Lebensdaten
erwähnt 680, gestorben 719
Beruf/Funktion
friesischer König
Konfession
katholisch?
Normdaten
GND: 137526792 | OGND | VIAF: 81706145
Namensvarianten
  • Radbod
  • Ratbod
  • Radbod
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Zitierweise

Ratbod, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137526792.html [17.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Vorfahren, Eltern u. Ehefrau(en) unbekannt;
    T Theudesinde ( Grimoald, 714, Hausmeier, S Pippins d. Mittleren, um 640/50-714, fränk. Hausmeier, s. NDB 20).

  • Biographie

    R. ist für die Zeit von etwa 688 bis 719 bezeugt: von fränk. Geschichtsschreibern als Herzog, in angelsächs. Quellen als König der Friesen. Ob und wie er mit dem vor ihm genannten Friesenkönig Aldgisl verwandt war, läßt sich nicht sagen. Unklar bleibt auch, in welchem Grad seine Herrschaft die gesamte fries. Küstenregion bis zur Wesermündung erfaßte. Sie konzentrierte sich auf das mittlere und südl. Friesland, mit den für den Fernhandel wichtigen, daher von Franken und Friesen umkämpften Unterläufen von Rhein und Maas, erreichte allerdings auch Helgoland. Pippin d. Mittlere konnte die fränk. Herrschaft in Feldzügen von 689 (oder 690) und 695 bis zum Alten Rhein, vielleicht bis zum Fli ausdehnen. Utrecht – zuvor vermutlich wichtigster Herrschaftssitz R.s – wurde zum Zentrum der nun verstärkt einsetzenden christl. Mission. R. mußte diese Entwicklung akzeptieren, bestätigte sie auch durch die Verheiratung seiner Tochter mit Pippins Sohn. Vorübergehend ließ er wohl auch christl. Predigt in seinem Machtraum zu, hielt aber selbst am Heidentum fest. Nach Pippins und Grimoalds Tod 714 eroberte er – innerfränk. Auseinandersetzungen nutzend – das südl. Friesland mit Utrecht und dem Handelszentrum Dorestad zurück und vertrieb die christl. Priester. Karoling. Autoren sahen ihn als machtgierigen, grausamen heidnischen Tyrannen. Erst nach seinem Tod kamen fränk. Eroberung und Christianisierung im südwestl. Friesland wieder voran. Die Erinnerung an R., von der christl. Überlieferung negativ gefärbt, blieb im fries. Bewußtsein lange erhalten.

  • Literatur

    ADB 27;
    W. Fritze, Zur Entstehungsgesch. d. Bistums Utrecht, Franken u. Friesen 690-734, in: Rhein. Vj.bll., 35, 1971, S. 107-51;
    D. P. Blok, De Franken in Nederland, ³1979;
    H. Halbertsma, Frieslands Oudheid, 1982;
    A. Salomon, Fries. Gesch.bilder, 2000;
    Lex. MA.

  • Autor/in

    Heinrich Schmidt
  • Zitierweise

    Schmidt, Heinrich, "Ratbod" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 82 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137526792.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Ratbod: R., seit etwa 680 bis zu seinem Tode 719 König der Friesen, beherrschte bei seinem Regierungsantritt den ganzen Küstenstrich der Nordsee von den Rheinmündungen bis zur Mündung der Weser in vollster Unabhängigkeit, ja mit der Tendenz, sein Gebiet südwärts weiter auszubreiten. Dadurch mußte er mit den nordwärts strebenden Franken in Zusammenstoß gerathen, und dieser Kampf gibt ihm, gleich anderen germanischen Stammesfürsten jener Zeit, das historische Gepräge: durch Abwehr der Fremdherrschaft und des Christenthums widersetzt er sich dem zugleich politischen und religiösen Einigungswerke des Frankenreichs, zunächst Austrasiens, bei dessen Bekämpfung ihm die innere Zwietracht der Franken, ja selbst ein Bündniß mit Neustrien zu statten kommt. Sein nächster Vorgänger, Aldgisl, der erste geschichtlich beglaubigte Friesenkönig, hatte friedlichere Beziehungen unterhalten; offenbar im Einverständnisse mit Dagobert II. und im Gegensatze zu Neustrien, hatte er 677 den angelsächsischen Glaubensboten Wilfried freundlich aufgenommen, ihm die Predigt gestattet und ein gegen ihn gerichtetes Schreiben des neustrischen Majordomus Ebroin vor Aller Augen ins Feuer geworfen; ja schon zur Zeit Dagobert's I. hatte man in Südwestfriesland, besonders in Utrecht, mit Bekehrungsversuchen begonnen. R. dagegen löst jede Verbindung und steht bereits 689 bei Wyk-de-Duerstede, an den Ufern des Rheins, dem Beherrscher des gesammten Frankenreichs, dem Sieger von Testri, Pippin dem Mittleren, kampfbereit gegenüber. Er unterliegt und muß Westfriesland an den Sieger abtreten. Hier beginnt gleich 690 der berühmte Wilbrord als Bischof von Utrecht seine Missionsarbeit. R., auf Mittel- und Ostfriesland beschränkt, findet sich in die veränderte Lage; seine Tochter Teutsinda vermählt sich mit Grimoald, dem Sohne Pippin's; ein neustrischer Missionar, Bischof Wulfram v. Sens, findet Zutritt in seine eignen Lande und unternimmt es sogar, ihn selbst für das Christenthum zu gewinnen. Die schöne Erzählung freilich, wie R., nur um im Jenseits nicht von seinen Vorfahren getrennt zu sein, die Taufe zurückgewiesen habe, ist leider, wie noch manches andere anmuthige Geschichtchen, als Mittheilung späterer Quellen, in das Bereich der Sage zu verweisen. Daß die damalige Missionsthätigkeit jedoch bei den Unterthanen Ratbod's nicht ganz erfolglos blieb, beweist das Beispiel der Familie Liudger's, des Friesenapostels unter Karl dem Großen. Ratbod's eigene Gesinnung trat erst 714 wieder hervor, als Grimoald (durch die Mörderhand eines Heiden, den nur Spätere als Friesen und selbst als Werkzeug Ratbod's bezeichnen) und kurz darauf auch dessen Vater Pippin aus dem Leben geschieden waren. Den nun entstehenden Doppelzwist, Karl Martell's mit seiner Stiefmutter Plectrudis und Beider zugleich mit Westfrancien, benutzt R. zur Wiedergewinnung des einst verlorenen Gebietes, wo er sogleich die Kirchen niederreißt und heidnische Altäre errichtet, und zu einem Einfall in Austrasien, wo er zu Schiffe bis Köln vordringt. Er verfährt dabei im Einvernehmen mit den Neustriern, die auch ihrerseits einen Angriff auf das Ostreich machen. Karl wendet sich gegen beide Feinde; von Seiten Ratbod's erleidet er eine Niederlage und schweren Verlust, die Neustrier überfällt er bei Amblève, schlägt sie bei Vincy und verfolgt die Fliehenden bis Paris. Nur unbeglaubigt ist die Meldung, daß er schließlich auch R. noch besiegt und wieder unterworfen habe. Gerade in jenen Jahren erschien der größte der angelsächsischen Apostel, Bonifatius, auf friesischem Boden und vor R. selbst; er mußte sich von der Fruchtlosigkeit seines Beginnens überzeugen|und kehrte vorerst wieder nach England zurück. Im wiedererlangten Vollbesitze seines Landes und seiner Selbständigkeit starb R. im J. 719. Mit ihm aber endete der hartnäckige nationale und religiöse Widerstand gegen die Frankenherrschaft. Wohl konnten Karl Martell und Karl der Große nur schrittweise nach erneuten Kämpfen das ganze Friesenland sich unterwerfen; aber noch vor Ablauf des Jahrhunderts bildete dies einen integrirenden Theil des Frankenreiches, und die Friesen leisteten gleich den andern deutschen Stämmen ihrem großen Könige willige Heeresfolge auf allen seinen Zügen.

    • Literatur

      Wiarda, ostfriesische Geschichte I. — Rettberg, Krichengeschichte Deutschlands II. —
      Bonnell, die Anfänge des karolingischen Hauses.— Breysig, Karl Martell. — O. Klopp, Geschichte Ostfrieslands I. —
      v. Richthofen, zur Lex Frisionum (Mon. Germ. hist. Legg. T. III). — G. Richter, Annalen der deutschen Geschichte im Mittelalter I, u. a. m.

  • Autor/in

    Oelsner.
  • Zitierweise

    Oelsner, "Ratbod" in: Allgemeine Deutsche Biographie 27 (1888), S. 340-341 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137526792.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA