Lebensdaten
1692 – 1767
Geburtsort
Celle
Beruf/Funktion
russischer Leibarzt ; Günstling der Zarin Elisabeth
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 136637698 | OGND | VIAF: 24438316
Namensvarianten
  • L`Estocq, Jean Armand Graf von
  • L`Estocq, Hermann von (bis 1744)
  • L`Estocq, Jean Armand von (bis 1744)
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Zitierweise

L`Estocq, Hermann Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd136637698.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jean (1647–1732), Oberchirurg d. Garde, Hofbarbier, 1706 Hofchirurg d. Hzg. Georg Wilhelm v. Braunschweig-Lüneburg in C., S d. Jean, Bürger in Vitry-le-François, u. d. Cathérine Guérard;
    M Judith (1655–1732), T d. Apothekers Daniel Colin in Vitry-le-François u. d. Anne de Campdomère;
    1) St. Petersburg 1727 Beate Barbara verw. Stenbok, geb. Rutenhielm, 2) ebd. 1733 Alida verw. Voß geb. Müller ( 1743), 3) ebd. 1747 Maria Aurora (1720–1808), Hoffrl. d. Zarin, T d. Magnus Gustav Frhr. v. Mengden, livländ. Landmarschall u. Landrat, u. d. Dorothea Sophie Freiin v. Rosen; kinderlos;
    N Wilhelm (1738–1815), preuß. Gen. d. Kav. (s. ADB 18; Priesdorff III, S. 52-60, P).

  • Biographie

    Nicht wegen medizinischer oder gesundheitspolitischer Verdienste ist L. in die Geschichte eingegangen, sondern als politisch ambitionierter Höfling, der in der Innen- und Außenpolitik Rußlands an einigen Veränderungen beteiligt war. Das Chirurgen-Handwerk hatte er von seinem Vater erlernt, doch zeigte er wenig Neigung, dessen bescheidene Praxis in Celle zu übernehmen. Er ging nach Paris und wurde Regimentschirurg in der franz. Armee. 1713 trat er in die Dienste von Zar Peter I., der an dem gutaussehenden, sprachkundigen und stets unterhaltsamen Chirurgen Gefallen fand und ihn bei Hofe einsetzte. Während der 2. Auslandsreise Peters (1716/17) wurde L. der kleinen Suite der Zarin Katharina zugeteilt, deren besonderes Vertrauen er gewann. Wegen eines verhältnismäßig harmlosen Vergehens bestrafte ihn Peter 1719 ungewöhnlich hart durch die Verbannung nach Kasan. Nach dem Tode des Zaren ernannte Katharina I. ihren Favoriten zum Leibchirurgen ihrer Tochter Elisabeth, mit deren Schicksal L. künftig verbunden blieb. Während der Feindseligkeiten zwischen dieser und der Zarin Anna behielt L. dennoch seine guten Beziehungen zum Hofe und zu den Spitzen der Petersburger Gesellschaft. Er fungierte als Verbindungsmann zu den Gesandten Frankreichs und Schwedens, die eine Schwächung der deutschen Partei um Anna und die Stärkung der nationalen Partei, die Elisabeth auf dem Thron sehen wollte, betrieben. Als Vertrauter, Ratgeber und Gehilfe Elisabeths spielte L. eine wichtige Rolle bei dem Staatsstreich, mit dem sie im Nov. 1741 die Regierung an sich riß – wenn er auch sicherlich nicht der eigentliche Motor des Umsturzes war, als den ihn einige Quellen hinstellen. Als Dank ernannte ihn die neue Zarin 1741 zum 1. Leibmedikus im Range eines Wirkl. Geheimrates (2. Rangklasse) sowie zum Direktor der Medizinischen Kanzlei und „der gesamten medizinischen Fakultät“ – mit 7000 Rubel Gehalt und einem Honorar von 3-4000 Rubel für jeden der häufigen Aderlässe bei der Kaiserin (Das Jahresgehalt L.s als Hofchirurg war 1717-37 nur von 144 auf 396 Rubel gestiegen.) Die Pflichten als oberster Medizinalbeamter überließ L. fast gänzlich dem Generalstabsdoktor P. Z. Kondoidi; seine wenigen eigenen Anordnungen betrafen Bagatellen. Weit mehr benutzte L. auch während der Regierung Elisabeths seine einflußreiche Position in den Machtkämpfen bei Hofe und in der Außenpolitik. Angeblich im Solde Frankreichs, Preußens und Englands vertrat er die Interessen der franz.-preuß. Partei zum Schaden Rußlands, zum Beispiel beim Friedensschluß mit Schweden (1743). Für seine Bemühungen um die Einsetzung der Prinzessin Sophie Friederike Auguste von Anhalt-Zerbst als russ. Großfürstin (als Zarin: Katharina II.) und ihr Verlöbnis mit dem späteren Zaren Peter III. erwirkte ihm Friedrich II. 1744 den Reichsgrafenstand. Aber die „Konspiration“ gegen Rußland und seine Feindschaft mit dem Kanzler P. A. Bestužev-Rjumin brachten L. zu Fall. Im Nov. 1748 wurde er verhaftet, des versuchten Umsturzes zugunsten des Hauses Holstein-Gottorp und anderer Vergehen für schuldig befunden und unter Einziehung seines Vermögens zur Verbannung verurteilt. Bis 1750 saßen er und seine Frau in der Petersburger Festung ein, dann wurden sie nach Uglič b. Jaroslawl und 1753 nach Ustjug-Velikij b. Archangel'sk überstellt. Erst nach dem Tode Elisabeths erlaubte Peter III. 1762 L. die Rückkehr nach St. Petersburg und setzte ihn wieder in den früheren Rang ein.

  • Literatur

    A. F. Büsching, Nachrr. v. d. dt. geh. Rathe Gf. H. v. L., in: Mgz. f. d. neue Historie u. Geographie, 2. T., ²1769 [sic], S. 435-40;
    W. M. v. Richter. Gesch. d. Med. in Russland, 2. T., 1815, S. 420-24, 3. T., 1817, S. 210 f.;
    M. D. Chmyrov, in: Istoričeskija stat'i, 1873, S. 67-240;
    M. Semevskij, in: Čtenija v Imperator.obšč. istorii i drevnostej Rossijskich pri Moskovskom universitete, 1884,|3. Buch, S. 1-18;
    J. Čistovič, Istorija pervych medicinskich škol' v Rossii (Gesch. d. ersten med. Schulen in Rußland), 1885, S. CCII-CCV;
    V. Fursenko, Delo o Lestoke 1748 g. (Die Affäre Lestoq im J. 1748), in: Ž. Min. narodn. prosvešč., St. Petersburg 38, 1912, S. 185-247;
    ders., in: Russkij biograf. slovar' X, 1914, S. 323-46;
    BLÄ.

  • Porträts

    Kupf., Abb. in: GHdA 32.

  • Autor/in

    Heinz Müller-Dietz
  • Zitierweise

    Müller-Dietz, Heinz, "L`Estocq, Hermann Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 355-356 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd136637698.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA