Lebensdaten
1943 – 2010
Geburtsort
Ingelheim/Rhein
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
politischer Aktivist ; Mitbegründer der Kommune I
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 118621440 | OGND | VIAF: 62341638
Namensvarianten
  • Teufel, Fritz

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Zitierweise

Teufel, Fritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118621440.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Alfred (1903–89), Dipl.-Volkswirt, ltd. Angest. d. Chemiekonzerns Boehringer in I., 1946 Lebensmittelkontrolleur am Landratsamt in Ludwigsburg/Neckar, später selbst. Steuerberater;
    M Lieselotte Kersten (1907–96);
    4 ältere B, 1 ältere Schw; – Helene Lollo.

  • Biographie

    T., christlich erzogen, fiel als Heranwachsender durch seine Frömmigkeit auf und wurde|Mitglied im CVJM. Als er erfuhr, daß Pfarrer auch Waffen der Bundeswehr segneten, trat er am Ende seiner Schulzeit aus der Kirche aus. Nach seinem Abitur am Schiller-Gymnasium Ludwigsburg ging er 1963 nach West-Berlin, nahm an der Freien Universität ein Studium der Germanistik, Publizistik und Theaterwissenschaften auf und wurde Mitglied des Sozialistischen Dt. Studentenbundes (SDS). Zusammen mit Dieter Kunzelmann (* 1939) und Rainer Langhans (* 1940) zählte er Anfang 1967 zu den Begründern der Kommune I, die als Kernzelle der antiautoritären Bewegung für Aufsehen sorgte. Wenige Monate später wurde er mit den anderen Kommunarden wegen „falscher Unmittelbarkeit“ und „Realitätsflucht“ aus dem SDS ausgeschlossen. Während der Proteste gegen den Staatsbesuch des Schahs von Persien in West-Berlin wurde T. unter dem Vorwurf, Steine geworfen zu haben, am 2. 6. 1967 festgenommen und war bis zu seinem Freispruch ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Durch seinen Prozeß wurde T., der mit seiner äußeren Erscheinung (Nickelbrille, Vollbart u. lange Haare) einen hohen Wiedererkennungswert besaß, zum Aushängeschild der Studentenbewegung. Sein Ausspruch „Wenn’s der Wahrheitsfindung dient“, mit dem er sich der Aufforderung des Richters, sich von seinem Platz zu erheben, beugte, avancierte unter Jugendlichen zum Bonmot.

    Im Dez. 1968 trennte T. sich von der Kommune I und zog nach München. Dort beteiligte er sich an der Organisierung eines „Knast-Camps“, mit dem vor der Jugendjustizvollzugsanstalt Ebrach (Franken) gegen die Inhaftierung eines Münchner Studenten protestiert werden sollte. Im Febr. 1970 erklärte er in einem Zeitungs- und einem Fernsehinterview, daß der „Clown tot“ sei und bei der Veränderung der Gesellschaft nur noch Gewalt helfe. In der Folge verübte die von ihm mitbegründete Stadtguerilla-Organisation „Tupamaros München“ Brandanschläge, v. a. auf Einrichtungen der Justiz. Wenige Monate später wurde T. verhaftet und im Jan. 1971 in einem Indizienprozeß wegen versuchter menschengefährdender Brandstiftung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Nachdem er diese verbüßt hatte, tauchte er ein zweites Mal unter. Bei seiner erneuten Festnahme im Sept. 1975 war er mit einer Pistole und einer abgesägten Schrotflinte bewaffnet und wurde nun als Mitglied der „Bewegung 2. Juni“ angeklagt, an der Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz (1922–87) beteiligt gewesen zu sein. Kurz vor der Urteilsverkündung im Okt. 1980 – die Staatsanwaltschaft hatte 15 Jahre Haft beantragt – präsentierte er überraschend ein Alibi für die Tatzeit und wurde umgehend auf freien Fuß gesetzt: T. hatte offenbar, um die von ihm verachtete Justiz vorzuführen, fünf Jahre im Untersuchungsgefängnis verbracht. Nach seiner Freilassung arbeitete er in Berlin als Fahrradkurier. Seit seinem 55. Lebensjahr war er an Parkinson erkrankt.

    T. gehörte zu den bekanntesten Gesichtern der 68er-Bewegung. Er war jedoch nicht nur – wie in den meisten seiner Nachrufe betont wurde – ein wirkungsreicher Aktionskomiker, sondern auch ein überzeugter Militanter, der zeitweilig in den Terrorismus geriet.

  • Werke

    W Klaut sie! (Selbst)krit. Btrr. z. Krise d. Linken u. d. Guerilla, 1979 (mit Karl Heinz Roth);
    Märchen aus d. Spaßgerilja, 1980 (mit R. Jarowoy);
    Hg.: Klau mich, 1968, ³1982 (mit R. Langhans).

  • Literatur

    L W. Kraushaar, in: E. Jacoby (Hg.), Lex. Linker Leitfiguren, 1988, S. 349–51;
    M. Carini, F. T., Wenn’s d. Wahrheitsfindung dient, 2003, ²2008;
    U. Enzensberger, Die Jahre d. Kommune I, Berlin 1967–1969, 2004.

  • Porträts

    P Photogrr. (BA Berlin, Bildarchiv).

  • Autor/in

    Wolfgang Kraushaar
  • Zitierweise

    Kraushaar, Wolfgang, "Teufel, Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 56-57 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118621440.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA