Lebensdaten
1850 – 1924
Geburtsort
Jena
Sterbeort
Halle
Beruf/Funktion
Anatom
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118750038 | OGND | VIAF: 59879459
Namensvarianten
  • Roux, Wilhelm

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Zitierweise

Roux, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118750038.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm (1817–97, 1] Anna Boegehold, 1818–43), Fechtmeister d. Univ. J., S d. Johann Wilhelm (1777–1846), Fechtmeister ebd. (s. Gen. 1);
    M Clotilde Baumbach;
    Gr-Ov Jacob (s. 1);
    Ov Ludwig Caesar (1843–1913), Fechtmeister d. Univ. Leipzig;
    1888 Thusnelda, T d. Robert Härtel (1831–94), Bildhauer in Breslau, Prof. (s. ThB);
    2 S, 1 T;
    N Max (1887–1946), Ing., seit 1912 Geschäftsführer d. Fa. Carl Bamberg „Werkstätten f. Präcisionsmechanik u. Optik“, seit 1921 Dir. d. „Askania-Werke“, welche aus d. Fusion mit d. „Centralwerkstatt Dessau“ entstanden, später Gen.dir. d. „Askania A. G.“ (20 000 Beschäftigte), entwickelte u. a. e. speziellen Kreiselkompaß f. U-Boote. Gasdruckmesser u. Kameras (s. Wenzel; L, W).

  • Biographie

    R. studierte 1870-77 Medizin, zunächst in Jena, wo er Ernst Haeckel, Carl Gegenbaur und Wilhelm Preyer hörte, danach in Berlin bei Rudolf Virchow und schließlich in Straßburg. 1877/78 absolvierte er das med. Staatsexamen in Jena, 1878 wurde er dort bei Gustav Schwalbe promoviert („Über d. Verzweigungen d. Blutgefäße“). Im selben Jahr wurde er Assistent am Hygienischen Institut der Univ. Leipzig, 1879 am Anatomischen Institut der Univ. Breslau bei Carl Hasse (1880 Habil. „Über d. Leistungsfähigkeit d. Principien d. Descendenzlehre z. Erklärung d. Zweckmäßigkeiten d. thier. Organismus“), 1886 ao. Professor für Anatomie. 1889 erhielt R. einen Ruf als o. Professor für Anatomie nach Innsbruck, 1895 nach Halle (1921 em.).

    R. wandte sich der Erforschung der Individualentwicklung (Ontogenese) der Organismen zu. Zur Abgrenzung gegen die herkömmliche, deskriptiv orientierte Entwicklungsgeschichte nannte er seine neue Arbeitsrichtung auf Vorschlag des Physiologen Rudolf Heidenhain (1834–97) „Entwicklungsmechanik“. Deren Ziel war eine möglichst weitgehende Zurückführung der Ontogenese auf physikalisch-chemische Prozesse, ihr wichtigstes Hilfsmittel das kausalanalytische Experiment. Kritik an den Ansprüchen der Entwicklungsmechanik äußerte v. a. der Anatom und Zoologe Oscar Hertwig (1849–1922). Das wirkmächtigste Experiment R.s waren seine 1887 durchgeführten Anstichversuche am Zweizellenstadium des Froscheis (Rana esculenta). Da sich die jeweils überlebenden Blastomeren zunächst zu Halbbildungen und erst später zu ganzen Embryonen entwickelten, schloß R. auf eine Selbstdifferenzierung der ersten Furchungszellen. Ähnliche Experimente wurden von zahlreichen Forschern an weiteren Organismen mit unterschiedlichen Ergebnissen wiederholt. Hans Driesch (1867–1941) zog aus dem Furchungs- und Entwicklungsverhalten isolierter Blastomeren des Seeigeleis neovitalistische Folgerungen, die R. heftig bekämpfte.

    Neben Prozessen der Selbstdifferenzierung unterschied R. verschiedene Formen der abhängigen Differenzierung, darunter die „funktionelle Anpassung“ („Selbstgestaltung des Zweckmäßigen“) als mechanistische, nicht-teleologische Erklärung der Anpassung von Geweben und Organen an ihre Funktion. Er postulierte eine trophische Wirkung der funktionellen Reize bzw. der Ausübung der Funktion, was zu einer Stärkung der fungierenden Gewebeteile und Atrophie der inaktiven und damit zur Ausbildung einer funktionellen Organstruktur führe (z. B. Druck- u. Zugtrajektorien der Knochen). Als Erklärungsmodell für das Wolffsche Transformationsgesetz der Knochen bildete die funktionelle Anpassung die Grundlage einer modernen „funktionellen Orthopädie“.

    R. war ein geschickter Experimentator und glänzender Theoretiker. 1894 gründete er das „Archiv für Entwicklungsmechanik“ sowie 1905 eine Monographienreihe „Vorträge und Aufsätze über Entwicklungsmechanik der Organismen“. Er zählt zu den Begründern der modernen, experimentellen biologischmedizinischen Forschung. Sein Einfluß reichte weit über seinen engsten Schülerkreis (u. a. Dietrich Barfurth, Ernst Laqueur, Walter Gebhardt) und die Grenzen der eigenen Disziplin hinaus.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c. (Leipzig 1909);
    Mitgl. u. a. d. Ac. Medico-Chirurgica di Perugia (1897). d. Ac. of Natural Sciences (Philadelphia) (1899), d. Ak. d. Wiss. Brüssel, d. Leopoldina (1901), d. Soc. de Biologie (Paris), d. Senckenberg. naturforschenden Ges. (Frankfurt/M.), d. American Soc. of Naturalists (1916). d. Preuß. Ak. d. Wiss. (1916), d. Schwed. Naturwiss. Ges. (1921);
    korr. Mitgl. d. Ak. d. Wiss. Turin (1898) u. d. Ac. di Medicina di Torino (1903, 1922 Ehrenmitgl.).

  • Werke

    Weitere W Ges. Abhh. über Entwickelungsmechanik d. Organismen, 2 Bde., 1895;
    Die Entwickelungsmechanik, Ein neuer Zweig d. biolog. Wiss., 1905;
    Terminol. d. Entwicklungsmechanik d. Tiere u. Pflanzen, 1912 (mit C. Correns. A. Fischel, E. Küster);
    Die Selbstregulation, Ein charakterist. u. nicht notwendig vitalist. Vermögen aller Lebewesen, 1914;
    Meine entwicklungsmechan. Methodik, in: E. Abderhalden (Hg.), Methoden d. Entwicklungsmechanik (Hdb. d. biolog. Arbeitsmethoden, Abt. V, Methoden z. Studium d. Funktionen d. einzelnen Organe im tier. Organismus, T. 3, A), 1923, S. 539-616;
    Autobiogr.:
    L. R. Grote (Hg.), Die Med. d. Gegenwart in Selbstdarst., 1923, S. 141-206 (P);
    – zu Max: Wie e. dt. Nachkriegskamera entstand, in: Askania-Warte Nr. 11, 1938.

  • Literatur

    Hallesches Akad. Vademecum 1910, S. 404 (W-Verz.);
    D. Barfurth, in: Die Naturwiss. 1920, S. 431-35 (W-Verz., P);
    ders., in: Anatom. Anz. 59, 1925, S. 153-76 (W-Verz., P);
    H. Stieve, in: Dt. Med. Wschr. 50, 1924, S. 1452 f.;
    ders., in: Mitteldt. Lb. II, 1927, S. 452-61 (P);
    R. Mocek, Die werdende Form, 1998 (W-Verz., P);
    ders., in: Darwin & Co., Eine Gesch. d. Biol. in Portraits, hg. v. I. Jahn u. M. Schmitt, I, 2001, S. 456-76 u. 537-39 (W, L, P);
    BLÄ;
    Wi. 1909;
    - zu Max: Askania-Warte Nr. 50, 1957 (P).

  • Autor/in

    Stefan Kirschner
  • Zitierweise

    Kirschner, Stefan, "Roux, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 149-150 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118750038.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA