Lebensdaten
1814 – 1883
Geburtsort
Krems/Donau
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Industrieller
Konfession
katholisch
Namensvarianten
  • Wertheim, Franz Ritter von ( seit 1863)
  • Wertheim, Franz
  • Wertheim, Franz Freiherr von (seit 1871)
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Zitierweise

Wertheim, Franz Freiherr von (seit 1871), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140768.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Franz W. (1781 / 82–1854, jüd., später kath.), Tandler, Pfaidlermeister, Aufsichtsbeamter d. k. k. Toback- u. Stempelamts in K., S d. Michael (erw. 1781, v. 1813), Eisenhändler in K.;
    M Barbara (* 1771, 1] N. N. Albert), T d. Matthias Reitmayer (Teitmayer?), Müllermeister in Immenstadt (Allgäu);
    um 1847 N. N., T d. Wilhelm Knepper (1800–70), aus Dresden, gründete 1825 e. Buntpapierfabr. in W., 1856 mit W. als Kompagnon Zigarettenpapierfabr., Rr. d. Franz-Joseph-Ordens (s. ÖBL);
    aus Verbindung mit Emilie Gunst 1 außerehel. S u. Adoptiv-S Franz Gunst, später Franz Frhr. v. W. (1865–1925), Erbe v. W., 1886 Gesellschafter d. „F. Wertheim & Comp.“.

  • Biographie

    Nach Absolvierung der Pflichtschuljahre in Krems bis 1828 und Abschluß einer Handelslehre in Wien 1832 unternahm W. Reisen nach Deutschland, Frankreich und England, wo er sich intensiv mit der dortigen, der österr. deutlich überlegenen Produktion von Werkzeugen beschäftigte. Nach seiner Rückkehr nach Krems betätigte W. sich im Handel mit ausländischem Werkzeug, gab diesen jedoch bald auf und wandte sich der Produktion von Werkzeugen zu. 1841 errichtete er eine kleine Fabrik in Krems, 1842 erweiterte er die Produktion durch den Kauf einer Werkzeugschmiede in Wien und des Gstettenhammers (Schmiede) in Scheibbs-Neustift. Zunächst beschränkte er sich auf den Einbau der aus dem Ausland importierten schneidenden Teile in aus österr. Weißbuchenholz gefertigte Griffe, Hobelkästen und -bänke. Nachdem durch seine Initiative die Veredelung des Stahls der steir. Hammerwerke verbessert worden war, bezog W. die Schneiden aus österr. Werken und machte damit den ausländischen Erzeugern Konkurrenz; 1845 konnte er auf der Wiener Gewerbe- und Produktenausstellung eine Bandbreite von 1000 Werkzeugen präsentieren und erhielt eine Silbermedaille. Ks. Ferdinand I. (1793–1875) erwarb die Musterkollektion für das Wiener Polytechnikum.

    Die Produktion wurde konstant ausgeweitet, 1861 kaufte W. einen zweiten Hammer (Strudenhammer in Neustift). Nach seiner Heirat trat er 1847 als Gesellschafter in die Papierfabrik seines Schwiegervaters ein. Die Ehe wurde nach kurzer Zeit wieder gelöst, die Zusammenarbeit der beiden Unternehmer erwies sich aber als äußerst profitabel, da sie in den 1850er Jahren mit innovativen Erzeugnissen einen großen Absatzmarkt erschlossen: Die neuen Bunt-, Gelatin- und Zigarettenpapiere entwickelten sich rasch zu begehrten Exportartikeln und wurden vom Balkan bis in die Levante abgesetzt.

    Anfang der 1850er Jahre verlagerte W. seine unternehmerische Tätigkeit auf die Produktion von einbruchssicheren und feuerfesten Kassen, ein in Österreich damals neuer Industriezweig. Auf der Londoner Weltausstellung von 1851 erwarb er das Modell der Magdeburger Firma Sommermayer, die sog. Winkelkasse, und sicherte sich die Patentrechte für Österreich. 1852 gründete er mit Franz Wiese und Hubert Neidholdt die erste österr. Kassenfabrik „F. Wertheim & Wiese“ in Wien-Erdberg und verlegte 1858 den Standort in die von ihm errichtete Fabrik im 4. Wiener Gemeindebezirk, wo er die gesamte Produktion konzentrierte.

    Bis 1863 produzierte das Werk ca. 10000 Kassen und nahm nach Wieses Austritt 1863, nunmehr firmierend als „F. Wertheim & Comp.“, einen beachtlichen Aufschwung: Bis 1872, als auch Neidholdt austrat, wurden 33 000 Kassen hergestellt, bis 1877 stieg die Produktion auf 40 000 Stück, was die gesamte dt. Konkurrenz übertraf. Zu diesem Erfolg trugen spektakuläre Werbeveranstaltungen bei, wie die öffentliche Demonstrationen der Einbruchsicherheit und seit 1853 regelmäßig durchgeführte öffentliche Feuerproben zur Demonstration der Feuersicherheit, die zu Großaufträgen staatlicher Stellen wie der österr. Finanzbehörden führten.

    W. verbesserte die Produktionstechnik ständig, stieg 1876 auf die Verwendung von Stahl statt Eisen um und verbesserte die Qualität der Schlüssel und Schlösser (1863 Entwicklung d. Doppelbartschlosses). 1872 wandelte er das Unternehmen von einer OHG in eine AG um. Mit dem Einbruch der Aktienkurse im Zuge des Wiener Börsenkrachs 1873 konnte W. einen Großteil der Aktien günstig zurückkaufen und änderte die Unternehmensform 1878 erneut in eine OHG.

    W. engagierte sich vielfach in Wirtschaft und Politik. Er war Mitbegründer einiger Aktiengesellschaften wie der „Ersten Bierbrauer-Actiengesellschaft“ und 1862 Gründungsmitglied des „Vereins der Industriellen“. Daneben übernahm er Funktionen in Verwaltungsräten und Direktorien von Unternehmen wie der „Austria, wechselseitiger Verein für Kranken- und Lebensversicherungen“ (1862), der „Niederösterreichischen Escomptegesellschaft“ (1862), der „Österreichischen Residenz-Baugesellschaft“ (1873) und der „K. k. priv. Actien-Gesellschaft der Innerberger Hauptgewerkschaft“ (1877). Damit eng verbunden war sein Einsatz für die Förderung der österr. Industrie als Kommissionmitglied und Vertreter in der Jury der großen Industrieausstellungen. Er war treibende Kraft für das Zustandekommen der Wiener Weltausstellung 1873 und einer ihrer Organisatoren.

    1863 ließ W. eine Kapelle in Neustift b. Scheibbs errichten, 1864 erbaute er in Wien am Schwarzenbergplatz ein Palais (Architekt Heinrich Ferstel, 1828–83). Nach seinem Tod trat sein unehelicher Sohn Franz (Gunst) das Erbe an und wurde 1886 Gesellschafter der OHG. Das 1911 erneut in eine AG umgewandelte Unternehmen ist noch heute führend in der Erzeugung von Wertschutzschränken.

  • Auszeichnungen

    |k. k. Hof- u. Werkzeugfabr. (1845);
    ksl. Rat (1851);
    Mitgl. d. niederösterr. Handels- u. Gewerbekammer (1854–81), Vizepräs. (1858–67);
    Gde.rat (lib. Partei)|d. Stadt Wien (1861–72);
    Ehrenbürger d. Städte Krems (1862) u. Scheibbs (1863);
    Orden d. Eisernen Krone II. Kl. (1863);
    Abg. d. niederösterr. LT f. d. Städte Krems (1869 / 70) u. Scheibbs (1870 / 71);
    Komtur d. Franz-Joseph-Ordens (1871);
    zahlr. ausländ. Orden u. Auszeichnungen.

  • Literatur

    |E. Kurzel-Runtscheiner, in: Bll. f. Technikgesch., 1949, S. 65–76;
    H. Leitich, Hundert J. Wertheim, 1952;
    J. Mentschl, Österr. Wirtsch.pioniere, 1959, S. 67–76 (P);
    ders. u. G. Otruba, Österr. Industr. u. Bankiers, 1965, S. 127–33;
    O. Knauer, Der Wiener Gde.rat 1861–1962, in: Hdb. d. Stadt Wien 77, 1963, S. 245;
    J. Pemsel, Die Wiener Weltausst. v. 1873, 1989;
    H. Frühwirth, Ihre Liebe galt Krems, 100 Kremser Persönlichkeiten v. Gozzo bis Wilhelm, 1997, S. 244–48;
    Hist. Lex. Wien;
    ÖBLzur Fam.: GHdA 137, Adelslex. 16, 2005;
    Internetseiten: Wiener Weltausst. 1873;
    Fa. Wertheim (P).

  • Porträts

    |Büste in d. Fassade d. v. H. Claus u. J. Cassin gestalteten Gruft (Wien, Zentralfriedhof, in d. Arkaden).

  • Autor/in

    Charlotte Natmeßnig
  • Zitierweise

    Natmeßnig, Charlotte, "Wertheim, Franz Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 855-857 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140768.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA