Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Textilfabrikanten
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 122707230 | OGND | VIAF: 27960288
Namensvarianten
  • Scheidt

Quellen(nachweise)

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Zitierweise

Scheidt, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122707230.html [30.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Die Familie S. stammte aus der Gegend um Mettmann (b. Düsseldorf), wo sie Bauern und Gutspächter waren. Der älteste nachgewiesene Ahne war Jost up dem Brincken, benannt nach dem Hof „auf dem Brincken“ (* 1530). 1649 wandorte Gottfried (1629–1713), Sohn eines Schultheißen in Mettmann, nach Kettwig aus. Er übernahm dort für 60 Jahre das Amt des Schulmeisters der ev. Gemeinde und wurde nach drei Jahren auch Gasthausmeister im Hospital, das Kranken und Armen Aufnahme bot. Sein Sohn Gottfried (1659- um 1702), der in die Weberfamilie Hörster einheiratete und 1681 den „Hof von Kettwig“, ein Tuchweberhaus, erwarb, nahm etwa um diese Zeit die Webertätigkeit auf. Albert Wilhelm (1695–1760), Sohn Gottfried d. J. aus zweiter Ehe, vergrößerte den Besitz und setzte die Webertätigkeit fort. Dessen Söhne Johann Gottfried (1732–93) und Albert Wilhelm jr. (1734-87) weiteten den Kundenkreis durch ausgedehnte Geschäftsreisen in das europ. Ausland aus. Die Vettern Gottfried Wilhelm (1764–1821) und Johann Wilhelm (1773–1848), jeweils Söhne der vorgenannten, investierten in neue Maschinen. 1821 trennten sich Johann Wilhelm und die Erben seines Vetters. Johann Wilhelm gründete ein eigenes Unternehmen unter seinem Namen. Dieses entwickelte sich vom Verlegerunternehmen zum textilen Großunternehmen mit modernster Produktionstechnik. Sein Sohn Julius (1813–74, GKR 1865), 1844 Alleininhaber der väterlichen Tuchfabrik, erbaute bereits 1837 ein neues Fabrikgebäude zur industriellen Tuchherstellung, nutzte die Dampfkraft und führte 1852 die Gasbeleuchtung ein, für die er eine eigene Gasfabrik errichtete, die noch 20 Jahre die Stadt Kettwig mitversorgte. Seit 1854 erweiterte er seine Absatzmärkte in die USA, unterhielt ein eigenes Tuchlager in New York und ging mit mehreren führenden US-Handelshäusern Kooperationen ein. Er beteiligte sich – ungewöhnlich für einen Textilunternehmer seiner Zeit – an Dampfschifffahrts-, Eisenbahn-, Bergbau- und Versicherungsunternehmen, wo er auch in den Verwaltungsräten mitwirkte. Aufgrund seines politischen Engagements als Abgeordneter im Rhein. Provinziallandtag (1854), im Vorparlament 1848, in der Preuß. Nationalversammlung 1848 und in der 1. Legislaturperiode des Preuß. Abgeordnetenhauses (1849) pflegte er Beziehungen u. a. zu Otto v. Bismarck, Karl v. Manteuffel und Karl Anton v. Hohenzollern-Sigmaringen. Julius' Sohn Johann Wilhelm (1838–96, GKR 1892), seit 1861 im väterlichen Unternehmen tätig, 1863 Teilhaber und 1874 Alleininhaber, errichtete 1882 eine eigene Kammgarnspinnerei, die auch für andere Tuchfabriken tätig wurde. Durch geschickte Unternehmenspolitik wurde er zum einzigen Großunternehmer in Kettwig und erlangte durch seine betriebliche Sozialpolitik, die er u. a. in Zusammenarbeit mit Pfarrer Friedrich Bodelschwingh (1831–1910) betrieb, große Verdienste, insbesondere im Arbeiterwohnungsbau. Durch Einheirat wurde er Teilhaber der Bandfabrik Heinrich Nierhaus in [Wuppertal-]Ronsdorf, die weltweit Bänder absetzte. Für den Vertrieb in Nordamerika gründete er 1870 ein Unternehmen in New York. Johann Wilhelm beteiligte sich auch an dt. und österr. Bergbau- und Maschinenbauunternehmen und gehörte diversen Aufsichtsräten an. Er engagierte sich für die wirtschaftliche Entwicklung der Region (u. a. Stadtverordneter 1866–96, Abgeordneter d. Provinzial-LT 1884 u. 1888-96). Nach seinem Tod übernahmen seine Söhne die verschiedenen Unternehmen und arbeiteten ebenfalls in lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit. Sie wandelten das Stammhaus 1928 in eine AG um, deren Anteile jedoch in Familienhand|blieben. In der Hochphase zählte das Unternehmen vor dem 2. Weltkrieg 2000 Mitarbeiter. Nach dem Tod des Vaters war zunächst Erhard August (1865–1929, KR 1908) führend tätig, bis 1903 sein Bruder Wilhelm (1877–1954, s. Lb. aus d. Rhein.-Westfäl. Ind.-Gebiet 1952-1954, S. 105 f.) Teilhaber wurde und im Unternehmen neue Organisationsformen einführte. Neben der Leitung der verschiedenen Textilunternehmen war er auch in der Eisen- und Stahlindustrie tätig und gründete ein eigenes Bankgeschäft. Die Textilproduktion wurde von Wilhelms Sohn Friedrich Arnhard (1916–99), der mit Isabel, Tochter des dt. Vertreters beim Vatikan, Diego v. Bergen, verheiratet war, schließlich aufgrund der hohen Importquote von preiswerten Textilien aus den Entwicklungsländern 1962 mit der Schließung der Tuchfabrik und 1974 mit der Kammgarnspinnerei eingestellt. Das Unternehmen besteht heute noch als Grundstücksgesellschaft Kettwig mbH & Co. KG.

  • Werke

    zu Johann Wilhelm (1830–96): Wohlfahrtseinrichtungen an denen d. Arbeiter d. Fa. Joh. Wilh. Scheidt teilnehmen, 1890.

  • Literatur

    Joh. Wilh. Scheidt Kettwig-Ruhr [Umschlagtit.], o. O., 1914;
    200 J.feier Tuchfabrik d. Fa. Joh. Wilh. Scheidt, 100 J. Heinr. Nierhaus, o. O., 1920;
    Wie d. Fa. Scheidt aus d. Kettwiger Tuchmacherzunft herauswuchs, 1926;
    U. S. Soénius, Wirtsch.bürgertum im 19. u. frühen 20. Jh., Die Fam. S. in Kettwig 1848-1925, 2000; |

  • Quellen

    Qu Untern.- u. Fam.archiv im Rhein.-Westf. Wirtsch.archiv.

  • Autor/in

    Ulrich S. Soénius
  • Zitierweise

    Soénius, Ulrich S., "Scheidt" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 633-634 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122707230.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA