Lebensdaten
1864 – 1946
Geburtsort
Posen (Poznań)
Sterbeort
Hanson (Massachusetts, USA)
Beruf/Funktion
Ethnologe ; Indologe
Konfession
-
Normdaten
GND: 119366304 | OGND | VIAF: 113855068
Namensvarianten
  • Schermann, Lucian Milius
  • Scherman, Lucian
  • Schermann, Lucian Milius
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Zitierweise

Scherman, Lucian, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119366304.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Adolph (1807–76, jüd.), Übersee-Importeur in P., seit 1868 in Breslau;
    M Johanna Auerbach (1834–1907, jüd.);
    1889 Christine Reindl (1865-1940, kath.), aus München, Ethnologin, emigrierte 1939 mit ihrem Mann in d. USA (s. W);
    1 S Richard (1897–1987, Olga Meyer, Ärztin), Arzt in H., 3 T (1 T früh †) Ella (1889–1944, Chr. A. Th. Müller), Frieda (1892–1962 ?, N. N. Hörburger, Rechtsrat);
    E Rudolf (Rolf) (* 1928), in Kalifornien (USA), Edith Hörburger (* 1921, David Carter), in England.

  • Biographie

    S. besuchte das Maria-Magdalenen-Gymnasium in Breslau und von 1876 bis zum Abitur 1882 das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Posen. 1882/83 studierte er Sanskrit bei Adolf Friedrich Stenzler (1807–87) und Romanistik in Breslau, 1883-85 Indologie bei Ernst Kuhn (1846–1920) und Romanistik bei Konrad Hofmann (1819–90) in München, wo seine Dissertation „Philosophische Hymnen aus der Rig- und Atharva-Veda-Sanhitâ verglichen mit den Philosophemen der älteren Upanishad's“ (1885) preisgekrönt wurde. 1892 habilitierte er sich in München mit der Arbeit „Materialien zur Geschichte der indischen Visionslitteratur“ (Nachdr. Mikrofiche 1980), die den Bogen von indischen Höllenvorstellungen zu denen anderer Völker schlägt, und lehrte dort als Privatdozent und seit 1901 als ao. Professor für Sanskrit.

    1907-33 war S. als Nachfolger von Max Buchner (1846–1921) Konservator (späterer Titel: Dir.) der „Kgl. Ethnographischen Sammlung“ in München, die 1917 in „Museum für Völkerkunde“ umbenannt wurde. An der Univ. München lehrte er 1916-33 als erster Ordinarius für Völkerkunde mit dem für ihn geschaffenen Lehrstuhl für die „Völkerkunde Asiens mit besonderer Berücksichtigung des indischen Kulturkreises“. Weite Anerkennung fand seine Arbeit an der „Oriental. Bibliographie“ (1894-1928, Nachdr. 1966).

    Mit seiner Frau unternahm S. 1910/11 eine Forschungsreise nach Ceylon, Indien und Birma. Zahlreiche Arbeiten und das mit seiner Frau verfaßte Buch „Im Stromgebiet des Irrawady, Birma und seine Frauenwelt“ (1922) waren bahnbrechend für die Birmanistik wie für die gender studies. Die Stämme der Nilgiris behandeln drei Aufsätze „Bei südindischen Bergstämmen“ (Geist d. Ostens, 1913–15) und der abschließende Beitrag „Von Indiens ‚Blauen Bergen'…“ (Journal of the American Oriental Soc, 1942, S. 13-35). Mit „Zur altchinesischen Plastik“ (SB d. Bayer. Ak. d. Wiss., 1915, S. 1-62). „Die ältesten Buddhadarstellungen des Münchner Museums für Völkerkunde“ (Münchner Jb. d. Bildenden Kunst, NF 1928, S. 274-90, 1929, S. 147-66) und „Buddha im Fürstenschmuck“ (Abh. d. Bayer. Ak. d. Wiss., 1932, S. 5-36) widmete er den Exponaten seines Museums kunsthistorisch bedeutende Arbeiten.

    1933 wurde S. als Jude zwangspensioniert und erhielt Vorlesungsverbot. Zu seinem 70. Geburtstag widmeten ihm 218 Fachkollegen aus aller Welt eine bei Oxford University Press gedruckte Grußadresse. Im Nov. 1938 erzwang die Bayer. Akademie der Wissenschaften seinen Austritt. 1939 emigrierten er und seine schwerkranke Frau zu ihrem Sohn nach Hanson (Mass., USA). Die NS-Behörden verfügten 1940 seine Ausbürgerung und die Aberkennung des Doktortitels. Sein früherer Schüler Franklin Edgerton (Yale) unterstützte seine Aufnahme in die American Oriental Society (1939), in deren Journal S. 1942, 1943 und 1945 publizierte. Kurz vor seinem Tode wurde S. in München rehabilitiert und erhielt seine Rechte als pensionierter Professor (nicht aber als Emeritus).

    Auch als Museumsdirektor blieb S. der philologisch-historischen Methode verpflichtet. Sein Schwerpunkt lag auf Indien, Südost- und Ostasien, doch förderte er auch fachübergreifend Forschungen über weitere Regionen wie Altamerika und Afrika. Durch Ankäufe (allein in Birma 2000 Objekte) und Schenkungen (z. B. Africana aus St. Ottilien) nahmen die Bestände an Umfang und Bedeutung beträchtlich zu. Das Münchner Museum für Völkerkunde erlangte unter S., der 1926 den Umzug aus den Hofgartenarkaden in das ehemalige Bayer. Nationalmuseum in der Maximilianstraße organisierte, internationale Aufmerksamkeit.|

  • Auszeichnungen

    Offz. d. Ac. des Inscriptions et Belles-Lettres de l'Inst. de France (1906);
    bayer. Verdienstorden v. Hl. Michael (1912);
    Geh. Reg.rat (1926);
    Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (ao. 1912, o. 1929-38).

  • Werke

    Weitere W Berr. d. kgl. Ethnograph. Mus., in: Münchner Jb. d. bildenden Kunst, 1-8, 1909-20;
    Die javan. Batik-Technik, in: Kunst u. Handwerk 60, 1910, S. 293-307;
    Völkerkundl. Notizen aus Oberbirma 1-8, 1911-21, u. a. Wohnhaustypen in Birma u. Assam. in: Archiv f. Anthropol. 14, 1915, S. 203-34;
    Webmuster d. birman. Kachin, in: FS f. E. Kuhn 1916, S. 505-23 (mit Christine S.);
    Brahman. Siedelungen im buddhist. Birma, in: Asia Major I, 1924, S. 453-59;
    Die Herstellung d. Metallgüsse f. d. birman. Buddha-Kult, in: FS f. R. v. Garbe 1927, S. 122-28;
    Das Mus. f. Volkerkunde, in: Die wiss. Anstalten d. LMU, hg. v. K. A. v. Müller, 1926, S. 257-61;
    Der Schmitter u. d. Erleuchtung Buddhas, in: FS f. F. W. Thomas 1939, S. 236-49;
    India and Kroeber's Configurations of Culture Growth, in: Journal of the American Oriental Soc. 1945, S. 133-44;
    Siddha, Sanskrit Letters as Mystical Symbols, in: FS A. K. Coomaraswamy, 1947, S. 55-62 (postum);
    Hg:
    Aufss. z. Kultur- u. Sprachgesch. vornehml. d. Orients, FS f. E. Kuhn z. 70. Geb.tag, 1916 (mit C. Bezold);
    Kl. Schrr. 2001, hg. v. F. Wilhelm (mit Diss. u. Habil.schr., W-Verz., P).

  • Literatur

    L. Bachhofer, in: Artibus Asiae X/1, 1947, S. 69;
    E. Gratzl, in: H. Lamm (Hg.), Vergangene Tage, Jüd. Kultur in München, 1982, S. 299 (P);
    W. Smolka, Völkerkunde in München, in: Münchener Univ.schrr. 14, 1994, S. 188-271, 325-32 (W-Verz.);
    M. Stoermer, Die Bayer. Ak. d. Wiss. im Dritten Reich, in: Acta historica Leopoldina 22, 1995, S. 97;
    T. O. Höllmann, Burma, 1996 (P);
    Th. Breisach, Jüd. Univ.professoren im Kgr. Bayern, 2000;
    Münchner Btrr. z. Völkerkunde, 6, 2000 (9 Btrr., P, W-Verz.);
    U. Weigelt, L. S. (1864-1946) u. d. Münchner Mus. f. Völkerkunde, 2003 (Qu, W-Verz., L, P);
    Rhdb. (P);
    BHdE II; |

  • Quellen

    Qu Archiv d. Mus. f. Völkerkunde. München; Univ.archiv München; Bayer. HStA; Archiv d. Bayer. Ak. d. Wiss., alle München.

  • Autor/in

    Friedrich Wilhelm
  • Zitierweise

    Wilhelm, Friedrich, "Scherman, Lucian" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 699-700 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119366304.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA