Lebensdaten
1739 – 1790
Geburtsort
Scharnhausen bei Eßlingen
Sterbeort
Echterdingen bei Stuttgart
Beruf/Funktion
Pietist ; Erfinder ; Schriftsteller ; Astronom ; evangelischer Theologe ; Pfarrer in Onstmettingen, Kornwestheim und Echterdingen
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118544861 | OGND | VIAF: 50016988
Namensvarianten
  • Hahn, Philipp Matthäus
  • Hahn, Philipp Matthäus
  • Hahn, Ph. Matth.
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Zitierweise

Hahn, Philipp Matthäus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118544861.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gg. Gottfr. (1705–66), Mag., Pfarrer in Scharnhausen, Onstmettingen u. Ostdorf, S d. Matthäus, Kaufm. u. Bgm. in Sielmingen, u. d. Christina Barbara Fleiner;
    M Jul. Kunigunde (1711–52), T d. Pfarrers Joh. Phil. Kauffmann in Sch. u. d. Maria Barbara Hartmann;
    Stief-M Dorothea (1733–80), T d. Prälaten Daniel Maichel (1693–1752) in Herrenalb u. d. Maria Magd. Aulber;
    6 Geschw; 6 Halb-Geschw.;
    B Gg. David u. Gottfried, Mitarbeiter H.s;
    - 1) Ostdorf 1764 Anna Maria (1749–75), T d. Joh. Ulrich Rapp, Bgm. u. Zollakziser in Schorndorf, u. d. Maria Schmid, 2) Mündungen 1776 Beata (1757–1824), T d. Pfarrers u. Päd. Joh. Frdr. Flattich ( 1797, s. NDB V);
    6 S (2 früh †), 1 T aus 1), u. a. Christoph Matthäus (1767–1833), Gehilfe d. V, dann Hofmechanikus in Stuttgart, Chrstn. Gottfr. (* 1769), Gehilfe d. V, dann Hofmechanikus in St., dann in Berlin, wanderte nach Amerika aus, Gottlieb, Mitarbeiter d. V, Joh. Georg, baute Taschenuhren, 1807-13 Hofmechaniker in St., 8 K aus 2);
    N Christoph (s. 1).

  • Biographie

    Vom Vater wurde H. schon mit 4 Jahren in Latein, Griechisch und Hebräisch unterrichtet. Der Schatten eines Nagels regte ihn an, sich mit Sonnenuhren und dann mit Astronomie zu beschäftigen. Als er das Landexamen, das ihm den Weg zu weiteren Studien auf dem Stipendienweg eröffnen sollte, nicht bestand, beschloß er, selbständig weiterzuarbeiten. Als sein Vater 1756 nach Onstmettingen bei Balingen versetzt wurde, fand H. dort in Philipp Gottfried Schaudt einen Freund und Studienkameraden fürs Leben.

    1757-60 folgte das theologische und philosophische Studium in Tübingen unter großen Entbehrungen. H. hungerte sich durch, verdiente hin und wieder durch Anfertigung einer Sonnenuhr etwas Geld und konnte die Prüfung nur ablegen, weil ihm die Hälfle der|Gebühren erlassen wurde und eine Verwandte ihm den Rest vorschoß. – Nach Vikariaten, von denen die Vertretung des berühmten F. Ch. Oetinger in Herrenberg am wichtigsten war, wurde er 1764 Pfarrer in Onstmettingen. – Neben seinem Pfarramt, das ihm immer die Hauptsache blieb, betrieb H. von jetzt an ständig im Pfarrhause eine feinmechanische Werkstatt, in der mehrere Arbeiter und später auch einige Söhne von ihm beschäftigt wurden, ohne daß er selbst Hand anlegte. Diese Werkstatt, aus der hervorragend gearbeitete Produkte hervorgingen, wird als die Keimzelle der heutigen württembergischen feinmechanischen Industrie angesehen. Man baute dort durchwegs von H. erfundene oder verbesserte kleine Präzisionsuhren, Taschenuhren mit verbessertem Zylinderechappement in sehr schönen Ausführungen, Standuhren mit astronomischen Beiwerken und schließlich astronomische Uhren, die bis zum jüngsten Tag – hier berührten sich H.s theologische und kosmogonische Vorstellungen mit seiner Tätigkeit als Mechaniker – das Geschehen auf der Erde und im Kosmos wiedergaben. So konstruierte er eine Uhr mit drei Zifferblättern für die menschliche, astronomische und apokalyptische Zeit, mit einem Sperrhaken für das Jahr 1836, weil sein Lehrer, Johann Albrecht Bengel, den Beginn des Tausendjährigen Reiches auf dieses Jahr prophezeit hatte. Die schwierigen Berechnungen für diese Wunderwerke, von denen einige noch heute erhalten sind, regten H. an, eine Rechenmaschine zu bauen, und diese, nach dem von Leibniz übernommenen oder von H. selbst wiedergefundenen Prinzip der Staffelwalzen arbeitend, in der von J. Leupold vorgeschlagenen Trommelform angeordnet, wurde die erste wirklich brauchbare, industriereife Maschine. Noch heute funktionieren einige Exemplare. – Waagen wurden gebaut, von der von H. erfundenen einfachen Neigungswaage für den Haushalt bis zur hydrostatischen und zu Präzisionswaagen.

    Als Theologe wird H. zu den „Schwabenvätern“ wie J. A. Bengel, F. Ch. Oetinger und anderen gerechnet, also zum Pietismus, der in Schwaben besondere, teilweise noch heute in Sekten lebendige Formen entwickelt hat. H. ist nicht zu verwechseln mit Michael Hahn, dem Stifter der sogenannten Hahnschen Gemeinschaft, mit dem H. zwar befreundet war, ohne jedoch seine Gedankenwege mitgehen zu können. H.s Pietismus, der ihm Schwierigkeiten mit dem Konsistorium einbrachte, ist nüchterner und, trotz chiliastischer Spekulationen – er predigte vor allem das unmittelbare Bevorstehen eines diesseitigen Gottesreiches – lebenszugewandter. Seine Gläubigkeit, eine außergewöhnliche Rednergabe und stete seelsorgerische Tätigkeit verhalfen ihm zu starker Wirkung, die noch heute nicht erloschen ist.

    H. verkehrte nicht nur brieflich mit Lavater, F. von Baader und anderen Zeitgenossen, sondern wurde auch von Herzog Karl Eugen von Württemberg und der späteren Herzogin Franziska von Hohenheim gefördert: 1770 bekam H. die besser dotierte Pfarrei in Kornwestheim und 1780 die bestdotierte des Landes, Echterdingen. – H. vereinigte in sich „religiöse Weltanschauung mit einem großen technischen Fachwissen zu einem harmonischen Weltbild“ (Paulus).

  • Werke

    W Verz. in: B. Haug, Das gel. Wirtemberg, Stuttgart 1790, S. 83;
    - Die gute Botschaft vom Kgr. Gottes, Eine Ausw., = Bd. 8 d. Zeugnisse d. Schwabenväter, hrsg. v. J. Roessle, 1963;
    Ges. Predigten, 101964 (waren bes. wirksam);
    - Beschreibung s. Rechenmasch., in: Teutsch. Merkur, Nr. 5, Mai 1779, S. 137-54, wieder in: Braunschweiger G. N. C. Mschr., Jan. 1919, S. 22 ff.;
    Notizen in: Cod. math. Nr. 26 d. Landesbibl. Stuttgart. H.s Tagebuch ebd. Cod. hist.Nr. 108, 1-5;
    dazu ebd. Cod. hist. 4° 356 a, teilweise ausgewertet in: M. Ph. M. H.s hinterlassene Schrr. I, hrsg. v. Ch. U. Hahn, 1828, u. in: Ph. Paulus, Beate Paulus geb. Hahn od. Was e. Mutter kann, 1919. - Mss. in Landesbibl. Stuttgart: Predigten;
    Lebensgesch. Jesu v. Anfang b. Ende d. Aufenthaltes in Capernaum u. Plan d. Lebensgesch. Jesu;
    Übers. d. Psalme 1-36.

  • Literatur

    ADB X;
    M. Engelmann, Leben u. Wirken d. württ. Pfarrers u. Feintechnikers Ph. M. H., 1923 (Verz. bes. s. feinmech. W, L, P);
    G. Sauter, Ph. M. H., d. Uhrmacher- u. Mechanikerpfarrer, ²1934 (Abb.), ⁴1939;
    ders., Ein Denkmal für Ph. M. H., 1940;
    H. Hermelink, Gesch. d. ev. Kirche in Württemberg, 1949, S. 254 ff.;
    Th. Heuss, Schattenbeschwörungen, Randfiguren d. Gesch., ³1960;
    E. Zinner, Astronom. Instrumente d. 11.-18. Jh., 1956, S. 351-55;
    Pogg. I;
    RGG.

  • Autor/in

    Bruno Baron von Freytag Löringhoff
  • Zitierweise

    Freytag Löringhoff, Bruno Baron von, "Hahn, Philipp Matthäus" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 496-497. [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118544861.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hahn: Philipp Matthäus H., in den frommen Kreisen seiner Heimat als ascetischer, von Bengel und Oetinger angeregter Schriftsteller, in weiteren Kreisen als Mechaniker geschätzt, war geboren in Scharnhausen bei Stuttgart am 25. November 1739, wurde 1764 Pfarrer in Onstmettingen beim Hohenzollern, wo, von ihm und dem Schullehrer Schaudt begründet, die Feinmechanik heute noch blüht, 1770 Pfarrer in Kornwestheim, 1781 in Echterdingen, starb hier am 2. Mai 1790. Seine astronomischen Uhren (eine in der Sammlung vaterländischer Alterthümer in Stuttgart, eine andere im germanischen Museum zu Nürnberg), seine Waagen u. a. verschafften ihm die Gunst des Herzogs Karl und vieler hoher Zeitgenossen; Kaiser Joseph II. interessirte sich für ihn, auch Karl August von Weimar und Goethe waren 1779 bei ihm.

    • Literatur

      Ph. Paulus, Ph. M. Hahn, Stuttgart 1858.

  • Autor/in

    J. Hartmann.
  • Zitierweise

    Hartmann, Julius, "Hahn, Philipp Matthäus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 372 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118544861.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA