.

  • Porträts

    Gem. v. J. Vaillant (Schloß Herrenhausen);
    Stich v. Blesendorff, Abb. b. G. Schnath, Briefwechsel d. Kfn. Sophie m. d. preuß. Königshause, 1927.

  • Autor/in

    Georg Schnath
  • Zitierweise

    Schnath, Georg, "Ernst August" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 608-609 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101052677.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Ernst August, Kurfürst von Hannover, Bischof von Osnabrück, jüngster Sohn des Herzogs Georg, 1698, heirathete am 17. Octbr. 1658 die durch Geist und Bildung ausgezeichnete Sophie von der Pfalz (geb. 14. Octbr. 1630), das 12. und jüngste Kind des ehemaligen Böhmenkönigs Friedrich, nachdem sein älterer Bruder Georg Wilhelm auf die Hand der zunächst ihm verlobten Prinzessin verzichtet und sich durch einen Revers verpflichtet hatte, niemals zur Ehe schreiten zu wollen. Den Bestimmungen des westfälischen Friedens gemäß gelangte E. A. nach dem 1660 erfolgten Tode des Bischofs Franz Wilhelm zur Regierung des Bisthums Osnabrück. Brachte diese Erwerbung dem aufstrebenden Prinzen Sitz und Stimme unter den deutschen Reichsfürsten, so boten ihm doch erst die Verwicklungen zwischen Frankreich und den Niederlanden 1673 Gelegenheit, auf dem Gebiete der Politik selbständig handelnd aufzutreten. Mit seinem Bruder Georg Wilhelm von Celle schloß er sich zu Gunsten der|Niederlande der Deutschlands Ehre vertheidigenden Politik des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg an und vereinigte seine Truppen mit denen des Kurfürsten und des Kaisers, mit welchem letzteren er dann noch im Haag am 11. Decbr. 1674 einen „Defensionsbund“ auf 10 Jahre vereinbarte. Persönlich betheiligte er sich an dem 1675 in das Kurfürstenthum Trier zur Vertreibung der Franzosen, die dasselbe besetzt hielten, unternommenen Zuge, besonders aber mit seinem Bruder Georg Wilhelm und seinem Sohne Georg Ludwig an dem Gefechte bei der Conzer Brücke am 11. Aug. 1675. Den hervorragendsten Wendepunkt im Leben des Herzogs E. A. bildet der am 8. Decbr. 1679 erfolgte Tod des älteren Bruders Johann Friedrich, der ihm die Erbfolge im Fürstenthum Calenberg brachte und ihm somit die Mittel bot, eine seinen Fähigkeiten und hohen Plänen entsprechende Thätigkeit zu entwickeln. Straffes energisches Regiment im Innern, nach außen Hebung der Machtstellung und des Glanzes des welfischen Hauses waren die von E. A. mit aller Festigkeit verfolgten Ziele. Das an letzter Stelle genannte Bestreben veranlaßte E. A., nachdem der Anfall des Herzogthums Celle (aus der Ehe des Herzogs Georg Wilhelm mit Eleonore d'Olbreuse war nur eine Tochter am Leben geblieben) an das Haus Calenberg sichergestellt und ebenso der Anfall von Lauenburg in Aussicht stand, durch sein Testament vom 21. Octbr. 1682, welches am 1. Juli 1683 die kaiserliche Bestätigung erhielt, entgegen der Gewohnheit, die bisher im Hause der Welfen gegolten hatte, die Primogeniturordnung einzuführen und zu Gunsten seines ältesten Sohnes Georg Ludwig die fünf jüngeren Söhne von der Erbfolge in den einzelnen welfischen Fürstenthümern auszuschließen. Es bedurfte der ganzen Energie Ernst Augusts, um gegenüber dem Widerspruche seiner Gemahlin, der jüngeren Söhne und der Agnaten endlich dem neuen Familiengesetze die Anerkennung des Gesammthauses Braunschweig zu verschaffen. Eine Verschwörung zu Gunsten der Erbansprüche des Prinzen Maximilian Wilhelm endete 1692 mit der Hinrichtung des Hauptbeschuldigten, des Oberjägermeisters v. Moltke. Die engen Beziehungen zwischen E. A. und dem Kaiserhause beginnen schärfer hervorzutreten seit dem J. 1683, in welchem jener sich vertragsmäßig zur Stellung einer Hülfsarmee von 10000 Mann verpflichtete. Hannoverische Truppen, unter Führung der Söhne des Herzogs, betheiligten sich seitdem an den Türkenkriegen und standen ferner in den Jahren 1586 und 1787 bei den Kriegen Venedigs gegen die Türkei im Solde der Republik. Unter den Befehlen eines Sohnes des Herzogs fochten dieselben mit Auszeichnung in Morea. Ebenso bewährte E. A. seine Neigung zu dem Kaiserhause durch sein Eingreifen in den deutsch-französischen Krieg, in rühmlicher Auszeichnung vor den meisten deutschen Fürsten führte er persönlich seine Truppen an den Mittelrhein. Entsprechend seiner Absicht, durch die Primogeniturordnung eine einheitliche Regierung herzustellen, vereinfachte er die Verwaltung des Landes; er beseitigte die für Grubenhagen bestehende besondere Regierungsbehörde und vereinigte dieselbe mit der Calenbergischen, eine Maßregel, die wesentlich zur Kräftigung seiner Regierung beitrug. Dieses, die vorhin angegebene Ausdehnung der Hausmacht und des Länderbesitzes, dann die nahen Beziehungen zum Kaiserhofe ermuthigten E. A. nunmehr zur Ausführung eines vielleicht schon lange gehegten Planes, der Machtausdehnung seines Hauses eine äußere Form durch die Erwerbung der Kurwürde zu verleihen. Die Durchführung dieses Planes, der durch die Schaffung der protestantischen neunten Kur das Stimmenverhältniß im Kurfürstencollegium erheblich veränderte, war natürlich mit den größten Schwierigkeiten, besonders hinsichtlich der Ueberwindung des Widerspruchs seitens der katholischen Kurfürsten, des Fürstencollegs und der braunschweigischen Agnaten verknüpft. Nachdem die engeren Verhandlungen schon 1689 begonnen hatten, gelang es erst am 22. März 1692, den Kaiser|zur Unterzeichnung des sogenannten Kurtractats, der die neunte Kur an Hannover übertrug, zu bewegen, jedoch nicht ohne daß E. A. in diesem Vertrage zugleich die Verpflichtung übernahm, das Kaiserhaus in allen politischen Verwicklungen mit Truppen und Geld zu unterstützen. Am 9./19. Decbr. erfolgte in der Hofburg zu Wien die feierliche Belehnung, die indessen nicht im Stande war, den noch längere Zeit fortdauernden Widerstand mehrerer Kurfürsten und einer Zahl von Reichsfürsten ganz zu beseitigen. E. A. erlebte die völlige Anerkennung der Kurwürde Hannovers in Deutschland nicht mehr. Die letzten Lebensjahre wurden dem Kurfürsten durch manche traurige Familienereignisse verbittert, besonders lastete auf ihm der unglückliche Ausgang der Ehe seines Erbprinzen Georg Ludwig mit Sophia Dorothea von Celle, dem einzigen Kinde seines Bruders Georg Wilhelm und der Eleonore d'Olbreuse. Sophia Dorothea war ursprünglich mit dem 1676 in Folge einer bei Philippsburg erhaltenen Verwundung gestorbenen Erbprinzen August Friedrich von Braunschweig verlobt und wurde alsdann am 21. November 1682 mit Georg Ludwig, dem späteren Könige Georg I. von England, vermählt. Der unglückliche Verlauf dieser Ehe, der Tod des Vertrauten der Prinzessin, des Grafen Königsmark, die Scheidung der Ehe und die Verweisung der Prinzessin nach Ahlden im J. 1694 sind bekannt. In seinen letzten Jahren konnte E. A. noch die Vorverhandlungen der Succession in England einleiten. Er starb am 23. Jan. 1698 im Schlosse zu Herrenhausen und wurde in der Schloßkirche zu Hannover, wohin er 1680 seine Residenz verlegt hatte, beigesetzt.

  • Autor/in

    Sauer.
  • Zitierweise

    Sauer, "Ernst August" in: Allgemeine Deutsche Biographie 6 (1877), S. 261-263 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101052677.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA