Lebensdaten
1892 – 1970
Geburtsort
Wien
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Schauspieler ; Regisseur ; Schriftsteller
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118565591 | OGND | VIAF: 37126870
Namensvarianten
  • Kohn, Nathan (bis 1916)
  • Kortner, Fritz
  • Kohn, Nathan (bis 1916)
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Orte

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Zitierweise

Kortner, Fritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565591.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Juda Jakob Kohn ( 1919), aus St. Johann (Komitat Preßburg), Uhrmacher in W.;
    M Helene Lunzer; Verwandte-m Sigmund Freud ( 1939), Med. (s. NDB V), Moritz Benedikt (1849–1920), Wirtsch.journalist, Chefredakteur d. „Neuen Freien Presse“ in W., u. dessen S u. Nachf. Ernst Benedikt (1882–1957);
    - 1924 Johanna Hofer geb. Stern, Schauspielerin;
    1 S, 1 T Peter, Schriftsteller, Drehbuchautor in Hollywood, Marianne ( 1] Wolfrid Lier, * 1917, Schauspieler, 2] Herbert Grün, * 1918, Prof., Pianist).

  • Biographie

    Durch das Erlebnis Josef Kainz' als Franz Moor im Wiener Burgtheater wurde der 15jährige Oberschüler K. „schlagartig theaterhörig“. 1908 bestand er die Aufnahmeprüfung am Wiener Schauspielkonservatorium und wurde Schüler von Ferdinand Gregori. Dieser holte ihn 1910 nach Mannheim, als er Intendant des dortigen Theaters wurde. Ein Jahr später ging K. an Max Reinhardts Deutsches Theater nach Berlin. Seine schauspielerischen Leitbilder wurden Albert Bassermann, Max Pallenberg und später Charlie Chaplin. Otto Brahms „Gespenster“-Aufführung erweckte K.s literarisches Interesse und seinen Sinn für die Gesamtdarstellung. Nach einem Intermezzo an der Wiener Volksbühne kehrte K. 1913 nach Berlin zurück (zu Viktor Barnowsky, Carl Meinhard und Rudolf Bernauer), ging dann an das Dresdner Alberttheater und 1914 an das neugegründete Volkstheater in Wien. 1917 engagierte ihn Erich Ziegel an die Hamburger Kammerspiele. Hier begegnete K. dem Regisseur Erich Engel, mit dem ihn eine lebenslange künstlerische Freundschaft verband. Über die Berliner Tribüne (Uraufführung der „Wandlung“ von Toller) erreichte K. 1918 endlich den seiner Begabung entsprechenden Platz am Berliner Staatstheater bei Leopold Jessner. Hier wurde er der Schauspieler mit der ihm eigenen hellen fanfarenartigen Stimme, einer unstillbaren Aggressivität und einem vulkanartigen Temperament sowie mit einer Vorliebe zur Dialektik, was seiner Intelligenz und seiner ungebändigten Phantasie entsprach. Am Gendarmenmarkt spielte K. richtungsweisend für eine neue deutsche Schauspielkunst und Stückinterpretation: Richard III., Franz Moor, Geßler, Herodes, Hamlet, Macbeth, Danton, Othello, Shylock, Marquis von Keith, Dr. Schön, Das Monodrama „Ostpolzug“ (Bronnen), aber auch 1924 am Deutschen Theater den Sling in „Im Dickicht der Städte“. Früh schon profilierte sich K. als Protagonist des deutschen und internationalen Films (unter anderem Die Brüder Karamasoff, 1920; Katharina die Große, 1920; Hintertreppe, 1921; Nora, 1922/23; Beethoven, 1927; Maria Stuart, 1927; Revolutionshochzeit, 1928; Dreifus, 1930; Danton, 1931; Abdul the damned, 1935. Spätere Rollen in: The Strange Death of Adolf Hitler, 1943; The Hitler Gang, 1944; The Razor's Edge, 1946; The Brasher Doubloon, 1947; Der Ruf, 1949; Sarajewo, 1955).

    Die Natur hatte K. fast alles versagt, was bis dahin als Vorbedingung für die Laufbahn eines erfolgreichen Schauspielers galt: Gesicht und Stimme waren in keiner Weise schön. K. gestaltete seine Rollen nicht allein mit Phantasie und Gefühl, sondern aufgrund der geistigen Durchdringung des Textes. Sie waren nicht einfach Extrakt, Summierung und Verfeinerung der Rolleninterpretationen seiner Vorgänger. K. wollte mit seinen Rolleninterpretationen auch zur Deutung und Klärung der Gegenwart sowie zur Orientierung für die Zukunft beitragen. 1933 emigrierte K. zuerst nach London, dann nach den USA. Die Kriegsjahre verbrachte er mit wechselhaftem Glück für seine künstlerischen Möglichkeiten. Nach Deutschland zurückgekehrt, arbeitete er vornehmlich als Schauspieler und Regisseur für die großen deutschen Theater, aber auch für Film und Fernsehen.

    Seine Inszenierungen waren, was die Dramaturgie betrifft, stets werkimmanent, die Deutung der Charaktere der einzelnen Figuren neu gesehen aus der Kenntnis der künstlerischen Möglichkeiten der Mitarbeiter und dem Anspruch höchster schauspielerischer Qualität. So entstanden Aufführungen, die richtungweisend wurden, wie: „Was Ihr wollt“, „Julius Cäsar“, „Leonce und Lena“, „Warten auf Godot“. – Die Leistungen K.s|waren oft Gegenstand heftiger Diskussionen, ihre künstlerische Qualität und ihr hoher Anspruch an das Theater wurden jedoch stets anerkannt und gewürdigt.|

  • Auszeichnungen

    Kultureller Ehrenpreis u. Goldene Ehrenmünze d. Stadt München (1962), Berliner Staatsschauspieler (1963), Josef-Kainz-Medaille Wien (1967), Gr. Verdienstkreuz mit Stern (1968), Ernst-Reuter-Plakette Berlin (1968).

  • Werke

    Aller Tage Abend (Autobiogr.), 1959 (P), Neuausg. 1979;
    Die Sendung d. Lysistrata (Film), 1961;
    Donauwellen (Komödie), 1949;
    Die Zwiesprache (Drama), 1964;
    Letzten Endes, Fragmente, hrsg. v. Johanna Kortner (Ehefrau), 1971.

  • Literatur

    H. Ludwigg, F. K., 1928 (mit 94 Phot. u. Zeichnungen v. Orlik, B. F. Dolbin u. K. Isenstein);
    A. Zweig, in: Juden auf d. dt. Bühne, 1928;
    O. M. Fontana, in: Wiener Schauspieler, 1948;
    H. Pfeiffer, Ein Phänomen d. Stimme, in: Tagesspiegel Nr. 2027, 1952;
    F. Hubalek, Begegnung mit F. K., in: Arbeiterztg. Wien, Nr. 54, 1953;
    J. Bab, Kränze dem Mimen, 1954 (P);
    Kleines Lex. d. österr. Films, in: Filmkunst, Zs. f. Filmkultur u. Filmwiss., Nr. 22-30, 1959;
    C. Landsittel (Hrsg.), K. anekdotisch, 1967 (P);
    F. K. Deutsche Kinemathek, H. 21, 1970 (Verz. d. Filmrollen).

  • Autor/in

    Rolf Badenhausen
  • Zitierweise

    Badenhausen, Rolf, "Kortner, Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 602-603 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118565591.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA