Lebensdaten
1894 – 1959
Geburtsort
Urach (Württemberg)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Physiker
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117176664 | OGND | VIAF: 49288874
Namensvarianten
  • Joos, Georg
  • Joos, G.
  • Joos, G. E.
  • mehr

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Zitierweise

Joos, Georg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117176664.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus schwäb. Bauernfam.;
    V Georg, Notar;
    M Maria Müller;
    1921 Hedwig (* 1899), T d. Adolf Brucklacher u. d. Lydia Maus;
    2 S, 2 T, u. a. Peter (* 1927), Prof. d. Physik am Dt. Elektronensynchrotron („DESY“) in Hamburg.

  • Biographie

    J. studierte 1912-14 an der TH Stuttgart Ingenieurwesen, ging aber nach Kriegsteilnahme (Leutnant der Artillerie) nach Tübingen (1919–20) zum Studium der Physik bei F. Paschen und Ch. Füchtbauer, bei dem er 1920 zum Dr. rer. nat. promovierte. Vorher hatte er die Lehramts-Staatsprüfung abgelegt. Während seiner Assistentenzeit bei J. Zenneck an der TH München (1921–24) habilitierte er sich 1922, ging 1924 als Dozent zu Max Wien nach Jena (Lehrauftrag für Quanten- und Relativitätstheorie), erhielt dort 1925 die ao. Professur für theoretische Physik (Nachfolge von F. Auerbach), welche am 1.4. 1931 in eine o. Professur umgewandelt wurde. J. war bereits seit 1928 pers. o. Professor. 1935 wurde ihm – gegen seinen Wunsch – die o. Professur für Experimentalphysik und die Leitung des II. Physikalischen Institutes der Univ. Göttingen als Nachfolger des entlassenen James Franck übertragen. Sachliche und persönliche Schwierigkeiten mit NS-Instanzen, trotz anerkannten fruchtbaren Wirkens, veranlaßten J., 1941 die Professur niederzulegen und, zunächst als Chefphysiker, dann als Mitglied der Geschäftsleitung, in die Firma Carl Zeiss Jena (unter gleichzeitiger Ernennung zum Honorarprofessor der Universität) einzutreten.

    Nach Kriegsende durch das amerikan. Militär zunächst nach Heidenheim/Brenz und dann als „Wehrwirtschaftsführer“ in die Befragungslager im Taunus und in Wimbledon (England) gebracht, erhielt J. 1946 die Berufung an die TH München, deren Physikalisches Institut er seit Sept. 1946 wieder aufbaute und bis zu seinem Tode leitete, unterbrochen durch einen USA-Aufenthalt (Juni 1947– Okt. 1949; u. a. am Optical Research Laboratory und als Gastprofessor an der Boston University).

    J.s zahlreiche in Fachzeitschriften veröffentlichte Arbeiten zeichnen sich durch die Beherrschung der Methoden der experimentellen und theoretischen Physik aus. Sie sind wesentliche Stufen in der Entwicklung der Quantenphysik und behandeln in erster Linie Probleme des Lichts im Zusammenhang mit physikalischen und chemischen Eigenschaften der Festkörper unter quantentheoretischen Gesichtspunkten (Zusammenfassung von J.s Arbeiten zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg: „Sichtbare und Ultraviolette Spektra fester Körper“, in: Ergebnisse d. Exakten Naturwiss. 18, 1939, S. 78-98). Zu dem gleichen Problemkreis gehören die späteren Arbeiten über den photographischen Elementarprozeß. Mehrfache Befassung mit Fragen des Dia- und Para-Magnetismus führte in den letzten Jahren zu breit angelegten Versuchen über die Susceptibilität der Seltenen Erden und metallorganischen Komplexverbindungen. Die Vollendung der schon vorbereiteten Experimente bei Temperaturen unter 1° K verhinderte J.s plötzlicher Tod.

    Eine Besonderheit in seinem Schaffen ist die Münchener Habilitationsschrift, eine vollständige Theorie des damals technisch wichtig werdenden Elektronenröhrengenerators und -verstärkers (Ann. d. Physik 69, 1922; dass., in: Jb. d. drahtlosen Telegr., 20, 1922). Von den durch seine Tätigkeit bei Zeiss angeregten Arbeiten zur klassischen Optik seien genannt „Die Abbe’sche Mikroskoptheorie und die mit ihr zusammenhängenden Kohärenzfragen“ (in: Naturwiss. 30, 1942, S. 553-63) und „Die Temperaturabhängigkeit der optischen Konstanten von Kupfer, Silber, Gold bis herab zu 20° K“ (in: Zs. f. Physik 137, 1954, S. 251-65). Einer schlechthin klassischen Untersuchung muß besonders gedacht sein. In Jena wußte J. die Firma Carl Zeiss für eine Wiederholung des berühmten Michelson-Versuchs (1881) zu interessieren. Das Experiment, mit allen Möglichkeiten mechanischer und optischer Präzisionstechnik und unter Beachtung aller nur möglichen Fehlerquellen durchgeführt, ergab die Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Erdbewegung, von welcher noch 1,5 km/Sek. nachweisbar gewesen wären, – eine bisher nicht erreichte Genauigkeit dieses Grundversuchs der Physik (Jenaer Wiederholung des Michelson-Versuches, in: Ann. d. Physik 7, 1930; Apparatur im Dt. Museum, München).

    Neben der unentwegten Forschungsarbeit, der Ausbildung junger Physiker, den sehr ernst genommenen experimentellen und theoretischen Vorlesungen und dem Praktikumsunterricht auch für Lehramtskandidaten ging ein ungemein vielseitiges literarisches Schaffen einher. Allgemeinste Anerkennung und ungewöhnlicher Erfolg war J.s in Jena verfaßtem „Lehrbuch der Theoretischen Physik“ beschieden (1932, 111964; ital. 1954). Nicht weniger erfolgreich war das in Göttingen mit dem Mathematiker Theodor Kaluza verfaßte Lehrbuch „Höhere Mathematik für den Praktiker“ (1938, ⁸1956; ab 111968 hrsg. v. G. Richter). Ebenso wie seine Studenten hatte auch J. als Lehrer im Unterricht unter der fehlenden inneren Verbindung der abstrakten Mathematik mit den Anforderungen der mathematischen Physik zu leiden: dem hat Generationen von Studenten hindurch der „Joos-Kaluza“, jetzt „Joos-Richter“ abgeholfen. Unter J.s zahlreichen Berichten in verschiedenen Zeitschriften und Sammelwerken über die Fortschritte der Physik, welche sich durch seine ganze Arbeitszeit hinziehen, hat besondere Bedeutung sein Beitrag über „Optische Eigenschaften fester Körper“ in Bd. 9 des „FIAT-Berichts Naturwissenschaften und Medizin in Deutschland 1939-1946“ (hrsg. i. A. d. amerikan. Regierung; J. gab Bd. 8 u. 9 heraus). Alle seine literarischen Arbeiten zeichnen sich durch beispielhafte Zuverlässigkeit, durch Klarheit und durch guten Stil aus. 1948 gehörte J. zu den Begründern der „Zeitschrift für Angewandte Physik“, deren Redaktion er mit viel Arbeitsaufwand von 1951 bis zu seinem Tode führte. Jahrelang war er auch Mitherausgeber der „Zeitschrift für Physikalische Chemie“ und der „Aerosol-Zeitschrift“; ebenso maßgeblich wirkte J. mit im Bearbeiterstab der 6. Auflage des Landolt-Börnstein („Zahlenwerte und Funktionen aus Naturwissenschaft und Technik“).

    J. verfügte nicht allein im eigenen Arbeitsbereich, sondern auch auf den verschiedensten anderen Gebieten über ein ungemein breites Wissen. Das veranlaßte ihn, sich in den 50er Jahren wiederholt dem Rundfunk für Quiz-Sendungen zur Verfügung zu stellen. Mit seinen manchmal beträchtlichen Gewinnen richtete er sein Münchner Institut aus.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Göttinger u. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1947;
    Mitarbeit in Komm. u. Inst. f. Tieftemperaturforschung);
    Vorstandsmitgl. d. Dt. Mus. München (1951–58).

  • Werke

    Weitere W u. a. Wiss. Photographie, 1952 (mit E. v. Angerer), ⁵1958;
    Grundriß d. Photographie u. ihre Anwendung bes. in d. Atomphysik, 1955 (mit E. Schopper);
    mehrere Art. (mit R. Dittler) als Mithrsg. in: Hdwb. d. Naturwiss., 1932-35;
    desgl. in: H. Franke, Lex. d. Physik, 1950-52;
    Kristalloptik (mit E. Flick), in: Hdb. d. Physik, hrsg. v. S. Flügge, Bd. 28, ²1957.

  • Literatur

    W. Hanle, in: Optik 11, 1954, S. 489 f. (P);
    G. Hettner, in: Physikal. Bll. 10, 1954, S. 230 f.;
    W. Meissner, in: Zs. f. Angew. Physik 6, 1954, S. 193-240 (W, P);
    ders., in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss., 1959, S. 177-80 (P);
    Kürschner, Gel.-Kal. 1950, 1954;
    Pogg. VI, VII a.

  • Porträts

    in: J. Zenneck u. F. Klemm, 50 J. Dt. Mus., 1953.

  • Autor/in

    Walther Gerlach
  • Zitierweise

    Gerlach, Walther, "Joos, Georg" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 594-595 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117176664.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA