Lebensdaten
1862 – 1940
Geburtsort
Neudorf bei Dresden
Sterbeort
Bühlau bei Dresden
Beruf/Funktion
Pädagoge ; Politiker
Konfession
-
Normdaten
GND: 118764896 | OGND | VIAF: 13103256
Namensvarianten
  • Seyfert, Hermann Richard
  • Eres Haeres (Pseudonym)
  • Practicus (Pseudonym)
  • mehr

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Zitierweise

Seyfert, Richard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118764896.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann Moritz ( 1886), Schmied, seit 1850 Oberfeuerwerker b. d. Artillerie u. später Abt.ing. b. d. Muldentalbahn, Vf. e. Math.-Lehrbuchs f. Soldaten;
    M Marie Wagner ( 1862), seit 1864 Stief-M Selma Quell;
    Ernstthal 1882 Anna Marie (1861–1941), T d. Webermeisters Wilhelm L. Scheibe aus Ernstthal (Sachsen);
    1 S Richard Johannes (1886–1910), Student d. Philos., 3 T Marie Elisabeth (1882–1950, Fritz Walter Schluttig), Susanne Gretchen (* 1884, Arthur Erich Grünert), Johanna Lottchen (1894–1903).

  • Biographie

    S. besuchte 1872–76 das Realgymnasium in Dresden, anschließend das Lehrerseminar in Waldenburg (Sachsen). 1881–88 war er als Lehrer in Hohenstein (Ernstthal) und in Penig, danach als Schuldirektor in Zwickau tätig. 1896–98 studierte er in Leipzig Philosophie, Pädagogik und Psychologie, u. a. bei Wilhelm Wundt und Ernst Meumann. Zurückgekehrt in den Schuldienst, wurde er 1898 Schuldirektor in Ölsnitz und verfaßte die Arbeit „Über die Auffassung einfachster Raumformen“, mit der er 1902 bei Wundt in Leipzig zum Dr. phil. promoviert wurde. Seit 1903 war S. Seminaroberlehrer in Annaberg und seit 1908 Seminardirektor in Zschopau. 1923 wurde er an der TH Dresden zum ersten o. Professor der Praktischen Pädagogik in Deutschland und zum Direktor des Pädagogischen Instituts ernannt (em. 1931; S. lehrte bis 1933 weiter); zudem amtierte er als Referent für Lehrerbildung im Sächs. Ministerium für Volksbildung (Amtsniederlegung 1931).

    Zu einem führenden Kopf der Volksschulpädagogik wurde er mit seinem Entwurf einer „volkstümlichen Bildung“. In deren Mittelpunkt stellte er im Elementarbereich die Heimat, im Sekundarbereich die Arbeit. In einem von ihm konzipierten neuen Fach „Arbeitskunde“ wollte er die traditionelle Gliederung der naturwissenschaftlichen und technischen Fächer aufgehoben sehen und setzte an ihre Stelle umfassende Themenbereiche, die ihre Inhalte aus der volkstümlichen Kulturarbeit bezogen, d. h. aus dem, was menschlicher Geist und menschliche Hand hervorbrachten. Als methodisches Unterrichtsprinzip prägte er den Begriff des „schaffenden Lernens“, dessen Idee es war, selbsttätig durch Anschauung und Handlung zur Erkenntnis zu gelangen.

    S.s politische Karriere begann 1909 in Zschopau, wo er als Nationalliberaler in die II. Ständekammer des Sächs. Landtags gewählt wurde. Nach 1918 schloß er sich als Mitbegründer der DDP um Friedrich Naumann (1860–1919) an, mit dem er in der Nationalversammlung die Schulartikel 142–50 entwarf, die in die Weimarer Verfassung aufgenommen wurden. In Dresden wurde er 1919 zum sächs. Kultusminister ernannt, mußte jedoch wegen der politischen Wirren 1920 sein Amt aufgeben (LT-Abg. f. d. DDP 1920–29, Fraktionsvors. 1922–29). S.s Konzept zur universitären Ausbildung der Volks- und Berufsschullehrer war Grundlage für die Akademisierung der Volksschullehrerbildung, die 1923 in Sachsen als einem der ersten dt. Länder aufgenommen wurde. 1933 wurde S. die Lehrerlaubnis durch den kommissarischen Volksbildungsminister, Wilhelm Hartnacke (NSDAP) (1898–1952), entzogen. Dessen eugenisch-sozialdarwinistische Begabungstheorie hatte immer wieder S.s heftigen Protest hervorgerufen. Bis zu seinem Tod kämpfte S. um den Erhalt seines Lebenswerks, auch um den Preis, eigene Überzeugungen mißverständlich auszudrücken, weil er irrtümlich glaubte, Spielregeln der Demokratie im neuen System anwenden zu können. So paßte er seine Studie „Volkstümliche Bildung als Aufgabe der Volksschule“ (o. J., vermutl. 1931) in der zweiten, neubearb. Auflage mit dem Titel „Volkstümliche Bildung als Teil der nationalen Erziehung“ (o. J., vermutl. 1934) der NS-Nomenklatur an. Deswegen wurde S.s Werk nach dem 2. Weltkrieg im Osten verschwiegen; auch im Westen geriet es in Vergessenheit. Eine ernsthafte Auseinandersetzung begann erst wieder am Ausgang des 20. Jh.

  • Auszeichnungen

    Sächs. Staatsrat (1918);
    Geh. Schulrat (1919);
    Mitgl. d. Sächs. u. d. Dt. Lehrerverbands;
    Vorstandsmitgl. d. Erziehungswiss. Hauptstelle (1900);
    Gründungsmitgl. d. sächs. Fortbildungsschulver. (1899), d. Bundes f. Schulreformen (1908;
    seit 1915 Bund f. Erziehung u. Unterr.) u. d. Päd. Zentrale d. Dt. Lehrerverbands (1908);
    Mitgl. d. Dt. Ausschusses f. Erziehung u. Unterr. u. d. Erziehungswiss. d. Dt. Lehrerverbands (1923);
    Mitgl. u. Meister v. Stuhl in d. Loge Dt.-Christl. Orden Sachsens: Ordensgruppe Zu d. 3 Schwertern;
    Preis d. Pestalozzi-Stiftung (1893) u. d. Zimmermann-Stiftung (1901);
    Kerschensteiner-Medaille (1932).

  • Werke

    Die Organisation d. Volksschule auf psychol. Grundlage, 1891;
    Die Arb.kde. in d. Volks- u. allg. Fortbildungsschule, 1895, 111940;
    Zur Erziehung d. Jünglinge aus d. Volke, Vorschläge z. Ausfüllung e. verhängnisvollen Lücke im Erziehungsplane, 1901;
    Die päd. Idee in ihrer allg. Bedeutung, 1904;
    Volkserziehung, Kritiken u. Vorschläge, 1910;
    Vom dt. Wesen nach d. Kriege, Ein Erziehungsbuch, 1915;
    Die Unterr.lektion als didakt. Kunstform, Ratschläge u. Proben f. d. Alltagsarb. u. f. Lehrproben, 1920;
    Sendschreiben an d. dt. Volk, daß es seine Volksschule nicht zerschlage, 1921, Nachdr.|1962;
    Allg. prakt. Bildungslehre, 2 Bde., 1930;
    Lebensbuch e. Lernenden, Lebenserinnerungen, 1935 (Autobiogr., P);
    Hg.:
    Die dt. Schulpraxis, 1891–1923;
    Die Arb.schule, 1922;
    Nachlaß:
    Sächs. HStA Dresden;
    Dt. Inst. f. Internat. Päd. Forsch./Bibl. f. Bildungsgeschichtl. Forsch., Berlin/Archiv (Findbuch v. S. Schilfert, 1993);
    Bibliogr.:
    K. Stratmann, Bibliogr. R. S., Gesamtverz. seiner Schrr. mit Btrr. v. W. Männich u. F. Wehrmeister, 1993.

  • Literatur

    H. Dähne, in: Wiss. Zs. d. TH Dresden 2, 1952/53, S. 1 (P);
    Inst. f. Grundlagen d. Berufspäd. (Hg.), In memoriam R. S., Karl Trinks, Hugo Dähne, 1992;
    F. Wehrmeister, R. S., „Mein Werk ist meine Leidenschaft“, in: liberal 34, 1992, S. 4 (P);
    ders., Fortbildungsschule in Sachsen I, Allg. u. gewerbl. Fortbildungsschule in Sachsen im Spannungsfeld schulpol. u. gewerbl. Interessen (1815–1933), 1995;
    K. Stratmann, in: H. Glöckel u. a. (Hg.), Bed. Schulpädagogen, 1993, S. 107–23;
    J. Frotscher, Volksschullehrerausbildung in Dresden 1923–1931, 1997;
    dies., R. S. (1862–1940), Nestor d. akad. Volksschullehrerausbildung in Sachsen, in: J. Rohbeck u. H.-U. Wöhler (Hg.), Auf d. Weg z. Univ., Kulturwiss. in Dresden 1871–1945, 2001, S. 183–95;
    H. Keppeler-Schrimpf, „Bildung ist nur mögl. auf d. Grundlage d. Volkstums“, Eine Unters. zu R. S.s volkstüml. Bildungstheorie als volksschuleigene Bildungskonzeption, 2005 (W, L, P);
    Lex. Päd.;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Sächs. Parlamentarier (L, P);
    Professoren TU Dresden (P).

  • Porträts

    P Reliefbüste v. F. Hörnlein, 1913 (Dresden, Staatl. Gipsslgg.);
    Fotos in d. Dt. Fotothek d. Sächs. Landesbibl., Staats- u. Univ.bibl. Dresden u. d. Sächs. HStA.

  • Autor/in

    Helga Keppeler-Schrimpf
  • Zitierweise

    Keppeler-Schrimpf, Helga, "Seyfert, Richard" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 294-295 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118764896.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA