Lebensdaten
1898 – 1976
Geburtsort
Hagen (Westfalen)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Antriebstechniker ; Erfinder
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 13963035X | OGND | VIAF: 81642512
Namensvarianten
  • Schmidt, Paul

Quellen(nachweise)

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Zitierweise

Schmidt, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd13963035X.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Albert (1868–1940), Metzgermeister in H., S d. Karl Friedrich (1829–1905), Schwertschmied in Gevelsberg (Westfalen), u. d. Emma Heubing (1834–1903);
    M Klara (1865–1945), aus Altena (Westfalen), T d. Wilhelm Albrecht Ulrich (1830–1904), Drahtzieher in H., u. d. Friederike Rump (1841–1924);
    Hagen 1925 Hertha (1902–76), T d. Hermann Trimpop (1871–1924), Kaufm., u. d. Auguste Schmidt (1875–1962);
    4 T Grete Klimm (* 1926), Studienrätin, Herta (* 1927), Krankenschwester, Lore Merklein (* 1940), Renate Häder (* 1943), Techn. Zeichnerin.

  • Biographie

    Nach Abschluß des Ingenieurstudiums an der TH München (Dipl.-Ing. 1924) arbeitete S. im Ingenieurbüro von Anton Rieppel (1852–1926) an der Konstruktion von Kreiselpumpen. 1928 machte er sich an die praktische Umsetzung seiner Idee eines Verpuffungs-Strahlrohrs als Flugzeugantrieb. In ein konisch-zylindrisches Stahlrohr von 3,5 m Länge und 51 cm Durchmesser strömte durch eine Platte mit Flatterventilen Luft in eine konische Brennkammer, vermischte sich mit dem eingespritzten Kraftstoff und wurde durch eine Zündkerze entzündet. Bei der Explosion entstand eine starke Druckwelle, die einen Schuh von 750 kg sowie gleichzeitig einen Unterdruck im Brennraum erzeugte, so daß die Flatterventile sich öffneten, und der Ablauf sich wiederholte (50 Perioden/sec). 1930 meldete S. diese Idee zum Patent an und stellte eigene Versuche mit dem ersten Gerät in einer Fabrikhalle in München-Sendling an. Die dt. Armee, die seit 1929 Raketen-Entwicklungen verfolgte, um zu einer neuen Fernartillerie zu kommen, wurde auf S. aufmerksam und betraute ihn mit weiteren Versuchen. Sie erstreckten sich zunächst auf die durch verschiedene Brennstoffe erzeugte Druckwelle, wobei sich das Rohr als unempfindlich erwies und sogar Kohlenstaub als Brennstoff erprobt wurde.

    1931 beantragte S. öffentliche Forschungsmittel für seine Erfindung, und das Reichs-Verkehrsministerium beauftragte Wunibald Kamm (1893–1966) mit der Begutachtung und Förderung der Versuche. An Kamms Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen der TH Stuttgart wurde eine verbesserte Zündung (Stoßwellenzündung) entwickelt. 1932 beendeten die Reichsbehörden ihre Unterstützung und empfahlen S. die Vergabe von Auslandslizenzen. 1934 reichte er bei dem neugebildeten Reichsluftfahrtministenum (RLM) eine Denkschrift und eine Empfehlung Kamms bezüglich der Anwendung seiner Erfindung für Flugzeuge ein. 1935 verlangte das RLM von S., seine Lizenzrechte zurückzukaufen, und schloß mit ihm einen Vertrag über die Erteilung weiterer Aufträge, der nie wirksam wurde. Die Entwicklungsabteilung des RLM erklärte das Projekt|schließlich 1938 als „geheim“. Messungen durch Siegfried Meurer (1908–97) im Institut von Adolph Nägel (1875–1939) an der TH Dresden bestätigten eine Zündgeschwindigkeit von 500 m/sec in der Stoßwelle, die mit sehr hoher Geschwindigkeit vom offenen Rohr zurücklief. 1941 übergab das RLM die Konstruktion bis zur Fertigungsreife an die „Argus Motoren GmbH“ in Berlin-Reinickendorf, wo 1942 die Serienproduktion unter Fritz Gosslau (1898–1965) begann. S. wurde Berater der „Argus“ unter gleichzeitiger Ernennung zum ao. Professor. Gleichzeitig boten die Fieseler-Werke in Kassel einen Flugkörper für Ferneinsatz mit der Bezeichnung „V-1“ (Vergeltungswaffe-1) an; ausgestattet mit einem Triebwerk von S. hatte die V-1 eine Reichweite von 370 km und flog mit 600-650 km/h. Das Serien-Triebwerk kostete 350 RM pro Stück. Kurz vor Kriegsende wurde 1945 in einem Urheberrechtsstreit bestimmt, daß das Triebwerk fortan als „Argus-Schmidtrohr“ zu bezeichnen sei.

    Noch während des Krieges boten sich erste zivile Anwendungen des „Schmidt-Rohres“ an. Alfred Kärcher (1901–59) in Winnenden baute zusammen mit dem Institut von Kamm Vorheizgeräte für Flugmotoren und entwickelte 1941/42 ein pulsierendes Heizgerät (Stoßbrenner) auf der Basis des „Schmidt-Rohres“, das 1943 für Omnibusse und Lastwagen in Serie ging. Der Stoßbrenner fand nach Kriegsende starke Beachtung in den USA, auch Schubgeräte für Modell-Flugzeuge wurden entwickelt. In Deutschland entwickelte Ludwig Huber in seinem Überlinger Ingenieurbüro die pulsierenden „Schwingfeuer“-Heizgeräte, die sogar zur Insektenbekämpfung verwendet wurden. Die Jakob Eberspächer KG in Esslingen nahm sie 1951 in Serie. In Frankreich erschien das „Schmidt-Rohr“ als Staudruckrohr in Segelflugzeugen, in vielen Staaten bei Hubschraubern. S. setzte seine Arbeit nach Kriegsende in einem eigenen Ingenieurbüro in München fort. Er entwickelte die Überladung des Rohrs durch ein Brennrohr mit Hüllrohr, befaßte sich mit Resonanz-Stoßwellen und regte das Studium kugelförmiger Stoßwellenräume an, in denen er hohe Drücke und sehr hohe Temperaturen vermutete. Seit 1950 entwickelte S. sein Antriebssystem weiter (1960-66 i. A. d. Bundesverteidigungsministeriums) und verbesserte die Vorverdichtung, die Ventile, die Zündung und die Luftzufuhr.

  • Auszeichnungen

    E. K. I. u. II. Kl. (1914/18);
    Dr. Fritz Todt-Auszeichnung;
    Rr.kreuz mit Schwertern;
    Mitgl. d. DGLR, d. Fraunhofer-Ges. u. d. VDI.

  • Werke

    Die Entwicklung d. Zündung period. arbeitender Strahlgeräte, in: Zs. d. VDI 29, 1950, S. 393-99;
    On the hist. of the development of the „Schmidt Rohr“, in: T. Benecke u. A. W. Quick (Hg.), Hist. of German Guided Missiles Development, 1957, S. 375-99;
    Patente
    Verfahren z. Erzeugung v. Antriebskräften an Luftfahrzeugen, DRP 523 655;
    Einrichtung z. Erzeugung v. Reaktionskräften an Luftfahrzeugen, DRP 558 113 u. 567 042 (alle 1930);
    Vorrichtung z. Erzeugen v. Rückstoßkräften durch Brennstoff-Luft-Gemische, DRP 918 668 (1940).

  • Literatur

    W. Ley, Rockets, Missiles and Space Travel, 1947, S. 210-13;
    ders., Vorstoß ins Weltall, 1949, S. 233-37; K
    . v. Gersdorff, Das Pulsotriebwerk als neuartige Antriebsart f. Motorsegler u. Sportflugzeuge, in: Flugwelt 3, 1951, S. 210-14;
    ders. u. K. Grasmann, Flugmotoren u. Strahltriebwerke, 1981, S. 182 f., 222-24;
    L. Huber, Das Schwingfeuergerät, in: Automobiltechn. Zs. 33, 1951, S. 209-13;
    H. Lembcke, Das Schmidtrohr, in: Zs. d. VDI 94, 1952, S. 1005-08;
    E. Schmidt, Düsenflugzeug u. Raketenantrieb, in: Abhh. u. Berr d. Dt. Mus. 22, 1954, H. 1, S. 20-23;
    F. Staab, Über Strahltriebwerke auf d. Grundlage d. Schmidt-Rohres, ebd. 2, 1954, S. 129-41;
    G. Smith, Gas Turbines and Jet Propulsion, ⁶1955, S. 300-06;
    R. Lusar, Die dt. Waffen u. Geheimwaffen d. 2. Weltkrieges u. ihre Weiterentwicklung, 1958, S. 110 f., 118 f.;
    W. Kamm, Zur Gesch. d. Schmidtrohrs, in: Zs. f. Flugwiss. 11, 1963, S. 120-27 (P); Mitt.
    v. Helmut Schubert (MTU Aero Engines) u. Grete Klimm.

  • Autor/in

    Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß
  • Zitierweise

    Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, "Schmidt, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 211-212 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd13963035X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA