Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
baltische Familie
Konfession
-
Normdaten
GND: 1207847186 | OGND | VIAF: 200158669951927202539
Namensvarianten
  • Schilling, Barone von
  • Schilling, von
  • Schilling, Barone von

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Zitierweise

Schilling, von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1207847186.html [28.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Begründer des weitverbreiteten und bis heute fortbestehenden dt.balt. Adelsgeschlechts, seit Mitte des 16. Jh. in Kurland und seit 1761 in Estland ansässig, war der 1470 geborene Kaspar S., der über Braunschweig ins Ordensland kam. Sein Sohn Nikolaus S. wurde 1548 als Vasall des Dt. Ordens mit einem Hof im Kreis Riga belehnt. Die Aufnahme in die kurländ. Adelsmatrikel erfolgte 1620 für Alexander; 1768 wurde Karl Gebhard (1719–79) in die estländ. Matrikel aufgenommen. Der russ. Generalmajor Raphael Gottfried (1729–97) wurde 1772 Reichsfreiherr und 1781 Reichsgraf „S. v. Schillingshof“. Die russ. Anerkennung des Baronstitels erfolgte 1834 und 1855. Der S.sche Großgrundbesitz in Estland war bei der Güterenteignung 1919/20 der zweitgrößte des Landes.

    Der 1793 in Mitau geborene Wilhelm v. S. (s. L) studierte nach der Verabschiedung aus dem russ. Heer (1817) bis 1822 Jura und Staatswissenschaften in Berlin und ging 1828 erneut als Offizier zur Armee. Er publizierte zahlreiche Zeitschriftenbeiträge und verfaßte Lyrik sowie ein Drama (Die Brautnacht, 1820).

    Der als Sohn des Kreisarztes von Hasenpoth (Aizpute) Dr. med. Carl S. geborene Carl Arthur Ernst S. (1839-88, s. W, L) studierte Jura in Dorpat, wo er 1863 eine goldene Preismedaille errang, bevor er als Oberhofgerichts-Advokat in Mitau tätig wurde. Er verfaßte mehrere Abhandlungen zur balt. Rechtsgeschichte. Seit seinen Söhnen führte die Familie den Adelstitel „v.“. Der älteste von ihnen, Carl Otto Wilhelm (1873–1954), wurde nach anfänglichem Theologiestudium ebenfalls Jurist. Spezialist für Zivil-, Handels- und Landwirtschaftsrecht, war er u. a. 1902-12 als Dozent am Polytechnikum in Riga und 1915-18 nach dessen Auslagerung in Moskau tätig. 1920-39 lehrte er als Dozent, später als Professor bürgerliches Recht an der privaten dt. Hochschule, dem Herder-Institut in Riga, wo er auch Dekan wurde. Als|Präses des „Dt. Juristenvereins“ in Riga beteiligte er sich an der vom Verein herausgegebenen „Rigaschen Zeitschrift für Rechtswissenschaft“ und beeinflußte dadurch maßgeblich die Gesetzgebung des jungen lettländ. Staates. Nach der Umsiedlung war Carl 1940/41 wiss. Mitarbeiter am Institut für Internationales und Ausländisches Privatrecht der Ks.-Wilhelm-Gesellschaft in Berlin, lebte dann in Posen, Schleswig-Holstein und schließlich in Hamburg-Bergedorf. Er verfaßte mehrere Abhandlungen zum balt. Privatrecht und zur röm. Rechtsgeschichte.

    Sein jüngerer Bruder, der Journalist und Dichter Otto (1874–1929, s. W, L), studierte in Moskau, Jena und Leipzig, bevor er Redakteur an der „Rigaschen Zeitung“ wurde. Nach Kriegsteilnahme seit 1919 in Deutschland, wurde er 1920 Schriftleiter, später Hauptschriftleiter der „Dt. Zeitung“ in Berlin. 1907-22 veröffentlichte er mehrere Lyrikbände.

    Der Landespolitiker Alfred Baron (1861–1922, s. L), auf Paddas und Kappel (Estland), studierte nach dem Besuch der Domschule zu Reval und des Landesgymnasiums in Fellin in Dorpat Jura. Nach richterlicher Tätigkeit wurde er 1907 Delegierter der Ritterschaft im Estländ. Provinzialrat und im Balt. Konseil in Riga. 1907-12 gehörte er als Abgeordneter der estländ. Großgrundbesitzer der russ. Duma an, wo er unter Alexander Baron Meyendorff (1869–1964) Mitglied der „Dt. Gruppe“ innerhalb der Oktobristenpartei war und sich u. a. in der Sprachenfrage engagierte. Er war ksl. Kammerherr, 1912-17 gewähltes Mitglied des Reichsrats und bis 1920 auch estländ. Landrat. 1917/18 setzte er sich in Schweden und Deutschland als stellv. Ritterschaftshauptmann für die Besetzung Estlands durch die dt. Truppen ein. 1918 war er präsidierender Landrat in Reval und Mitglied des Balt. Landesrats in Riga. 1919/20 lebte er in Finnland, dann in Reval.

    Carl Wilhelm Baron (1872–1941, s. L), auf Seinigal (Estland), Sohn des Landrats Otto, studierte nach dem Besuch der Revaler Domschule 1892-96 zunächst Chemie, dann Jura in Dorpat. Anschließend diente er in der russ. Marine und wirkte 1912-20 als Kreisdeputierter für Jerwen. 1918 setzte er sich erfolgreich für die Rückführung der aus Estland und Livland Verschleppten ein. 1923-38 vertrat er als Abgeordneter die dt.balt. Minderheit im estländ. Parlament. Präsident des Vereins der durch die Agrarreform von 1919 enteigneten Gutsbesitzer, gehörte er innerhalb der Dt.-Balt. Partei zum oppositionell eingestellten Grundadel. Er war maßgeblich an allen Phasen der Parlamentsarbeit von der anfänglichen Loyalitätsfrage über den Kampf gegen Enteignungen (Agrargesetz 1919, Entschädigungsfrage, Domkirche zu Reval 1927) bis zur Durchsetzung des Kulturautonomiegesetzes von 1925 beteiligt. 1932 distanzierte er sich von nationalsozialistischen Strömungen innerhalb der dt.balt. Volksgruppe. An führender Stelle einer Reihe von Vereinigungen (Kulturrats d. Estländ. Dt. Kulturselbstverw., Estländ. Gemeinnütziger Verband, Estländ. Yachtclub), gehörte Carl zu den wenigen prominenten Dt.balten, die sich im Herbst 1939 gegen die Umsiedlung aussprachen, schloß sich aber 1941 der Nachumsiedlung an.

    Moritz Gustav Baron (1872–1934), Sohn des russ. Generalleutnants Fabian, trat nach Abschluß eines Jura-Studiums in Moskau 1895 in das Ministerium des Äußeren ein, in dessen Kanzlei er 1896 nach dem Diplomatenexamen überführt wurde. Es folgten 1898 Einsätze an den Botschaften in Wien, 1902 am Vatikan und 1908 in Paris. 1910 wurde er zum Chef der Kanzlei des Außenministeriums ernannt (1910 Kammerherr, 1913 Großritter d. Franz. Ehrenlegion, 1916 Abschied im Rang e. GR u. ksl. Hofmeisters). Infolge der Revolution zog er 1917 nach Paris; 1919/20 wurde das von ihm 1903 übernommene Familiengut Orgena (Estland) enteignet.

    Nikolai Baron (1828–1910, s. W, L) wurde nach dem Besuch des Marinekadettenkorps in St. Petersburg 1848 Seeoffizier, 1859 Erzieher des Großfürsten Aleksei Aleksandrovič, dem er später persönlich attachiert war (1865 Flügeladjutant, 1870 Kpt. I. Ranges, 1877 Konteradmiral, 1887 Vizeadmiral, 1898 Admiral). Mit seiner Verabschiedung 1908 war die Ernennung zum General-Adjutanten des Zaren Nikolai II. verhunden. Eine der größten Autoritäten der russ. Polarforschung, gehörte er seit 1871 dem Vorstand der Russ. Geographischen Gesellschaft an. In zahlreichen wiss. Publikationen entwickelte er eine systematische Theorie der ständigen Meeresströmungen sowie eine erste Konzeption über die physikalische Geographie des Nordpolarmeeres.

    Zu Ehren Jacobs (1790–1860), eines hochdekorierten Teilnehmers des Krieges gegen Napoleon (u. a. preuß. Pour le mérite 1814), seit 1847 russ. Generalleutnant und 1850-52 Kommandeur der 19. Infanterie-Division, wurde das Familienwappen in der Domkirche zu Reval angebracht.

  • Werke

    zu Carl ( 1888): Balt. Bürgerkunde, 1908 (mit B. v. Schreck);
    Mithg. d. dt. Ausg. d. lettländ. bürgerl Gesetzbuches;
    zu Otto:
    Lieder e. Kurländers, 1907;
    In Liebe u. Hau [Umschlagtitel: Tandaradei], 1912;
    Herzeleid, 1922;
    zu Nikolai:
    Die beständigen Strömungen in d. Luft u. im Meere, 1874;
    Erinnerungen o. alten Seemannes (Übers. d. russ. Ausg. 1895 v. Erich Baron S.), 1971.

  • Literatur

    zur Fam.: Heinar Schilling. Die Stammfolge d. Eriksgeschl., I. Teil, der westl. Stamm 1198-1948, 1948;
    Fredrik S., Slekten Schilling, 1954;
    Dt.balt. Biogr. Lex. (zu Alfred, Carl [ 1941], Moritz, Nikolai u. Jacob);
    Ernst Baron Schilling u. Erich Baron Schilling. Der Kurländ.-Estländ. Zweig d. Geschl. S., 1956;
    Erich Baron Schilling, Der Großgrundbes. d. Barone S. in Estland, 1962;
    zu Wilhelm:
    J. F. v. Recke u. K. E. Napiersky, Allg. Schriftst.- u. Gel.-Lex. d. Provinzen Livland, Esthland u. Kurland, IV, 1832, S. 65;
    M. Redlich, Lex. dt.balt. Lit., S. 278;
    zu Carl
    ( 1929): Kürschner, Gel.-Kal. 1931;
    Balt. Briefe 7, 1954, Nr. 11, S. 4 (P);
    zu Otto:
    Kürschner, Lit.-Kal. 1928;
    Kosch, Lit.-Lex.;
    A. Behrsing, Grundriß e. Gesch. d. balt. Dichtung, 1928, S. 123;
    Jb. d. balt. Dt.tums, 1930, S. 128 u. 133;
    M. Redlich, Lex. dt.balt. Lit., S. 277 f.;
    zu Alfred:
    A. v. Tobien, Die Livländ. Ritterschaft in ihrem Verhältnis z. Zarismus u. russ. Nationalismus, 2 Bde., 1925/30;
    M. Hagen, Die Dt.balten in d III. Duma, in: ZfO 23, 1974, S. 577-97;
    G. v. Pistohlkors (Hg.), Dt. Gesch. im Osten Europas, Balt. Länder, 1994, ²2002;
    zu Carl
    ( 1941): M. Garleff, Dt.balt. Pol. zw. d. Weltkriegen, 1976;
    ders., Die Parteiorganisation d. balt. Deutschon u. ihre Beteiligung an d. parl. Arb. v. 1920 bis 1934, in: B. Meissner, D. A. Loeber, C. Hasselblatt (Hg.), Die dt. Volksgruppe in Estland während d. Zw.kriegszeit u. aktuelle Fragen d. dt.-estn. Verhältnisses, 1996, ²1997, S. 47-61;
    G. v. Pistohlkors (Hg.), Dt. Gesch. im Osten Europas, Balt. Länder, 1994, ²2002;
    zu Nikolai:
    Helene v. S. u. E. Tammiksaar, Nikolai Baron v. S. (1828-1910), Seeoffz. u. Wissenschaftler, in: Jb. d. balt. Dt.tums 46, 1999, S. 102-18 (P).

  • Autor/in

    Michael Garleff
  • Zitierweise

    Garleff, Michael, "Schilling, von" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 765-767 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1207847186.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA