Lebensdaten
1638 – 1702
Geburtsort
Zürich
Sterbeort
Paris
Beruf/Funktion
Erzgießer
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 122495772 | OGND | VIAF: 5201330
Namensvarianten
  • Quelair, Balthasar
  • Quailer, Balthasar
  • Keller vom Steinbock, Balthasar
  • mehr

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Zitierweise

Keller, Balthasar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122495772.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Balthasar (1603–65), Obervogt zu Rümlang, Statthalter u. Obristermeister, Mitbegründer d. Bürgerbibl. in Z., S d. Obervogts Hans Ulrich (1572–1628) u. d. Anna Krieg v. Bellikon;
    M Susanna (1614–53), T d. Caspar Thomann (1587–1652), Eisenhändler in Z., u. d. Susanna Werdtmüller;
    B Hans Jakob (1635–1700), Erzgießer (s. ADB 15; HBLS);
    - Paris 1682 Suzanne ( 1729), T d. Daniel II. de Boubers, Vicomte de Bernâtre et Boismont, u. d. Suzanne de Roussel de Mianney;
    4 K.

  • Biographie

    Wahrscheinlich wurde K. im Geschützguß ausgebildet (vielleicht in der Füsslischen Gießerei in Zürich). Johann Caspar Füsslis des Älteren Angabe, K. habe das Goldschmiede-Handwerk erlernt, ließ sich bislang nicht bestätigen; so bleibt auch offen, ob die mit der Signatur „J. B. Keller 1654“ versehene Bronzereproduktion einer Porträtmedaille des Mantuaner Herzogs Francesco IV. Gonzaga als frühe Arbeit K.s gelten kann.

    Etwa Mitte der 50er Jahre traten K. und sein älterer Bruder Johann Jakob in den Dienst Ludwigs XIV.; beide waren 1659 in Oudenaarde mit der Ausbesserung von Geschützen beschäftigt. 1666 stach Pierre Le Pautre 7 von den Brüdern K. gegossene Kanonen, die Ludwig XIV. zuvor im Pariser Arsenal inspiziert hatte; deren reicher Dekor ist wohl speziell K. zuzuschreiben. 1669 erfolgte die Einrichtung einer Geschützgießerei in Douai. Später wurden weitere Werkstätten in Besançon, Breisach und Pignerol gegründet, die zunächst ebenfalls den Brüdern Keller unterstanden. Während der 80er und 90er Jahre kam es jedoch zu Differenzen, da namentlich gegen Johann Jakob der Vorwurf erhoben wurde, er habe wertvolles Material unterschlagen und minderwertige Legierungen verwendet. Der ältere Bruder verteidigte sich 1694 in einer ausführlichen Denkschrift, die wichtige Aufschlüsse biographischer Art vermittelt.

    In den beiden letzten Lebensjahrzehnten gab K. den Geschützguß nicht völlig auf, widmete sich nun aber vorrangig der Fertigung monumentaler Bronzebildwerke. Johann Jakob assistierte ihm hierbei; denn die Güsse tragen die zumeist mit dem Ausführungsdatum verbundene Signatur „fondu par les Kellers“ oder ähnliche (keiner der anderen für Versailles tätigen Gießer pflegte seine Werke zu bezeichnen). Doch lag die eigentliche Leitung stets in den Händen K.s, der auch die finanzielle Abwicklung übernahm. Seine für Versailles bestimmten Arbeiten setzten 1683/84 ein, als dort ein umfassendes Programm erzgegossener Skulpturen in Angriff genommen wurde. Die ersten Zahlungen „sur les figures qu'il doit fondre“ datieren vom 7.12.1683; wenig später, am 22.12., schloß Marquis de Louvois, Kriegsminister und Oberintendant der königlichen Bauten, mit K. einen Vertrag, der die Fertigung einer nicht näher bezeichneten Zahl bronzener Figuren vorsah. – Zunächst schuf K. 5 Antikenkopien (1684/85), 1687 folgten 4 Tierkampfgruppen und nochmals 2 Güsse nach antiken Skulpturen. 16 überlebensgroße Liegefiguren (Flußgötter und Nymphen) entstanden zwischen 1687 und|1690. Anschließend fertigte K. die Statue der Aurora und die Gruppe von Arria und Paetus. Alle Arbeiten wurden im Pariser Arsenal durchgeführt, dessen bedeutende Kapazitäten etwa seit 1684 fast ausschließlich für den figürlichen Bronzeguß zur Verfügung standen. Somit errang K. auch über Frankreichs Grenzen hinaus eine dominierende Stellung als Kunstgießer; daraus resultierte später eine Anzahl falscher Zuschreibungen (zum Beispiel die von Joseph Vinache ausgeführten Versailler Bronzen der hockenden Venus nach Antoine Coysevox und des sogenannten Schleifers nach der Antike; Reitermonument Ludwigs XIV. in Lyon nach Martin Desjardins' Entwurf; die Bronzen des Mazarin-Grabmals). Zugleich bildete K. hervorragende Schüler aus, die sich – wie etwa Johann Jacobi – seinetwegen nach Paris begaben.

    Erst K.s überragende Leistungen ermöglichten letztlich die Realisierung mehrerer kolossaler Reiterdenkmäler Ludwigs XIV., deren Planung 1685 einsetzte. In den späten 80er Jahren begann K. mit den Gußvorbereitungen der für die Pariser Place Vendôme (damals Place Louis le Grand) bestimmten Reiterstatue des Königs, die der vorzugsweise mit K. zusammenarbeitende Bildhauer François Girardon konzipierte. In einem eigens errichteten Gießhaus erfolgte der Guß der fast 7 m hohen Statue am 31.12.1692; erstmals konnte ein Werk solcher Größe in einem einzigen Gußvorgang durchgeführt werden (Enthüllung 1699, Zerstörung 1792; Veröffentlichung der technischen Arbeiten 1743 durch Germain Boffrand). Nebenher arbeitete K. an einer gleichfalls von Girardon entworfenen Reiterstatue geringerer Größe, die Louvois für sein Schloß Meudon in Auftrag gegeben hatte (Vertrag 1690, Enthüllung 1701 in Boufflers bei Beauvais, Zerstörung 1792). Zudem verhandelte K. 1692 wegen eines auf Girardons Entwurf beruhenden Bronzestandbilds Ludwigs XIV. für die Stadt Tours; offensichtlich unterblieb aber die Ausführung.

    Der hoch geehrte Gießer, 1697 zum „Commissaire général des fontes de l'artillerie“ ernannt, hinterließ bei seinem Tode verschiedene bereits für den Bronzeguß vorbereitete Gartenplastiken, die er wegen der vordringlichen Beschäftigung mit den Denkmälern, aber auch wegen der Erschöpfung der königlichen Finanzen nicht hatte vollenden können (Inventar vom 24.3.1702).

  • Werke

    Weitere W u. a. (figürl. Bronzen mit Angabe d. Gußdatums) Diana (n. d. Antike), 1684 (Fontainebleau);
    Antinous, Apollo, Bacchus u. Silen (alle n. d. Antike), 1684/85 (Versailles, Westfassade d. Schlosses);
    4 Tierkampfgruppen (n. Houzeau u. Raon bzw. van Clève), 1687 (ebd., Cabinet du Point du Jour u. Cabinet de Diane);
    Medice. Venus u. Junger Athlet (beide n. d. Antike), 1687 (Paris, Louvre);
    Dekorative Einfassung d. Louis XIV-Büste Berninis, 1688 (Versailles, Schloß);
    2 Nymphen (n. Tubi), wohl 1687;
    4 Nymphen (je 2 n. Le Gros u. Raon), Dordogne u. Garonne (n. Coysevox), 1688;
    Loiret u. Loire (n. Regnaudin), 1689;
    2 Nymphen (n. Magnier), 1689/90;
    Marne u. Seine (n. Le Hongre), 1689/90;
    2 Nymphen (n. dems.), 1690 (Versailles, Parterre d'Eau);
    2 Reiterstatuen Ludwigs XIV. (n. Girardon), 1692 (ehemals Paris, Place Vendôme) und zw. 1695 u. 1700 (ehemals Boufflers);
    Arria u. Paetus (n. d. Antike), 1693 od. wenig früher (wohl verloren);
    Aurora (n. Magnier), 1693 (Paris. Square Georges-Cain);
    Satyr mit Böckchen (n. d. Antike), wahrsch. begonnen v. Vinache, Ausführung wohl postum n. 1702 (Paris, Louvre);
    Laokoon (n. d. Antike), Ausführung vermutl. postum n. 1702 (wohl verloren).

  • Literatur

    G. Boffrand, Description de ce qui a été pratiqué pour fondre en bronze d'un seul jet la figure équestre de Louis XIV, 1743;
    L. Paris, La place des Victoires et le fondeur K., in: Cab. Historique 3, 1857, S. 179-85;
    A.-M. de Boislise, Notices historiques sur la place des Victoires et sur la place de Vendôme, in: Mémoires de la Société de l'hist. de Paris et de l'Ile-de-France 15, 1888, S. 122-24, S. 237 f., 251 f.;
    L. Courajod u. A. Michel, Musée Nat. du Louvre, Cat. sommaire des sculptures …, o. J. (1897), S. 84, Nr. 850-52;
    P. Francastel, Girardon, 1928, S. 28, 30, 33, 55-57, 83, 86-88;
    ders., La sculpture de Versailles, 1930, S. 250 f., 256-63;
    M. Oudinot, François Girardon, in: Bull. de la Société de l'hist. de l'art français, 1937, S. 206 f., 212 f., 217-20, 236-40, 243 f.;
    R.-A. Weigert u. C. Hernmarck, Les relations artistiques entre la France et la Suède 1693-1718, Nicodème Tessin et Daniel Cronström, 1964, S. 34, 83, 89;
    SKL (L);
    ThB (L);
    HBLS (P).

  • Porträts

    Ölgem. v. H. Rigaud, 1685 (Zürich, Kunsthaus), Abb. in: Kunsthaus Zürich, Bilder n. Skulpturen u. Gem. d. Slg., o. J. [1936], Tafel 61;
    v. dems., 1693 (Zürich, Schweizer. Landesmus.), Abb. b. F. O. Pestalozzi. Zwei Zürcher im Dienste d. „Roi Soleil“, in: Zürcher Taschenbuch NF 28, 1905 (Titelbl.). Stich v. Drevet (Bern, Schweizer. Landesbibl.), Abb. in: HBLS.

  • Autor/in

    Lorenz Seelig
  • Zitierweise

    Seelig, Lorenz, "Keller, Balthasar" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 429-430 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122495772.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA