Lebensdaten
1709 – 1755
Geburtsort
Tübingen
Sterbeort
Tübingen
Beruf/Funktion
Forschungsreisender ; Botaniker ; Chemiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11903705X | OGND | VIAF: 27138291
Namensvarianten
  • Gmelin, Johann Georg
  • Gmelin, Ioanne Georgio
  • Gmelin, Ioannes G.
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Zitierweise

Gmelin, Johann Georg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11903705X.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Georg d. Ä. (1674–1728), Apotheker (s. ADB IX; Pogg. I), S d. Weißgerbers Samuel in Waiblingen, dann Schulmeister in Münohingen b. Leonberg, u. d. Chirurgen-T Ursula Acker aus Schorndorf;
    M Barbara (1687–1760), Erbin d. Haasschen (dann Gmelinschen) Apotheke in T., T d. Apothekers Joh. Conrad Haas in T. u. d. Maria Regina Simonius;
    Tübingen 1749 Barbara (1709–89), T d. Joh. Ulrich Frommann (1669–1715), Prof. d. Theol. in T., u. d. Justine Dor. Andler;
    3 S (1 früh †) Chrstn. v. G. (württ. Personaladel 1808, 1750-1823), Prof. d. Rechte in T. (s. ADB IX), Eberhard (1751–1809), Oberamtsarzt in Heilbronn, Anhänger d. Mesmerismus, Freund Justinus Kerners, Arzt Schillers während dessen Aufenthalts in Heilbronn (s. L);
    N Samuel (s. 4);
    Groß-N Leopold (s. 3).

  • Biographie

    Schon mit 13 Jahren bezog G. die Universität seiner Heimatstadt, um Medizin und Naturwissenschaften zu studieren; 1725 verfaßte er seine erste wissenschaftliche Arbeit, 1727 erwarb er das Lizentiat der Medizin, 1728 erhielt er das Doktorat. Bereits 1727 war er auf Veranlassung seines 1725 dorthin berufenen Lehrers G. B. Bilfinger nach Sankt Petersburg gereist, wo ihm die kaiserliche Akademie 1728 ein jährliches Stipendium, 1730 einen Lehrauftrag und 1731 die ordentliche Professur für Chemie und Naturgeschichte verlieh. Im August 1733 brach er in kaiserlichem Auftrag mit dem Historiker Gerhard Friedrich Müller und dem Astronomen und Geographen Louis de l’Isle de la Croyère zu einer Forschungsreise nach Sibirien auf. Über Tobolsk, Ustkamenogorsk, Tomsk und Krasnojarsk erreichte er im Frühjahr 1734 Irkutsk. Nach Erforschung der Gebiete um den Irtisch 1734, namentlich im Osten, und Transbaikaliens 1735 kam er im September 1735 nach Jakutsk, das ihm bis Mai 1737 als Stützpunkt diente. Die Vernichtung des größten Teiles seiner Sammlungen durch Brand und Schwierigkeiten mit lokalen Behörden veranlaßten ihn zum Verzicht auf die ursprünglich vorgesehene Weiterreise nach Kamtschatka, wo er sich der See-Expedition unter V. Bering hätte anschließen sollen. Nur der G.s Expedition nachgesandte G. W. Steller reiste zu Bering weiter. 1739/40 bereiste G. das Gebiet längs des Jenissei zwischen 51. und 66. Breitegrad, Ende 1740 das Gebiet zwischen Jenissei und Ob, 1741 die Baraba-, Ischia- und Wagai-Steppen, 1742 die Iset-Provinz bis zum Jaik und das Bergwerksgebiet im Ural. Außer einem umfangreichen Herbar legte er zoologische Sammlungen an, führte Höhenmessungen und Temperaturbeobachtungen durch, untersuchte Bergwerke und Mineralquellen und machte geographische und völkerkundliche Beobachtungen. Im Februar 1743 kam G. wieder in Sankt Petersburg an, wo er sich der Auswertung seiner Sammlungen widmete. Eine Beurlaubung in die Heimat 1747 führte zur endgültigen Rückkehr, als G. 1749 die Professur für Botanik und Chemie in Tübingen übertragen wurde. – Mit G. beginnt die moderne wissenschaftliche Erschließung Sibiriens. Während er in seiner Reisebeschreibung mit Rücksicht auf ein breiteres Leserpublikum, aber auch auf russische Geheimhaltungswünsche auf die Wiedergabe vieler von ihm beobachteter Details verzichtet, ist seine Flora Sibirica ein Meisterwerk. Diese floristische Beschreibung des größten bis dahin in einem Werk zusammengefaßten Gebietes, in dem vor ihm nur D. G. Messerschmidt botanische Sammlungen angelegt hatte, bringt außerordentlich viele neue Pflanzenarten. Die Einleitung zählt zu den klassischen Werken der Geographie, da hier erstmals der Versuch gemacht wird, geographische Gebiete nach ihrem landschaftlichen Gesamtcharakter, einschließlich der Tier- und Pflanzenwelt, zu umgrenzen. – Von G.s vielseitigem Wissen zeugen unter anderem Arbeiten über Aschenbestandteile der Pflanzen, Farbstoffgewinnung, Wirkungsweise von Drogen, Vulkane, Ammoniten, das Mammut, Wärmeverhältnisse des Wassers sowie die wissenschaftliche Beschreibung neuer Tierarten, von seiner guten Beobachtungsgabe die Entdeckung eines fünften, rudimentären Staubblattes bei Linaria und die Erkennung der Pelorie als Blütenmißbildung.

  • Werke

    u. a. Flora Sibirica, sive historia plantarum Sibiriae, 4 Bde., St. Petersburg 1747-69;
    Sermo academicus de novorum vegetabilium post creationem divinam exortu, Adduntur Programma ad panegyrin hanc invitans et Rud. Jac. Camerarii de sexu plantarum epistola, Tübingen 1749;
    Reise durch Sibirien, 4 Bde., Göttingen 1751 f. (= Slg. neuer u. merkwürdiger Reisen zu Wasser u. zu Lande 4-7) (holländ. 1752-57, franz. Paris 1767);
    Joannis Georgii Gmelini Reliquias quae supersunt commercii epistolici cum Carolo Linnaeo, Alberto Hallero, Guilielmo Stellero et al., Floram Gmelini sibiricam ejusque Iter sibiricum potissimum concernentis publicandas curavit G. H. Th. Plieninger, 1861.

  • Literatur

    ADB IX;
    J. G. G., der Erforscher Sibiriens, 1911 (Hrsg.: O. Gmelin, Bearbeiter u. Vf. d. Biogr.: R. Gradmann; W, L, P);
    V. A. Obručev, Istorija geologičeskogo isledovanija Sibiri I, Leningrad 1931 [Gesch. d. geolog. Erforschung Sibiriens];
    W. Kretschmer, in:
    Tübinger Bll. 42, 1955, S. 22-24;
    Pogg. I;
    G. A. Pritzel, Thesaurus literaturae botanicae, 1872;
    BLÄ. - Zu S Eberhard: ADB IX;
    Th. Schön, in: Med. Korr.bl. d. Württ. ärztl. Ver. 74, 1904, S. 154-59.

  • Porträts

    Gem., 1750 (Tübingen, Univ.);
    Kupf. v. A. M. Wolff (Dresden, Kupf.kab.);
    Kupf. v. J. J. Haid (Tübingen, Univ.bibl.), Abb. b. Gradmann, s. L, u. Ernst Lehmann, Schwäb. Apotheker, 1951.

  • Autor/in

    Helmut Dolezal
  • Zitierweise

    Dolezal, Helmut, "Gmelin, Johann Georg" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 479 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11903705X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gmelin: Johann Georg G., Professor der Medicin, Botanik und Chemie zu Tübingen, bekannt durch seine fast zehnjährigen Reisen in Sibirien, geboren zu Tübingen am 10. August 1709, als zweitältester Sohn des Apothekers und Chemikers Johann Georg G. (s. o.). Schon im 14. Lebensjahre war Johann Georg so weit vorgebildet, daß er die Universitätslehrer seiner Vaterstadt hören konnte; nach drei Jahren hielt er seine erste Disputation und im J. 1727 verfaßte er seine Inauguraldissertation. Nicht am wenigsten Anregung erhielt er für seine Studien von seinem Vater, in dessen wohleingerichtetem Laboratorium, in seinem trefflichen Naturaliencabinet und auf seinen Reisen zur Untersuchung der würtembergischen Bäder und Sauerbrunnen. Am meisten hatte er Elias Cammerer und Mauchard, Du Vernoi und Bilfinger zu verdanken. Die Berufung der beiden letzteren nach St. Petersburg bestimmte ihn, Rußland als Ziel seiner wissenschaftlichen Reise zu wählen (Sommer 1727). In St. Petersburg fand der junge Gelehrte die ermunterndste Aufnahme. Während er unter Du Vernoi's und Bilfinger's Leitung seine Studien fortsetzte, erhielt er von dem Präsidenten der kaiserlichen Akademie die Erlaubniß, deren Versammlungen beizuwohnen; 1728 wurde ihm auch ein jährliches Stipendium verliehen. Nachdem er von Tübingen aus (1728) mit der Doctorwürde bedacht worden war, wollte G. nach fast dreijährigem Aufenthalte in St. Petersburg nach der Heimath zurückkehren (Ende 1729). Er wurde aber durch bündige Zusicherungen zum Bleiben bewogen, und diese verwirklichten sich auch rasch. Mit dem Beginne des J. 1730 erhielt er einen Lehrauftrag an der kaiserlichen Akademie; im Jahre darauf folgte die Ernennung zum ordentlichen Professor der Chemie und Naturgeschichte. Sein mit der Akademie geschlossener Vertrag war am Ablaufen (1733), als die Vorbereitungen für die sogenannte zweite kamtschatkische Expedition getroffen wurden. Die Anordnung der großartigen und in einzelne Unternehmungen abgetheilten Expedition war dem Dänen Bering übertragen. Als wissenschaftliche Begleiter, jedoch unabhängig von ihm, wurden neben G. der Historiker Gerhard Friedrich Müller (1740 auch Johann Eberhard Fischer) und für astronomische Ortsbestimmungen Louis Delisle de la Croyere gewonnen. Die Unternehmungen zur See an der Nordküste Sibiriens hin verzögerten sich, und die beabsichtigte Unterhaltung einer Verbindung unter den einzelnen Expeditionen zur See und im Binnenlande war auch später nicht durchzuführen. G. hatte im Juli 1733 mit Müller und Delisle seine lange und beschwerliche, in ihren Ergebnissen für die Wissenschaft so bedeutungsvolle Reise zur Erforschung des Innern von Sibirien angetreten. Sechs Studenten, zwei Maler, zwei Jäger, zwei Bergleute, vier Feldmesser, zwölf Soldaten mit einem Corporal und einem Trommler, waren ihnen beigegeben. Ueber Tobolsk und Ustkamenogorsk begab sich die Expedition nach Tomsk und über Krasnojarsk im Frühjahr 1734 nach Irkutsk, von wo aus man einen Ausflug zur chinesischen Grenze nach Kiachta unternahm. Ueber Selenginsk und Nertschinsk bis zum Agun gelangt, erreichte die Expedition am 20. September 1735 Jakutsk, ihr äußerstes Ziel, wo man sich bis zum Mai 1737 aufhielt und mit Streifzügen die Zeit ausfüllte. Eine Feuersbrunst zerstörte im Winter 1736/37 einen großen Theil ihrer Aufzeichnungen und Sammlungen. Der Anschluß an die kamtschatkische Unternehmung hatte sich inzwischen als unausführbar erwiesen, und nur der von der Akademie als Gmelin's Gehilfe ihm nachgesandte Georg Wilhelm Steller wurde an Bering abgefertigt. G. selbst bereiste mit Müller noch den Jenisei bis zum 66. Breitegrad, trennte sich dann von ihm, um den Jaik und die Bergwerke des Ural zu besuchen, und kehrte nach 9½jährigem|Aufenthalt in Sibirien Mitte Februar 1743 nach Petersburg zurück. Dort übernahm er seine früheren Aemter wieder. 1747 erhielt er die Erlaubniß zu einer Reise in die Heimath, wo ihm, als er eben im Begriffe stand, nach Rußland zurückzukehren, die durch Bacmeister's Tod erledigte Professur der Medicin, Botanik und Chemie übertragen wurde (August 1749). Die erneute anstrengende Thätigkeit, verbunden mit den Nachwirkungen der Reisebeschwerden, führte seinen frühen Tod (im 45. Lebensjahre) herbei, am 20. Mai 1755. G. überschaute vollständig das Wissen seiner Zeit, und seine Beobachtungen erstreckten sich über sämmtliche Fächer der Erdkunde. Die vier Bände seiner „Reisen“ (1751—52), die er nur „zu seinem Vergnügen aufgesetzt hatte“, enthalten hauptsächlich nur die Erzählung seiner Wanderschaft. Sein bedeutendstes Werk ist seine Beschreibung der sibirischen Pflanzenwelt („Flora Sibirica“, 2 Bde., Petersburg 1748—49). Eine Ergänzung zu beiden Werken bildet Gmelin's neuerdings von Plieninger herausgegebener Briefwechsel mit Linné, Haller, Steller u. A. (1861). „G. bestimmte eine Reihe senkrechter Höhen mit Hilfe des Barometers, über deren Genauigkeit er selbst nur schüchtern sich äußert. Obgleich er zur Berechnung nur die Tafeln Cassini's benutzen konnte, erhielt er doch eine gute Vorstellung von der beträchtlichen Bodenanschwellung Transbaikaliens, und er war der erste, der aus elfmonatlichen Barometerbeobachtungen, die Dr. Lerche in Astrachan ihm überließ, die Thatsache ermittelte, daß der Spiegel der kaspischen See unter dem Spiegel des schwarzen Meeres eingesenkt liege. An den Orten, wo er sich länger aufhielt, sammelte er Messungen der Luftwärme, und in das höchste Erstaunen versetzte er bei seiner Rückkehr die Gelehrten Europas, als er die niedrigen Thermometerstände veröffentlichte, welche er zu Jeniseisk im Januar 1735 abgelesen hatte. Auch verkündigte er zuerst, daß in Ostsibirien wenige Fuß unter der Oberfläche der Boden selbst im Sommer nie aufthaue. Seine Vorrede zur sibirischen Pflanzenwelt enthält ein meisterhaftes Naturgemälde Tiefasiens, und an eine Unterscheidung der Erdräume, wie sie G. für die wahre Naturgrenze zwischen Asien und Europa begründete, hatte vor ihm kein Geograph gedacht“ (Peschel, Gesch. der Erdkunde, 411—13).

    • Literatur

      Programma universitatis Tubingae, 1749 u. 1755. Kurze Nachricht von dem Leben und Reisen Herrn Doctoris Joh. Gg. G., Göttingen (1750). Börner, Aerzte und Naturforscher, Bd. II. u. III. Brucker-Haid, Bildersaal, Bd. II. Stammbaum S. LV f.

  • Autor/in

    M. Gmelin.
  • Zitierweise

    Gmelin, Moriz, "Gmelin, Johann Georg" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 269-270 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11903705X.html#adbcontent

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