Lebensdaten
1616 – 1667
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
Héricourt bei Mömpelgard
Beruf/Funktion
Komponist ; Organist
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118536249 | OGND | VIAF: 42025252
Namensvarianten
  • Froberger, Johann Jakob
  • Froberger, Johann Jacob
  • Froberger, Giovanni Giacomo
  • mehr

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Zitierweise

Froberger, Johann Jakob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118536249.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Basilius (1575–1637), 1599 Tenorist d. württ. Hofkapelle, 1608 Insp. d. Pagen, 1621 Hofkapellmeister, S d. Simon in Halle/Saale;
    M Anna Schmid ( 1637) aus Stuttgart;
    Ov (?) Simon, seit 1591 Trompeter in d. brandenburg. Hofkapelle;
    B (alle in d. württ. Hofkapelle) Isaac (* 1605), Instrumentist u. Bassist, Joh. Gg. (1606–40), Trompeter, Tenorist, Kapellmeister, Joh. Christoph (1608–48), Tenorist, Aug. Melchior (* 1614), Tenorist.

  • Biographie

    F. war zunächst wie seine Brüder Schüler seines Vaters, daneben vielleicht auch des Stuttgarter Stiftsorganisten J. U. Steigleder und des Hoforganisten Eckart. Vom 1.1. bis 30.10.1637 wirkte er als Organist in Wien. Anschließend konnte er seine Ausbildung bei G. Frescobaldi in Rom fortsetzen. Wohl in Zusammenhang mit einem vom Wiener Hof hierfür gewährten Stipendium war der in Stuttgart streng lutherisch erzogene F. zum katholischen Glauben übergetreten. 1641 nach Wien zurückgekehrt, wurde er wieder in die alte Organistenstelle eingesetzt, nunmehr mit dem vollen Gehalt. In den folgenden Jahren war er in anregendem Umgang mit vielen deutschen und italienischen Musikern am Wiener Hof unter Ferdinand III. vielseitig tätig, nicht nur im Orgeldienst, sondern auch in der Kammermusik. Ein Wettspiel mit Matthias Weckmann in Dresden führte zu einer nahen Freundschaft der beiden Künstler. 1649 bahnten sich in Wien Beziehungen zu dem als Musikschriftsteller und Komponist bekannt gewordenen Sekretär des Prinzen von Oranien Constantin Huygens an, die|sich noch vertieften, seit F. 1650 in die Dienste des Generalgouverneurs der spanischen Niederlande, Erzherzog Leopold, in Brüssel getreten war. Seit 1.4.1653 weilte F. erneut in Wien, doch gibt es über diesen letzten Aufenthalt am Wiener Hof kaum genauere Nachrichten, auch nicht über den Zeitpunkt einer oft anekdotisch ausgeschmückten Reise nach London in diesen Jahren, wo ihm die Engländer einen ähnlich ehrenvollen Empfang bereiteten wie die Franzosen 1652 bei einem Besuch in Paris. Die letzten Lebensjahre verbrachte F. im Asyl bei der verwitweten Herzogin Sibylla von Württemberg in Héricourt. – F.s Schaffen galt fast ausschließlich der Orgel- und Klaviermusik. Hier zeigen seine Capricci, Ricercare, Fantasien, Kanzonen und Tokkaten mehr oder weniger Frescobaldis Einfluß. In der französischen Tradition stehen dagegen seine Suiten, mit denen er jedoch keineswegs die klassische Klaviersuite begründet hat. Dieser Eindruck konnte nur entstehen, nachdem G. Adler ihnen in seiner Gesamtausgabe von F.s Werken durch eigenmächtige Eingriffe jene klassische Gestalt gegeben hatte, die sie erst in späten Quellen und Drucken aufweisen. In den Eigenschriften schließen sie mit Sarabanden und bringen Giguen an 2. Stelle. Das ist die bei den Franzosen beliebte Anlage, denen ebenso der an die Lautenkunst anknüpfende Clavecinstil verpflichtet ist. Französischer Herkunft sind dann auch die zu verschiedenen Anlässen komponierten Lamentos, Plaintes und Tombeaux, Charakterstücke sehr individueller Prägung. F. hat die Klaviermusik Nord- und Süddeutschlands bis 1750 richtungweisend beeinflußt. In Buxtehudes phantastischem Stil lebt, vermittelt durch Weckmann, der Geist von F.s Lamenti nach. Auch Bach und Händel waren mit seinem Schaffen vertraut.

  • Werke

    Gesamtausg. v. G. Adler, in: DTÖ IV, 1, VI, 2, X, 2;
    Ausw. in: L. Farrenc, Le Trésor des Piamistes III, Paris 1866;
    G. Tagliapietra, Anthologie alter u. neuer Musik f. Klavier, H. 6, Mailand 1934;
    Verzeichnis s. Reimann (s. L) und Eitner;
    Verz. v. Neuausgg. in: A. Prosniz, Hdb. d. Klavierlit. I. ²1908, S. 41 f.

  • Literatur

    ADB VIII;
    J. Mattheson, Grundlage e. Ehrenpforte, Hamburg 1740, Neudr. v. M. Schneider, 1910, S. 87-89;
    F. Beier, Über J. J. F.s Leben u. Bedeutung f. d. Gesch. d. Klaviersuite, 1884;
    K. Krebs, J. J. F. in Paris, in: Vjschr. f. Musikwiss. 10, 1894, S. 232-34;
    M. Seiffert, Gesch. d. Klaviermusik, 1899, S. 169-80;
    W. Danckert, Gesch. d. Gigue, 1924;
    K. Seidler, Unterss. üb. Biogr. u. Klavierstil J. J. F.s, Diss. Königsberg 1930 (Teildr.);
    G. Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels u. d. Orgelkomp., 1935, I, S. 472-78;
    M. Reimann, Unters. z. Formgesch. d. franz. Klavier-Suite, Diss. Köln 1938, S. 38-40;
    dies., in: MGG IV, Sp. 982-93 (W, L);
    A. Eisenmann, in: Schwäb. Lb. 1, 1940, S. 193-201 (W, L);
    H. J. Moser, Musikgesch. in hundert Lb., 1952, S. 204-10;
    W. Georgii, Klaviermusik, ³1956, S. 81-85;
    Riemann.

  • Autor/in

    Willi Kahl
  • Zitierweise

    Kahl, Willi, "Froberger, Johann Jakob" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 642-643 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118536249.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Froberger: Johann Jakob F., gilt als der Sohn eines Cantors zu Halle, an welchem Orte er um den Anfang des 17. Jahrhunderts geboren sein könnte. Spätestens 1630 kam er an den kaiserlichen Hof nach Wien, wo er 1637 als Hoforganist angestellt wurde; bald aber ging er auf kaiserliche Kosten nach Rom, um unter Leitung Girolamo Frescobaldis sich in der Tonkunst weiter zu vervollkommnen. In Rom ließ er sich überreden, zur katholischen Religion überzutreten, kehrte nach einigen Jahren zurück nach Wien in seine frühere Stellung und hatte diese von 1641—45, dann wieder von 1653—57 inne. Wo er in der Zwischenzeit weilte, weiß man nicht genau, jedenfalls war er viel auf Reisen und nicht nur innerhalb Deutschlands. Er besuchte Frankreich und begab sich endlich nach England. Auf der Reise dorthin erging es ihm übel: er wurde zwei Mal von Räubern überfallen und vollständig ausgeplündert. In London, wohin er sich durchbettelte, soll er zuerst als Bälgetreter sein Brod verdient haben, bis ein Zufall seine wahre Persönlichkeit an den Tag brachte. Zurückgekehrt nach Wien, fiel er aus einem bisher nicht festgestellten Grunde in Ungnade und wurde 1657 entlassen. Bei der verwittweten Herzogin Sibylla von Würtemberg, welche in Hericourt bei Mömpelgard residirte, fand der vereinsamte Künstler ein Asyl und endete dort 1667 sein unruhiges, an Abenteuern reiches Leben. Zweifelsohne gehört F. unter die vorzüglichsten Clavierspieler und -Componisten. Seine Zeitgenossen bewunderten ihn, aber auch spätere Generationen und sogar Seb. Bach hielten seine Künstlerschaft hoch in Ehren. Daß er der Schule der niederländischen Clavier- und Orgelspieler vieles verdankt, kann als sicher gelten, da diese damals ihren Einfluß über ganz Norddeutschland bis nach Mitteldeutschland hinein verbreitete und einer der bedeutendsten Schüler Sweelinck's, Samuel Scheidt, während Froberger's Jugend in Halle Organist war. Auch der Italiener Frescobaldi, zu welchem F. sich von Wien aus begab, war durch die Schule der flandrischen Organisten gegangen. Kenner aus dem 18. Jahrhundert stellten ihn darin mit Lully und Carissimi gleich, daß er durch Vereinigung verschiedener Stilarten einen neuen Stil gebildet, indem er die natürliche Klarheit der Italiener mit der Grazie der Franzosen und dem harmonienreichen Tiefsinn der Deutschen vereinigt habe. Was F. in den Gattungen der Toccate, Variation und der veredelten Tanzmusik — Formen, welche damals den Hauptbestand der Claviermusik ausmachten — geschaffen hat, übertrifft in der That die gleichartigen Werke eines Sweelinck, Cornet, Scheidt, Frescobaldi sowol an Geschmeidigkeit in der Satztechnik, als auch hinsichtlich des Gedankenreichthums. Auch dürfte er die Grundlagen der bald so beliebt gewordenen Suitenform wenn nicht zuerst gelegt, so doch zuerst befestigt haben. Ob aber nicht der Schwerpunkt seiner Künstlerschaft mehr noch in der Thätigkeit als Spieler, denn als Componist gelegen hat, steht dahin. Die niederländische Schule hatte im allgemeinen den Zug zum Virtuosenthum, und jedenfalls hat F. nicht sehr viel dazu gethan, grade als Componist bekannt zu werden. Während seiner Lebenszeit ist, so viel man weiß, fast nichts seiner|Werke veröffentlicht; erst im J. 1693 erschien zu Mainz die erste Sammlung derselben unter dem Titel: „Diverse ingegnosissime, rarissime e non mai più viste curiose Partite di Toccate, Canzone, Ricercate, Allemande, Correnti, Sarrabande e Gigue“ etc. F. selbst widmete den Kaisern Ferdinand III. und Leopold I. in den J. 1649, 1656 und später verschiedene handschriftliche Sammlungen seiner Claviercompositionen, welche noch jetzt sich in der Wiener Hofbibliothek befinden; auch soll er dem Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen bei einem Besuche in Dresden einen sauber geschriebenen Band mit Toccaten, Capriccios, Ricercaten und Suiten selbst überreicht haben. Uebrigens sah er es nicht einmal gern, wenn seine Compositionen sich abschriftlich verbreiteten, da er die Erfahrung gemacht hatte, daß gewissenlose Musiker sie für ihre eigenen ausgaben, aber sie doch nicht vorzutragen wußten, sondern nur entstellten und verdarben. Mit einer gewissen Vorliebe bestrebte sich F. in seinen Compositionen, bestimmte Ereignisse oder durch bestimmte Verhältnisse bewirkte Seelenzustände und Empfindungen zu schildern. Da eine Verdeutlichung solcher Verhältnisse durch die Mittel der reinen Musik unmöglich ist, so suchte er durch Ueberschriften bei den Hörern diejenigen Vorstellungen zu erwecken, in deren Bereiche die dargestellten Empfindungen wirksam werden sollten. Auch hierin fand er viele Nachfolger, bis in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit dem vertieften Verständniß des eigentlichen Wesens der Instrumentalmusik dergleichen Stilwidrigkeiten verschwanden. Eine sichere Würdigung dieses Künstlers wird erst dann möglich sein, wenn die Specialforschung über sein Leben und Schaffen, sowie über den Stand der deutschen Claviermusik in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts helleres Licht verbreitet hat.

    • Literatur

      Vgl. Schebek, Zwei Briefe über Johann Jacob Froberger, Prag 1874. Verlag des Verfassers. — Nottebohm, Etwas über Johann Jacob Froberger (Musikalisches Wochenblatt, Leipzig 1874, Nr. 32. S. 388 f.). Vgl. ferner: Franz Beier, Ueber Joh. Jac. Froberger's Leben u. Bedeutung für die Geschichte der Klaviersuiten. (Samml. musik. Vorträge, hrsg. von Paul Grf. Waldersee. Nr. 59, 60. Leipz. 1884.)

  • Autor/in

    Spitta.
  • Zitierweise

    Spitta, "Froberger, Johann Jakob" in: Allgemeine Deutsche Biographie 8 (1878), S. 128-129 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118536249.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA