Lebensdaten
1831 – 1909
Geburtsort
Höchberg bei Würzburg
Sterbeort
Frankfurt/Main
Beruf/Funktion
Bankier ; Verleger ; Journalist ; Politiker ; Gründer der Frankfurter Handelszeitung ; Mäzen
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118751484 | OGND | VIAF: 72189493
Namensvarianten
  • Sonnemann, Leopold
  • Sonnenmann, Leopold

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Sonnemann, Leopold, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118751484.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Meyer ( 1853), Baumwollweber, Tuchhändler in H., 1840 in Offenbach/Main, 1840 Inh. d. Tuchhandlung „Seligmann Hirsch Strauß u. Söhne“ in F.;
    M Therese Kopp ( 1853);
    Schw Johanna (⚭ Julius Schüler, Bankier in Berlin);
    1854 Rosa, T d. Moses Schüler, Kaufm. in Geseke b. Paderborn, u. d. Henriette N. N.;
    1 T Therese (* 1855, Felix Simon, * 1831, Inh. d. nat.lib. Königsberger Allg. Ztg.), leitete nach d. Tod ihres Mannes d. Königsberger Allg. Ztg.;
    E Heinrich Simon (1880–1941 ermordet, Irma Freiin v. Schey, * 1894, T d. Josef Frhr. v. Schey, 1853–1938, o. Prof. d. Röm. Rechts in Graz u. Wien, s. NDB 20), aus Berlin, Dr. phil., Journalist, Ztg.hg., 1906 Mitarb. d. Frankfurter Societätsdruckerei, 1910 Prokurist, 1914–34 Vors. d. Redaktionskonferenz d. Frankfurter Ztg., emigrierte 1934 n. Palästina, dort Mitbegr. u. Geschäftsführer d. Palestine Philharmonic Orchestra, 1939 üb. Großbritannien in d. USA (s. L), Kurt Simon (1881–1957), 1914 Bürovorsteher, 1929 techn. Verlagsleiter d. Frankfurter Ztg., 1907–33 Dir. d. Frankfurter Societätsdruckerei, emigrierte 1933 in d. USA (s. BHdE I);
    Gr-N Erich Salomon (1886–1944), Dr. iur., Photogr. (s. NDB 22); Cousine Else Lasker-Schüler (1869–1945), Dichterin (s. NDB 13); Verwandte Leopold Veit (1875–1959), Prokurist d. Frankfurter Societäts-Druckerei, Leiter d. Berliner Büros d. Frankfurter Ztg. (s. Gen. 2).

  • Biographie

    S. verbrachte seine Kindheit im unterfränk. Höchberg nahe Würzburg. Wegen antisemitischer Ausschreitungen erwog die strenggläubige jüd. Familie nach Amerika auszuwandern, faßte aber schließlich 1840 in Offenbach Fuß. Der Vater übernahm die Tuchhandlung „Seligmann Hirsch Strauß und Söhne“ in Frankfurt/M., doch versagte die Stadt der Familie zunächst das erhoffte Bürgerrecht.

    S. besuchte die Realschule in Offenbach, verließ sie aber 1845 vorzeitig auf väterlichen Wunsch und bildete sich in der Folge autodidaktisch weiter. Im Alter von 18 Jahren erhielt er 1849 die Aufenthaltserlaubnis für Frankfurt und auch das Bürgerrecht. Die politischen Ereignisse der Jahre 1848/49 und die in der Paulskirche tagende Nationalversammlung übten prägenden Eindruck auf S. aus. Als 1853 die Eltern starben, übernahm er das Geschäft des Vaters und wandelte es erfolgreich in eine Bank unter dem Namen „M. S. Sonnemann Nachfolger“ um. Durch seine Heirat mit einer Kaufmannstochter konnte er seine unternehmerische Tätigkeit noch weiter ausbauen.

    Auf Anregung des Kaufmanns und Bankiers Heinrich B. Rosenthal (1829/30–76) gründete S. 1856 den „Frankfurter Geschäftsbericht“ für Anleger und Aktionäre (seit Aug. 1856: Frankfurter Handelszeitung). Drei Jahre später erfolgte die Umwandlung dieses reinen Handelsblattes in eine politisch-wirtschaftliche Gazette namens „Neue Frankfurter Zeitung – Frankfurter Handelszeitung“ mit radikal-demokratischem Tenor. Die Annexion Frankfurts durch Preußen 1866 wurde darin scharf verurteilt; S. als Herausgeber mußte deshalb kurzzeitig nach Stuttgart flüchten. Im Exil brachte er die „Neue Deutsche Zeitung“ auf den Markt, die nach seiner Rückkehr seit Nov. 1866 den Namen „Frankfurter Zeitung und Handelsblatt“ erhielt. Er trennte sich von Rosenthal und weiteren bisherigen Miteigentümern und wurde Alleineigentümer und -herausgeber. Die Zeitung errang bald internationales Renommee.

    Parallel zu dem unternehmerischen und verlegerischen Engagement verlief S.s politische Karriere. 1868 war er maßgeblicher Mitbegründer der süddt. Deutschen Volkspartei, deren wichtigste Ziele das demokratische Wahlrecht, die Abschaffung der indirekten Steuern, die Trennung von Staat, Kirche und Schulen sowie die Pressefreiheit waren. Bei den Reichstagswahlen 1871 gewann S. ein Mandat und behielt es mit kurzer Unterbrechung 1877/78 bis 1884.

    Mit Gründung der Deutschen Volkspartei durch ihren Arbeitgeber banden sich die Redakteure an das liberal-demokratische Parteiprogramm: Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen oder Klagen seitens der preuß. Regierung und seit 1871 des Dt. Kaiserreiches bzw. Bismarcks gehörten nun zu ihrem Berufsalltag. Seit 1885 brachte S.s Societätsdruckerei eine weitere Zeitung heraus: die „Kleine Presse“, ein „entschieden freisinniges, echt volksthümliches, interessantes Blatt . . .“ – so die Werbung für das Abonnement. Etwa gleichzeitig ließ S. für den Verlag ein eigenes Gebäude errichten (kriegsbeschädigt 1943/44, abgetragen 1946).

    1869–80 und erneut 1887–1904 gehörte S. dem Frankfurter Stadtparlament an, zeitweise als stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher; zudem hatte er zahlreiche Ehrenämter inne. Erfolgreich waren seine Initiativen u. a. zur Liberalisierung des Gemeinderechts, der Kommunalisierung der Kanalisation sowie der Wasser- und Elektrizitätsversorgung, für den Bau preisgünstiger Wohnungen und die Planung des Hauptbahnhofs. Zudem unterstützte S. finanziell die Errichtung der Oper, des Zoos und des Palmengartens; 1899 gehörte er zu den Mitbegründern des Städelschen Museumsvereins. Ankäufe wertvoller Nachlässe, von Büchern (wie etwa der Bibliothek Gustav Freytags 1896) und Gemälden für Bibliotheken und Museen gehen auf seine Freigebigkeit zurück.

    Das Wohl der „Frankfurter Zeitung“ beschäftigte S. indes am intensivsten; erst 1902 zog er sich aus der Verlagsleitung zurück und übergab die Geschäfte den Enkeln Heinrich und Kurt Simon; beide führten die Frankfurter Societätsdruckerei GmbH bis zu ihrer Enteignung und Emigration 1933/34 weiter. Die „Frankfurter Zeitung“ mußte ihr Erscheinen im August 1943 zwangsweise einstellen. Eine Würdigung von S.s Verdiensten, zu dessen Beerdigung die Stadt Frankfurt keinen Vertreter entsandte, setzte erst seit den 1960er Jahren ein.

  • Werke

    Reichsbank oder Notensteuer?, Bemm. zu d. Gesetz-Entwurfe d. Reichskanzler-Amtes über d. Regelung d. Noten-Ausgabe, 1874;
    A. Giesen, Zwölf Jahre im Reichstage, RTreden v. L. S. 1871–1876 u. 1878–1884, 1901.

  • Literatur

    Heinrich Simon, L. S., Seine Jugendgesch. bis z. Entstehung d. „Frankfurter Ztg.“, 1931;
    K. Gerteis, L. S., Ein Btr. z. Gesch. d. demokrat. Nat.staatsgedankens in Dtld., 1970;
    A. Lustiger, Jüd. Stiftungen in Frankfurt am Main, 1988, Nachdr. 1994;
    A. Estermann, „Wo ich d. Sache d. Freiheit unterstützen kann . . .“, Dokumente zu L. S., 1995;
    S. Wolf, Liberalismus in Frankfurt am Main, 1987 (P);
    J. Jeske, „Ich fühlte, daß hier e. Lücke bestand“, Als zwei Bankiers d. „Frankfurter Geschäftsbericht“ gründeten, in: FAZ v. 15. 7. 2006 (P);
    R. Flade, Der Mann, d. Bismarck d. Stirn bot, Der Publ. u. Pol. L. S. aus Höchberg, in: FS d. Leonhard Frank-Ges. z. 80. Geb.tag v. Werner Dettelbacher, 2006, S. 29–41;
    R. Roth, L. S. u. seine Stadt, Kommunalliberalismus am Bsp. v. Frankfurt am Main, in: Jb. z. Liberalismus-Forsch. 19, 2007, S. 83–99;
    Kosch, Biogr. Staatshdb.;
    Frankfurter Biogr. (P);
    RT-Abg. Liberale;
    zu Heinrich Simon:
    B. F. Dolbin, Zeitgenossen, 1981 (P);
    G. Gillesen, Auf verlorenem Posten, 1986;
    Wenzel;
    Rhdb.;
    Wi. 1935;
    BHdE I;
    Frankfurter Biogr. (P).

  • Porträts

    P Ölgem. v. M. Schüler (Frankfurt/M., Societätsdruckerei);
    Fotoslg. im Inst. f. Stadtgesch., Frankfurt/M.

  • Autor/in

    Heike Drummer, Jutta Zwilling
  • Zitierweise

    Drummer, Heike; Zwilling, Jutta, "Sonnemann, Leopold" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 573-574 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118751484.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA