Lebensdaten
um 1440 – nach 1522
Geburtsort
wohl Ulm
Beruf/Funktion
Bildhauer
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118685147 | OGND | VIAF: 375168453524466300000
Namensvarianten
  • Erhart, Michel
  • Erhart, Michael

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Zitierweise

Erhart, Michel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118685147.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    vielleicht T des Vincenz Ensinger ( n. 1493), Baumeister (s. NDB IV);
    2 S, 2 T, Gregor s. (1), Bernhard ( n. 1517), Bildhauer, Afra ( Adolf Dauher, 1523, Bildhauer, s. NDB III), Walburga ( Hieron. Fugger vom Reh, Kürschner);
    E Hans Dauher ( 1538), Bildhauer (s. NDB III), Wolfg. Fugger vom Reh, Goldschmied, Matheus Fugger vom Reh, Gold- u. Silberscheider.

  • Biographie

    E. war der bekannteste und meistbeschäftigte Ulmer Bildhauer im späten 15. Jahrhundert 1469 entrichtet er zum 1. Male in Ulm Steuern und unterhält offenbar seitdem eine eigene Werkstatt. 1474 erhält er mit dem Schreiner Syrlindem Älteren zusammen den Auftrag für den Hochaltar des Ulmer Münsters. E. liefert dabei die plastischen Teile, deren Fertigstellung sich bis 1499 hinzieht. 1497 arbeitet er auch einen „Christus im Grab“ für das Münster. Im Bildersturm gingen die Werke zugrunde. Bald kamen auch auswärtige Aufträge: 1485 bestellt Ulrich Fugger (von der Lilie) einen Dionysiusaltar für Sankt Ulrich und Afra in Augsburg für 100 Gulden (verschollen). Die Verbindung E.s zu Augsburg und zu den Fuggern erfährt eine besondere Festigung durch Heirat und Übersiedlung seiner beiden Töchter (Doppelwappen Fugger-Erhart bei Lieb, Abbildung 6); ihnen folgt 1494 E.s Sohn Gregor. Obwohl der Sohn nun in Augsburg eine eigene Bildhauerwerkstatt betreibt, erhält E. weitere Aufträge von dort. Das Kloster Sankt Ulrich kauft 1495 zwei Kruzifixe von ihm und bestellt noch 1508 zwei große schwebende Engel für 90 Gulden. 1489 liefert er dem Katharinenkloster in Sankt Gallen drei Reliefszenen aus dem Marienleben, ein Jahr später die Büste einer heiligen Cäcilie. 1493 gibt das Kloster Weingarten ihm und Hans Holbeindem Älteren einen Altar in Auftrag, von dem nur die gemalten Tafeln erhalten blieben (Augsburg, Dom). 1494 entsteht der große ausdrucksstarke Kruzifixus in der Michaelskirche in Schwäbisch Hall, das einzige erhaltene Werk, das signiert und damit für E. gesichert ist. In seiner späteren Schaffenszeit wurde der Meister in seiner Ulmer Werkstatt durch den Sohn Bernhard unterstützt, mit dem zusammen er noch 1516-18 dreizehn Steinbildwerke zu einem schon 1474 von Matthias Böblinger entworfenen, für die Südseite des Münsters vorgesehenen Ölberg anfertigt.

    Der Ölberg, dessen Christus angeblich von E. signiert war, ist längst abgetragen. Der greise Meister wird um diese Zeit nicht mehr viel gearbeitet haben. Seit Dezember 1522 weist ihm die Ulmer Pflege ein wöchentliches Gnadengeld an. Es ist der letzte Eintrag über ihn.

    Wie bei Gregor E. besteht auch bei E. die Schwierigkeit seiner Würdigung als einer zu ihrer Zeit berühmten Künstlerpersönlichkeit darin, daß sich von den urkundlich bezeugten Werken nichts erhalten hat. Vom einzigen signierten Werk, dem Kruzifix in Schwäbisch Hall, und dem Frühwerk des Sohnes Gregor (besonders Madonna von Thalkirchen) ausgehend, ließ sich durch Stilkritik und Urkundendeutung aber doch folgendes Hauptoeuvre E.s rekonstruieren: Schutzmantelmadonna von Ravensburg (Deutsches Museum, Berlin), Erbärmdegruppe in Tosters (Vorarlberg), Heiliger Cosmas und Damian in Kaufbeuren und die Pietà in Untereschach. War somit für Stil und Rang des Meisters das Maß gewonnen, so konnten weitere Werke zugewiesen werden. Die Arbeitsgemeinschaft zwischen Syrlin und E. beim Hochaltar für das Ulmer Münster (1474 folgende) ist schon seit E.s Anwesenheit in Ulm, seit 1469, anzunehmen. Damals erhielt J. Syrlin den Auftrag für das mächtige Ulmer Chorgestühl mit der Auflage, seine Mitarbeiter, „alle arbait, es sye mit bildwerck oder anderm“, aus der Vertragssumme selbst zu entlohnen. Der nahe stilistische Zusammenhang zwischen den Büsten des Ulmer Chorgestühls und den anderen für E. erschlossenen Werken läßt in ihm den bei dem großen Gemeinschaftswerk führenden Bildhauer vermuten. Die wohl schon hier zwischen 1469 und 74 erprobte Zusammenarbeit der beiden Meister hat dann beim Hochaltar ihre Fortsetzung gefunden. – In den 90er Jahren, als E. nachweislich nächste Beziehungen zum Kloster Sankt Ulrich in Augsburg und seinem späteren (seit 1496) Abt Mörlin unterhielt, dürfte er dann außer den|urkundlich bekannten zwei ehrenvolle weitere Aufträge erhalten haben: das Epitaph für den Abt Mörlin (Museum Augsburg) und die Grabplatte für den in Sankt Ulrich bestatteten heiligen Simpertus (Nationalmuseum München). Damit ist ein Gesamtwerk umrissen, das aus schwäbischer Tradition erwachsen und durch niederländische Anregungen bereichert, in seiner freien Natürlichkeit, seinem ursprünglich plastischen Empfinden und dem Vermögen seelischer Vertiefung Vorbild und Maßstab für viele süddeutsche Bildhauer wurde, nicht zuletzt für den eigenen Sohn Gregor, der dieses Erbe wohl am besten zu nutzen verstand.

  • Literatur

    zum Gesamtartikel: G. Otto, G. E., 1943 (ältere L);
    dies., Der Bildhauer M. E., in: Jb. d. Preuß. Kunstslgg. 64, 1943, S. 17-44;
    dies., Schwäb. Plastik in ausländ. Slgg., in: Schwäb. Heimat, 1954, S. 251 f.;
    N. Lieb, Die Fugger u. d. Kunst im Za. d. Spätgotik u. frühen Renaissance, 1952;
    ders., Der Erker d. Höchstetter-Hauses in Augsburg, Ein Btr. zu G. E., in: Neue Btrr. z. Archäol. u. Kunstgesch. Schwabens, 1952, S. 128 ff.;
    K. Feuchtmayr, Die Bildhauer d. Fuggerkapelle, Exkurs ebd., S. 435-71, bes. 464;
    A. Feulner u. Th. Müller, Gesch. d. Dt. Plastik, 1953, S. 310 ff.;
    A. Schädler, Ulmer Kunst um 1500, in: Kunstchronik 1954, S. 338;
    J. Baum, M. E., in: Schwäb. Heimat, 1954, S. 174 ff.;
    H. Müller, M. u. G. E., in: Lb. a. d. Bayer. Schwaben V, 1956, S. 16-44 (L, Qu., Stammtafel);
    ThB.

  • Autor/in

    Gertrud Otto
  • Zitierweise

    Otto, Gertrud, "Erhart, Michel" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 583-584. [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118685147.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA