Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Dynasten
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118728628 | OGND | VIAF: 50020340
Namensvarianten
  • Ludolfinger
  • Ottonen/seit Heinrich I. / Otto I. auch so genannt
  • Liudolfinger
  • mehr

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Zitierweise

Liudolfinger, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118728628.html [19.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Historisch gesicherter Spitzenahn des Geschlechts ist Graf Liudolf ( 866), der in den Quellen auch als „dux (Orientalium Saxonum) “ tituliert wird und im östlichen Sachsen wohl eine markgräfl. Stellung innehatte. Früher in den Quellen erscheinende Träger des gleichen Namens können in keine sichere verwandtschaftliche Verbindung zu ihm gebracht werden. Liudolf gehörte der karoling. Reichsaristokratie an und war auch mit einer vornehmen Fränkin, Oda, verheiratet. Die guten Beziehungen zum Karolinger-Haus werden in der Ehe seiner Tochter Liudgard mit dem Sohn Kg. Ludwigs des Deutschen, dem ostfränk. Kg. Ludwig III., dem Jüngeren, besonders deutlich. Das Kerngebiet von Liudolfs Besitzungen dürfte in Ostfalen, und zwar in der Landschaft zwischen Leine und Harz gelegen haben. Dort gründete er um die Mitte des 9. Jh. als Hauskloster und Familiengrablege das Kanonissenstift Gandersheim, in dem drei seiner Töchter nacheinander Äbtissinnen waren.

    Nach Liudolfs Tod konnte die Familie ihre hervorragende Stellung in Sachsen behaupten und weiter ausbauen. Die mit dem Herzogs-Titel gekennzeichnete politische Stellung des Vaters übernahm zunächst der ältere Sohn Brun und als dieser 880 in einer großen Schlacht gegen die Normannen fiel, folgte ihm sein jüngerer Bruder Otto nach. Über Ottos Gemahlin Hadwig fanden die L. Anschluß an das Geschlecht der Babenberger/Popponen, mit denen sie sich im Kampf um sächs. und mainfränk. Besitzungen gegen die Konradiner verbündeten. Auch zu den Karolingern blieben die Familienbeziehungen mittels einer Ehe von Ottos Tochter Oda mit Kg. Zwentibold von Lothringen aufrecht erhalten. Im Grenzkampf gegen Normannen und Slawen bewährt, fiel Otto – mit dem Beinamen „der Erlauchte“ – die Führung des gesamten sächs. Stammes zu. Auch Thüringen öffnete sich seinem Einfluß; Ansehen genoß er auch im weiteren Bereich des ostfränk. Reiches. Daß man ihm nach dem Tode des letzten ostfränk. Königs Ludwig des Kindes 911 die Herrschaftsnachfolge in dessen Reich antrug, mag eine Übertreibung der liudolfingerfreundlichen Geschichtsschreibung sein, doch ist mit seiner nachdrücklichen Unterstützung bei der Erhebung des Frankenherzogs Konrad zum Nachfolger Ludwigs des Kindes zu rechnen.

    Nach Ottos Tod 912 erbte sein Sohn Heinrich ( 936, s. NDB VIII) die sächs. Herzogswürde. Zur Verfestigung – wenn nicht überhaupt erst zur endgültigen Etablierung – dieser Herrschaft haben Heinrichs Ehen wesentlich beigetragen. Die erste verschaffte ihm Besitzungen im Merseburger Raum über Hatheburg, die Erbtochter des Gf. Erwin von Merseburg. Nach Auflösung dieser Ehe heiratete Heinrich die Widukind-Nachfahrin Mathilde und erschloß sich damit einen Zugang zum westlichen Sachsen. Im Gegensatz zu seinem Vater geriet Heinrich bald in Konflikt zu Kg. Konrad I., teils wegen des alten liudolfingisch-konradinischen Gegensatzes, teils wegen der allgemeinen zentrifugalen Tendenzen im ostfränk. Reich zu Anfang des 10. Jh. Konrad fand keine Mittel, sich dagegen durchzusetzen, besaß aber die Größe, auf seinem Sterbebett die Wahl des Sachsenherzogs zu seinem Nachfolger zu empfehlen; in der Regel wird eine ausdrückliche Designation angenommen. Die Übernahme der Königsherrschaft durch den Sachsenherzog Heinrich 919, der anfänglich nur Sachsen und Franken zustimmten, löste eine Reihe von Neuentwicklungen aus, die es erlauben, die königl. L. als maßgeblich an der Entstehung

    des deutschen Reiches beteiligt zu betrachten. Indem es Heinrich I. gelang, die nachträgliche Huldigung des schwäb. und des bayer. Herzogs als Repräsentanten ihrer Stämme zu erkämpfen, ferner durch Abschluß eines Friedensvertrages mit dem westfränk. Kg. Karl dem Einfältigen (Bonn 921) und durch Einverleibung Lothringens freilich im Widerspruch zu diesem Vertrag, legte Heinrich geographisch das Kerngebiet des deutschen Reiches und dessen verfassungsmäßige Grundstruktur mit den Stammesherzogtümern als Basis fest. Der nordöstliche Raum wurde zu einem neuen Reichsschwerpunkt, und die Auseinandersetzung mit den Slawen des Elbe-Saale-Raumes entwickelte sich zur künftigen Konstante königlich-liudolfingischer Politik. Nach dem Westen hielt Heinrich die Beziehungen über Ehebündnisse offen. Eine Tochter, Gerberga, wurde zunächst mit Hzg. Giselbert von Lothringen vermählt, nach dessen Tod 939 heiratete sie den karoling. Westfrankenkönig Ludwig IV. Transmarinus. Einer der schärfsten Rivalen der letzten westfränk. Karolinger, Hzg. Hugo der Große von Franzien, hatte Gerbergas jüngere Schwester Hadwig zur Frau; dieser Ehe entstammte Hugo Capet, der Begründer der franz. Königsdynastie der Kapetinger.

    Von fundamentaler Bedeutung war schließlich Heinrichs I. Entschluß, die Herrschaftsnachfolge entgegen fränk. Brauch nur einem Sohn zuzuwenden und alle übrigen Söhne davon völlig auszuschließen. Mit der Designation Ottos I. – ob schon 929 oder erst 936 ist umstritten – führte er das Prinzip der Unteilbarkeit des Reiches ein, das ein wesentliches Indiz für den Wandel vom ostfränk. zum deutschen Reich darstellt und künftig stets beachtet wurde. Gegen diese Regelung erhob sich nach Heinrichs I. Tod am 2.7.936 innerhalb der Familie offener Aufruhr. Nacheinander empörten sich erfolglos Thankmar, ein Sohn aus Heinrichs 1. Ehe, und Ottos jüngerer Bruder Heinrich ( 955, s. NDB VIII), dem auch die Sympathien seiner Mutter Mathilde galten. Gleichwohl hat Otto I., der Große, versucht, seine noch weitgehend traditionslose Herrschaft mit Hilfe seiner Verwandtschaft gegen alle widerstrebenden Kräfte abzusichern. Dieser Prozeß war nach mancherlei Verwicklungen gegen 950 zu einem vorläufigen Abschluß gelangt. Wie Sachsen ohnedies, behielt Otto das Hzgt. Franken nach der Niederwerfung eines Aufstandes des fränk. Herzogs in eigener Hand. Ottos vormals rebellischer Bruder Heinrich, verheiratet mit der Luitpoldingerin Judith, war mit Bayern belehnt, Ottos Sohn Liudolf, verheiratet mit der einzigen Nachkommin Hzg. Hermanns von Schwaben, Ida, führte das Herzogtum seines verstorbenen Schwiegervaters an. Hzg. Konrad der Rote von Lothringen hatte Ottos Tocher Liudgard zur Frau. Allerdings empörte sich Konrad 953 gegen Otto, weswegen dieser seinen jüngsten Bruder, den EB Brun von Köln ( 965, s. NDB II), zum „archidux“ (Ruotger) über Lothringen einsetzte. Ein illegitimer Sohn Ottos, Wilhelm, wurde 954 auf den Erzstuhl von Mainz erhoben.

    Nach Konsolidierung der deutschen Verhältnisse griff Otto die karoling. Tradition der Italienpolitik und des Kaisertums wieder auf. Auf einem ersten Italienzug 951 erwarb er sich die Herrschaft über Oberitalien („rex Langobardorum“) und auf einem zweiten 962 in Rom die Kaiserkrone, womit er die Tradition der röm.-deutschen Kaiser begründete. Neben der Italienpolitik und früher als diese verfolgte Otto mit Beharrlichkeit die Eroberung und Missionierung des slawischen Ostens. Magdeburg mit dem von Otto gestifteten Moritz-Kloster, das als Familienkloster Gandersheim und Heinrichs I. Grablege Quedlinburg ablöste, spielte dabei eine tragende Rolle; 968 konnte Otto gegen mancherlei Widerstände die Erhebung Magdeburgs zum Erzbistum, zur Metropolitankirche für den Osten durchsetzen. Die verschiedenen Enttäuschungen und Rückschläge bei dem Versuch, mit Hilfe von Familienangehörigen Königsherrschaft zu praktizieren, hatten Otto nach 950 veranlaßt, zunehmend die hohe Geistlichkeit des Reiches mit der stellvertretenden Ausübung staatlicher Hoheitsrechte zu betrauen. Auch hier war Otto in gewisser Weise traditionsbegründend. Die verantwortungsvolle Mitarbeit von Reichsbischöfen und -äbten an den Regierungsgeschäften, ihre tatkräftige Unterstützung der königlichen Politik – weit über Ottos Zeit hinaus, mindestens bis zum sog. Investiturstreit des späten 11. Jh. – wird in der Literatur gerne als ottonisch-salisches Reichskirchensystem bezeichnet, auch wenn dessen karoling. Wurzeln unübersehbar sind. Als Idealbild eines Bischofs dieses Systems gilt Ottos Bruder Brun von Köln.

    Die Herrschaftsnachfolge war ursprünglich Hzg. Liudolf (designiert vor dem 1. Italienzug) zugedacht gewesen, der aus Ottos 1. Ehe stammte. Doch Liudolf verstarb bereits 957, und somit blieb für Otto nur noch sein gleichnamiger Sohn übrig, den ihm seine 2. Gemahlin, Adelheid von Burgund, die Witwe Lothars von Italien, geboren hatte. Dieser,| Otto II., wurde vor dem 2. Italienzug 961 zum Mitkönig und 967 zum Mitkaiser seines Vaters erhoben. Dementsprechend vollzog sich der Thronwechsel nach Ottos I. Tod am 7.5.973 problemlos. Während seiner nur 10jährigen Regierungszeit verfolgte der mit der byzantin. Prinzessin Theophanu verheiratete Otto II. im wesentlichen die Politik seines Vaters. 982 konnte er seinen einzigen Sohn Otto als Nachfolger designieren lassen. Er war der einzige Nachkomme Ottos I. in männlicher Linie, als im selben Jahr Liudolfs Sohn, auch er Otto mit Namen, als Herzog von Bayern und Schwaben kinderlos starb.

    Der überraschende Tod Ottos II. am 7.12.983 machte eine Vormundschaftsregierung notwendig. 994 mündig gesprochen, schlug Otto III. eine Politik ein, die sehr stark von einem übersteigerten Kaisergedanken bestimmt war und in der Umschrift seines Bullenstempels „renovatio imperii Romanorum“ ihre Programmatik fand. Dem hochsensiblen, von großen Ideen getragenen Jüngling war ebenfalls nur eine kurze Regierungszeit beschieden. Noch bevor er eine Ehe eingegangen war, starb er am 24.1.1002; mit ihm erlosch das Geschlecht der L. im direkten Mannesstamm.

    Eine weitere Nachkommenschaft hatte sich aber über Heinrichs I. Sohn, Hzg. Heinrich von Bayern ( 955, s. NDB VIII), erhalten. Dessen Enkel, der bayer. Hzg. Heinrich IV., meldete auch sofort Thronansprüche an und setzte schließlich seine Wahl zum deutschen König gegen andere Mitbewerber 1002 durch. Heinrich, als deutscher König Heinrich II. ( 1024, s. NDB VIII), war ein Herrscher mit Augenmaß, für den seine Bullenumschrift „renovatio regni Francorum“ ebenso programmatisch war wie diejenige seines Vorgängers. Erfolgreich widersetzte er sich allen Auflösungstendenzen, denen das Ottonenreich seit Ottos II. Tod ausgesetzt war, und sicherte nach den vorgegebenen Grundmustern dessen territorialen und herrschaftsrechtlichen Bestand, einschließlich des Kaisertums. Nicht mehr in ursprünglichem Maße der liudolfingischen Herrschaftstradition verpflichtet, schuf er sich in Bamberg ein neues Herrschaftszentrum. Kinderlos starb er am 13.7.1024, ideell eher ein Verbindungsglied zwischen den L. und der nachfolgenden Salierdynastie als eigentlicher Liudolfinger.

    Der blutmäßige Zusammenhang zwischen L. und Saliern ist gesichert. Konrad II., der erste Salierkönig, war über Liudgard ein Ururenkel Ottos I. Keinen Widerhall in der Forschung hat die These gefunden, er sei ein illegitimer Sohn Ottos III. gewesen. Eine weitere These, Hzg. Hermann II. von Schwaben, der Mitbewerber Heinrichs II. bei der Thronkandidatur von 1002, stamme von einer Tochter Liudolfs ab, wird gegenwärtig von der Forschung diskutiert.

  • Literatur

    Wattenbach-Holtzmann;
    Regg. Imp. II, 1-4, ²1893-²1971;
    J. Fleckenstein, in: Gebhardt-Grundmann, Hdb. d. dt. Gesch. I, ⁹1970 (Stammtafel);
    K. Reindel, in: Hdb. d. Europ. Gesch., hrsg. v. Th. Schieder, I, 1976;
    DW 101980, Abschnitt 200;
    R. Holtzmann, Gesch. d. sächs. Kaiserzeit, ⁴1961 (Stammtafel);
    W. Giese, Der Stamm d. Sachsen u. d. Reich in otton. u. sal. Zeit, 1979. - Genealogisches
    (mit weiterer Lit., Tafeln u. Forschungsdiskussion): J. Plischke, Die Heiratspol. d. L., Diss. Greifswald 1909;
    E. Kimpen, Die Abstammung Konrads I. u. Heinrichs I. v. Karl d. Gr., in: HV 29, 1935, S. 742 ff.;
    S. Krüger, Stud. z. sächs. Gfsch.vfg. im 9. Jh., 1950;
    H. Goetting, Die Anfänge d. Reichsstifts Gandersheim, in: Braunschweig. Jb. 31, 1950, S. 5 ff.;
    K. A. Eckhardt, Genealog. Funde z. allg. Gesch., ²1963;
    W. Metz, Die Abstammung Kg. Heinrichs I., in: HJb. 84, 1964, S. 271 ff.;
    E. Hlawitschka, Zur Herkunft d. L. u. zu einigen Corveyer Gesch.qu., in: Rhein. Vj.bll. 38, 1974, S. 92 ff.;
    G. Althoff, Unerkannte Zeugnisse vom Totengedenken d. L., in: DA 32, 1976, S. 370 ff.;
    R. Wenskus, Sächs. Stammesadel u. fränk. Reichsadel, 1976. - Neuere Thesen u. Forschungsprobleme z. weiteren Verwandtschaft d. L.:
    W. Ohnsorge, Waren d. Salier Sachsenkaiser?, in: Nd.sächs. Jb. f. Landesgesch. 30, 1958, S. 28 ff., auch in: ders., Konstantinopel u. d. Okzident, 1966, S. 227 ff.;
    E. Hlawitschka, „Merkst du nicht, daß dir das vierte Rad am Wagen fehlt?“ Zur Thronkandidatur Ekkehards v. Meißen (1002) nach Thietmar, Chronicon IV c. 52, in: K. Hauck u. H. Mordek (Hrsg.), Gesch.-schreibung u. geistiges Leben im MA, Festschr. f. H. Löwe, 1978, S. 281 ff.;
    E. Hlawitschka, Wer waren Kuno u. Richlind v. Öhningen? Krit. Überlegungen zu e. neuen Identifizierungsvorschlag, in: ZGORh 128, 1980, S. 1 ff.;
    H. C. Faußner, Kuno v. Öhningen u. s. Sippe in otton.-sal. Zeit, in: DA 37, 1981, S. 20 ff.

  • Autor/in

    Wolfgang Giese
  • Zitierweise

    Giese, Wolfgang, "Liudolfinger" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 718-721 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118728628.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA