Lebensdaten
um 1465 – 1524
Geburtsort
Augsburg
Sterbeort
am Oberrhein (Basel ?)
Beruf/Funktion
Maler
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118552945 | OGND | VIAF: 14919325
Namensvarianten
  • Holbein, Hans
  • Holbain, Hans
  • Holbein, Hans der Ältere
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Zitierweise

Holbein, Hans der Ältere, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552945.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Michel (gen. 1464-87, tot 1497), Gerbermeister in Augsburg, vielleicht S d. „Michel von Schönenfeld“, der sich seit 1454 Michel Holbein nannte (tot vor Febr. 1476), bis 1448 Amtmann d. Klosters Oberschönenfeld, dann in A. wohnhaft, spätestens 1463 „Überreiter“ (Bote) im Dienst des Hochstifts Augsburg (die These, daß d. Gerbermeister Michel H. aus d. Schweiz od. gar aus Basel nach A. zugewandert sei, läßt sich nicht belegen);
    M Anna, T od. N d. Peter Mair in A.;
    B Sigmund (s. 4); Cousine Anna Mair ( Gregor Erhart, 1541, Bildhauer, S d. Bildhauers Michel Erhart, n. 1522, beide s. NDB IV);
    - N. N. aus A. ( vielleicht 1497/98);
    S Ambrosius (s. 1), Hans d. J. (s. 3).

  • Biographie

    H. hat nicht in Augsburg gelernt, sondern in Ulm, das damals die bedeutendere Kunststätte war. Seine frühen Werke haben nichts mit dem Meister der Ulrichslegende oder dem der Tafeln in der Moritzkirche in Augsburg zu tun, sondern stehen dem seit 1482 in Ulm tätigen Bartholomäus Zeitblom aus Nördlingen nahe. Als man 1490 für den Afraaltar des Klosters Sankt Ulrich und Afra in Augsburg ein Retabel anfertigen lassen wollte, dachte man an das auswärtige Stadtkind und ließ das Werk von Ulm herüberkommen (Tafeln in Eichstätt und Basel). 1493 wird H. sogar als Bürger von Ulm genannt. Sein Ruf drang bereits in die Weite: In diesem Jahre erhielt er zusammen mit dem Ulmer Bildschneider Michel Erhart den Auftrag, einen Altar für das Kloster Weingarten in der Nähe des Bodensees zu schaffen, von dem 4 Tafeln heute im Dom von Augsburg erhalten sind. 1494 kehrte er zugleich mit dem Bildhauer Gregor Erhart nach Augsburg zurück. Daß H.s früh verstorbene Frau eine Schwester des bedeutendsten Malers Augsburgs, Hans Burgkmair, gewesen sei, ist nicht nachweisbar. Jedenfalls war sie eine Augsburgerin, durch die Heirat mit ihr war H. davon befreit, das Bürgerrecht kaufen zu müssen. 1496 erwirbt H. ein Haus am Vorderen Lech, im gleichen Jahr wird ein Lehrjunge erwähnt, Stephan Kriechbaum aus Passau, der zuvor bei Gregor Erhart gewesen war, also von der Bildhauerei zur Malerei umsattelte. 1497 arbeitet H. mit 2 Knechten. Man vermutet in ihnen Leonhard Beck und den jüngeren Bruder Sigmund Holbein. Beide sind auch mit ihm als Gehilfen am großen Altar beteiligt, den er für den Prior Johann von Willnau 1500/01 für die|Dominikanerkirche in Frankfurt ausführte (Frankfurt, Basel und anderweitige Fragmente).

    Nachdem H. in den 1490er Jahren eine rege Werkstattätigkeit in Augsburg entfaltet (um 1499 insbesondere die Marienbasilika und das Epitaph der Schwestern Vetter für das Katharinenkloster, beide noch in Augsburg) und hierauf den großen Auftrag in Frankfurt erfüllt hatte, lieferte er wieder in Augsburg für das Katharinenkloster das Epitaph der Schwestern Walther. 1502-04 erstellte er zusammen mit Adolph Daucher als Kunstschreiner und Gregor Erhart als Bildschnitzer auf Wunsch des Abtes Georg Kastner für das Zisterzienserkloster von Kaisheim bei Donauwörth den Hochaltar (Flügel in München), den Kreuzaltar (3 Tafeln in Augsburg) und die Orgelflügel (Entwurf in Basel). 1504 schuf er für das Katharinenkloster in Augsburg das Bild der S. Paulsbasilika. 1508 erteilte ihm Augsburg einen der ehrenvollsten Aufträge: das Bild des Fronaltars im Dom, das leider dem Bildersturm der Reformation zum Opfer fiel (Entwurf in Danzig erhalten). Es wurde 1509 aufgestellt, nachträglich sollten noch Flügel hinzugefügt werden. H. entschuldigte sich und bat um Geduld, da er im Elsaß zu tun habe, er werde die Flügel im Frühjahr 1510 malen. Die Arbeit, die er im Elsaß zu verrichten hatte, identifiziert sich wohl mit den in Grisaille gehaltenen Tafeln in Prag, auf denen unter anderem ein Wunder der elsäßischen Landespatronin Odilia dargestellt ist; sie waren vielleicht für das Kloster Hohenburg auf dem Odilienberg bestimmt. Dann arbeitete H. wieder in Augsburg: Votivbild der Familie Schwarz (um 1510), Katharinenaltar (1512) und Sebastiansaltar (1515, München). Darauf zog er wieder in die Weite, diesmal endgültig, ohne je nochmals nach Augsburg zurückzukehren. Seit Woltmann gilt es als ausgemacht, daß H. die Stadt schuldenhalber hätte verlassen müssen, da er mit der neuen Entwicklung der Kunst in Augsburg nicht mehr habe Schritt halten können. In Wirklichkeit steht er mit dem Katharinenaltar und dem Sebastiansaltar keineswegs hinter den Augsburger Künstlern jener Jahre zurück (Burgkmairs Altäre, jetzt in München, sind erst von 1518 und 1519), und bei näherem Zusehen erweisen sich die Schulden kaum als so beträchtlich, daß sie den Ruin des Malers bedeutet hätten. Wenn er die Steuern von 1516 ab nicht mehr zahlte, so rührt das daher, daß er eben nicht mehr anwesend war. 1517 erhebt aber sein Bruder Sigmund Klage | wegen einer größeren Summe, die er ihm vorgestreckt habe: Er sei „gen Eisznen“ weggezogen, ohne sie zurückzuerstatten. Offenbar handelte es sich um eine bedeutendere auswärtige Unternehmung, wobei nach einem häufigen Brauche der Zeit der Künstler sein Material selbst aufzubringen hatte und erst bei der Schlußabrechnung dafür entschädigt wurde. Sigmund war nicht mitgegangen und hatte noch keine Rückerstattung erhalten. „Eisznen“ ist jedoch nichts anderes als das Antoniterkloster von Isenheim im Elsaß (elsäßisch „Isene“), dessen welsche Präzeptoren jeweils die besten deutschen Künstler zu ihren Unternehmungen zu berufen pflegten: Martin Schongauer, Nikolaus von Hagenau und zuletzt Grünewald. Jetzt sollte H. ein Werk hinzufügen. Daß er in Isenheim war, wird noch viel später 1526 durch einen Brief des Rats der Stadt Basel bezeugt, in dem dieser für seinen Mitbürger Hans Holbeinden Jüngeren lange dort zurückgebliebenes Material zurückfordert.

    Durch die Übersiedlung ins Oberelsaß gelangte H. wieder in Verbindung mit seinen Söhnen in Basel. 1517 nahm er den jüngeren Hans mit nach Luzern, um dort das Haus des Schultheißen Jacob Hertenstein innen und außen auszumalen. Er ist zweifellos der „Meister Holbein“, der in Luzern erwähnt wird, sein Sohn war noch nicht Meister, sondern noch Geselle, und konnte als solcher noch keinen Vertrag dieser Art abschließen. Der Beweis der Beteiligung des Vaters wird auch durch das eine der Basler Skizzenbücher erbracht, in dem sich der Entwurf für eine Darstellung der Vierzehn Nothelfer in der Kapelle vorfindet: Die Zeichnung stimmt bis ins einzelne mit der Kopie des Wandgemäldes überein, die 1825 vor der Zerstörung des Hauses aufgenommen worden ist. Ob das große Gemälde des Lebensbrunnens mit der nicht mehr echten, aber wohl zutreffenden Jahrzahl, eines der schönsten Bilder der altdeutschen Malerei (Lissabon), 1519 noch in Luzern, im Elsaß oder anderswo entstanden ist, dürfte nicht mehr auszumachen sein. Die Gruppe der heiligen Frauen erinnert an Gerard David, die Landschaft hinten an Joachim Patinier, so daß man sich fragen möchte, ob H. nicht zwischenhinein, vielleicht zum zweiten Male, in den Niederlanden gewesen sei. Der mächtige Renaissancebau ist ein Augsburger Requisit, eine Variation auf das Grab des Dogen Vendramin in Venedig, die, vermutlich durch Burgkmair vermittelt, auch von Hans Daucher in Augsburg für drei seiner Reliefs von 1518, 1520 und 1534 verwendet worden ist. In den folgenden Jahren ist H. mehrmals in der Nähe seines großen Sohnes anzutreffen. 1520 oder 1521 hat Hans Holbein der Jüngere auf seinen Altarflügeln mit der Weihnacht und der Anbetung der Könige, die er für den Basler Ratsherrn Hans Oberried gemalt hat und die, aus dem Bildersturm in Basel gerettet, heute im Freiburger Münster stehen, die Bildnisse der Stifter vom Vater hineinsetzen lassen, obschon er selbst in diesem Fache schon längst einer der ersten war. Die beiden Tafeln in Karlsruhe mit den Gestalten des heiligen Georg und der heiligen Ursula (auf letzterer das Datum 1522 leider repariert) sind früher zumeist, jedoch keineswegs einmütig, dem Sohne zugeschrieben worden; sie sind aber zweifellos vom älteren H.: Die noch gotische Schwingung der Figuren und ihr schwebendes Schreiten sind beim jüngeren Holbein undenkbar. Endlich stammt auch offensichtlich das von Leonardo da Vinci beeinflußte Abendmahl in Basel ebenfalls vom Vater: Die Komposition war diesem vielleicht vom Sohne als Skizze aus Frankreich mitgebracht worden; sie war indessen auch durch Stiche bekannt. Im Gegensatz zum jüngeren Holbein, bei dem die Figuren selbst im engsten Rahmen freien Raum zur Entfaltung besitzen und die Architektur stets von mächtiger Kraft ist, sind die Apostel eng aneinander gerückt und die Pfosten und Bogen der Rückwand flach und ohne plastische Tiefe. Wenn aber in der Malerei H.s Züge der Hand des Sohnes Hans zu erkennen sind, so rührt dies wohl daher, daß dieser die Arbeit, die der Vater bei seinem Tode unvollendet zurückließ, für den Besteller fertigstellte. 1524 ist als Sterbejahr H.s in den Augsburger Künstlerlisten verzeichnet. Meist wird als Sterbeort Isenheim angegeben. Aus dem Schreiben des Basler Rats von 1526 geht jedoch hervor, daß der Sohn das Werkzeug des Vaters nicht erst nach dessen Tode, sondern schon zu Lebzeiten herausverlangt habe. Also war bereits in den letzten Lebensjahren H. nicht mehr dort, sondern hat sie möglicherweise bei seinem Sohne verlebt. Wenn er in dessen Werkstatt war, so mußte er der Zunft nicht unbedingt gemeldet werden; vielleicht anerkannte man auch den Freibrief Maximilians, der sich noch 1545 im Hausgut seiner Schwiegertochter Elisabeth, der Frau des jüngeren Holbein, vorfand und durch den der Kaiser ihm, den er zur meist graphischen Verherrlichung seines Ruhms nicht beschäftigte, seine hohe Anerkennung kundtat und für die weitherum über die Stadt Augsburg hinausreichende Tätigkeit Erleichterung verschaffte. Beim Sohn in Basel verblieb schließlich der Nachlaß, er ist daher wenigstens zu einem beträchtlichen Teil in das Kunstkabinett des Basilius Amerbach und damit in die Basler Öffentliche Kunstsammlung gelangt.

    H. war ein begehrter, hochgeschätzter Maler. Vor den meisten seiner Zeitgenossen zeichnete er sich aus durch die Schönheit des Kolorits. Sein Sinn für die Farbe machten ihn auch geeignet als Entwerfer von Glasgemälden (Eichstätt, Augsburg, Straubing). Die Bilderfindungen H.s bleiben jedoch ganz der spätgotischen Tradition verhaftet: Die Komposition ist eng gedrängt und nach oben gestaffelt, eine wirkliche Raumtiefe ist nicht vorhanden. Die Figuren behalten etwas Schwebendes und stehen nicht fest auf der Erde wie die seines großen Sohnes. Um 1510 festigen sich allerdings seine Gestalten, und es treten erst niederländische, dann italienische Renaissance-Ornamente auf (Hohenburger Altar 1509, Prag; Schwarz’sches Votivbild, wohl um 1510; Katharinenaltar 1512, Augsburg). Schon immer entzückte er durch liebliche Frauenbilder; auf den Flügeln des Sebastianaltars (1515, München) und im Lebensbrunnen (1519, Lissabon) erhebt er sie zu feiner Idealität. Seit seiner Einkehr am Oberrhein sucht er aber seine Kunst an der seines Sohnes zu erneuern, mit solchem Erfolge, daß man noch bis in die neueste Zeit Gemälde seiner Hand für Werke des jüngeren Holbein gehalten hat. – Zu erwähnen ist auch die erstaunliche Reihe der mit dem Silberstift gezeichneten Bildnisse aus H.s Skizzenbüchern, die er dazu verwendet, seine Figurengruppen zu beleben, die er aber nur selten in den späteren Lebensjahren zu autonomen Porträts gestaltet. Sein physiognomisches Interesse, sein frisches Betrachten und das Eingehen auf die schicksalhaften Züge eines jeglichen Individuums sind aber ein großartiges Erbe, das er seinem gerade auf dem Gebiete des Porträts weltberühmten Sohne vermacht hat.

  • Literatur

    u. P s. L u. P z. Gesamtfam.

  • Autor/in

    Hans Reinhardt
  • Zitierweise

    Reinhardt, Hans, "Holbein, Hans der Ältere" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 513-515 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552945.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Holbein: Hans H. (oder, nach seiner eigenen Schreibart, Holbain), zum Unterschied von seinem berühmter Sohne der Aeltere genannt, war Sohn des Lederers Michel H., welcher sich 1448 in Augsburg einbürgerte. Das Jahr seiner Geburt ist nicht bekannt; wahrscheinlich fällt es in die 60er Jahre des 15. Jahrhunderts. Ebensowenig weiß man, wer sein Lehrer in der Malerei gewesen. Der Einfluß der flandrischen Schule, den seine früheren Werke zeigen, dürfte vielleicht nur ein indirecter sein, und wenn hierüber eine Vermuthung gestattet ist, so möchte man annehmen, daß er, gleich seinem Mitbürger Hans Burgkmair, einige Zeit in Martin Schongauer's Werkstätte zu Colmar gearbeitet habe, mit welchem Meister er in mancher Beziehung, namentlich in den Typen seiner Köpfe, eine unverkennbare Verwandtschaft zeigt. Die Zahl seiner noch vorhandenen Bilder und Handzeichnungen ist sehr bedeutend. Die frühesten Gemälde, welche man von ihm kennt, Scenen aus dem Leben der Maria darstellend, malte er 1493 für die Reichsabtei Weingarten in Schwaben. In neuerer Zeit wurden sie für den Dom in Augsburg erworben, wo sie nun zwei Seitenaltäre zieren. Seine erste Erwähnung in den Augsburger Steuerbüchern datirt von 1494, was uns wol mit einiger Sicherheit den Zeitpunkt seiner Rückkehr in die Vaterstadt und seine Gründung einer eigenen Werkstätte bezeichnet. Hier malte er in einem Zeitraume von etwas über 20 Jahren eine erstaunliche Menge kirchlicher Bilder, nicht allein für die Gotteshäuser Augsburgs, sondern auch für entferntere Klöster und Kirchen in verschiedenen Gauen Süddeutschlands. Den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts gehören noch an, außer einem Tod der Maria (Basler Museum), dessen Jahrzahl 1490 wol durch mißverstandene Erneuerung der letzten Ziffer etwas verfrüht erscheint, mehrere für das Katharinenkloster in Augsburg ausgeführte Bilder, wovon das eine 1499 datirt, eine Tafel in Spitzbogenformat in 13 Abtheilungen die Krönung Mariä, Scenen aus der Passion Christi und die knieenden Bildnisse der drei Stifterinnen Veronica, Walpurga und Christina Vetter, enthält. Ein anderes, vom gleichen Jahr datirtes, gehört zu der Folge der Basiliken Roms und stellt im Mittelfeld, allerdings am sehr imaginäre Weise, die Kirche St. Maria Maggiore dar; darüber die „Krönung Mariä", rechts die „Enthauptung der hl. Dorothea“, links die „Geburt Christi“. Für die Dominicaner in Frankfurt a/M. vollendete er 1501 ein umfangreiches Altarwerk, wovon sich nun der größte Theil (der „Stammbaum Christi“, derjenige der Dominicaner, „Christi Eintritt in Jerusalem", „Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel", „Fußwaschung“, „Gethsemane") in der städtischen Gemäldesammlung im Saalhof daselbst, das „Abendmahl“ dagegen in der Leonhardskirche befindet. Dazu gehörten wol auch die sieben Passionsbilder im dortigen Städel’schen Institut, welche, gleich einer anderen, der nämlichen Periode angehörenden, Passionsfolge in der fürstlichen Gallerie zu Donaueschingen, der damaligen Gewohnheit huldigen, den Gegensatz zwischen der milden Hoheit Christi und der Gemeinheit seiner Widersacher möglichst grell darzustellen. — Noch bedeutender war ein Altarwerk, welches er im folgenden Jahre für die Reichsabtei Kaisheim bei Donauwörth malte. Die Münchener Pinakothek enthält von demselben nicht weniger als 16 Stücke, welche theils Episoden aus dem Leben der Maria, theils Passionsscenen darstellen. Jene bildeten das Innere des Flügelaltars, diese die Außenseite. Während die Passionsbilder nicht allein eine oberflächlichere Behandlung zeigen, sondern durch die Uebertreibung im Gesichtsausdruck und den Geberden der Peiniger des Heilandes einen abstoßenden Eindruck machen, sind die Bilder aus dem Marienleben mit merklicher Liebe und Sorgfalt behandelt, und zeigen in den weiblichen Figuren ein Streben nach Anmuth und idealer Schönheit, in den männlichen eine seine Charakteristik. — Von 1504 an taucht ein jüngerer Bruder Hans Holbein's d. Ae., Namens Sigmund H., gleichfalls Maler, im Augsburg er Steuerregister auf, wo er bis 1510 fortwährend mit jenem zusammen genannt wird. Sowol dieser Umstand, als auch andere Indicien lassen schließen, daß er gemeinschaftlich mit Hans H. und wol auch für diesen, arbeitete. Gerade um diese Zeit macht sich ein überraschender Fortschritt in einzelnen Werken des letzteren bemerkbar. Man wird denselben zuerst gewahr in einem, der Folge der römischen Basiliken angehörenden Bilde, welches Begebenheiten aus dem Leben des Apostels Paulus darstellt (Augsburger Gallerie). Obschon dasselbe nämlich im Allgemeinen den unverkennbaren Stempel Von Hans H. d. Ae. Erfindung und Malweise zeigt, finden sich darin einzelne Figuren von so entschieden geistigerer Auffassung, correcterer Zeichnung und feinerer Ausführung, daß dieser Unterschied selbst dem ungeübtesten Auge nicht entgehen kann. Sollte dieser Umstand nicht auf die Mithülfe des jüngeren Bruders schließen lassen? Bestärkt wird diese Vermuthung durch ein reizendes Madonnenbild (Burg zu Nürnberg) mit S. Hollbain bezeichnet, welches ebenso fein ausgeführt, als zart empfunden ist und namentlich auch durch vollkommen correcte Zeichnung der nackten Körpertheile sich von allem unterscheidet, was wir von Hans Holbein's d. Aelt. unbestrittenen Leistungen kennen. Niemand würde wol anstehen, die Signatur dieses Bildes auf Sigmund H. zu deuten, wenn nicht ein zweites, durchaus ebenso seines Madonnenbild in der Sammlung der Moritzcapelle, welches mit Hans H. bezeichnet ist, eine so unverkennbare Verwandtschaft mit jenem zeigte, daß man nicht umhin kann, es derselben Hand zuzuschreiben. Hier liegt ein noch ungelöstes Räthsel. Sicher ist, daß die auffallende Verschiedenheit zwischen den Werken des älteren H. namhafte Kunstkenner zu der Conjectur veranlaßt hat, daß Hans H. d. J. sich an der Ausführung der vorzüglicheren unter denselben betheiligt habe, welchem Irrthum ein bekannter Bilderrestaurator in gewissenloser Weise durch Inschriftenfälschung Vorschub leistete. Unter den in der Augsburger Gallerie befindlichen Bildern eines ehemaligen Flügelaltars aus dem J. 1512, welche namentlich Anlaß dazu boten, ist es besonders die St. Anna mit der hl. Jungfrau auf einer Steinbank sitzend, welches sowol durch die große Anmuth der Gestalten, als auch durch die richtige Zeichnung besonders des von ihnen im Gehen unterstützten nackten Kindes, sowie sämmtlicher Hände, zu Zweifeln an der eigenhändigen Ausführung durch den älteren Hans H. einigermaßen zu berechtigen scheint. In noch höherem Grade ist dies bei dem sogen. Sebastiansaltar und namentlich dessen beiden Flügeln der Fall (Münchener Pinakothek), welche überhaupt zu dem besten, gehören, was die deutsche Kunst des 16. Jahrhunderts hervorgebracht hat. Die Vermuthung, daß besonders an diesem Werke beide Brüder thätig waren, findet eine Stütze in der durch die|Augsburger Gerichtsbücher bestätigten Thatsache, daß noch 1516, wo dieses Werk vollendet wurde, Hans H. die Mithülfe seines Bruders bei der Ausführung seiner Bestellungen in Anspruch zu nehmen pflegte. — Um das J. 1516, vielleicht auch schon etwas früher, verließ der alte Hans H. seine Vaterstadt, in welche er nicht mehr zurückgekehrt zu sein scheint. Die wahrscheinliche Veranlassung zu diesem Wegzug war die Bestellung eines Altarwerks für das Antoniterkloster Issenheim im Oberelsaß, von welchem Kunstwerk aber nichts mehr vorhanden ist. Ueberhaupt erlischt von dieser Zeit an seine Spur, obschon er, zufolge dem Augsburger Malerbuch, erst 1524 gestorben sein soll. Sein Bruder Sigmund H., welcher nicht mit ihm nach Issenheim ziehen wollte, blieb noch bis 1519 in Augsburg, worauf er sich nach Bern wandte, in welcher Stadt er erst 1540 starb, nachdem er seinen Neffen Hans H. zu seinem Erben eingesetzt hatte. — Hans H. d. Ae. hat sich neben seiner Thätigkeit als Maler kirchlicher Bilder auch im Porträtfach ausgezeichnet, worin später sein Sohn das höchste leistete. Seine seltene Begabung für die treue Auffassung der Charaktere zeigt sich namentlich in der großen Anzahl von Studienköpfen, welche, meistentheils mit Silberstift auf weiß grundirtes Papier gezeichnet, sich in vermiedenen Sammlungen zerstreut finden. Besonders reich daran sind die Cabinette von Berlin, Kopenhagen und Basel. Letztere Stadt besitzt auch eine Anzahl Skizzen zu seinen kirchlichen Bildern, welche aus dem Nachlaß seines Sohnes direct in den Besitz des Kunstsammlers Amerbach gelangten. Dieselben sind größtentheils schwach in der Zeichnung und geben kaum einen rechten Begriff von seiner Bedeutung als Maler, welche sehr unterschätzt wurde, bevor die deutsche Kunstforschung sich wieder eingehender mit dieser Künstlerfamilie beschäftigte.

    • Literatur

      Woltmann, Holbein und seine Zeit; Jahrbücher für Kunstwissensch., IV.

  • Autor/in

    Ed. His.
  • Zitierweise

    His, Eduard, "Holbein, Hans der Ältere" in: Allgemeine Deutsche Biographie 12 (1880), S. 713-715 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552945.html#adbcontent

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