Lebensdaten
um 1455 oder 1470 – 1525
Geburtsort
Roßla
Sterbeort
Rostock
Beruf/Funktion
humanistischer Philologe ; Jurist ; Historiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 104328886 | OGND | VIAF: 39637281
Namensvarianten
  • Marschalk de Grohenberg, Nikolaus
  • Marschalk genannt Thurius, Nikolaus (Thurius = Thuringus)
  • Thurius, Nikolaus (genannt)
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Zitierweise

Marschalk, Nikolaus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd104328886.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Bürgerfam. in Roßla (Thüringen);
    N. N. aus Brandenburg/Havel.

  • Biographie

    M., der Univ. Erfurt hervorragendster Frühhumanist und ihr erster originaler Vertreter der Hochrenaissance, studierte an der Univ. Löwen, der er seine humanistische Vorbildung (baccalaureus artium) verdankte, und in Heidelberg, bevor er im Herbst 1491 sein Studium in Erfurt aufnahm, dort den jur. Bakkalar und den Magister artium (1496) erwarb, als erster Lehrer des Griechischen wirkte und Vorlesungen über Humaniora hielt. Zu seinem dortigen Schülerkreis gehörten seine späteren Freunde Georg Spalatin, der pomm. Diplomat Val. v. Stojentin und Hermann Trebelius. 1500 übernahm M. das Erfurter Stadtschreiberamt. Die unsicheren politischen Verhältnisse in Erfurt veranlaßten ihn, im Okt. 1502 mit Spalatin und Trebelius an die neu gegründete Univ. Wittenberg zu wechseln, an der er in der Artistischen und Juristischen Fakultät lehrte und zugleich als kursächs. Orator tätig war. Im April 1504 erwarb M. den Grad eines Dr. iur. utr. in Wittenberg. Nicht zuletzt wegen seiner engen Freundschaft mit dem ital. Juristen Petrus Thomais von Ravenna erlitt er Anfeindungen, in deren Folge er Wittenberg verließ und nach Brandenburg/Havel zog. Im März 1505 suchte ihn dort Kf. Joachim I. von Brandenburg auf, um ihn als ersten Juristen für die Univ. Frankfurt/Oder zu gewinnen. M. bevorzugte jedoch ein Angebot des Herzogs von Mecklenburg und trat als Rat und Kanzler in dessen Dienst. 1505-10 wirkte er in Schwerin für die Festigung der herzogl. Landesherrschaft, danach bis 1525 als Professor der Geschichte, Astronomie und Naturgeschichte an der Univ. Rostock. Bleibendes Verdienst erwarb er sich als Mecklenburgs früher, wenn auch nicht gerade kritischer Historiograph (Annalen).

    Die zu ihrer Zeit bahnbrechenden wissenschaftlichen Leistungen M.s lagen auf dem Gebiet der lat. und griech. Philologie, auf dem er mit seinen 1499 einsetzenden rasch aufeinander folgenden programmatischen Publikationen die soliden Grundlagen für den Erfurter Hochschulhumanismus schuf. Mit „De grammatica liber“ des Martianus Capella begann er, das herrschende Doctrinale des Gallus zu bekämpfen (1500). Gleichmäßig Latein und Griechisch umfassend, folgte 1501 seine große „Orthographia“, ein Regeln und Wörterverzeichnis historisch, grammatisch etymologisch und antiquarisch zugleich behandelndes Reformwerk, das die Kritik der im Mittelalter verwilderten Orthographie einleitete. Mit seiner „Grammatica exegetica“ (1501) führte M. den ersten Angriff in Erfurt gegen die bisher alles beherrschende scholastisch-dialektische Methode, verlangte ein wirkliches Studium beider alten Sprachen und bezog offen für die „Poeten“ Stellung. Sein pädagogisch-humanistisches Mühen krönte er 1502 mit dem von Orpheus bis Hieron. Balbus reichenden „Enchiridion poetarum clarissimorum“, das in vier Büchern eine Auswahl griech. und lat. Dichtungen darbot, die erste systematische Einführung in die griech. Dichtung in Deutschland. M.s Tätigkeit als Herausgeber einzelner antiker Schriftsteller war umfangreich, ebenso seine dichterischen Kommendationen zu Werken Dritter. Zur Förderung seiner humanistischen Studien betrieb M. auch den Druck, so 1501/02 in Erfurt, wo er zuerst mit Wolfg. Schenk typographisch zusammenarbeitete, und 1502-04 in Wittenberg (diese Druckerei übergab er Hermann Trebelius). In Rostock richtete er sich 1514 erneut eine Privatdruckerei ein, von der Drucke bis zum Jahre 1522|vorliegen, häufig mit dem Vermerk „ex aedibus Thuriis“ oder mit seinem Wahlwappen-Schild mit dem Meerfräulein als Künderin literarischen Ruhmes als Druckersignet. Nach Ulrich v. Huttens Angabe betätigte sich M. auch als Kosmograph und verfertigte Landkarten.

  • Werke

    Weitere W Interpretamentum leve in Psellum de natura ciborium, 1499 (erstes Werk mit griech. Lettern, e. Minuskel ohne Akzent u. Spiritus);
    De sacrilegio Judaeorum Sternbergae 1491 commisso germanica idiomate, 1510 (u. 1522);
    Hist. Aquatilium, 1517-20;
    Ann. Herulorum et Vandalorum Nic. Marescalco Thurio auctore, in: E. J. de Westphalen, Monumenta inedita rerum Germanicarum praecipue Cimbricarum et Megapolensium, 1729–45, I, Sp. 165-454, 561, 1419, u. II, Sp. 1501 u. 1574 mit anderen M.schen Schrr., u. a. Dt. Reimchronicon d. Meckl. Regenten. -
    Hrsg.: M. Capella, Mineus Felix, De grammatica liber cum commentariolo N. M., 1500;
    Petrus Ravennas, Lectio de potestate summi pontificis et Romani imperatoris, 1503.

  • Literatur

    ADB 20;
    C. Müffelmann, Die Reim-Chronik d. N. M. u. ihre Qu., Diss. Rostock 1876;
    G. Bauch, Wolfg. Schenk u. N. M., in: Zbl. f. Bibl.wesen 12, 1895, S. 353-409, u. 14, 1897, S. 432;
    Ch. Hülsen, Die Inschrr.slg. d. Erfurter Humanisten N. M., in: Jb. d. Kgl. Ak. gemeinnütziger Wiss. zu Erfurt NF 38, 1912, S. 161-85;
    B. Loewe, Die Ausbreitung d. griech. Typogr. in Dtld., in: Gutenberg - Jb. 1940, S. 301 f.;
    H. Grimm, Dt. Buchdruckersignete d. 16. Jh., 1965, S. 201-04;
    Schottenloher 1481–86.

  • Porträts

    Holzschn. in: N. M., Enchiridion poetarum, 2. Buch, 1502.

  • Autor/in

    Heinrich Grimm
  • Zitierweise

    Grimm, Heinrich, "Marschalk, Nikolaus" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 252-253 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104328886.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Marschalk: Nicolaus M., gen. Thurius. Geboren zwischen 1460 bis 1470 zu Roßla in Thüringen, daher Thurius genannt, gebildet zu Erfurt, an welcher Universität er mit gleichem Erfolge humanistischen und juristischen Studien oblag. Im J. 1490 ist er hier zum Baccalaureus juris utriusque promovirt worden und hat er Vorlesungen, wie es scheint, in beiden Richtungen gehalten. Der junge Spalatin ist von seinen Schülern aus dieser Zeit der berühmteste geworden. Die Gründung der Universität Wittenberg (1502) eröffnete M. eine Stellung als Lehrer an dieser Hochschule; zugleich ist derselbe aber dem kursächsischen Hofe in der Weise näher getreten, daß er auch zu praktischen Geschäften verwendet wurde. Seines Bleibens war indeß hier nicht. Er folgte nach einigen Jahren einem Rufe an den mecklenburgischen Hof, welchen ihm der Kanzler v. Schönaich vermittelt hatte. Er wurde zunächst herzoglicher Rath in Schwerin und als solcher theils in der herzoglichen Kanzlei, theils in diplomatischen Missionen mehrfach gebraucht. Seit dem J. 1510 ging er in freier Stellung an die Universität Rostock über, ohne darum seine Beziehungen zum Schweriner Hofe abzubrechen. Er hielt vor Allem juristische Vorlesungen, machte aber zugleich seinen Einfluß zu Gunsten der humanistischen Wissenschaften geltend. Als Polyhistor, wie er war, beschäftigte er sich zugleich mit theologischen und naturwissenschaftlichen Studien. Seine litterarische Thätigkeit war der juristischen Disciplin und der Geschichtschreibung gewidmet. Den meisten Erfolg hatten seine sieben Bücher „Annalium Herulorum ac Vandalorum“, d. h. eine Geschichte Mecklenburgs, die|jedoch vom Standpunkte der Kritik aus viel zu wünschen übrig ließ. M. ist als angesehener Mann zu Rostock am 12. Juli 1525 gestorben.

    • Literatur

      Vgl. Krabbe, Geschichte der Universität Rostock, I, S. 273 ff. u. O. Stobbe, Gesch. d. D. Rechtsquellen Bd. II. S. 48, 358.

  • Autor/in

    Wegele.
  • Zitierweise

    Wunschmann, Ernst, "Marschalk, Nikolaus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 20 (1884), S. 431-432 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104328886.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA