Lebensdaten
1905 – 1990
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Sarasota (Florida, USA)
Beruf/Funktion
Soziologe
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 117482781 | OGND | VIAF: 19782019
Namensvarianten
  • Speier, Hans

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Zitierweise

Speier, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117482781.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Adolf (1875–1938, ev.), aus B., 1901 Mitarb. d. New York Life Insurance Comp., 1915 Resident Secretary, 1924 Dir. d. Kronos Dt. Lebensvers. AG, bis 1929 stellv. Vorstandsmitgl. d. Mannheimer Lebensvers.-Bank AG in B. (s. Wenzel);
    M Anna Persson (1873–1936, ev.), aus Anklam (Pommern);
    1) Berlin 1929 Luise (Lisa) Griesbach (1903–65, jüd.), aus Erfurt, Kinderfürsorgeärztin in B.-Wedding, emigrierte 1933 mit S. in d. USA, 2) 1967 Margit (1905–2006, jüd., 1] 1934 Peter Bume, Jazzmusiker in Wien, 2] 1948 Robert Klein-Loerk, Schausp., emigrierte in d. USA, hier Friseur), aus Med.- u. Juristenfam in B., Werbegraphikerin, Kunsthandwerkerin, Schriftst., ab 1933 wegen antifaschist. Agitation mehrfach v. d. Gestapo inhaftiert, emigrierte 1940 in d. USA (s. W), T d. Felix Leipnik ( n. 1939), ungar. Offz., Glücksspieler, u. d. Ruzsa Neumann, aus Breslau, Fremdsprachenlehrerin an d. Berlitz School in B., Dolmetscherin;
    1 S aus 1) Steven W. (* 1939), Programmierer, 1 T aus 1) Sybil S. Barten (* 1933, Harvey Barten), Dr. med. (Univ. Heidelberg), Prof. f. Psychol. am Purchase College, State Univ. of New York (s. BHdE II).

  • Biographie

    S. arbeitete nach seinem Abitur am Helmholtz-Realgymnasium in Berlin-Friedenau zuerst als Lehrling in einer kleinen Berliner Privatbank und studierte seit 1925 Wirtschaftswissenschaften, Geschichte und Soziologie in Heidelberg v. a. bei Karl Mannheim (1893–1947) und Emil Lederer (1882–1939). Nach seiner Heidelberger Promotion bei Mannheim 1928 („Lassalles Gesch.philos.“) bis 1930 als sozialwiss. Redakteur beim Berliner Ullstein Verlag tätig, wurde er 1931 zum Dozenten für Politische Soziologie an der Dt. Hochschule für Politik ernannt und arbeitete zugleich als Assistent bei Lederer an der Univ. Berlin, mit dem er v. a. das „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ betreute. Ehrenamtlich engagierte er sich als Mitarbeiter bei der Arbeiterbildung der SPD.

    Im Sept. 1933 emigrierte S. mit seiner Frau nach New York, wo er bis 1942 als Professor für Politische Soziologie an der New School for Social Research forschte und lehrte. Mit deren Präsidenten, Alvin S. Johnson (1874–1971) und Lederer begründete S. mit der „University in Exile“ (1934 Graduate Faculty of Political and Social Science) einen der bedeutendsten Fluchtorte für insgesamt 167 europ. Sozialwissenschaftler und Künstler, unter ihnen Arnold Brecht, Eduard Heimann, Adolph Löwe (Adolf Lowe), Alfred Schütz, Hans Staudinger und Frieda Wunderlich. S. war in dieser Zeit zugleich Redakteur der Zeitschrift „Social Research“, die eine wichtige Rolle bei der Erforschung des Totalitarismus in Europa spielte. In den Sommersemestern lehrte er an der Univ. of Illinois (1936) und der Univ. of Michigan (1941). 1940 wurde er Staatsbürger der USA. 1941/42 arbeitete er als Ko-Direktor beim Forschungsprojekt der Rockefeller Foundation über Kommunikation in totalitären Systemen v. a. bei der Analyse dt. Rundfunkpropaganda, 1942–48 beim Foreign Broadcast Intelligence Service (FBIS) der Federal Communication Commission in Washington, D. C., zuletzt als Chef der Central European Section. 1944/45 betreute S. die Propagandapolitik des Office of War Information (OWI). Als stellv. Leiter der Occupied Areas Division des US-Außenministeriums hielt er sich mehrmals im besetzten Deutschland auf. Nach erneuter Lehrtätigkeit an der New School for Social Research (1947/48) trat er 1948–60 in den Dienst des US-Air-Force-Projekts RAND in Santa Monica, Kalifornien, zuletzt Head of the Social Science Division, und gehörte 1960–68 dem RAND Research Council an. Nach einem Forschungsaufenthalt 1957/58 als Fellow am Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences an der Stanford Univ. lehrte S. 1969–73 an der Univ. of Massachusetts, Amherst. Nach seiner Emeritierung wurde er zum Professor Emeritus für Soziologie an der Graduate Faculty of Political and Social Science an der New School for Social Research ernannt.

    S.s Schaffen ist, bedingt durch die erzwungene Emigration und die anschließenden zwei getrennten Tätigkeitsfelder, nur beschränkt wirksam geworden. Im dt. Sprachraum wurde, wenn auch mit erheblicher Verspätung, seine empirische Untersuchung über die politischen Einstellungen der Angestelltenschaft, die heute als Meilenstein der historischen Angestelltenforschung in Deutschland bewertet wird, zu seiner bekanntesten Studie (Die Angestellten vor d. NS, Ein Btr. z. Verständnis d. dt. Soz.struktur 1918–1933, 1977). Unter dem Titel „Soziologie der dt. Angestelltenschaft“ in den letzten Jahren der Weimarer Republik begonnen, betont S. darin die ideologische Anfälligkeit von Angestellten, besonders der im „Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband“ (DHV) und im „Gewerkschaftsbund der Angestellten“ (GdA) organisierten, für den heraufziehenden Nationalsozialismus und den wirkungsvollen Beitrag des DHV bei der Verbreitung|des NS. Im US-amerik. Sprachraum wurden, neben seiner zentralen Bedeutung für die militärisch wichtige Analyse der NS-Propaganda, v. a. seine Studien über die politischen Wirkungen militärischer Entwicklungen und über den Einfluß des Militärs auf die Gestaltung der Regierungspolitik, v. a. im Bereich der Außenpolitik, bekannt.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. American Ac. of Arts and Sciences. d. World Ac. of Arts and Sciences u. d. American Sociol. Ass.;
    Ehrenmitgl. d. Dt. Ges. f. Soziol.

  • Werke

    Weitere W War in Our Time, 1939 (mit A. Kahler);
    German Radio Propaganda, Report on Home Broadcasts during the War, 1944 (mit E. Kris);
    The American soldier and the sociology of military organization, 1950;
    Social Order and the Risks of War, Papers in Political Sociology, 1952;
    West German Leadership and Foreign Policy, 1957 (mit W. P. Davison);
    Die Bedrohung Berlins, Eine Analyse d. Berlin-Krise v. 1958 bis heute, 1961;
    Crisis and Catharsis in the Middle East, 1965, A Chapter of German Foreign Policy, 1967;
    Force and Folly, Essays on Foreign Affairs and the History of Ideas, 1969;
    Witz u, Politik, Essay über d. Macht u. d. Lachen, 1975;
    From the Ashes of Disgrace, A Journal from Germany, 1945–1955, 1981 (Autobiogr.);
    The Truth in Hell and Other Essays on Politics and Culture, 1935–1987, 1989;
    Die Intellektuellen u. d. moderne Ges., hg. u. eingel. v. R. Jackall, 2007 (Sammelbd. div. Aufss.);
    – Nachlaß: H. S. Papers, 1922–1989, German Intellectual Emigré Collection, M. E. Grenander Dep. of Special Collections & Archives, Univ. at Albany, State Univ. of New York, USA;
    W zu Margit:
    Der Vernichtung entkommen, Erinnerungen e. Jüdin, 1999.

  • Literatur

    P. M. Rutkoff u. W. B. Scott, New School, A history of the New School for Social Research, 1986;
    C.-D. Krohn, Wiss. im Exil, 1987;
    Günther Schulz, Die Angestellten seit d. 19. Jh., 2000;
    R. Jackall, Einl., in: ders. (Hg.), H. S., Die Intellektuellen u. d. moderne Ges., 2007, S. 11–34 (P);
    BHdE II;
    Bibliographia Judaica.

  • Autor/in

    Dirk Kaesler
  • Zitierweise

    Kaesler, Dirk, "Speier, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 651-652 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117482781.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA