Lebensdaten
1871 – 1937
Geburtsort
Preßburg
Sterbeort
Göppingen
Beruf/Funktion
Rabbiner
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118877208 | OGND | VIAF: 15567474
Namensvarianten
  • Tänzer, Arno (Pseudonym)
  • Tänzer, Arnold (seit 1924)
  • Tänzer, Aron
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Zitierweise

Tänzer, Aron, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118877208.html [30.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Heinrich, Rabbiner u. Kaufm. in P.;
    M Marie Schlesinger, Weißnäherin in P.;
    1) Totis (Ungarn) 1896 Eleonore Rosa (1875–1912), T d. Mark Handler, Rabbiner in Totis, 2) Göppingen 1913 Berta Strauss (1876–1943 Ghetto Theresienstadt), aus Heilbronn;
    3 S aus 1) Paul (1897–1945), Dr. iur., RA in Stuttgart, emigrierte 1938 über d. Schweiz n. Palästina, Fritz (1898–1974), Kaufm., emigrierte 1937 n. Palästina, später in d. USA, zuletzt in Vineland (New Jersey), Hugo (1905–38), Kaufm. in Wien, emigrierte 1937 n. Palästina, 1 T aus 1) Irene (1902–75), lebte in Budapest, emigrierte in d. USA,|1 S aus 2) Erwin (* 1914), Elektroinstallateur, emigrierte 1937 in d. USA, zuletzt in Lexington (Kentucky, USA), 1 T aus 2) Ilse (1915–79), lebte in London, emigrierte n. Australien; Schwager Simon Hevesi (eigtl. Handler) (1868–1943), Dr. phil., Prof. f. Homiletik u. Rel.philos. an d. Landesrabbinerschule in Budapest, 1927 Großrabbiner d. jüd. Gde. in Pest (s. Enc. Jud.²).

  • Biographie

    Im Anschluß an die Volks- und die Mittelschule in Preßburg besuchte der aus einem orthodoxen Rabbinerhaus stammende T. 1885–89 die Rabbinatshochschule. Seit 1892 studierte er Philosophie, Geschichte, Germanistik und semit. Philologie in Berlin, seit 1894 in Bern, wo ihn Moritz Lazarus (1824–1903) nachhaltig beeinflußte und T. 1895 bei Ludwig Stein (1859–1930) mit einer Arbeit über „Die Religionsphilosophie Josef Albo’s“ (1896) zum Dr. phil. promoviert wurde. Ebenfalls 1895 erhielt T. in der Gemeinde Obornik (Prov. Posen) das Rabbinerdiplom. Auf der Suche nach einer Anstellung wandte er sich nach Siebenbürgen und Ungarn und wurde 1896 als Subrabbiner seines Schwiegervaters in Totis eingestellt. Im Okt. 1896 wechselte T. als Rabbiner für Vorarlberg und Tirol an die Isr. Kultusgemeinde nach Hohenems (Vorarlberg), 1905–07 amtierte er als Bezirksrabbiner für Südtirol in Meran, danach in Göppingen, wo er mit der Amtsübernahme die württ. Staatsbürgerschaft erhielt. 1915–18 nahm S. als Feldrabbiner freiwillig am 1. Weltkrieg teil. T. entwickelte sich nicht zuletzt unter dem Einfluß von Lazarus zu einem exponierten Vertreter des liberalen Judentums. Als solcher lehnte er den Zionismus ab, betrachtete das Judentum als Wertegemeinschaft, befürwortete den dt.sprachigen Gottesdienst, trat für die Mischehe ein und wirkte eng mit liberalen Vertretern des christlichen Bürgertums zusammen. Als gefragter Redner engagierte er sich mit diesen in Volksbildungsvereinen; zudem veröffentlichte er regelmäßig Artikel im „Isr. Familienblatt“ und in der „Allgemeinen Zeitung des Judentums“ und wirkte 1910–14 als Redakteur der „Isr. Wochenschau“. Als Folge von T.s historisch-archivarischer Tätigkeit und auf seine Initiative hin wurden 1903–05 das Hohenemser Stadtarchiv eingerichtet und 1912 die Göppinger Stadtbibliothek gegründet; letztere leitete T. ehrenamtlich für mehr als 20 Jahre. Überregionale Wirkung entfaltete T. durch seine historischen Arbeiten, die dem völkerpsychologischen Ansatz von Lazarus verpflichtet sind. Mit seinen Studien zur Geschichte der Juden in Vorarlberg (1905), in Brest-Litowsk (1918), in Jebenhausen und Göppingen (1927) sowie in Württemberg (1937) wurde T. zum Pionier einer jüd. Geschichtsforschung mit spezifisch landesgeschichtlicher Prägung. Von besonderem Wert bis in die Gegenwart sind diese Werke nicht zuletzt aufgrund ihrer Quellennähe – viele der von T. benutzten Archivalien wurden während der NS-Zeit vernichtet – und ihren Einsichten über das Judentum, das nach 1933 vollständig aus der Landesgeschichte ausgegrenzt und erst seit den 1970er Jahren von dieser wiederentdeckt wurde. T.s groß angelegte Biographie über Lazarus, an der er seit etwa 1930 arbeitete, findet sich als Fragment im Nachlaß.

  • Auszeichnungen

    A Rr.kreuz d. Franz-Joseph-Ordens (1915); E. K. II. Kl. (1916);
    Württ. Rr.kreuz I. Kl. (1916);
    Hamburg. Hanseatenkreuz (1918);
    Ehrenmitgl. d. Veteranen- u. Mil.ver. Göppingen (1921);
    Kriegsdenkmünze d. Kyffhäuserbundes (1922);
    – Rabbiner-T.-Haus, Göppingen (seit 2002).

  • Werke

    Judentum u. Entwicklungslehre, 1903;
    Gesch. d. Juden in Hohenems u. im übrigen Vorarlberg, 1905, Nachdrr. 1971, 1982;
    Die Mischehe in Rel., Gesch. u. Statistik d. Juden, 1913;
    Brest-Litowsk, Ein Wahrzeichen russ. Kultur im Weltkriege, 1917;
    Die Gesch. d. Juden in Jebenhausen u. Göppingen, 1927, neu hg. v. K.-H. Rueß, 1988 (P);
    Die Gesch. d. Juden in Württ., 1937, Nachdr. 1983;
    Autobiogr.fragment (1915), in: M. Richarz (Hg.), Jüd. Leben in Dtld., Bd. 2, 1979, S. 445–56 (P),erneut in: Bürger auf Widerruf, Lebenszeugnisse dt. Juden 1780–1945, hg. v. M. Richarz, 1989, S. 344–55;
    Nachlaß:
    The Jewish Historical General Archives, Jerusalem;
    Leo Baeck Inst., New York.

  • Literatur

    D. Kauß, Juden in Jebenhausen u. Göppingen 1777–1945, 1981;
    K.-H. Burmeister (Hg.), Rabbiner Dr. A. T., Gelehrter u. Menschenfreund 1871–1937, 1987 (W, L, P);
    ders., A. T. als Archivar, in: Montfort 39, 1987, S. 275–78;
    W. Rupp, Rabbiner Dr. A. T. u. sein Widersacher Joel Nagelberg, ebd. 48, 1996, S. 299–307 (P);
    K.-H. Rueß, Dr. A. T., Leben u. Werk d. Rabbiners, in: A. Tänzer, Die Gesch. d. Juden in Jebenhausen (…), 1988 (s. W), S. 620–49;
    ders., Rabbiner Dr. A. T., Stationen seines Lebens, 2002 (L, P);
    Leo Baeck Inst. New York, Catalog of the Archival Collections, 1990;
    E. Grabherr (Hg.), „. . . eine ganz kl. Jüd. Gde., die nur v. d. Erinnerungen lebt!“, Juden in Hohenems, 1996, bes. S. 45–57 (P);
    Enc. Jud.²;
    Kosch, Lit.-Lex. ³ (W, L);
    Biogr. Hdb. Rabbiner (W, L)

  • Porträts

    | Bronzerelief v. H. Nübold, 1984 (Stadtbibl. Göppingen), Abb. in: K.-H. Rueß, 2002 (s. L), S. 15.

  • Autor/in

    Stefan Jordan
  • Zitierweise

    Jordan, Stefan, "Tänzer, Aron" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 755-756 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118877208.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA