Lebensdaten
1876 – 1958
Geburtsort
Freiburg (Breisgau)
Sterbeort
Freiburg (Breisgau)
Beruf/Funktion
Erfinder ; Musikinstrumentenbauer
Konfession
altkatholisch
Namensvarianten
  • Welte, Edwin Emil
  • Welte, Edwin
  • Welte, Edwin Emil

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Zitierweise

Welte, Edwin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140377.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Berthold (1843–1918), aus Vöhrenbach, mit Michael W. Geschäftsführer v. „M. Welte & Söhne“, bad. KR, Rr.kreuz I. Kl. d. Ordens v. Zähringer Löwen, S d. Michael (1807–80), Spieluhrenmacher in Vöhrenbach (beide s. Einl.), u. d. Maria Adelheidis Ganter (1819–57);
    M Maria Emilie (1852–1930), T d. Emilian August Meyer (* 1826) u. d. Maria Anna Jägler (* 1827);
    Ov Emil (1841–1923), Geschäftsführer v. „M. Welte & Sons“ in New York (s. Einl.);
    B Emil (1879–1936), Schw Frieda (1874–1930, Karl Bockisch, 1874–1952, aus Sternberg, Mähren, Erfinder, Teilh. v. „M. Welte & Söhne“, Geschäftsführer);
    1) Freiburg 1897 1937 (?) Betty (1873–1955, jüd.), aus F., emigrierte in d. USA, T d. Samuel Dreyfuß (1832–96), vermutl. Privatier in F., u. d. Fanny Goldschmidt, 2) Weikersheim (Tauberfranken) 1940 Elisabeth (1904–87), aus Heidelberg, T d. Karl Schmitt, Architekt, u. d. Wilhelmine Magdalena Braun;
    1 vorehel. T aus 2) Liselotte (* 1927).

  • Biographie

    W., bedeutsam für die dt. wie für die US-amerik. Musikindustrie des frühen 20. Jh., war maßgeblich an der Konstruktion und Verbreitung innovativer Systeme zur Aufzeichnung und Reproduktion von Musik für Klaviere und Orgeln beteiligt. Die langjährige Freundschaft, die ihn mit Karl Bockisch seit dem Besuch der Freiburger Realschule verband, bildete hierfür eine wesentliche Grundlage. Beide erhielten nach der Schule eine Ausbildung im kaufmännisch-technischen Bereich der Firma „Welte“. 1900 übernahm W. die Geschäftsführung, Bockisch heiratete W.s einzige Schwester und wurde Teilhaber. 1914 als Soldat eingezogen, diente W. während des gesamten 1. Weltkriegs, zunächst als Feldwebel, am Ende als Leutnant. Danach war er wieder bis 1931 als Geschäftsführer tätig.

    Ab 1904 besuchte W. seinen Onkel Emil häufig in den USA, der den Grundstein für die dortige Firmen-Dependance gelegt hatte. W. und Bockisch begannen etwa um diese Zeit mit der Entwicklung der Aufnahme- und Wiedergabeeinrichtung „Welte-Mignon“, auf die 1904 ein dt. Reichspatent (Nr. 162.708), 1911 ein US-amerik. erteilt wurde. Mit dem „Welte-Mignon-Reproduktionsklavier“ konnten in einem komplexen System zahlreiche dynamische und weitere interpretatorische Parameter des Klavierspiels aufgenommen, in eine perforierte Notation übertragen und anschließend in großen Stückzahlen auf Notenrollen vervielfältigt werden. Diese konnten bis zu 50 Meter lang sein und Musik bis zu einer Dauer von 15 Minuten erzeugen. Entsprechende Reproduktionsinstrumente wurden in Zusammenarbeit mit Firmen wie „Steinway & Sons“ und „Feurich“ hergestellt. Ab 1906 kamen zahlreiche Pianistinnen und Pianisten in den Aufnahmesalon, unter ihnen Ignacy Jan Paderewski, Teresa Carreño, Ferruccio Busoni, Fannie Bloomfield Zeisler und Gustav Mahler. Das musikalische Repertoire für Notenrollen war breit gefächert: Es umfaßte Klavierliteratur, Unterhaltungs- und Tanzmusik sowie Arrangements von Opern,|Operetten und Symphonien. 1926 wurde das erste Mal direkt für das Medium Notenrolle komponiert: Die Donaueschinger Musiktage boten Gelegenheit für Ernst Toch (1887–1964), Paul Hindemith (1895–1963) u. a., Stücke zu schreiben, die das Thema mechanische Musik anhand des Welte-Mignon-Systems in seiner eigenen Qualität ausloteten. Welte hatte mit seinen Instrumenten und Programmträgern ein Spitzenprodukt aufzuweisen, das neben den Erzeugnissen der Firmen „Hupfeld“ in Leipzig und „Aeolian Co.“ in New York den europ. und amerik. Klaviermarkt für gut zwei Jahrzehnte dominierte, abgesehen von Einbrüchen während des 1. Weltkriegs. Zudem bot die Firma Welte etliche andere Instrumente und Geräte zur Musikwiedergabe oder -steuerung an, etwa Orgeln, Kinoorgeln, Orchestrien und Plattenspieler. Ab 1912 war unter dem Namen „Welte-Philharmonie-Orgel“ ein System für Orgeln entwickelt worden.

    Seit 1925 widmete sich W. weitgehend der Entwicklung der Welte-Lichttonorgel und gründete 1931 die „Elektro-Akustische Musikinstrumente A. G. Basel“ zur Produktion dieser Orgel. Es handelt sich um eine mit Fotozellen gesteuerte elektronische Orgel; erstmals wurden bei einem elektronischen Instrument gesampelte Klänge verwendet. Zum Einsatz kam ein frühes Exemplar 1936 während eines Konzertes in der Berliner Philharmonie. Das Instrument verfügte über eine eigene klangliche Ästhetik, resultierend aus geringen oder fehlenden Einschwingvorgängen der Klänge, die u. a. Joseph Goebbels überzeugte. Eine zunächst geplante Zusammenarbeit mit der Firma „Telefunken“ kam allerdings nicht zustande; auch Verhandlungen mit der NSDAP über den Einsatz einer Lichttonorgel beim Nürnberger Reichsparteitag 1937 führten nicht zum Erfolg. W. galt aufgrund seiner Ehe mit einer Jüdin als politisch unzuverlässig, lebte zu dieser Zeit jedoch bereits mit seiner späteren Frau und der gemeinsamen Tochter in Berlin und Weikersheim. Seine erste Frau emigrierte im März 1937 zu Verwandten in die USA.

    Der Freiburger Firmenkomplex wurde 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Nach dem 2. Weltkrieg versuchte W. eine Neuauflage der Lichttonorgel sowie daraus eine Blindenlesemaschine zu konstruieren, beides scheiterte. Die Firma „Telefunken“ erstellte erste Aufnahmen der notenrollengesteuerten Klaviermusik auf Schallplatte, was die Aktualität neuerer Aufnahme- und Übertragungsmedien signalisiert.

    W. starb wenige Jahre nach einem Schlaganfall. Der Betrieb, der in den letzten Jahren nur noch mit drei bis sechs Gesellen gearbeitet hatte, war bereits nach dem Tod Karl Bockischs 1952 endgültig eingestellt worden. In seiner späten Blütezeit (1924) hatte er etwa 80 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt.

  • Auszeichnungen

    |E. K. 2. Kl.;
    – Gedenktafel f. d. Fa. in Freiburg (Br.), Wohnhaus Lehener Str. 11.

  • Quellen

    |Hist. Archiv in d. Stiftung Dt. Technikmus. Berlin (FA 060 AEG-Telefunken C-Akten, Verträge z. Bau d. Welte’schen Lichttonorgel);
    Archiv Dt. Mus. München (Briefwechsel E. Welte – Dt. Mus.);
    Privatarchive G. Dangel, Freiburg (Br.), P. Donhauser, Wien, u. H. W. Schmitz, Stuttgart.

  • Werke

    WWelte-Mignon-Einrichtungen in Flügeln: u. a. der Firmen Steinway & Sons oder Feurich (u. a. im Augustinermus. Freiburg, Br., im Musikinstrumentenmus. Berlin, im Mus. f. Musikautomaten Seewen u. im Dt. Mus. München);
    Orgeln: u. a. Welte-Philharmonie-Orgel, sog. Britannic-Orgel (Mus. f. Musikautomaten Seewen), Philharmonie-Orgel (Musikautomaten-Mus. im Schloß Bruchsal);
    Welte-Kinoorgeln (u. a. im Grassi Mus. f. Musikinstrumente in Leipzig, im Technoseum, Landesmus. f. Technik u. Arbeit in Mannheim, in Siegfrieds mechan. Musikkab. in Rüdesheim/ Rhein);
    – G. Dangel, H.-W. Schmitz, W.-Mignon-Klavierrollen, Gesamtkat. d. europ. Aufnahmen 1904–1932 f. d. europ. W.-Mignon Reproduktionspiano, 2006;
    Nachlaß (nach kriegsbedingten Verlusten): Augustinermus. Freiburg (Br.).

  • Literatur

    |H.-W. Schmitz, W.-Mignon u. Hupfeld DEA, Zwei Reproduktionssysteme in Konkurrenz, in: Das mechan. Musikinstrument 6, 1981, Nr. 19, S. 3–10;
    P. Hagmann, Das W.-Mignon-Klavier, d. W.-Philharmonie-Orgel u. d. Anfänge d. Reproduktion v. Musik, 1984;
    H. Gottschewski, Die Interpretation als Kunstwerk, Musikal. Zeitgestaltung u. ihre Analyse am Bsp. v. W.-Mignon-Klavieraufnahmen aus d. J. 1905, 1996;
    G. Dangel (Hg.), Aus Freiburg in d. Welt, 100 J. W.-Mignon, 2005 (hierin ders., Gesch. d. Fam. u. d. Hauses M. Welte & Söhne, S. 126–49, u. P. Donhauser, E. W.s Lichtton-Orgel, S. 158–65, P);
    P. Donhauser, E. W.s Lichtton-Orgel, in: Das mechan. Musikinstrument 32, 2006, Nr. 97, S. 14–17;
    J. Hocker, Faszination Player Piano, Das selbstspielende Klavier v. d. Anfängen bis z. Gegenwart, 2009;
    H. Jüttemann, Mechan. Musikinstrumente, Einf. in Technik u. Gesch., ²2010;
    C. E. Hänggi (Hg.), Wie v. Geisterhand, Aus Seewen in d. Welt, 100 J. W.-Philharmonie-Orgel, 2011 (P);
    B. Häberle u. J. Dahlbüdding, Vom Orchestrion z. Kirchenorgel, Geschäftl. Aktivitäten d. Hauses W. in Freiburg ab d. Wende z. 20. Jh., in: Das mechan. Musikinstrument 37, 2011, Nr. 110, S. 7–18;
    N. Peres da Costa, Off the Record, Performing Practices in Romantic Piano Playing, 2012;
    Q. D. Bowers, Enc. of Automatic Musical Instruments, ²1977;
    New Grove;
    New Grove²;
    MGG².

  • Autor/in

    Rebecca Wolf
  • Zitierweise

    Wolf, Rebecca, "Welte, Edwin" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 753-754 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140377.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA