Lebensdaten
1873 – 1953
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Basel
Beruf/Funktion
Kunsthistoriker
Konfession
mehrkonfessionell
Namensvarianten
  • Weisbach, Werner

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Zitierweise

Weisbach, Werner, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140050.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus großbürgerl. jüd. Fam.;
    V Valentin (1843–99), Börsenmakler, Mäzen, Kunstsammler, Sozialreformer in Berlin, 1888 Mitbegründer u. Vors. d Reformbauvereinigung „Verein z. Verbesserung d. kleinen Wohnungen in Berlin“ (s. L), S d. Wolff (1808–71), Kaufm., Mil.effektenhändler in Berlin, u. d. Lea Falkenheim (1822–1906), aus Liegnitz, Rabbiner-T;
    M Hedwig (1846–1929), T d. Gabriel Cohn (um 1813–82), aus Naugard (Pommern), Kaufm., Stickmusterverl., Spediteur, Geldmakler in Berlin, u. d. Miene (Minna) Herforth (um 1806–v. 1882), aus Berlin;
    2 Schw Marie (1875–1961, Ludwig Hoffmann, 1852–1932, Architekt, Stadtbaurat in Berlin, s. NDB IX), Vfn. v. Erinnerungen (s. L), Susanne (1875–1969, Peter Dybwad, 1859–1921, aus Christiania [Oslo], Architekt, mit Ludwig Hoffmann Erbauer d. Reichsger.gebäudes in Leipzig, s. ThB; Sächs. Biogr.);
    1) Darmstadt 1903 1921 Eva (1879–1945 ev.), T d. Richard Lepsius (1851–1915), aus Berlin, Prof. f. Mineral. u. Geol. an d. TH Darmstadt, Rektor, Leiter d. Geol. Abt. d. Hess. Landesmus. Darmstadt, Dir. d. Geol. Lehranstalt, Geh. Oberbergrat, Mitgl. d. Leopoldina, Dr. h. c. (Athen 1912) (s. Hochschullehrer TH Darmstadt; Stadtlex. Darmstadt; Hess. Biogr.), u. d. Dora Curtius (1854–1931), 2) 1923 1927 Helene Aschmann (* 1897, 2] 1928 Johannes v. Allesch, 1882–1967, Psychol., Philos., befreundet mit Robert Musil, 1931 ao. Prof. in Greifswald, 1938 o. Prof. in Halle, 1941–48 in Göttingen, Dir. d. Inst. f. Psychol. u. Päd. ebd., 1942 Wehrmachtspsychol., 1940 Mitgl. d. Leopoldina), ehem. Studentin v. W. in Berlin;
    Gvv d. 1. Ehefrau Karl Richard Lepsius (1810–84), Prof. d. Ägyptol. in Berlin (s. NDB 14), Gvm d. 1. Ehefrau Ernst Curtius (1814–96), Archäol., Gräzist in Göttingen u. Berlin;
    Ov d. 1. Ehefrau Bernhard Lepsius (1854–1934), Ind.chemiker (s. NDB 14), Reinhold Lepsius (1857–1922, Sabine Graef, 1864–1942, Malerin, s. AKL 84), Maler, Johannes Lepsius (1858–1926), ev. Theol., Missionar, Orientalist, erforschte d. Gesch. d. Armenier, Gründer d. Dt. Orientmission u. d. Armen. Hilfswerks, Om d. 1. Ehefrau Friedrich Curtius (1851–1933), Dr. iur., D. theol., RA, Geh. Reg.rat u. Kreisdir. in Straßburg, Präs. d. Direktoriums u. d. Oberkonsistoriums d. Kirche Augsburger Konfession in Elsaß-Lothringen, LT-Abg. (s. NDB III*, 20* u. 27*; NDBA);
    2 S aus 1) Richard (1905–72, 1] 1928 Brigitte Schittenhelm [Helm], 1906–96, Filmschausp., Hauptdarst. in Fritz Langs „Metropolis“, 1968 Filmband in Gold, s. L, 2] Mona Grosvenor, in England), Werner (seit d. 1930er Jahren Vaudry) (1909–73), emigrierte 1933 n. Frankr., dann n. England, 2 T aus 1) Dorothea (1904–2004, 1934–42 Hans Delago, 1903–78), Rahel Maria (1907–2001, Jan Bontjes van Beek, 1899–1969, Keramiker, s. L, 1] Olga Breling, 1896–1995, Tänzerin, Bildhauerin u. Malerin, V d. Cato Bontjes van Beek, 1920–42, als Widerstandskämpferin d. „Roten Kapelle“ in Berlin-Plötzensee hingerichtet), Innenarchitektin u. a. b. d. Architekten Erich Mendelsohn u. Martin Elsaesser, ab 1935 Berufsverbot wegen ihrer jüd. Herkunft;
    E u. a. Digne Meller Marcovicz (1934–2014), Fotojourn., Filmemacherin (s. L).

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Wilhelms-Gymnasium in Berlin und einer ersten Italienreise immatrikulierte sich W. 1891 zunächst in Freiburg (Br.) für Kunstgeschichte und Archäologie sowie auf Drängen des Vaters auch in Nationalökonomie. Noch im selben Jahr setzte er das Studium der Kunstgeschichte in Berlin bei Herman Grimm (1828–1901) fort; dabei hörte er u. a. Vorträge von Ernst Curtius (1814–96). Zusätzlich besuchte er Vorlesungen in den historischen Wissenschaften bei Paul Scheffer-Boichorst (1843–1902) und dem von ihm kritisch betrachteten Heinrich v. Treitschke (1834–1896) sowie Einführungen in die Philosophie bei Friedrich Paulsen (1846–1908). Anschließend wechselte W. 1892 nach München zu Heinrich Wölfflin (1864–1945), hörte dort u. a. kulturhistorische Kollegs bei Wilhelm Heinrich Riehl (1823–97) und nationalökonomische Vorlesungen bei Lujo Brentano (1844–1931). Ab 1893 in Leipzig, studierte W. bei Hubert Janitschek (1846–93), Karl Lamprecht (1856–1915) und August Schmarsow (1853–1936); bei diesem wurde er im Anschluß an den Militärdienst in München und einer seit 1894 andauernden Phase von Zulassungsschwierigkeiten schließlich 1896 zum Dr. phil. promoviert mit der Arbeit „Der Meister der Bergmannschen Officin und Albrecht Dürers Beziehung zur Basler Buchillustration“. Zurück in Berlin, absolvierte W. 1898–99 ein Volontariat an den Berliner Museen unter Leitung von Wilhelm v. Bode (1845–1929) und assistierte bei der „Ausstellung von Kunstwerken des Mittelalters und der Renaissance aus Berliner Privatbesitz“. 1903 habilitierte sich W. bei Wölfflin mit einer Abhandlung über „Francesco Pesellino und die Romantik der Renaissance“ (gedr. 1901).

    Ab 1903 Privatdozent, wurde W. 1921 ao. Professor an der Friedrich-Wilhelms-Univ. Berlin. Hier las und schrieb er u. a. zum Impressionismus als Kunstströmung und epochenübergreifendes Gestaltungsphänomen. Er unternahm regelmäßige Studienreisen durch Europa, insbesondere durch Italien, beschäftigte sich mit städtebaulichen Themen und publizierte Dürer-Studien. Während des 1. Weltkriegs war W. in der Zentralstelle für Auslandsdienst leitender Lektor für die ital. Presse. Sein politisches Engagement innerhalb liberaler Intellektuellenzirkel zeigte sich durch seine Mitgliedschaft in der „Mittwochsgesellschaft“ (1910–35) und v. a. durch die Gründung der auf einen europ. Friedensschluß zielenden „Vereinigung Gleichgesinnter“ (1916), bei der auch Lujo Brentano Mitglied wurde. Auch nach Kriegsende trat W. mit seinen internationalen und interdisziplinären Kontakten ambitioniert für Völkerverständigung ein, wie etwa bei den Treffen der von Paul Desjardins (1859–1940) instituierten sog. „Décades de Pontigny“.

    W.s Veröffentlichungen dieser Jahre galten Manierismus und Barockkunst in Italien, Frankreich, Spanien und Deutschland unter dem Einfluß der Gegenreformation – zusammenfassend v. a. die Studie über „Die Kunst des Barock in Italien, Frankreich, Spanien und Deutschland“, die als Bd. 11 der „Propyläen Kunstgeschichte“ erschien (1924, ²1929, span. 1934).

    Seit Beginn der NS-Herrschaft sah sich W. als sog. „Nichtarier“ zunehmender Isolation und Repressalien ausgesetzt. Entzug der Lehrbefugnis und Entlassung aus dem Universitätsdienst folgten im Sept. 1933. Mit Unterstützung des Basler Historikers Werner Kaegi (1901–79) emigrierte W. im Dez. 1935 nach Basel. Hier widmete er sich als Privatgelehrter schwerpunktmäßig der religiösen Kunst des Frühchristentums und Mittelalters und publizierte über Vincent van Gogh. Bis zum Kriegsausbruch gelang es ihm, seinen Aktionsradius durch Vortragsreisen und Gastvorlesungen in London und Oxford erneut zu vergrößern.

    Die Einbeziehung ideen-, kultur- und psychohistorischer Aspekte sowie gesellschaftlichsoziologischer Fragestellungen erweiterte neben der Kenntnis formal-ästhetischer und stilkritischer Methoden die Ausgangsbasis für W.s quellengestützte wissenschaftliche Arbeit; dabei orientierte sich seine Auffassung von Kultur und Geschichte an Wilhelm Dilthey (1833–1911) und Ernst Troeltsch (1865–1923).

  • Werke

    Weitere W Käthe Kollwitz, in: Zs. f. bild. Kunst 16, 1905, H. 4, S. 85–92;
    Impressionismus, Ein Problem d. Malerei in d. Antike u. Neuzeit, 2 Bde., 1910–11;
    Der Barock als Kunst d. Gegenref., 1921, span. 1942;
    Die ital. Stadt in d. Renaissance, 1922;
    Rembrandt, 1926;
    Franz. Malerei d. 17. Jh. im Rahmen v. Kultur u. Ges., 1932;
    Zum Problem d. Manierismus, 1934;
    L’histoire de Job dans les arts: A propos du tableau de Georges de la Tour au Musée d’Epinal, in: Gazette des Beaux-Arts 16, 1936, S. 102–12;
    Der Skulpturenschmuck d. Basler Galluspforte im Rahmen roman. Portalprogramme, in: Zs. f. schweiz. Archäol. u. Kunstgesch. 3, 1941, S. 110–30;
    Rel. Reform u. ma. Kunst, 1945, span. 1949;
    Vincent van Gogh, Kunst u. Schicksal, 2 Bde., 1949–51;
    – „Und alles ist zerstoben“, Erinnerungen aus d. Jh.wende, 1937 (Autobiogr.);
    Geist u. Gewalt, 1956 (Autobiogr., P);
    Nachlaß: W. W., Univ.bibl. Basel, NL 91.

  • Literatur

    L Nachrufe: L. Schudt, in: Kunstchronik 6, 1953, S. 290 ff.;
    W. Kaegi, in: Basler Nachrr., 150, 1953 (P);
    – K. Holl, Die „Vereinigung Gleichgesinnter“, Ein Berliner Kreis pazifist. Intellektueller im Ersten Weltkrieg, in: AKG 54, 1972, S. 364–84;
    K. Scholder, Die Mittwochs-Ges., Protokolle aus d. geistigen Dtld. 1932 bis 1944, 1982 (P);
    B. Kühne, W. W. – Aspekte seiner Arbeit im universitär. u. außeruniversitär. Bereich, Dipl.arb. HU Berlin 1989;
    G. Besier (Hg.), Die Mittwochs-Ges. im Ks.reich, Protokolle aus d. geistigen Dtld. 1863–1919, 1990 (P);
    K. Corino, Robert Musil, Eine Biogr., 2003;
    R. Lepsius, Die Vorfahren u. Nachkommen v. Richard u. Elisabeth Lepsius, ³2010 (Privatdr.);
    E. Levy, The German Art Historians of World War I: Grauthoff, Wichert, W. and Brinckmann and the activities of the Zentralstelle f. Auslandsdienst, in: Zs. f. Kunstgesch. 74, 2011, S. 375–402 (P);
    K. Büttner-Kirschner, Der Berliner Kunsthist. W. W. (1873–1953) im Basler Exil (1935–1953), in: Kunst u. Pol., Jb. d. Guernica-Ges. 16, 2014, S. 161–76;
    Biogr. Hdb. Kunsthist. (Bibliogr.);
    Metzler Kunsthist. Lex.;
    zu Valentin u. Marie Hoffmann: V. Viergutz, V. W. (1843–1899), Bankier, Börsenmakler u. Wohltäter, Marie Hoffmanns Erinnerungen an ihren Vater (…), in: Berlin in Gesch. u. Gegenwart, hg. v. K. Dettmer, 2004, S. 39–80 (P);
    zu Reinhold Lepsius u. Sabine Graef: A. Dorgerloh, Das Künstlerpaar Lepsius, Zur Berliner Porträtmalerei um 1900, 2003;
    zu Brigitte Schittenhelm [Helm]: D. Semler, Brigitte Helm, Der Vamp d. dt. Films, 2008;
    zu Jan Bontjes van Beek u. Digne Meller Marcovicz: D. M. Marcovicz, Töpfe – Menschen – Leben, Berr. z. Jan Bontjes van Beek, 2011;
    zu Cato Bontjes van Beek: H. Vinke, Cato Bontjes van Beek, 2003.

  • Porträts

    |Photogr. v. N. Perscheid, o. J. (Porträtslg. Berliner Hochschullehrer, Hist. Slgg. d. Univ.bibl. Berlin), Abb. im Internet.

  • Autor/in

    Katharina Büttner-Kirschner
  • Zitierweise

    Büttner-Kirschner, Katharina, "Weisbach, Werner" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 660-662 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140050.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA