Lebensdaten
um 1195 – nach 1254
Beruf/Funktion
Minnesänger
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118551205 | OGND | VIAF: 72185717
Namensvarianten
  • Hiltebolt von Schwangau
  • Hiltbolt
  • Hiltebolt
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Hiltbolt von Schwangau, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118551205.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Aus welf, seit 1191 staufisch Ministerialenfamilie am Lechrain; (lt. Hormayr) Luikard von Freundsberg.

    In der großen Heidelberger Liederhandschrift (C) sind unter H.s Namen 49 Liedstrophen überliefert, 14 davon stehen auch in der Weingartner Liederhandschrift (B). Sprache, Wortgebrauch, Strophenbau und die Abhängigkeit von anderen, zeitlich bestimmbaren, Minnesängern machen als Entstehungszeit dieser Strophen die Jahre 1215-25 wahrscheinlich. So kommt als Dichter unter den zahlreichen Trägern des Namens Hiltbolt bei den Schwangauern nur jener in Frage, der im Gefolge des Graf Albrecht III. von Tirol erscheint und 1221, 1225, 1228 und 1240 als Zeuge in verschiedenen Rechtsgeschäften erwähnt wird. Zum letztenmal begegnet er 1254, jetzt im Dienste des Graf Gebhard von Hirschberg, einem der Erben und Schwiegersöhne des Graf Albrecht. Aus H.s Leben ist wenig bekannt. Ein „Kreuzlied“ H.s macht seine Teilnahme am 5. Kreuzzug (1217–21) als Begleiter seines Herrn, des Graf Albrecht, wahrscheinlich.

    H.s Lieder sind in erster Linie Friedrich von Hausen, also dem staufischen Minnesang, verpflichtet, doch auch die Kunst Walthers von der Vogelweide und Ulrichs von Lichtenstein wirkten auf seine Dichtung. Beziehungen H.s zur staufischen Kultur gab es über die eigene Familie und in Tirol selbst. Der Dichter Ulrich von Lichtenstein war wiederholt in Tirol, und H. hat ihn zumindest auch 1224 in Friesach getroffen, wo Ulrich eine besondere Rolle spielte und wo auch Graf Albrecht III. anwesend war. – Die Anlehnung an ältere Vorbilder weist H. als konventionellen höfischen Dichter aus, der freilich auch von neueren Strömungen nicht unberührt blieb. Gerade sein Tanzlied „Ich will aber der lieben singen“ erinnert an die parodistische Dorfpoesie um Neidhart, ohne daß ein Zusammenhang nachweisbar wäre. C. von Kraus hat versucht, die Lieder H.s zu einem Zyklus zu ordnen, so daß eine Art „Liebesroman“ entsteht, ähnlich wie bei Friedrich von Hausen.

    H. war kein origineller Dichter, aber es gebricht ihm nicht an poetischen Einfällen und an Liedern von volksliedhafter Innigkeit.

  • Werke

    C. v. Kraus (Hrsg.), Dt. Liederdichter d. 13. Jh. I, Text, 1952. -
    H.s v. Sch. Lieder übers. u. hrsg. v. J. Schrott, 1871.

  • Literatur

    ADB 33 (unter Schwangau);
    K. A. Muffat, Beschreibung u. Gesch. d. Schlosses Hohenschwangau, 1837;
    J. Frhr. v. Hormayr, Goldene Chronik v. Hohenschwangau, 1842;
    E. Juethe, Der Minnesänger H. v. S., 1913;
    H. Kuhn, Minnesangs Wende, 1952;
    C. v. Kraus, Dt. Liederdichter d. 13. Jh. II, Kommentar, besorgt v. H. Kuhn, 1958;
    H. Pörnbacher, in: Lb. a. d. Bayer. Schwaben VII, 1959;
    Vf.-Lex. d. MA II.

  • Porträts

    Miniaturen in d. Gr. Heidelberger Liederhs. C u. in d. Weingartner Liederhs. B.

  • Autor/in

    Hans Pörnbacher
  • Zitierweise

    Pörnbacher, Hans, "Hiltbolt von Schwangau" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 162-163 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118551205.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schwangau: Hiltbolt v. S., Minnesänger. Er gehört zu dem Geschlecht der Herren v. S. am rechten Ufer des obern Lech (heute Hohenschwangau). Ihr Stammsitz lag noch im alten Schwabengau, der wie auch die Untersuchung der Sprache dieses Gebietes lehrt, hier ein gutes Stück über den Fluß hinüberreicht. Sie sind denn auch im 12. Jahrhundert Ministerialen der schwäbischen Herzöge, der Welfen, und gehn nach deren Aussterben in die Dienstmannschaft der Staufer über. Der Name Hiltbolt erbt sich damals bei ihnen stehend weiter: ein Hiltbolt erscheint 1146 als Zeuge in einer Urkunde seines Herrn Welf's VI.; ein zweiter, wahrscheinlich sein Enkel, ist von 1221—1254 in der Umgebung Konrad's v. Winterstetten (s. A. D. B. XXXI, 68 f.) und Albrecht's und Berthold's v. Neifen, eines Oheims und Bruders des Minnesängers Gottfried v. Neifen (s. A. D. B. XXIII, 401 f.) nachzuweisen. Keiner von beiden kann der Dichter sein, da die erhaltenen Lieder ganz den Stempel der Frühzeit der mittelhochdeutschen Lyrik, die Farbe des 12. Jahrhunderts tragen und etwa 1190—1210 entstanden sein müssen. Die größte Wahrscheinlichkeit besitzt daher die Vermuthung von Bartsch, daß ein zufällig in Urkunden noch nicht aufgefundener Hiltbolt, der Sohn des ersten und der Vater des zweiten, der Minnesänger sei. — Er bevorzugt noch daktylischen Rhythmus; er liebt es noch, nur zwei Reime durch eine Strophe durchzuführen; er bildet noch vielfach einstrophige Lieder. Auf einen Kreuzzug beziehen sich mehrere Lieder, ohne daß die unbestimmten Anspielungen eine sichere Datirung erlaubten: er erklärt, dem König seinen Leib überallhin zu führen, aber ohne das Herz, das daheim bei der Geliebten bleibe; er verabschiedet sich vor der Kreuznahme von der Minne; er gesteht, daß ihn trotzdem die Liebe nie härter zwang als ze Sürie in dem lande. Sein eigentliches Muster ist der Elsässer Reinmar v. Hagenau (s. A. D. B. XXVIII, 93). Gleich diesem bewegt er sich durchaus in dem Gleise des streng höfischen Minneliedes der ritterlichen Gesellschaft, mit ihm theilt er die poetischen Motive, gewisse Lieblingsworte (vergân u. A.), die Mittel des Stils. Aber wie er dicht an der Grenze der bajuvarischen Lande lebt, wie seine Familie auch in Tirol Güter|und allerlei Beziehungen besitzt, fließen aus seiner Leier auch ein paar kräftigere, hellere Klänge, die ein klein wenig an die Nähe der Gegenden zu mahnen scheinen, wo im 12. und 13. Jahrhundert die realistische Kunst ihr Heim hat. Reminiscenzen an Walther, an Heinrich v. Morungen sind nicht zu verkennen. Aus einem schönen Lied des Letzteren (Minnesangs Frühling 126, 1 ff.) schöpft die letzte Strophe seines Tanzliedes, das sein merkwürdigstes Gedicht ist: durchaus im höfischen Ton gehalten bringt es den volksmäßigen Refrain Elle und Else tanzent wol, des man in beiden danken sol. Es darum einem jüngeren Dichter, etwa seinem Sohn, zuzuweisen, sehe ich keinen zwingenden Grund. Unter den Lobpreisungen des guten Rufs der Geliebten, der ihm seine Neigung eingeflößt habe, unter Versicherungen der Treue und Wahrhaftigkeit, Bitten um Erhörung, Klagen über die Noth der Minne, der Abneigung gegen die Merker, Zurückweisung von Verleumdungen, dem Wunsch nach heimlichem Kusse, der Verzagtheit über ihr Versagen, Trauer über verbotene Rede und den sonstigen conventionellen Zügen der höfischen Modedichtung tauchen vereinzelt hübsche poetische Einfälle von etwas selbständigerer Erfindung auf: an die Farben ihres Kranzes knüpft er eine sinnvolle Deutung und gibt damit, wie es scheint, das älteste Beispiel der Blumensprache in der altdeutschen Lyrik (bei von der Hagen Nr. 2); während die Vögel auf den Zweigen bald hoch bald tief singen, habe er nur eine einzige Melodie und werde nie fröhlich (vgl. Morungen Minnesangs Frühling 127, 34); er hat vom Po bis zum Rhein nach der Besten gesucht, wie Walther in dem bekannten Lied auf deutsche Männer- und Frauentugend, und sie in dem eigenen Herzen wohnend gefunden; er vergleicht sie, die sich durch all sein Werben nicht rühren lasse, in ihrer Unbeweglichkeit dem Polarstern, den er in Anlehnung an den italienischen Ausdruck (stella tramontana) Tremundân nennt, was wiederum einem Bilde Morungen's nahe steht, der (Minnesangs Frühling 138, 37 ff.) die Geliebte wegen ihrer Unnahbarkeit und Allen gleichmäßig gespendeter Freundlichkeit mit der Sonne vergleicht. So lassen sich auch hier überall wenigstens mittelbare Muster aufdecken. Mehrmals greift H. formelhafte sprichwörtliche Wendungen auf. Am lieblichsten ist ein Liedchen, das in zwei vierzeiligen Strophen, je einen Reim durchführend, der Vergänglichkeit von Reif und Schnee, Blumen und Klee, Winter- und Sommerfarbe der Heide die Beständigkeit der eigenen Herzensnoth gegenüberstellt und in rührender Bitte an deren schöne Urheberin ausklingt: das ist ganz der zarte, innige Ton des adlichen Minneliedes aus der besten Zeit, das ist Minnesangs Frühling! — Der Dichter scheint keine ganz unbedeutende Wirkung gehabt zu haben: drei Handschriften bringen Lieder von ihm, theilweise unter anderem Verfassernamen, und in Mitteldeutschland entlehnte von ihm eine Strophe ein weitschichtiges Minnegedicht (wohl des 14. Jahrhunderts) im Titurelston, ein förmlicher Cento, der im übrigen den tugendhaften Schreiber und Reinmar v. Zweter plündert (Roethe, Reinmar v. Zweter Seite 210 Anm.) — Die litterarhistorische Betrachtung macht an Hiltbolt und seiner Familie lehrreiche Wahrnehmungen über das Verhältniß der einzelnen Generationen des schwäbischen Adels zur weltlichen Lyrik. Der Vater des Sängers aus der Generation des „milden Welf“ (s. A. D. B. XXXI, 70) und aus dessen Freundeskreis wird gleich jenem an der Dichtung der Fahrenden nach Art des älteren anonymen Spervogeltons Vergnügen gefunden haben. Sein Sohn, der Minnesänger Hiltbolt, tritt selbst als Dichter auf und folgt den Pfaden der rein höfisch-ritterlichen Kunst. Aber in seinem Tanzlied glaubt man bereits etwas von dem Geschmack der jüngeren, dritten Generation, die der dritte Hiltbolt vertritt, zu spüren: sie hält zu Gottfried v. Neifen, zu dem Kreise König Heinrich's VII. (s. A. D. B. XI, 443), und parodirt die alten Ideale höfischer Kunst.

    • Literatur

      v. d. Hagen, Minnesänger I, 280 ff. III, 632 f. IV, 190 ff. — Bartsch, deutsche Liederdichter Nr. 20 (auch in der zweiten Auflage S. XXXIX der aus v. d. Hagen IV, 190 abgeschriebene geographische Irrthum: Schwangau „am linken User des obern Lechs"). — Riezler, Geschichte Baierns 3, 979. Werthlos ist die ganz dilettantische Arbeit von J. Schrott, H. v. Schwangau Minnelieder. Augsburg 1871. Der urkundliche Nachweis, den Grimme (Germania 32, 420) brachte, beruht, wie Aron (Anzeiger für deutsches Alterthum 14, 230) zeigte, auf Augentäuschung.

  • Autor/in

    Burdach.
  • Zitierweise

    Burdach, Konrad, "Hiltbolt von Schwangau" in: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891), S. 184-186 unter Schwangau [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118551205.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA