Lebensdaten
1852 – 1924
Geburtsort
Wittingen (Niedersachsen)
Sterbeort
Göttingen
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; Hymnologe ; Liturgiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119424568 | OGND | VIAF: 8197659
Namensvarianten
  • Spitta, Friedrich Adolf Wilhelm
  • Spitta, Friedrich
  • Spitta, Friedrich Adolf Wilhelm
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Zitierweise

Spitta, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119424568.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Philipp (s. 1);
    Straßburg 1899 Mathilde (1872–1950), T d. Charles Hiller, Kaufm. in Straßburg;
    1 S Heinrich (1902–72), Dr. phil., Musikpäd. u. -hist., Komp. in Berlin u. Lüneburg, 1938 Dirigent d. Reichs-Sinfonieorchesters, Hg. v. Bd. 18 u. 19 d. Sämtl. Werke v. Heinrich Schütz, 1939 Prof. (s. Riemann; Kulturlex. Drittes Reich; F. K. Prieberg, Hdb. dt. Musiker 1933–1945, CD-ROM, 2004).

  • Biographie

    S. wuchs nach dem Tod des Vaters in Hildesheim auf, studierte 1871–75 ev. Theologie in Göttingen und Erlangen, wo er von Johann Christian Konrad v. Hofmann und dem Musikprofessor Johann Georg Herzog geprägt wurde. In Göttingen verkehrte er u. a. mit dem Liturgiker Ludwig Schoeberlein. Seit 1877 Inspektor am Tholuckschen Konvikt in Halle/Saale, wechselte S. nach der Promotion im Juli 1879 in Leipzig im Herbst dieses Jahres als Hilfsprediger an die Neue Kirche nach Bonn, um sich an der dortigen Universität zu habilitieren. Seit 1880 Privatdozent, übernahm er 1881 die Pfarrstelle Oberkassel und folgte 1887 dem Ruf auf die Professur für Neues Testament und Praktische Theologie an der Ks.-Wilhelms-Univ. Straßburg (Rektor 1901). Nach der Ausweisung im Dez. 1918 lehrte er in Göttingen.

    Mit zahlreichen literarkritischen Studien in seinem Fachgebiet Neues Testament belebte S. die Diskussion durch unkonventionelle Hypothesen mit oft nicht konsensfähigen Ergebnissen (z. B. Primat des Johannesevangeliums durch eine auf den Apostel selbst zurückgehende Urschicht), die er jedoch methodisch streng zu untermauern suchte. Die Straßburger neutestamentlichen Arbeiten von Albert Schweitzer sind z. T. eine kritische Replik auf S.s Methodik. Breitenwirksam wurde S. durch Arbeiten auf hymnologischem und liturgischem Gebiet sowie sein Engagement für Gesangbuch und Kirchenmusik. Die Erstaufführung der Matthäus-Passion von Heinrich Schütz 1881 unter Leitung des Bonner Kirchenmusikers Arnold Mendelssohn mit S. als Evangelist war der Auftakt zu lebenslanger Schütz-Rezeption als Tenorsolist und Chorleiter. Er engagierte sich im Kirchengesangvereinswesen und in der Bach-Gesellschaft, animierte zeitgenössische Komponisten zu Werken für Gottesdienst und kirchliches Konzert (Heinrich v. Herzogenberg, Max Reger) und edierte selbst Noten (z. B. Werke v. H. Schütz).

    In der Hymnologie gilt S. als Entdecker des Liederdichters Hzg. Albrecht von Preußen. In Straßburg erforschte er die elsäss. Kirchenliedgeschichte und übertrug oberdt. reformatorisches Liedgut (Zwingli, Blarer) in moderne Sprachformen. Als maßgeblicher Redakteur des „Gesangbuches für ElsaßLothringen“ (1899) integrierte S. verschiedene kirchliche Strömungen durch Rückbezug auf die gemeinsame Tradition und setzte Maßstäbe für die Gesangbuchkultur des 20. Jh. Aufsehen erregte er mit Forschungen zu den Lutherliedern, womit er die literarkritische Methodik in die Hymnologie einführte, im Ergebnis (teilweise Frühdatierung) sich allerdings nicht durchsetzen konnte.

    Mit Beiträgen über Luthers liturgische Schriften eröffnete S. im Lutherjahr 1883 seine Kritik an der restaurativen Liturgik des Luthertums. An den agendarischen Reformen in Preußen selbst nicht beteiligt, unterzog er auch diese einer scharfen Kritik. In Straßburg schuf er sich mit den 1888 eingerichteten, als organische Einheit gestalteten Akademischen Gottesdiensten ein exemplarisches Handlungsfeld. Mit dem 1893 nach Straßburg berufenen Freund Julius Smend gründete er 1896 die „Monatschrift für Gottesdienst und kirchliche Kunst“ (MGkK) als Organ der damit angestoßenen „älteren liturgischen Bewegung“. Für zahlreiche Straßburger Kollegen (z. B. Karl Budde) und Studierende (z. Otto Michaelis) blieb die Begegnung mit S. zeitlebens prägend.

  • Werke

    W zum NT : Der Brief d. Julius Africanus an Aristides, 1877;
    Die synopt. Grundschrr., 1885;
    Die Apostelgesch., ihre Qu. u. deren geschichtl. Wert, 1891;
    Zur Gesch. u. Lit. d. Urchristentums, 3 Bde., 1893–1907;
    Das Johannes-Evangelium als Qu. d. Gesch. Jesu, 1910;
    Die Auferstehung Jesu, 1918;
    zur Hymnol. u. Kirchenmusik:
    Luther u. d. ev. Kirchenlied, 1885;
    Die Passionen n. d. vier Evangelisten v. Heinrich Schütz, 1886;
    Drei kirchl. Festspiele f. Weihnachten, Ostern u. Pfingsten, 1889, ³1904;
    Stud. z. Luthers Liedern, 1907;
    Hzg. Albrecht v. Preußen als geistl. Liederdichter, 1908;
    Das dt. Kirchenlied in seinen charakterist. Erscheinungen, 1912;
    zur Liturgik:
    Luther u. d. ev. Gottesdienst, 1884;
    Festpredigten, 1886;
    Ueber Chorgesang im ev. Gottesdienste, 1889;
    Predigten, 3 Bde., 1891–99;
    Zur Reform d. ev. Kultus, Briefe u. Abhh., 1891;
    Der Entwurf d. preuß. Agende, Liturg. Betrachtungen über d. Form d. Gde.gottesdienste, 1893;
    Die Kelchbewegung in Dtld. u. d. Reform d. Abendmahlsfeier, 1904;
    zahlr. Btrr. in d. MGkK, 1896–1924;
    Autobiogr.:
    Liturg. Rückblick auf d. Erlebnisse e. halben Jh., ebd. 14, 1909, S. 1–6 u. 76–78, 15, 1910, S. 75–79, 107–12 u. 183–86;
    Zum hundertj. Geb. J. Chr. K. v. Hofmanns, ebd., 15, 1910, S. 355–61;
    Die Akadem. Gottesdienste in Straßburg, ebd. 24, 1919, S. 115–19, 133–36, 173–77, 220–22, 268–70 u. 303 f.

  • Literatur

    A. Schweitzer, Gesch. d. Leben-Jesu-Forsch. [²1913], 1984, S. 561 f., 593 ff.;
    K. Budde, Zur achtzigsten Wiederkehr v. F. S.s Geb.tag, in: MGkK 37, 1932, S. 34–38 (P);
    O. Michaelis, in: Musik u. Kirche 19, 1949, S. 84–86;
    N. Heutger, Das ev. Pfarrhaus in Niedersachsen, Als Bsp. f. d. Bedeutung d. ev. Pfarrhauses, 1990;
    G. A. Krieg, Die gottesdienstl. Musik als theol. Problem, Dargest. an d. kirchenmusikal. Erneuerung n. d. ersten Weltkrieg, 1990;
    K. Klek, Erlebnis Gottesdienst, Die liturg. Reformbestrebungen um d. Jh.wende unter Führung v. F. S. u. Julius Smend, 1996 (P);
    NDBA;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Wer ist wer im Gesangbuch?, hg. v. W. Herbst, 2001;
    LThK³;
    BBKL X (W, L);
    MGG;
    RGG2–4;
    Personenlex. Protestantismus.

  • Autor/in

    Konrad Klek
  • Zitierweise

    Klek, Konrad, "Spitta, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 712-713 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119424568.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA