Lebensdaten
1689 oder 1686 – 1743
Geburtsort
Prag
Sterbeort
Prag
Beruf/Funktion
Maler
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119293595 | OGND | VIAF: 8194650
Namensvarianten
  • Reiner, Václav Vavřinec
  • Reiner, Václav Vavrinec
  • Reiner, Wenzel Lorenz
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Zitierweise

Reiner, Wenzel Lorenz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119293595.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Josef, Maler in P.;
    M N. N.;
    1725 Anna Veronika Herzog, T e. Bürgers aus P.

  • Biographie

    Auf Betreiben seines Onkels wurde R. bereits in jungen Jahren unter die Obhut der damals besten in Prag tätigen Maler, Peter Brandl (1668–1739) und Michael Wenzel Halbax (um 1661-1711), gestellt, vollendete seine zunftgerechte Ausbildung seit 1705 allerdings bei Anton Ferdinand Schweiger, Mitglied der Prager Malerbrüderschaft. R. schuf anfangs kleinformatige Gemälde wie die „Türkenschlacht“ (Prag, Nat.gal., 1708) und Landschaften in der Art Salvator Rosas und Marco Riccis, doch seine eigentliche Bedeutung für die Kunst Böhmens liegt auf dem Gebiet der Freskomalerei. Seine frühesten Fresken in der Zisterzienserkirche Osek (Apostelmartyrien, 1714) zeigen ihn noch von lokalen Malern und dem in Schlesien tätigen Michael Willmann (1630–1706) beeinflußt, aber bereits in der „Gigantomachie“ (1718) im Treppenhaus des Palais Czernin auf dem Hradschin sind die Errungenschaften der ital. Freskomalerei bemerkbar. Das Hauptwerk seiner frühen Schaffensperiode ist das „Jüngste Gericht“ in der Prag-Altstädter Kreuzherrenkirche (1722/23), in dem R. Anregungen von Michelangelo und Rubens verarbeitete. In den kolossalen, dicht aneinandergedrängten Gestalten der Hauptkuppel lebt noch die Art des 17. Jh. mit ihrer fest geschlossenen Statuarik, während in den atmosphärisch aufgefaßten Gewölbebildern der Seitenkapellen die Formen zugunsten eines reichen und differenzierten Kolorits im leichten Lichtschimmer und -dunst zerschmelzen.

    Die zu dieser Zeit auch außerhalb Böhmens erlangte Beachtung führte R. nach Gaming (Niederösterr.), wo er die Bibliothek der Kartause ausmalte (1724), und nach Breslau, um die an St. Vincenz angefügte Hochberg-Kapelle zu freskieren (1725). Nach Prag zurückgekehrt, hielt R. an seinem monumental-kräftigen Stil (St. Thomas, Prag-Kleinseite, 1728–30) zunächst fest, doch unter dem Einfluß auswärtiger Maler wie Cosmas Damian Asam gelang ihm in den 30er Jahren die Wende zu einem fein abgestimmten Kolorismus, der bereits das Rokoko ankündigt (Wallfahrtsstätte Loreto auf d. Hradschin, 1736/37; St. Katharina, Prag-Neustadt, 1741).

  • Werke

    Weitere W St. Ursula, Prag-Hradschin, 1727;
    Spitalkirche Dux (Duchov), 1728;
    St. Wilhelms-Kapelle, Raudnitz (Roudnice), 1729;
    Pfarrkirche Gutwasser (Dobrá Voda), 1735;
    Felslandschaft mit Zigeunerlager, vor 1740 (Hannover, Niedersächs. Landesgal.).

  • Literatur

    ADB 28;
    P. Preiss, V. V. R., 1971;
    ders., Betrachtungen zu W. L. R.s Werk, in: Alte u. moderne Kunst 29, 1984, H. 195, S. 31 ff.;
    ders., W. L. R. (1689-1743), Ölskizzen, Zeichnungen u. Druckgraphik, Ausst.kat. Salzburg 1984 (P);
    ders., Thomismus contra Molinismus, Ein theoret. Streit um d. Fresken v. W. L. R. in d. Prager Dominikanerkirche, in: FS f. B. Bushart, hg. v. B. Hamacher u. Ch. Karnehm, 1994, S. 187-95;
    ders., V. V. R. (1689-1743), Krajiny se zvíraty, 2000;
    P. Pokorny u. P. Preiss, V. V. R., Obrazy a Fresky, 1992;
    Wurzbach;
    ThB;
    Kosch, Kath. Dtld.;
    Biogr. Lex. Böhmen;
    Dict. of Art.

  • Porträts

    Selbstbildnis, Kupf., gestochen v. J. Balzer (Prag, Nat.gal.).

  • Autor/in

    Peter Prange
  • Zitierweise

    Prange, Peter, "Reiner, Wenzel Lorenz" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 350 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119293595.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Reiner: Wenzel Lorenz R., Maler, geb. zu Prag 1686, ebendort 1743. — Dadurch, daß sein Vater die Bildhauerei ausübte, von Haus aus für Kunst angeleitet, in der Neigung für die Malerei besonders noch durch den|Bruder des Vaters bestärkt, verlegte sich R. zuvörderst mit allem Eifer auf das Copiren guter Gemälde, namentlich von Landschaften und Thierstücken. Um jedoch sicherer zu werden in der Farbenbehandlung, trat er bei Schweiger, dem damaligen Oberältesten der Prager Malerbrüderschaft in die Lehre und verblieb bei diesem als erster Gehülfe bis in sein zwanzigstes Jahr. Mittlerweile auch zur Erkenntniß gekommen, wie vortheilhast der Lehrherr seine Arbeiten verwerthete, stellte sich R. von da ab auf eigene Füße, bezog eine gut eingerichtete Werkstätte und wurde auch bald der gesuchteste Maler Prags. Diese rasch erworbene Gunst verdankte er vornehmlich mehreren al fresco-Ausführungen an öffentlichen Gebäuden. Die derartig folgenreichste Ausführung dürfte dann jene in der Klosterkirche am „Weißen Berge“ gewesen sein. Bekanntlich entschied die am 8. November 1620 auf diesem Berge geschlagene Schlacht über den Besitz der Krone von Böhmen zwischen Kaiser Ferdinand II. und dem von seinen Gegnern erwählten Friedrich von der Pfalz — dem sogen. „Winterkönig“ —. Zur bleibenden Erinnerung an diesen Sieg wurde 1706 daselbst die zu einer Servitenstation bestimmte Kirche „Maria de Victoria“ erbaut. Diese Kirche hatte nun R. an den Abseiten der Kuppel mit Fresken, die Hauptmomente jener Entscheidungsschlacht darstellend, zu zieren. Hierfür in gehöriger Stimmung zu bleiben, gerieth er auf den Einfalt, sich die Gewandung eines Musketiers aus der Zeit Ferdinand's II. anzulegen. Als solcher nicht nur die Pinsel führend, sondern des Weges zur Stadt wie im Wirthshause sich als leidenschaftlicher Haudegen betragend, gab es bald allgemeine Klage über den rauflustigen Maler, so daß gerichtlicherseits eingeschritten, die Auskleidung des ungemäßen Musketirs anbefohlen werden mußte. Wie ein zeitgenössischer Chronist zu berichten weiß, behob sich dieser burschikose Zug erst vollständig mit dem Eintritte Reiner's in die Ehe. Der Lexikograph Dlabacz erzählt diesbezüglich: er ließ sich 1725, am 21. November in der Kreuzherrenkirche durch den damaligen Generalgroßmeister des Kreuzherrnordens Mathäus Böhmb mit Jungfrau Anna Veronika Hertzog von Hertzog trauen. Derselbe verzeichnete ferner: „diese Gemalin brachte ihm das Haus auf dem Bergstein (Gasse der Prager Altstadt) zu, welches noch heute das Reiner’sche Haus genannt wird“. — Zur Kennzeichnung hatte R. an der Vorderseite desselben ein die Trinität darstellendes Frescogemälde angebracht. — „In diesen glücklichen Umständen verlegte er sich ganz auf das historische Fach.“ Diese weitere Bemerkung Dlabacz's ist insofern zutreffend, als R. bis dahin immer noch der Jugendneigung folgend, Landschaften und Alltagsscenen malte. Strenge Historienbilder zu malen lag übrigens nicht im Geschmacke seiner Zeit. Beliebt war dafür das allenthalben mit der Barocke zusammenhängende Allegorisiren. Und darin erging sich R. eben jetzt mit Vorliebe, wie mit ungewöhnlicher Erfindungsgabe. Seine Ausführungen nach dieser Richtung fesseln denn auch weniger durch Gedankentiefe, wie vielmehr durch kühne. Phantasiereiche Anordnung und effektvolle Farbengebung. Eines der bedeutendsten Werke dieser Kennzeichnung war der im riesigen Treppenhause des gräflich Cernin'-(Tschernin)schen Palastes am Hradschin ausgeführte „Gigantensturz“. — Als eigentliche Geschichtsbilder lassen sich nur die im Familiensaale des gräflich Waldstein’schen Schlosses zu Duz bezeichnen. Es sind das Scenen aus dem Leben der Ahnen dieses berühmten Geschlechts, die Saaldecke trägt das Hauptbild, mit Heinrich von Waldstein, welcher (1254) dem Könige von Böhmen — Przmysl Ottokar II. — seine vierundzwanzig Söhne nebst ihren vierundzwanzig Knappen vorstellt. — Außerdem malte R. für die Duxer Decanatkirche das Hochaltarbild, „Verkündigung Maria“ vorstellend; für die Spitalcapelle die Kuppel. Vorragende kirchliche al fresco Malereien in Prag finden sich in der Kreuzherrnkirche — wo er für den erkrankten Lischka eintrat, der bloß das|Presbyterium fertig brachte, alles Uebrige, die Kuppel und die Figuren der Abseiten sind von R. gemalt — serner in der Dominicanerkirche zu St. Egidius, in der Augustinerkirche zu St. Thomas und in der Lorettokirche am Hradschin. Mehrere andere von ihm geschmückte Kirchen wurden seither aufgehoben, die Malereien vernichtet. Einer Renovation fielen auch die böhmischen Sagen entnommenen Darstellungen im Schlosse Liboch zum Opfer. — Altarölgemälde besitzen in Prag noch die Kirchen bei Maria Schnee, St. Jakob, St. Peter und zu Aller Heiligen, Solche kamen auch in die Stadtkirche zu Teplitz, die Stiftskirchen zu Osseg und zu Sedletz. Daß Reiner's Werke zugleich galeriefähig wurden, erweisen die Gemäldeverzeichnisse der Prager und Dresdener Galerie. Erstere besaß „Herbst und Abend", „Winter und Nacht", allegorisch dargestellt; zwei „Gebirgslandschaften", „Bäumender Rappe“, „St. Lukas als Maler vor dem Madonnenbilde“ — in die Galerie geliehen, gingen sie seither sämmtlich wieder an ihre Besitzer zurück. — Das Dresdener Verzeichniß führt die „Ansicht der Ruinen des Campo vaccino zu Rom, der Kaiserpaläste und des Triumphbogens des Titus“ an; als Gegenstück „das sogenannte goldene Haus des Nero, sowie der Springbrunnen des Platzes Barbarini“. Diese beiden Gemälde führen auf die Vermuthung, daß R. Italien besuchte. Dlabacz berichtet außerdem noch von drei anderen Landschaftsbildern in der kurfürstlichen Bildergalerie zu Dresden, wie auch von vielen, für Kupferstecher ausgeführten Zeichnungen, u. A. einer Reihe von 20 Blättern, die Tuchfabrik von Ober-leutersdors in allen Einzelnheiten umfassend, gestochen von Birkhart und Fischer. Ferner zeichnete er die große Landkarte von Böhmen mit eingeflochtenen Sinnbildern, welche Hieronymus Sperling zu Augsburg gestochen. Schüler von ihm sind Franz Müller (nachheriger Hofmaler), Johann Peter Molitor und Tollenstein.

    Beim Rückblicke auf das umfassende Schaffen Reiner's wird leicht wahrnehmbar, daß seiner hohen Begabung auch eine seltene Fertigkeit im Ausführen beiging. Allerdings unterlief viel allzu eilfertig Verabschiedetes. Scheinbar aber lag dieses weniger an ihm, sondern vielmehr an der Ungeduld der Besteller, die gewissermaßen in ihn verliebt, mit allem, was seinen Namen trug, zufrieden waren, überdies jeder Preisforderung bereitwilligst nachkamen. Kein Wunder, daß R. solcher Weise großes Vermögen erwarb, infolge dessen — wie seine Biographen berichten — Besitzer vieler Grundstücke und Häuser wurde. Jedoch gerade an diesen reichlichen Besitzstand knüpfte das Verhängniß seine Fäden für den frühen Untergang des populären Künstlers. — Der unvermuthet nach Böhmen hinüber spielende erste schlesische Krieg — 1741 — brachte wie überhaupt den Besitzenden, besonders für R. derartig schwere Schädigungen durch seindliche Brandschatzungen und nachfolgende Kriegssteuern, daß er als Vater einer zahlreichen Familie ins Verzagen gerieth, zu kranken begann, doch immer noch rüstiges Arbeiten sich abnöthigte, bis zu vollständiger Erlahmung am 9. October 1743. Unter einer Theilnahme, wie für einen großen, volksthümlich gewordenen Mann, fand die Beisetzung seiner Leiche in die Gruft der Dominicaner bei St. Egidius statt. — Ein Selbstporträt des Künstlers wurde im Hause dieses Ordens aufbewahrt; ein zweites ging in die Gemäldesammlung des Cistercienserstiftes zu Osseg über. Nach ersterem fertigte Johann Balzer einen Stich für die von Franz Mart. Pelzel herausgegebenen „Abbildungen der böhmischen und mährischen Gelehrten und Künstler“.

    • Literatur

      Dlabacz, Künstler-Lex. — Schaller. Beschr. d. Stadt Prag. —
      Nagler. Neues allg. Künstler-Lex. —
      Müller-Klunzinger, Neues Künstler-Lex. —
      Tschischka, Kunst und Alterth. in der Oesterr. Monarchie. —
      Deutsches Kunstbl. 1850. —
      Wurzbach. Biogr. Lex. — Eigene Forschungen.

  • Autor/in

    Rud. Müller.
  • Zitierweise

    Müller, Rudolf, "Reiner, Wenzel Lorenz" in: Allgemeine Deutsche Biographie 28 (1889), S. 25-27 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119293595.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA