Lebensdaten
1884 – 1970
Geburtsort
Göttingen
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Psychiater ; Neuropsychologe ; Psychotherapeut ; Begründer des Autogenen Trainings
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118762311 | OGND | VIAF: 37001251
Namensvarianten
  • Schultz, Johannes Heinrich
  • Schultz, Johannes Wilhelm Gustav (eigentlich)
  • Schultz, Johannes
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Zitierweise

Schultz, Johannes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118762311.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (1836–1903), o. Prof. d. Theol., 1864 in Basel, 1872 in Straßburg. 1874 in Heidelberg, 1876 in G. (s. BJ VIII; Drüll, Heidelberger Gel.lex. I: BBKL 17), S d. Wilhelm (1805–57). RA in Lüchow b. Hannover, u. d. Louise Wiehen (1809–71);
    M Julie. T d. Heinrich Gelzer (1813–89), Prof. d. Gesch. in B. (s. NDB VI);
    7 Geschw u. a. Antonie (1863–1903, Johannes Geffcken, 1861–1935. o. Prof. d. klass. Philol. in Rostock, s. NDB VI); Hermann (1881–1915), Philol. in G., Julius (1862–1936), Philosoph (s. Ziegenfuß);
    - 1) Jena 1915 Ellen, T d. Carl August Grimm, Rittergutsbes., Hptm., u. d. Mina Mayntzhausen, Kinderärztin, 2) N. N., 3) 1944 Luise-Charlotte Wossidlo;
    2 S.

  • Biographie

    S. besuchte das humanistische Gymnasium und entschied sich trotz einer Vorliebe für die Biologie für das Studium der Medizin, zunächst in Lausanne (1902), dann in Göttingen (1902/03, 1905-07) und Breslau (1904/05). Während seiner Studienzeit erwarb er psychologische Kenntnisse bei Wilhelm (William) Stern (1871–1938) in Breslau und philosophisches Grundwissen bei Edmund Husserl (1859–1938) in Göttingen, wo er sich auch mit Karl Jaspers (1883–1969) befreundete. Nach der Promotion 1907 über „Blut-veränderungen bei Nerven- und Geisteskrankheiten“ arbeitete S. zunächst in der Psychiatrie bei Ludwig Wilhelm Weber (1868–1926) in Ghemnitz, dann zwei Jahre in innerer Medizin bei Richard Stern (1865–1911) und im Fach Dermatologie bei Albert Neisser (1855–1916) in Breslau, anschließend am Institut für experimentelle Therapie in Frankfurt/M. bei Paul Ehrlich (1854–1915) und schließlich erneut in der Psychiatrie in der Nervenheilanstalt in Chemnitz. Seit 1912 war S. bei Otto Binswanger (1852–1929) an der psychiatrischen Klinik in Jena tätig, wo auch Hans Berger (1873–1941), der Erfinder des Elektroenzephalogramms, wirkte, und habilitierte sich dort 1915 im Fach Psychiatrie (Neue Wege u. Ziele d. Psychotherapie, in: Therapeut. Mhh. 29, 1915, S. 443-50).

    Bereits 1909 hatte S. in Breslau begonnen, Patienten mit Hypnose zu behandeln. Neben der klinisch-psychiatrischen Arbeit führte S. auch umfangreiche pathophysiologische Studien durch. Das besondere Interesse von S. an medizinischer Psychologie und Psychotherapie war von den psychophysiologischen Arbeiten Oskar Vogts (1870–1959) und der Psychoanalyse Freuds geweckt worden. Im 1. Weltkrieg diente S. als Truppenarzt und leitete 1916-18 ein Feldlazarett für neurotisch Erkrankte mit 2000 Betten in Malonne (Namur). Hier verfaßte er sein erstes Hauptwerk über Psychotherapie, „Die seelische Krankenbehandlung“ (1919). Nach Kriegsende übernahm er eine Stelle am Lahmann-Sanatorium in Dresden, wo er auch das Fach medizinische Psychologie an der Technischen Akademie vertrat. 1924 eröffnete S. in Berlin eine neuropsychiatrische Privatpraxis, arbeitete klinisch-experimentell forschend und unterzog sich einer Psychoanalyse (1924–27). 1932 veröffentlichte er sein zweites Hauptwerk „Das Autogene Training“ (191991). Dieses von S. entwickelte autosuggestive Verfahren konzentrativer Selbstentspannung ist inzwischen weltweit etabliert.

    Während des NS-Regimes hielt sich S., seit 1936 als Vizedirektor des von Mattias Heinrich Göring, einem Vetter Hermann Görings, geleiteten „Dt. Instituts für psychologische Forschung“, im Hintergrund und blieb deshalb weitgehend unbehelligt. 1950 begann eine weitere äußerst produktive Phase als praktizierender Psychiater, wissenschaftlicher Autor und Herausgeber, als Repräsentant der dt. Psychiatrie auf nationalen und internationalen Kongressen.

    S. war davon überzeugt, daß die Psychotherapie insbesondere die „dynamische Natur der Vergangenheit“ und die aktuelle Lebens-situation des individuellen Patienten berücksichtigen müsse („bionome“ Psychotherapie). Darüber hinaus schuf S. erstmals eine für die ärztliche Praxis geeignete Neurosenlehre (Fremd-, Rand-, Schicht- u. Kern-Neurose). S. war maßgeblich an der Integration der Psychotherapie in den medizinischen Behandlungskanon beteiligt, bestimmte die Grundstruktur der modernen Psychotherapie wesentlich mit und war Wegbereiter der psychosomatischen Medizin. Zum Bekanntenkreis von S. gehörten auch führende Künstler der Zeit wie Max Reger, Gerhart Hauptmann, Richard Tauber und Mary Wigman.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. bzw. Ehrenmitgl. u. a. d. Berliner Ges. f. Psychiatrie u. Neurologie (Vorstand 1957, Ehrenpräs. 1960). d. Dt. Ges. f. med. Hypnose u. autogenes Training (Ehrenpräs.), d. Internat. Commission for the Coordination of Clinical Application and Teaching of Autogenic Therapy (ICAT, Ehrenmitgl.), d. Internat. Ges. f. klin. u. experimentelle Hypnose (USA. Präs.) u. d. Soc. de Méd. Psychosomatique (Paris);
    Dr. h. c. (Tübingen 1964);
    Ehrenplakette f. Neuro-Med. d. Arb.kreises f. Neurovegetative Therapie (1967).

  • Werke

    Gesundheitsschädigungen nach Hypnose, 1922;
    Tb. d. Psychotherapeut. Technik, 1924;
    Hypnose u. Suggestion, 1924;
    Prakt. Arzt u. Psychotherapie, 1926;
    Nervös oder geisteskrank, 1930;
    Hypnose-Technik, 1935, ⁹1994;
    Übungsh. f. d. autogene Training, 1936, 242004;
    Neurose, Lebensnot, ärztl. Pflicht, 1936;
    Geschlecht, Liebe, Ehe, 1940;
    Bionome Psychotherapie, 1951;
    Psychotherapie, 1952;
    Arzt u. Neurose;
    1953;
    Grundfragen d. Neurosenlehre, 1955;
    Lebensbilderbuch e. Nervenarztes, 1964 (P); Hg.:
    Acta Psychotherapeutica, psychosomatica et orthopaedagogica, 1953-59;
    Psychotherapie, 1956-59;
    Hdb. d. Neurosenlehre, 5 Bde., 1957-65 (mit V. E. Frankl u. V. E. v. Gebsattel).

  • Literatur

    FS z. 70. Geb.tag. in: Anthropologie, Sonderbd., 1954 (W-Verz.);
    FS z. 80. Geb.tag, ebd. 100, 1964 (W-Verz.);
    K. Thomas, in: Dt. Med. Wschr. 95, 1970, S. 2305 f.;
    G. S. Barolin, in: Fortschritte d. Medizin 89, 1971, S. 954 f. (P);
    G. Klumbies, in: Psychiatrie, Neurologie u. Med. Psychologie, Zs. f. Forschung u. Praxis 23, 1971, S. 191 f.;
    W. Luthe, in: American Journal of Clinical Hypnosis 19, 1971, S. 149-52 (W-Verz.);
    W. Schindler, in: Zs. f. Psychosomat. Med. u. Psychoanalysis 17, 1971, S. 201 f.;
    G. Iversen (Hg.), Wegbereiter J. H. S., 1984 (P);
    F. Pesendorfer (Hg.), J. H. S. z. 100. Geb.tag, 1987 (P);
    Fischer;
    Wi. 1935;
    Kürschner, Gel.-Kal. 1970;
    Munzinger.

  • Autor/in

    Eberhard J. Wormer
  • Zitierweise

    Wormer, Eberhard J., "Schultz, Johannes" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 700-701 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118762311.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA