Lebensdaten
1911 – 1994
Geburtsort
Breslau
Sterbeort
Hamburg
Beruf/Funktion
Wirtschaftswissenschaftler ; Politiker ; Wirtschaftsminister
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118607634 | OGND | VIAF: 110009514
Namensvarianten
  • Schiller, Karl August Fritz
  • Schiller, Karl
  • Schiller, Karl August Fritz
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Zitierweise

Schiller, Karl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118607634.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Carl (* 1885), Ing. b. Siemens, dann b. d. Howaldt-Werft, zuletzt in H., S d. Karl, Angest. b. d. Reichsbahn;
    M Marie ( 1958), T d. Wilhelm (?)|Dreizehner, Schiffsbaumeister b. d. Howaldt-Werft;
    1) Hamburg 1938 1949 Lise-Lotte (Lolo) (* 1916), T d. Oskar Ulmer (1888–1963), Bildhauer, u. d. Charlotte Ackers (1889–1978), Geigerin, 2) Hamburg 1951 1969 Annemarie (* 1921), Sekr., T d. Johannes Vogt (1886–1966), Musiker, u. d. Louise Raecke (1889–1974), Erzieherin, Schneiderin, 3) Hannover 1971 1973 Etta Eckel (* 1933), Oberreg.rätin, Leiterin e. Finanzamts in Köln, 4) Jesteburg 1976 Vera-Sylvia Gutzat (1936–95), Jur.;
    2 T aus 1) Barbara (* 1940, Dr. Hans-Peter Faro, * 1934, Dipl.-Chemiker), Fremdsprachenkorrespondentin, Bettina (* 1945, Udo Zietlow, * 1943, Sparkassenbetriebswirt), Bauzeichnerin, 1 T aus 2) Christa (* 1952, Harrie Claessen, * 1954, Dipl.-Soziol., Übers. in H.), Lehrerin, Graphikerin, 1 S aus 2) Tonio (* 1956), Gas- u. Wasserinstallateur.

  • Biographie

    Nach dem Abitur in Kiel (Hebbel-Schule) studierte S. 1931-35 in Kiel und Frankfurt/M. bei Adolph Löwe, in Frankfurt auch bei Paul Tillich und Karl Mannheim, in Berlin bei Emil Lederer sowie in Heidelberg Volkswirtschaftslehre, Soziologie und Rechtswissenschaft (1934 Dipl.-Volkswirt). 1934/35 Assistent am Institut für Staats- u. Sozialwissenschaften der Univ. Heidelberg, wurde er 1935 bei Carl Brinkmann zum Dr. rer. pol. promoviert (Arbeitsbeschaffung u. Finanzordnung in Dtld., 1936). 1935-41 war er Leiter einer Forschungsgruppe „Marktordnung und Außenwirtschaft“ am Institut für Weltwirtschaft an der Univ. Kiel; hier habilitierte er sich 1939 (Marktregulierung u. Marktordnung in d. Weltagrarwirtsch., 1940) und lehrte als Privatdozent. Seit 1937 Mitglied der NSDAP (Voraussetzung d. Zulassung zu e. Dozentur), leistete er 1941-45 Kriegsdienst. 1944 erhielt er eine ao. Professur an der Univ. Rostock. Nach dem Ende der NS-Herrschaft wurde S. 1945 Leiter der Außenstelle Hamburg des Instituts für Weltwirtschaft. 1945/46 Gastprofessor an der Univ. Kiel, war S. 1947-72 o. Professor für Volkswirtschaftslehre an der Univ. Hamburg (1956–58 Rektor). 1946 trat S. in die SPD ein. 1948 war er Gründungsmitglied des Wissenschaftlichen Beirats bei der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (Bizone) (Frankfurt/M.) bzw. beim Bundesministerium für Wirtschaft (Bonn). Er war 1949-57 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, 1948-53 Senator für Wirtschaft und Verkehr der Freien und Hansestadt Hamburg, 1961-65 Senator für Wirtschaft in Berlin. 1964 wurde er in den Parteivorstand der SPD gewählt und führte 1964-72 den Vorsitz des Wirtschaftspolitischen Ausschusses beim Vorstand der SPD. Seit 1965 Mitglied des Dt. Bundestages, fungierte er als stellv. Vorsitzender und wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. 1966-72 war S. Bundesminister für Wirtschaft, seit 1971 auch für Finanzen. 1972 trat er als Bundesminister zurück und verließ im selben Jahr die SPD. Im folgenden Bundestagswahlkampf setzte er sich mit Ludwig Erhard für die CDU ein, kehrte aber 1980 wieder in die SPD zurück. S. war seit 1972 in verschiedenen Beraterfunktionen tätig; z. B. 1973-79 als Präsident des Verwaltungsrates der Edesa S. A., ferner für die Regierungen von Saudi-Arabien und Pakistan. Daneben arbeitete er als wissenschaftlicher Publizist.

    S. gilt als „Mann der Synthese“ (W. A. Jöhr, in: FS Schiller, 1976) einerseits von wirtschaftstheoretischer Reflexion und politischer Praxis, andererseits von gesellschaftspolitischen Maximen der freiheitlichen Wirtschaftsordnung und der gemeinwohlorientierten staatlichen Wirtschaftspolitik. Während der 1960er Jahre hattte er an der Entideologisierung der wirtschaftspolitischen Programmatik der SPD und ihrer Hinwendung zu einer marktwirtschaftlichen Orientierung wesentlichen Anteil (Godesberger Programm 1959). Die Konzeption eines „freiheitlichen Sozialismus“ konkretisierte sich in seiner Theorie der Wirtschaftspolitik auf der Basis der Grundentscheidung „Wettbewerb soweit wie möglich, Planung soweit wie nötig“. Damit kombinierte er das System einer freiheitlichen Ordnungspolitik der sog. „Freiburger Schule“ mit der Idee einer Stabilisierung gesamtwirtschaftlicher Abläufe durch „Globalsteuerung“ auf der Basis der von John M. Keynes formulierten makroökonomischen Kreislauftheorie (Art. Wirtsch.pol. in: Hdwb. d. Sozialwiss., XII, 1962). Auch das „Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (1967) trägt in den entscheidenden Elementen die Handschrift S.s (Jahreswirtschaftsber., mehrjähr. Finanzplanung, Konzertierte Aktion d. Sozialpartner, Konjunkturrat d. öff. Hand u. Instrumente e. antizykl. Finanzpol.). Die durch außenwirtschaftliche Ungleichgewichte, eine rasche Expansion staatlicher Ausgabenprogramme und mangelnde einkommenspolitische Absicherung verursachten Preisniveausteigerungen in Deutschland erschwerten seit 1969 die Verwirklichung der Stabilitätsziele. In Konflikte mit der Dt. Bundesbank führte S.s Entscheidung, als Reaktion auf die Währungskrise 1971 den Wechselkurs der DM freizugeben. Wesentlich für das Scheitern der Stabilitätspolitik war jedoch, daß S. sich im Mai 1972 gegenüber seiner Partei mit dem Vorschlag zur Einsparung von 2,5 Mrd. DM nicht durchsetzen|konnte; dies führte letztlich im Sommer 1972 zu seinem Rücktritt als Minister und schließlich zu seiner Abkehr von der aktiven Politik. Seine spätere publizistische Tätigkeit war von der Frage beherrscht, wie politisch rationales Handeln in einer wettbewerblich freien Wirtschaftsordnung gegen die wachsende Macht der Interessenverbände und die Expansion sozialstaatlicher Regulierungen verteidigt werden kann. – Gr. BVK (1969), mit Stern u. Schulterbd. (1991); Alexander Rüstow-Plakette (1976); Ludwig Erhard-Preis (1978); Ehrensenator d. Univ. Hamburg (1983); Bgm. Stolten-Medaille (1986); Bernhard Harms-Medaille (1989); Dr. rer. pol. h. c. (Münster 1991); Mitgl. d. Ges. f. Wirtsch.- u. Soz.wiss.|

  • Auszeichnungen

    Ver. f. Socialpol., u. d. Joachim Jungius-Ges. d. Wiss., Hamburg.

  • Werke

    Weitere W Aufgaben u. Versuche z. neuen Ordnung v. Ges. u. Wirtsch., Reden u. Aufss., 1953;
    Berliner Wirtsch. u. dt. Pol., Reden u. Aufss. 1961-1964, 1964;
    Der Ökonom u. d. Ges., Das freiheitl. u. d. soz. Element in d. mod. Wirtsch.pol., Vortrr. u, Aufss., 1964;
    Preisstabilität durch globale Steuerung d. Marktwirtsch., 1966;
    Reden z. Wirtsch.pol., 10 Bde., 1966-72;
    Anmerkungen z. ordnungspol. Diskussion, Ludwig-Erhard-Stiftung, Sonderdr. 1979;
    Aktuelle Fragen d. Wirtsch.pol., in: Wirtsch.dienst, 1983, S. 116 ff.;
    Betrachtungen z. Geld- u. Konjunkturpol., 1984;
    Die Grenzen d. Wirtsch.pol. aus d. Sicht d. Wirtsch.politikers, in: Schweizer. Zs. f. Volkswirtsch. u. Statistik, 1985, S. 237 ff.;
    Die Grenzen d. Wirtsch.pol. (neu betrachtet), in: Jb. f. Nat.ök. u. Statistik, 1986, S. 1 ff;
    Der schwierige Weg in tue offene Ges., Krit. Anmerkungen z. d. Vereinigung, 1994;
    Hg.:
    Ökonom. Studien, Schrr.reihe aus d. Inst. f. Außenhandel u. Überseewirtsch. d. Univ. Hamburg, Bde. 1-30, 1957-80;
    |

  • Nachlass

    Nachlaß: BA Koblenz (bis 1974) – Karl Schiller-Archiv am Walter Eucken Inst. Freiburg (insbes. Briefwechsel 1954–90, lückenhaft vor 1945, sowie nach 1972).

  • Literatur

    G. Bombach u. a. (Hg.), Dur Keynesianismus, I: Theorie u. Praxis d. keynesian. Wirtsch.pol., 1976, IV: Die beschäftigungspol. Diskussion in d. Wachstumsepoche d. BRD, Dok. u. Analysen, 1983;
    H. Körner u. a. (Hg.), Wirtsch.pol., Wiss. u. pol. Aufgabe, FS z. 65. Geb., 1976 (P);
    ders. u. C. Uhlig (Hg.), Die Zukunft d. Globalsteuerung, FS z. 75. Geb., 1986;
    K. v. Dohnanyi, K. S. als soz.dem. Wirtsch.pol., K. S. Symposium, Die Seeheimer e. V., 1995 (P);
    T. Lütjen, K. S., Eine pol. Biogr., Diss. Göttingen (in Vorbereitung);
    P. Erker, in: DBE;
    U. Andersen, in: Kanzler u. Min.;
    Munzinger.

  • Autor/in

    Heiko Körner
  • Zitierweise

    Körner, Heiko, "Schiller, Karl" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 763-765 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118607634.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA