Lebensdaten
1866 – 1926
Geburtsort
Tübingen
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
evangelischer Kirchenhistoriker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118553054 | OGND | VIAF: 100176120
Namensvarianten
  • Holl, Karl
  • Holl, Carl
  • Holl, K.

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Holl, Karl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118553054.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl (1815–81), Oberrealschullehrer in T., S d. Zollbeamten Xaver u. d. Dor. Jacobine Schäfer;
    M Sophie Prager (1832–1907) aus Ravensburg;
    Stuttgart 1903 Maria Pauline Anna (* 1869), T d. Pfarrers Johs. Wucherer in Steinach b. Rothenburg u. d. Sofie Weilbach;
    3 K.

  • Biographie

    H. studierte in Tübingen, war Vikar und wurde 1891 Repetent am Tübinger Stift. Er kam als Hilfsarbeiter an die Akademie der Wissenschaften in Berlin und habilitierte sich dort in der Theologischen Fakultät (1896). Als außerordentlicher Professor wurde er nach Tübingen (1900) und nach Berlin in die 2. Professur für Kirchengeschichte neben Harnack berufen (1906). H. wurde 1915 ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften in der philologisch-historischen Klasse.

    Bereits 1897 hatte H. im Auftrag der Kirchenväterkommission der Akademie die Sacra Parallela des Johann Damascenus herausgegeben. Es folgten die Sammlung der vornicänischen Väter (1899) und die Werke des Epiphanius von Salamis (1915, 1922). Über die Editionsarbeit hinaus veröffentlichte H. Abhandlungen aus anderen Gebieten der Kirchengeschichte, die den Umfang und die Bedeutung seiner Forschung, aber auch die Kunst, sich in fremdes Wesen einzufühlen, deutlich machten. Er lernte russisch, um die russische Kirche seiner Zeit kennen zu lernen. Seine Studien faßte er in der Abhandlung „Die religiösen Grundlagen der russischen Kultur“ (1913) zusammen. Seine größte Leistung, die auch weitreichende Wirkung hatte, war seine Lutherforschung. Sie zeigt H. nach dem Urteil Harnacks als einen Gelehrten, der „original und kongenial empfunden, tief gedacht mit verhaltener Leidenschaft“. H. hat im Gegensatz zur bisherigen Deutung Luthers in dessen Römerbriefvorlesung die Tiefe seines Rechtfertigungsverständnis und mit ihr aufs engste zusammenhängend das Verständnis Luthers von der Kirche erkannt. Er sah in seiner Rede zum Reformationsjubiläum 1917 („Was verstand Luther unter Religion?“) die große Aufgabe nach dem Gottesverständnis Luthers gestellt. Er erfaßte und verstand Luther von seinen inneren Nöten her, die ihn zur Begegnung mit dem gnädigen Gott führten. H. schildert das Ringen Luthers nicht als ein intellektuelles, philosophisches Ringen, sondern als eine Gewissensentscheidung. Er zeigt, wie Luther Gottes Zorn und Liebe erfahren hat. Gott kenne viele Weisen, um aus dem Sünder einen Gerechten zu machen. Hier wird H. mit dem „Occamismus“ Luthers nicht fertig. Er meint, Luther könne nicht mit Occam Gottes verhülltes, souveränes Wirken als Willkür verstanden haben. Mit Luther meint H., der Mensch dürfe im Glauben auf die göttliche Verheißung sich und sein Gewissen überwinden. So ist Luther für H. der „große Gewissenswecker für seine Zeit geworden“. Hier hat die Kritik an H. eingesetzt, wenn er das Bild Luthers als das eines modernen Menschen zeichnete.

    Das Besondere der Lutherforschung H.s ist seine exakte Begründung jeder Aussage, wie sie bisher in Lutherdarstellungen fehlte. Diese Exaktheit setzte sich fortan in der Lutherforschung durch. Er machte ferner deutlich, wie entscheidend Luthers Denken sich auf Gott allein richtete. Harnack, der sich in seiner Forschung über Luther von H. unterschied, hat in seiner Gedenkrede auf ihn mit Recht H.s Lutherbuch als seine größte Leistung gepriesen. Durch sie habe die Wissenschaft und die Evangelische Kirche eine neue Stufe in der Erkenntnis der Reformation gewonnen. Mit H.s Einfluß, fußend auf seinem Lutherverständnis im Gegensatz zu Troeltsch, verband sich in den 20er Jahren der Lietzmanns, auch der dialektischer Theologen und wirkte sich zum Teil im Sinn einer streng nationalen Haltung aus. Sie führte einige seiner Schüler ins nationalsozialistische beziehungsweise deutsch-christliche Lager.

  • Werke

    Weitere W u. a. Enthusiasmus u. Bußgewalt beim griech. Mönchtum, 1898;
    Amphilochus v. Ikonium u. s. Verhältnis zu d. großen Kappadoziern, 1904;
    Ges. Aufsätze z. KG I (Luther), 1921, ⁷1948, II (Der Osten), III (Der Westen), 1928, hrsg. v. H. Lietzmann, ²1932 (Bibliogr. in III).

  • Literatur

    A. v. Harnack u. H. Lietzmann, K. H., 1926;
    R. Stupperich, K. H. als Lutherforscher, in: Luther 37, 1966, S. 112-21;
    W. Bodenstein, Die Theol. K. H.s im Spiegel d. antiken u. reformator. Christentums, 1968;
    RGG³;
    EKL.

  • Porträts

    in: Bildnisse bedeutender Mitglieder d. Dt. Ak. d. Wiss. zu Berlin, 1950.

  • Autor/in

    Walter Delius
  • Zitierweise

    Delius, Walter, "Holl, Karl" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 532-533 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118553054.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA