Lebensdaten
1559 – 1619
Geburtsort
Brindisi
Sterbeort
Lissabon
Beruf/Funktion
Kapuziner ; Heiliger
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118726730 | OGND | VIAF: 29527079
Namensvarianten
  • Russo, Giulio Cesare
  • Laurentius von Brindisi
  • Russo, Giulio Cesare
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Laurentius von Brindisi, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118726730.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Guglielmo Russo;
    M Elisabetta Masella, beide aus B.

  • Biographie

    Zunächst Schüler und Oblate der Franziskaner-Konventualen in Brindisi, trat L. 1575 zu Verona als Fra Lorenzo in den jungen Kapuzinerorden ein. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie in Padua und Venedig wurde L. 1586 Lektor in der venezian. Provinz. 1586 Guardian und Novizenmeister im Kloster Bassano del Grappa. Vorbildlicher Lebenswandel, überragende theologische Kenntnisse und Fähigkeiten,|namentlich in den biblischen Disziplinen, und ein charismatisches Predigertalent empfahlen ihn alsbald für höhere Aufgaben. 1589 zum Provinzial der Toskana gewählt, leitete L. in der Folgezeit auch die Provinzen Venedig, Schweiz, Böhmen-Österreich, Tirol-Bayern und Genua, war dazwischen mehrmals Generaldefinitor und 1602-05 Oberer des gesamten Ordens. Als Führer der ersten Kapuziner in Böhmen und Österreich gewann er nach 1600, besonders auch wegen des vielgerühmten Beitrags seiner anfeuernden Predigten zum Sieg über die Türken bei Stuhlweißenburg (1601), in steigendem Maße Einfluß auf die Religionspolitik der katholischen Fürsten, zuvorderst auf Hzg. Maximilian von Bayern, dessen Vorgehen gegen Donauwörth und die prot. Übermacht im Reich er mit Rat und Tat unterstützte. Im Auftrag Maximilians arbeitete L. 1609/10 in Prag, Madrid und Rom erfolgreich auf eine Einigung der Mächte und ihren Zusammenschluß in der Kath. Liga hin. Auch später übernahm er wiederholt diplomatische Missionen; zuletzt reiste er als Unterhändler der durch den Herzog von Ossuna bedrückten Neapolitaner zu Kg. Philipp III. von Spanien nach Lissabon.

    Nicht nur als überragender Prediger und geschickter Diplomat im Dienst der kath. Sache hat L. auf seine Zeit und Umwelt nachhaltig gewirkt, sondern auch durch das Beispiel eines aszetisch-strengen Lebens und durch seine glutvolle eucharistische Frömmigkeit, die ihn oft acht Stunden und länger am Altar festhielt. Erst in jüngster Zeit wurde sein monumentales literarisches Werk kritisch erschlossen. Dabei umfassen die lat. Predigten, die sich durch engste Anlehnung an die Hl. Schrift auszeichnen, nicht weniger als elf von 15 Bänden der Gesamtausgabe; unter ihnen verdienen insbesondere die eine zwar unsystematische, aber vollständige Mariologie entfaltenden Predigtvorlagen des „Mariale“ Beachtung. Von L.s Schriftstudien ist nur die „Explanatio in Genesim“ erhalten, ein Kommentar zur biblischen Kosmogonie, der in den Ergebnissen zwar überholt ist, aber beeindruckt ob des steten Bemühens um den genauen Wortsinn und ob der Vertrautheit des Verfassers mit den oriental. Sprachen. 1607-10 schrieb L. als Antwort auf die Herausforderung durch den kursächs. Hofprädikanten Polykarp Leyser seine „Lutheranismi Hypotyposis“; dieser Versuch, die Lehre Luthers durch möglichst umfassende Zusammenstellung und sorgfältige Auswertung biblischer Beweisgründe zu widerlegen, reiht ihn ein unter die großen Polemiker der nachtridentinischen Epoche.

  • Werke

    Laurentii a Brundusio opera omnia, 15 Bde., 1928-56.

  • Literatur

    ADB 18;
    F. da Mareto, Bibliogr. Laurentiana opera complectens an. 1611-1961 edita de sancto Laurentio a Brindisi doctore apostolico, 1962;
    Commentarii Laurentiani historici, Quarto revoluto saeculo ab ortu Sancti Laurentii Brundusini novi ecclesiae doctoris, in: Collectanea Franciscana 29, 1959, S. 129-507;
    H. Borak, Theologia historiae in doctrina S. L. B., Laurentianum I, 1960, S. 31-97;
    A. M. (Basso) da Carmignano di Brenta, S. Lorenzo da Brindisi, dottore della chiesa universale, 4 Bde., 1960-63;
    ders., L. v. B., Der apostol. Lehrer, 1960;
    ders., Lorenzo Russo da Brindisi, in: Bibl. Sanctorum, VIII, 1967, Sp. 162-80 (P);
    Briefe u. Akten z. Gesch. d. 30j. Krieges VI, 1895;
    LThK².

  • Autor/in

    Karl Hausberger
  • Zitierweise

    Hausberger, Karl, "Laurentius von Brindisi" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 722-723 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118726730.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Laurentius von Brindisi. Geb. am 22. Juli 1559 zu Brindisi, am 22. Juli 1619. Sein Vater Wilhelm de Rossi und seine Mutter Elisabeth Masella stammten beide aus alten Patricierfamilien seiner Heimathstadt. Vier Jahre alt, wurde er vom Vater „auf sein heißes Bitten“ in das Kapuzinerkloster S. Paolo zu B. gegeben, wo ihn ein berühmter Prediger, Virgilio Giacomo, erzog. Ein ausgezeichnetes Gedächtniß befähigte ihn, schon zwei Jahre danach im Dome zu predigen. Um diese Zeit starb sein Vater. Die Mutter bat ihn vergeblich, zu ihr zurückzukehren. Er begab sich vielmehr, um ihrem Drängen zu entgehen, dreizehn Jahre alt zu dem Bruder seines Vaters, einem Geistlichen, der zu Venedig die Erziehung der Cleriker für S. Marco leitete. Obgleich dieser ihn die Kutte ablegen ließ, blieb er im Verkehr mit den Kapuzinern und wurde bald unter die Aspiranten ihres Ordens aufgenommen. Am 18. Februar 1575 trat er zu Verona als Noviz in denselben ein, wobei er seine Taufnamen Julius Cäsar in Lorenzo umtauschte. Am 24. März des folgenden Jahres legte er die Gelübde ab und winde nun gegen den Brauch des Ordens sofort zum Studium nach Padua gesandt. Unterstützt durch sein Gedächtniß, eignete er sich dort mit Leichtigkeit die vorgeschriebenen Kenntnisse an und lernte zugleich Griechisch, Syrisch, Chaldäisch und Hebräisch. Letzteres sprach er fließend, wie er später ebenso rasch Deutsch, Czechisch, Französisch und Spanisch lernte. Nach Ablauf der Studienzeit wurde er, dreiundzwanzig Jahre alt, obgleich er noch nicht Priester war, alsbald zum Prediger und wenig später zum Lehrer der Theologie in Venedig bestimmt. Zuerst dort, dann in den meisten bedeutenderen Städten Italiens waltete er mit großem Erfolge des Predigtamtes, zu dessen Zwecken er sich eingehend mit der heiligen Schrift beschäftigte, die er bald auswendig wußte. Wiederholt und zu Rom drei Jahre lang predigte er auch hebräisch den Juden, welche jeden Samstag in einer Kirche versammelt wurden. Gegen Ende der achtziger Jahre wurde er Guardian zu Venedig. 1590 Provincial in Toscana, später Provincial in Venedig und 1598 Generaldefinitor des Ordens. Im folgenden Jahre wurde er auf Ansuchen des Erzbischofes von Prag mit dreizehn Ordensgenossen, worunter nur ein Deutscher war, als Generalcommissar abgesandt, um den Orden in Böhmen einzuführen. Am 28. August kam er nach Wien, wo er sich einige Monate aufhielt und auf Bitten des Erzherzogs Matthias fünf seiner Begleiter zur Gründung eines Klosters zurückließ. Ende 1599 in Prag angelangt, erbaute er, von Kaiser Rudolf II., dem Erzbischofe und katholischen Adligen unterstützt, im folgenden Jahre auf dem Hradschin unweit des kaiserlichen Schlosses ein Kloster. Gleichzeitig gründete er Klöster in Graz und München, denen sich — wohl vornehmlich in Folge seiner Bemühungen — in den nächsten Jahren andere in den österreichischen Hauslanden, in Baiern, Augsburg u. s. w. anreihten. Eine Zeit lang waren L. und die Seinen in Prag von Ausweisung bedroht, da die protestantischen Stände diese auf Grund alter Verordnungen forderten und Rudolf II., der damals an schweren Anfällen von Melancholie litt, krankhaften Argwohn gegen die Mönche faßte. Die kaiserlichen Minister hielten sie jedoch und Rudolf wandte ihnen, nachdem sich sein Zustand gebessert, seine Gnade wieder zu. 1601 begleitete L. den Feldmarschall Rusworm in den Türkenkrieg und eine — indes unbegründete — Ueberlieferung schreibt seiner begeisternden Einwirkung den Sieg bei Stuhlweißenburg zu. 1602 reiste er zum Generalcapitel seines Ordens nach Rom und wurde dort zum Ordensgeneral erwählt, in welcher Eigenschaft er zu|Fuß, trotz einem Nierenleiden gewaltige Märsche machend, binnen der drei Jahre seiner Amtsführung die Kapuzinerklöster in Spanien, in Frankreich, Flandern, Deutschland und Italien visitirte und mit äußerster Strenge alle Verstöße gegen die Ordensregel und namentlich gegen das Gelübde der Armuth beseitigte. Nach Beendigung des Generalats schickte ihn Papst Paul V. auf Bitten Rudolf's II. im Juni 1606 als Generalcommissär nach Prag zurück. Er hatte dort schon früher zu den vornehmsten Mitgliedern der katholischen Hofpartei in Beziehungen gestanden; nun wuchsen sein Einfluß und Ansehen; Karl von Liechtenstein (f.d.), bis in den Herbst 1607 des Kaisers erster Minister, brachte täglich mehrere Stunden bei ihm im Kloster zu und er durfte es wagen, die Minister von der Kanzel herab zu tadeln, wenn sie zu wenig Eifer für den Katholicismus zu bezeigen schienen. Im Juni 1609 sandten ihn der spanische Botschafter und der päpstliche Nuntius zu Prag nach Spanien, um Philipp's III. Unterstützung für ein Bündniß der katholischen Reichsstände zu erwirken. Herzog Maximilian von Baiern, den er unterwegs besuchte, erweiterte seine Aufträge. Er meldete darauf aus Madrid die gewünschten Zusagen, indes stellte sich bald heraus, daß er Besseres gehört hatte, als man dort gesagt hatte und gewähren wollte. Der Papst hatte auf Maximilians Bitten erlaubt, daß L. nach der Rückkehr seinen Wohnsitz in München nehme. Er ging jedoch wieder nach Prag und kam nur im Juni 1610 im Auftrage des spanischen Botschafters für einige. Tage nach München. 1611 suchte er vergeblich zwischen dem Herzog von Baiern und Wolf Dietrich von Salzburg zu vermitteln und begleitete dann ersteren auf seinem Kriegszuge wider den Erzbischof. Im folgenden Jahre zog er mit einer ihm von Maximilian beigegebenen Schutzwache acht Monate lang predigend in Baiern und den benachbarten Landschaften und Reichsstädten umher. Im Frühjahr 1613 reifte er wieder nach Rom und wurde als Generalvisitator in die Provinz Genua entsendet, wo man ihn zum Provinzial erwählte. Nach Ablauf dieses Amtes zog er sich, von der Gicht gequält, in das Ordenshaus nach Venedig zurück. Der Kaiser bediente sich seiner in der Folge, um den Herzog von Mantua zur Nachgiebigkeit in einem Lehmsstreite zu bewegen; der Papst schickte ihn 1617 nach Mailand, um die Beilegung des monferratischen Krieges zu fördern, und auch mit dem Herzoge von Parma pflog er politische Verhandlungen, indeß spielte er, so viel ersichtlich, in diesen Angelegenheiten ebenso wie in denen der Liga nur eine untergeordnete Rolle. 1618 wohnte er als Vertreter der venezianischen Provinz dem Generalcapitel zu Rom bei und machte sich dann auf den Weg, um im Auftrage Maximilians von Baiern die Kirche und das Kloster zu besichtigen, welche der Herzog ihm zu Ehren seinem Orden in Brindisi erbauen ließ. In Neapel übernahm er jedoch auf Bitten einer Adelspartei, deren Beschwerden gegen den Vicekönig dem Könige von Spanien vorzutragen, und nach langwieriger Reise kam er im Juni 1619 nach Belem bei Lissabon, wo er Philipp III. fand. Dort starb er nach kurzem Krankenlager an der Ruhr. — L. war ein strenger Asket und hielt bei seinen Untergebenen auf die genaueste Beobachtung der Ordensregel und insbesondere des Gelübdes der Armuth. Sein glühender Eifer scheute keine Mühe und Gefahr und ließ ihn auch Großen und Fürsten mit rücksichtsloser Unerschrockenheit entgegentreten. Dabei erfüllte ihn schwärmerische Frömmigkeit; schon als Knabe fiel er in Verzückungen und in späteren Jahren mehrten sich diese; für die Beendigung einer Messe brauchte er nicht selten zwölf und mehr Stunden, ja bisweilen las er die Nacht durch bis in den Morgen hinein. Seine feurige, oft von Thränenströmen begleitete Beredtsamkeit und seine ganze Persönlichkeit brachten tiefen Eindruck hervor. Wie vom Volke, so wurde er auch von den Ordensgenossen, der Geistlichkeit und den katholischen Höfen, an welchen er verkehrte, noch bei Lebzeiten als Heiliger verehrt Am 23. Mai 1783 wurde er selig, am 6. December 1881 heilig gesprochen.

    • Literatur

      Angelo Maria de' Rossi: Vita del P. Lorenzo da Brindisi, Roma 1719 (mit Bildniß) und Bonaventura da Coccallio: Ristretto istorico della vita, virtù e miracoli del b. Lorenzo da Brindisi, Roma 1783. (Die übrigen Lebensbeschreibungen sind Auszüge oder Uebersetzungen dieser beiden Werke.) Einzelnes ist oben aus den neueren Werken über die Geschichte Rudolfs II. und Maximilians von Baiern sowie aus ungedruckten Acten beigefügt oder richtig gestellt.

  • Autor/in

    Stieve.
  • Zitierweise

    Stieve, "Laurentius von Brindisi" in: Allgemeine Deutsche Biographie 18 (1883), S. 63-65 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118726730.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA