Lebensdaten
1869 – 1934
Geburtsort
Bamberg
Sterbeort
Garmisch
Beruf/Funktion
Bankier
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 117149519 | OGND | VIAF: 5701365
Namensvarianten
  • Wassermann, Oscar Angelo
  • Wassermann, Oscar
  • Wassermann, Oscar Angelo
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Zitierweise

Wassermann, Oscar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117149519.html [30.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Emil (1842–1911), Bankier in Bamberg, S d. Samuel (Amschel) (1810–84), Tuchhändler, Bankier (s. Gen. 1), u. d. Karoline Eger;
    M Emma (1847–89), aus Frankfurt/M., T d. Moses Isaac Oppenheimer (* 1805), u. d. Auguste Fuld (* 1808);
    Ur-Gvm Moritz (Moses) Eger (1781–1853), Bankier in Bamberg;
    Ov Angelo v. W. (1834–1914, bayer. Adel 1910), Bankier (s. Gen. 1);
    9 jüngere Geschw u. a. Sigmund (1889–1958), Dr. phil., Dr. rer. pol., Dr. iur., Bankier in Berlin, 1932–33 Mitgl. d. Vorstands d. Centralverbands d. Dt. Bank- u. Bankiersgewerbes, emigrierte 1939 in d. Niederl., 1941 in d. USA (s. BHdE I);
    1) Margarethe (Grete) Fürst (1882–1924), aus Ungarn, 2) 1926 Käthe Haupt (1882–1942, 1] Albert Niemann, 1880–1921, Dr. med., Kinderarzt, Prof., s. DBJ III, Tl.; NDB 19*), 2 T aus 1) Heddy (* 1912), Karin (1918–58, 1] 1936–48|Eduard Wallach, * 1908, 2] 1952 Fritz Grunebaum, 1913–92, aus Frankfurt/M., emigrierte in d. USA, zuletzt in Lynnfield, Essex County, Massachusetts);
    Vt Max v. W. (1863–1934), Bankier in Berlin, KR (s. Gen. 1), August v. W. (s. 1), Eugen v. W. (1870–1925), Bankier, Kunstsammler (s. Gen. 1).

  • Biographie

    W. erhielt eine orthodoxe jüd. Erziehung. Nach der Volksschule 1875–79 besuchte er 1879–84 das Humanistische Gymnasium in Bamberg, das er nach der Obertertia verließ.

    Danach absolvierte er beim Bankhaus „J. L. Feuchtwanger“ in München eine Banklehre, woran sich ein Aufenthalt in Paris anschloß. Um 1885 / 86 trat er in die väterliche Firma ein. Zunächst war er in Bamberg tätig, seit 1889 in Berlin, wo er mit seinem Vetter Max die neu eröffnete Filiale des Stammhauses leitete, die sich bald zum Wachstumsmotor der Privatbank entwickelte. W.s Domäne war das Wertpapier- und Börsengeschäft. Paul Mankiewitz (1857–1924), Vorstandsmitglied der „Deutschen Bank“, wurde auf ihn aufmerksam und initiierte 1912 W.s Berufung in den Vorstand der Bank. Dieser Schritt vom vermögenden Mitinhaber einer führenden Privatbank (W.s Vermögen wurde 1911 / 12 auf 5,12 Mio. Mark, sein Jahreseinkommen auf 310000 Mark geschätzt) in den Vorstand einer großen Aktienbank war ein Novum; er ermöglichte es W., an den großen volkswirtschaftlichen Fragen der Zeit mitzuwirken.

    W.s Hauptbetätigungsfeld bei der „Deutschen Bank“ blieb zunächst die Börse, außerdem wurde er zum bestimmenden Faktor der Geldpolitik seines Instituts. Seit 1923 war er Vorstandssprecher. Bei der Bewältigung der Lasten des 1. Weltkriegs, Reparationen und Hyperinflation kam W.s politische Begabung zum Tragen. Im Auftrag der Regierung war er an internationalen Verhandlungen über die Finanzierung von Lebensmitteleinfuhren nach Deutschland beteiligt. Im Nov. 1922 schlug Reichskanzler Wilhelm Cuno (1876–1933) auf W.s Anregung hin den Alliierten vor, die Reparationsverpflichtungen der nächsten fünf Jahre durch eine im In- und Ausland aufzulegende, langfristige und steuerfreie Goldanleihe zu begleichen und diese durch die Einfuhrzölle des Dt. Reiches zu sichern; dieser „W.-Plan“ wurde jedoch von den Alliierten zurückgewiesen. Im Mittelpunkt der Amtszeit W.s als Vorstandssprecher stand im Okt. 1929 die Fusion mit der „Disconto-Gesellschaft“, der stärksten Konkurrentin der „Deutschen Bank“, die die Führungsrolle des vereinten Instituts „Deutsche Bank und Disconto-Gesellschaft“ im dt. Kreditwesen für lange Zeit festigte. W. begründete diesen Schritt mit hohen Verwaltungskosten, daraus resultierendem Rationalisierungsdruck und der vorausgegangenen Konzentration der Industrie, die höhere Finanzierungsansprüche entwickelte.

    W.s Rolle während der Bankenkrise im Juli 1931 ist umstritten. Ihm wurde, ausgehend von einem Beitrag in der Fachzeitschrift „Die Bank“, vorgeworfen, die Stützung der vor dem Zusammenbruch stehenden „Danat-Bank“ abgelehnt und damit bewußt einen Konkurrenten ausgeschaltet zu haben. Daß W. im Einklang mit seinen Vorstandskollegen primär die Interessen seiner Bank verfolgte, steht außer Frage, eine Verschwörung gegen die von Jakob Goldschmidt (1882–1955) geführte „Danat-Bank“ erscheint hingegen abwegig.

    W. war stark engagiert für das Judentum und Repräsentant zionistischer Organisationen, ohne selbst Zionist zu sein. Insbesondere für die dt. Sektion des Palästina-Aufbaufonds „Keren Hajessod“ (Vors. 1924–34) setzte er sich ein und vermittelte 1930 einen Kredit der Dt. Bank über 2,5 Mio. Reichsmark, für den er zur Hälfte persönlich bürgte.

    W.s in mehrfacher Hinsicht hervorgehobene Stellung machte ihn v. a. nach der NS-Machtübernahme angreifbar. Offiziell schied er Ende 1933 aus der Bank aus, tatsächlich war er aber bereits im Frühjahr 1933 „in einem Akt vorauseilenden Gehorsams“ (H. James) von seinen Vorstandskollegen aus dem Amt gedrängt worden: Um von der Tatsache abzulenken, daß W.s Judentum der Grund dafür war, verwies der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank, Franz Urbig (1864–1944), auf geschäftliche Verfehlungen W.s in den Krisenjahren. Seine letzten Lebensmonate verbrachte der an einer Herzschwäche leidende W. in Garmisch, wohin er sich zur Erholung zurückgezogen hatte. Die Trauerrede an seinem Grab hielt Rabbiner Leo Baeck (1873–1956).

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Gen.rats d. Reichsbank (1924–33);
    Stellv. Vors. d. Vorstands d. Centralverbands d. Dt. Bank- u. Bankiergewerbes (1928–31);
    AR-Vors. d. Bank f. Ind.werte u. d. Kaliwerke Neu-Staßfurt.

  • Werke

    W Die dt. Valuta u. d. finanziellen Aussichten Dtld.s, Vortr. gehalten am 10. Juni 1919 in d. „Ges. v. 1914“, in: Nachrr.bl. d. Dt. Bank, 1919, II. Folge, Nr. 5, S. 3–8;
    Irrwege d. Steuerpol., in: Bank-Archiv 1920 / 21, Nr. 23, S. 335 f.;
    Notwendige Vorbedingungen f. d. Erfüllung d. heutigen gesamtwirtschaftl. Aufgaben d. privaten Bankgewerbes, in: Verhh. d. VI. Allg. Dt. Bankiertages zu Berlin, 1925, S. 24–46;
    Dt. Bank u. Disconto-Ges. (Hg.), O. Gen.verslg. am 17. April 1931, Rede d. Herrn O. W., 1931.

  • Literatur

    |R. Martin, Jb. d. Vermögens u. Einkommens d. Millionäre in Preußen, 1912;
    K. Zielenziger, Juden|in d. dt. Wirtsch., 1930, S. 249–56;
    E. W. Schmidt, Männer d. Dt. Bank u. Disconto-Ges., 1957, S. 118 f. (P);
    D.-E. Fitz, Vom Salzfaktor z. Bankier, Fam. W., Spiegelbild e. emanzipator. Einbürgerungsprozesses, 1992;
    G. Feldman, Die Dt. Bank 1914–1933, in: L. Gall u. a. (Hg.), Die Dt. Bank 1870–1995, 1995, S. 138–314;
    H. James, Die Dt. Bank im Dritten Reich, 2003, bes. S. 43–46 (P);
    A. Barkai, O. W. u. d. Dt. Bank, 2005 (P);
    Wenzel;
    Rhdb.;
    Qu Hist. Inst. d. Dt. Bank, Frankfurt/M.;
    Leo Baeck Inst., New York u. Jerusalem;
    Central Zionist Archives, Jerusalem.

  • Porträts

    |Gem. v. R. Schuster-Woldan, o. J. (Hist. Inst. d. Dt. Bank, Frankfurt/M.).

  • Autor/in

    Martin L. Müller
  • Zitierweise

    Müller, Martin L., "Wassermann, Oscar" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 447-449 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117149519.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA