Wislicenus, Johannes

Lebensdaten
1835 – 1902
Geburtsort
Kleineichstädt bei Querfurt
Sterbeort
Leipzig
Beruf/Funktion
Chemiker ; Professor in Zürich, Würzburg und Leipzig ; Hochschullehrer
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117413054 | OGND | VIAF: 77092870
Namensvarianten

  • Wislicenus, Johannes Adolf
  • Wislicenus, Johannes
  • Wislicenus, Johannes Adolf
  • Wislicenus, Johannes Adolph
  • Wislicenus, Johannes A.
  • Wislizenus, Johannes

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Zitierweise

Wislicenus, Johannes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117413054.html [07.12.2025].

CC0

  • Wislicenus, Johannes Adolf

    | Chemiker, * 24.6.1835 Kleineichstädt bei Querfurt, † 5.12.1902 Leipzig, ⚰ Gotha, Friedhof. (evangelische Freikirche)

  • Genealogie

    V Gustav Adolf (1803–1875), aus Battaune b. Doberschütz, ev. Theol., 1834 Pfarrer in K., 1841–46 in Halle, Mitgründer d. freirel. Bewegung, Prediger in Halle, floh n. Verurteilung wg. Gotteslästerung n. Nordamerika, 1856 in Hottingen (Kt. Zürich), 1863 Leiter e. Pensionats in Fluntern (Kt. Zürich), Vf. v. „Die Bibel, f. denkende Leser betrachtet“, 2 Bde., 1863/64, ²1866 (s. ADB 45;
    HLS;
    Biogr. Lex. Burschenschaft), S d. Gottlob Timotheus (1750–1809), ev. Pfarrer, u. d. Amalia Henrietta Wachsmuth (1768–1813);
    M Emilie Charlotte (1803–1895), T d. Johann Friedrich Giese (1771–1843), aus Stargard, u. d. Amalie Johanna Luise Giese;
    Ur-Gvv Christoph Heinrich Wachsmuth ( 1803), ev. Pfarrer in Hohenleina b. Krostitz (Sachsen);
    Ov Adolf Timotheus (1806–1883), 1833–47 ev. Pastor in Bedra b. Merseburg, dann Prediger d. ev. Dissidenten in Halberstadt;
    B Paul Gustav (1847–1917), Dr. phil., Lehrer in Hamburg u. Leipzig, Schw Agnes Emilie (1840–1919, Ernst Sattler, 1829–1919, Dr. med., Arzt in Schweinfurt, 1866 in Coburg, später in Zürich, S d. Wilhelm Sattler, 1784–1859, Untern. in Schweinfurt, s. NDB 22);
    1860 Marie Catharina (1838–1871), T d. Wilhelm Sattler (s. o.) u. d. Katharina Geiger (1789–1861), Zeichnerin, Malerin (s. Fränk. Lb. II;
    NDB VI*;
    AKL);
    4 S Gustav Wilhelm (1861–1922), Prof. f. Chemie in Tübingen (s. DBJ IV Tl.;
    Pogg. IV-VI), Alwin (1865–90), studierte an d. Ak. d. bildenden Künste in München, Johannes (Hans) (1867–1951), 1896 o. Prof. f. Chemie u. forstchem. Technologie an d. Forstl. Hochschule Tharandt b. Dresden (s. Professoren TU Dresden), Karl Otto Konrad (1868–1889), 2 T Emilie Luise (1862–1903), Maria Catarina (1863–1953, Adolf Fick, 1852–1937, Dr. med., Augenarzt in Zürich, s. NDB V;
    HLS).

  • Biographie

    W. besuchte seit 1842 die Bürger- und Realschule der Franckeschen Stiftungen in Halle/Saale und begann hier nach dem Abitur 1852 ein Studium der Chemie und Mathematik (Mitgl. d. Burschenschaft der Pflüger, 1852 u. d. Alten Hallischen Burschenschaft „Kühler Bronnen“, 1857). 1854 folgte er seinem Vater, der aus politischen Gründen 1853 in die USA emigriert war, und wirkte als Chemiker bei Eben Norton Horsford am Harvard College der Harvard University in Cambridge (Massachusetts) und als Lecturer am Mechanics Institute in New York. 1856 nach Europa zurückgekehrt, studierte er bis 1859 an der Univ. Halle, wo er Assistent von Heinrich Wilhelm Heintz (1817–1880) war, und an der Univ. Zürich, wo er 1860 mit der „Theorie der gemischten Typen“ (gedr. 1859) zum Dr. phil. promoviert wurde und sich im selben Jahr für Reine, Angewandte und Physikalische Chemie sowohl am Polytechnikum Zürich als auch an der Univ. Zürich habilitierte.

    Als Privatdozent lehrte er 1860–64 an der Univ. Zürich und 1860–70 am Polytechnikum Zürich. 1864–67 wurde er ao. Professor für Chemie an der Univ. Zürich, 1867 o. Professor ebenda und 1870 am Polytechnikum (Rektor 1870/71). Einem Ruf als Nachfolger Adolph Streckers (1822–1871) an die Univ. Würzburg folgte er 1872 mit Zögern (Rektor 1880/81). 1885 ging er als Nachfolger Hermann Kolbes (1818–1884) an die Univ. Leipzig|und leitete dort bis zu seinem Tod das Chemische Institut (Rektor 1893/94).

    W. arbeitete auf dem Gebiet der Organischen Chemie, als sie sich zu einer eigenständigen naturwissenschaftlichen Disziplin entwickelte. Mit dem Zürcher Physiologen Adolf Fink (1829–1901) untersuchte er die Bedeutung der Kohlenhydrate für den Muskelaufbau. 1862 gelang ihm als erstem die Synthese der Milchsäure. Er erkannte die räumliche Anordnung der Atome als Ursache der optischen Aktivität und führte 1873 den Begriff der geometrischen Isomerie ein. 1888 wies er nach, daß Malein- und Furmarsäure isomere Verbindungen sind, die sich nur in der Stellung der -COOH-Gruppe unterscheiden. Damit wurde er zum Vorläufer der Stereochemie, die dann v. a. von Jacobus Henricus van’t Hoff (1852–1911) ausgebaut wurde. Ein weiteres Gebiet seiner wissenschaftlichen Arbeit galt dem Acetessigsäureester und seiner Derivate, womit er die Voraussetzungen für die Synthese einer Vielzahl komplizierter organischer Verbindungen schuf. W. vermittelte sein umfassendes naturwissenschaftliches Wissen in geschliffener Rede und mit wohlüberlegten Experimenten und regte seine Praktikanten und Mitarbeiter im Labor zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit an; zu seinen Schülern gehörten neben seinem Sohn Wilhelm Chemiker und Industrielle wie William Henry Perkin jun. (1860–1929), Alfred Lottermoser (1870–1945) und Carl Bosch (1874–1940).

    Stark patriotisch gesinnt, stand W. in seiner Schweizer Zeit an der Spitze der dt. Gruppe in Zürich und dem skandalumwitterten Friedensfest 1871 anläßlich des Sieges im dt.franz. Krieg als Präsident vor. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des 1891 ins Leben gerufenen „Allgemeinen Deutschen Verbands“, der 1894 in „Alldeutscher Verband“ umbenannt wurde und von dessen 1898 entstandener Würzburger Ortsgruppe er bis 1902 Vorsitzender war.

  • Auszeichnungen

    A Davy-Medaille d. Royal Soc.;
    Dr. med. h. c. (Univ. Zürich);
    Kgl. Sächs. Geh. HR;
    korr. Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1882) u. d. Preuß. Ak. d. Wiss. (1896);
    Mitgl. d. Sächs. Ak. d. Wiss. (1885) u. d. Leopoldina (1895);
    Vorstand d. Dt. Chem. Ges. z. Berlin (1889).

  • Werke

    Weitere W Regnault-Streckers Lehrb. d. Chemie, 1. Bd.: Anorgan. Chemie, ⁹1877, 2. Bd.: Organ. Chemie, ⁶1881 (Neubearb.);
    Über d. räuml. Lagerung d. Atome in organ. Molekülen, 1887;
    zahlr. Publl. in führenden chem. Zss., u. a. Stud. z. Gesch. d. Milchsäure u. ihrer Homologen, in: Ann. d. Chemie u. Pharmacie 133, 1865, H. 3, S. 257–87;
    XXXV. Ueber Acetessigestersynthesen, in: Justus Liebigs Ann. d. Chemie 186, 1877, H. 2–3, S. 161–228;
    Unterss. z. Bestimmung d. räuml. Atomlagerung, ebd. 250, 1889, H. 1–2, S. 224–54.

  • Literatur

    L B. Rassow, in: Zs. f. angew. Chemie 1903, H. 1, S. 1–4;
    C. Voit, in: SB d. math.-physikal. Kl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 33, 1904, S. 539–50;
    Chemiker über Chemiker, Wahlvorschläge z. Aufnahme v. Chemikern in d. Berliner Ak. 1822–1925, bearb. v. A. Greiner, 1986, S. 148 f.;
    Chemiker v. A–Z, e. biogr.-lexikal. Übersicht über d. Chemie u. ihre bedeutendsten Vertreter in Ostdtld., hg. v. Arb.geberverband Nordostchemie e. V., 2003, S. 71;
    Lex. bed. Chemiker;
    Forscher u. Erfinder;
    Complete DSB;
    Pogg. II–VI;
    HLS;
    Professorenkat. Univ. Leipzig.

  • Porträts

    P Photogr. v. G. Brokesch, 1885, in: Dem Praesidenten d. Schweizer. Schulraths Dr. Karl Kappeler (…) d. Lehrerschaft d. Polytechnikums, 1886 (Bildarchiv d. ETH Zürich);
    Gel.tafel d. Univ. Würzburg, Maxstr. (Archiv d. Univ. Würzburg).

  • Autor/in

    Bernhard Sorms
  • Zitierweise

    Sorms, Bernhard, "Wislicenus, Johannes Adolf" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 298-299 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117413054.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA