Lebensdaten
1898 – 1953
Geburtsort
München
Sterbeort
Wuppertal-Elberfeld
Beruf/Funktion
Chemiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 137828357 | OGND | VIAF: 86005831
Namensvarianten
  • Klarer, Josef
  • Klarer, Joseph

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Zitierweise

Klarer, Josef, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137828357.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann (1860–1919), Realitätenbes., S d. Hofsägebes. Josef in M. u. d. Ottilie Höger;
    M Maria (1867–1960), T d. Metzgers Joh. Matthias Dollmann in Regensburg u. d. Elisabeth Utz;
    Wuppertal 1952 Gerda (* 1915), T d. Feilenschmieds Walter Heinen u. d. Helene Ettwig; kinderlos.

  • Biographie

    K. meldete sich 1916 nach abgelegter Reifeprüfung zum Kriegsdienst und kehrte 1918 schwer verwundet zurück. Nach Genesung studierte er an der TH München 4 Semester Maschinenbau und nach bestandenem Vorexamen, angeregt durch Vorlesungen von Hans Fischer, 13 Semester Chemie. 1924 legte K. das Diplomexamen ab und wurde 1926 bei H. Fischer mit einer Aufsehen erregenden Arbeit „Synthese des Aetioporphyrins, Aetiohaemins und Aetiophyllins sowie der Xanthopyrrolcarbonsäure und des Haemopyrrols“ (in: Liebigs Annalen der Chemie 448, 1926, Seite 178-93) zum Dr.-Ingenieur promoviert. Die neuen Syntheseprodukte erwiesen sich als identisch mit Spaltprodukten aus Blut- und Blattfarbstoff. Er schlug die ihm angebotene Habilitation aus und trat nach 2½jähriger Tätigkeit als Assistent von Fischer 1927 in das pharmazeutisch-wissenschaftliche Laboratorium der Interessen-Gemeinschaft Farbenindustrie AG, Werk Elberfeld, ein. Seine Arbeiten über basisch alkylierte Farbstoffe brachten ihn bald in engen Kontakt mit dem um 2 Jahre älteren Kollegen F. Mietzsch. Ihrer überaus fruchtbaren Zusammenarbeit entstammte die Idee, die bis dahin therapeutisch unbeachtete Sulfonamidgruppe in die Versuche einzubeziehen. Mit dem von K. synthetisierten Farbstoff Kl 695 erzielte G. Domagk erstmalig Heilerfolge an der mit Streptokokken infizierten Maus. 3 Monate später, im November 1932, stellte K. den Farbstoff Kl 730 her, das spätere Prontosil rubrum, dessen Wirksamkeit eine weltweite Sulfonamidforschung auslöste. Es war die Geburtsstunde der „Sulfonamide“. Dieser ersten grundlegenden Erfindung K.s folgten weitere: 1935 Uliron, das erste gegen Gonorrhoe wirksame Sulfonamid; 1938 Marfanil, mit ausgeprägter Wirkung gegen Anaerobierinfektionen, das in Form des MP-Puders im 2. Weltkrieg bei lokaler Anwendung an verschmutzten Verwundungen oft lebensrettend gewirkt hat; 1943/44 Marbadal, ein Sulfonamid mit breitem Wirkungsspektrum, in Kombination mit Sulfapyrimidin als Supronal jahrelang das Spitzenpräparat dieser Reihe.

    Als nach 1945 die Sulfonamide durch den Einsatz von Antibiotika an Interesse verloren, widmete sich K. der Synthese von Heilmitteln gegen Tuberkulose und Karzinome. Bei den zahlreichen von ihm bearbeiteten Stoffklassen zeigten sich wiederum hoffnungsvolle Ansätze, deren Auswertung durch lange Krankheit unterbrochen wurde und durch K.s frühen Tod unterblieb. Das Comeback der Sulfonamide in Form der „Langzeitpräparate“ hat K. nicht mehr erlebt, er starb 1953 an den Spätfolgen eines Laborunfalls.

    K. war ein begeisterter Experimentator, der sich bei der Verfolgung erfolgversprechender Spuren in ein schwer zu unterbrechendes, sich nicht schonendes Arbeitstempo steigern konnte. Theoretische Erörterungen suchte er zu vermeiden und arbeitete fast immer allein, nur unterstützt von seinem Helfer Albert Hirsing, der sein Laboratorium während der gesamten 26 Jahre betreute und sein volles Vertrauen genoß. K. hat nur wenig publiziert. Die wichtigsten Ergebnisse sind durch Patentschriften bekannt geworden. – Als ungeachtet von K.s überragendem erfinderischen und experimentellen Beitrag zur Entdeckung der Sulfonamide 1938 der ungeteilte Nobelpreis für die gleiche Entdeckung an den Mediziner G. Domagk vergeben wurde, hat K. unter dieser, seine Leistungen übergehenden Enttäuschung sehr gelitten und sie nie völlig überwunden.|

  • Auszeichnungen

    Emil-Fischer-Gedenkmünze d. Ges. Dt. Chemiker (1937), Goldmedaille d. internat. Ausstellung f. Kunst u. Technik in Paris (1937), Dr. med. h. c. (Münster 1945).

  • Werke

    Weitere W u. a. Synthese d. Tetra-2-äthyl-3-propionyl-4-methyl-pyrryläthylens, d. Xanthopyrrolcarbonsäure u. Umsetzung einiger Pyrrole (mit H. Fischer), in: Liebigs Ann. d. Chemie 447, 1926, S. 48-63;
    Aetioporphyrin aus Kryptopyrrol u. Hämopyrrol (mit dems.), ebd. 450, 1926, S. 181-201;
    Chem. Konstitution d. Marfanil (Mesudin), in: Klin. Wschr. 20, 1941, S. 1250 f.;
    Zur Entwicklung d. Chemotherapie auf d. Gebiet d. Azo- u. Sulfonamid-Verbindgn. (mit F. Mietzsch), in: Med. u. Chemie 4, 1942, S. 73 f.;
    Entwicklung d. Sulfonamidtherapie, in: Angew. Chemie 56, 1943, S. 10 f.;
    Über d. chem. Grundlagen d. neuen Sulfonamidpräparate Marbadal u. Supronal (De-Ma), in: Dt. Med. Wschr. 72, 1947, S. 670 f.;
    Sulfonamide d. Aralkylreihe als Chemotherapeutika, in: Natur u. Med. in Dtld. 1939–46, 43, 1948, S. 135-39. -
    Patente: DRP. 633 084, 1931;
    607 537, 1932;
    638 701, 1934;
    686 903 u. 736 661, 1936;
    DBP. 726 386, 1939;
    876 239, 1943;
    836 350, 1944.

  • Literatur

    F. Mietzsch u. R. Behnisch, Therapeut. verwendbare Sulfonamid- u. Sulfonverbindungen, 1945, ²1955;
    H. Geiger, in: Die Welt, 1947, Nr. 18 (zum Nobelpreis);
    Chem. Technik 1, 1953, S. 113;
    40 J. chemotherapeut. Forschung a. d. Forschungsstätten d. Farbenfabriken Bayer AG Leverkusen, in: Münchener Med. Wschr., 1953, S. 77 f. (P);
    C. L. Lautenschläger, 50 J. Arzneimittel-Forschung, 1955;
    H. B. Dünnschede, Tropenmed. Forschung b. Bayer, 1971, S. 182 (P);
    Pogg. VII a.

  • Autor/in

    Robert Behnisch
  • Zitierweise

    Behnisch, Robert, "Klarer, Josef" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 709-710 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137828357.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA