Lebensdaten
1827 – 1904
Geburtsort
Lemberg (Galizien)
Sterbeort
Brixen (Tirol)
Beruf/Funktion
Diplomat ; Politiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 139112200 | OGND | VIAF: 89357842
Namensvarianten
  • Revertera von Salandra, Friedrich Graf
  • Revertera von Salandra, Friedrich
  • Salandra, Friedrich Revertera von
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Zitierweise

Revertera von Salandra, Friedrich Graf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd139112200.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus ursprüngl. katalan. Fam., d. im 18. Jh. v. Neapel in d. habsburg. Erblande übersiedelt;
    V Anton (1786–1867), k. k. Major, S d. Giacomo (Jakob, 1751-97), ksl. Oberst, u. d. Katharina Pachner, aus Prag;
    M Anna Marie (1800–81), aus Würzburg, T d. Friedrich Ludwig v. Hartmann ( 1844), ghzgl.-würzburg. Hofrat, dann k. k. Reg.rat in Salzburg bzw. Linz;
    St. Petersburg 1863 Elisabeth (1844–99), T d. Nikolaj Alexejewitsch v. Buturlin ( 1867), russ. Gen.lt., Mitgl. d. Kriegsrats d. Zaren, u. d. Elisabeth Sergejewna Fürstin Schtscherbatoff;
    3 S u. a. Nikolaus Georg (1866–1951, österr. Anerkennung als Gf. 1905, Olimpia Aldobrandini, 1868–1928), nach Jurastudium Dipl. in London, Paris, Stuttgart, Konstantinopel u. b. Hl. Stuhl, Großgrundbes., bewirtschaftete seit 1904 d. Güter d. Fam. in Tollet b. Grieskirchen, Helfenberg u. Piberstein, 1896/97 u. 1909-18 Mitgl. d. oberöster. LT, 1918 Rr. v. Goldenen Vlies, begleitete 1918 Ks. Karl ins Exil (s. L), 3 T;
    E Peter Friedrich (1893–1966, Ida Fürstin zu Schwarzenberg, 1894–1974), auf Helfenberg, Piberstein, Schalenberg (Mühlviertel), Tollet, Aigen b. Salzburg u. Wittighausen (Südböhmen), Großgrundbes., Pol., Mitbegr. d. Wald- u. Großgrundbes.verbandes u. d. österr. Holzwirtsch.rats, 1918 Gründer d. Heimatschutzes im Mühlviertel, 1934-38 Mitgl. d. oberösterr. Landesreg., Sicherheitsdir., 1938-44 mehrfach inhaftiert, organisierte 1945 d. Widerstand gegen d. Nat.soz. im Mühlviertel (s. L), Karl (1895–1986), Prof. f. Geol. an d. Univ. Utrecht.

  • Biographie

    R. studierte Rechtswissenschaften in Lemberg und in Wien. 1848 Konzeptsbeamter bei der niederösterr. Landesregierung, wurde er nach Ausbruch der Revolution Berufsoffizier und nahm 1848/49 an den Feldzügen in Italien und Ungarn teil. 1850 trat er in den diplomatischen Dienst ein. Bis 1859 bekleidete er verschiedene Posten in München, Berlin, Stuttgart, Stockholm und Paris, ohne seine militärische Karriere aufzugeben. Erst nach der Teilnahme am Italien-Feldzug 1859 quittierte er den Dienst und ging bis 1863 als Legationsrat nach St. Petersburg. 1864 Zivilkommissär für Schleswig-Holstein, wurde er im selben Jahr zum Gesandten in St. Petersburg ernannt. Die Beziehungen zwischen den beiden Kaiserreichen waren damals infolge des poln. Aufstandes und der propreuß. Haltung Rußlands 1866 sowie des österr.-ungar. Ausgleichs 1867 belastet. Außerdem war R. mit Fragen konfrontiert, in denen sich religiöse und nationale Momente vermengten, wie der Auflösung von kath. Klöstern in Russ.-Polen oder dem erzwungenen Übertritt von Unierten zur Orthodoxie. Wegen Differenzen mit Außenminister Friedrich Frhr. v. Beust verließ R. 1868 den diplomatischen Dienst; in der Folge machte er ausgedehnte Reisen und engagierte sich verstärkt in der österr. Innenpolitik. 1869 von der Kurie des Großgrundbesitzes in den oberösterr. Landtag gewählt, wurde er 1885 zum Mitglied auf Lebenszeit des Herrenhauses des österr. Reichsrates berufen. Er war auch|in den Delegationen tätig und verfaßte viele thematisch breit gestreute Denkschriften und Aufsätze, drei davon anonym. Besonders erwähnenswert ist R.s Anteil an der Ausgestaltung und Organisation des österr. Eisenbahnwesens. Die Krise infolge des Börsenkrachs 1873, der ihn auch persönlich traf, führte ihn zu einer vertieften Beschäftigung mit sozialpolitischen Fragen. R. hatte mit seinen aristokratisch-konservativen Mitstreitern für eine Gesellschaftsreform auf kath.-konservativer Grundlage großen Anteil an der Artikulierung der kath. Soziallehre; ihrer populistisch-demokratischen Umsetzung durch die Christlichsozialen, deren Antisemitismus er ablehnte, stand R. jedoch reserviert gegenüber.

    Nach Beusts Rücktritt als Außenminister bewarb sich R. lange vergeblich um den Wiedereintritt in den diplomatischen Dienst. Erst 1888 begann mit seiner Ernennung zum k. u. k. Botschafter beim Hl. Stuhl die dritte und bedeutendste Phase seines öffentlichen Wirkens. Auch während des Pontifikates Leos XIII. (1878–1903) nahm die „Römische Frage“ in den Beziehungen zwischen Wien und Rom eine wichtige Position ein, doch traten weitere Probleme hinzu: Bischofsernennungen, eskalierende nationale Auseinandersetzungen, die auch auf das kirchlich-religiöse Gebiet übergriffen, die Frage des slaw. Ritus, Aspekte des österr. Kultusprotektorats auf dem Balkan und im Orient, die besonders vom Kardinalstaatssekretär Rampolla betriebene Unterstützung der kath. Massenbewegungen und Überlegungen hinsichtlich der nächsten Papstwahl. R., hervorragender Kenner der ineinandergreifenden Interessensphären von Staat und Kirche in spätjosephin. Zeit und – dank seiner beruflichen und privaten Kontakte in Rußland – Experte für das Nebeneinander von röm.-kath., unierter und orth. Kirche, war gleichzeitig ein überaus loyaler Diener seines ksl. Herrn und des großösterr. Gesamtstaates. Als solcher stand er in Widerspruch zu manchen ungar. Kreisen, die 1901 beim Kaiser schließlich R.s Abberufung durchsetzten.|

  • Auszeichnungen

    k. k. Kämmerer (1856);
    k. k. Geh. Rat (1868);
    Großkreuz (1894) u. Kanzler (1901) d. Leopold-Ordens;
    Großkreuz d. kgl. ungar. Stephans-Ordens (1901) u. d. päpstl. Ordens d. hl. Gregor;
    Ehrenrr. d. souveränen Malteser-Ordens.

  • Werke

    Conclaven d. 19. Jh., in: Hist.-pol. Bll. 132, 1903, S. 186-216;
    Erinnerungen e. Dipl. in St. Petersburg 1860-1863, in: Dt. Revue 28, 1903;
    Rechberg u. Bismarck 1863-1864, ebd.;
    Erinnerungen e. Dipl. in St. Petersburg 1864-1868, ebd. 29, 1904;
    anonym:
    Die ungar. Frage, österr. gedacht, 1877;
    Ein offenes Wort an Justizmin. Dr. Glaser, 1877;
    Lasser gen. Auersperg, Eine cisleithan. Stud., 1877.

  • Literatur

    Neue Freie Presse v. 29.4.1904;
    Salzburger Ztg. v. 29.4.1904;
    H. Sturmberger, Das Schloßarchiv Helfenberg, in: Mitt. d. Oberösterr. Landesarchivs 2, 1952, S. 187-98;
    F. Engel-Janosi, Österr. u. d. Vatikan 1846-1918, I, 1958, S. 256-323 (P);
    G. Adrianyi, F. Gf. R., Erinnerungen (1888–1901), in: Archivum Historiae Pontificae 10, 1972, S. 242-339;
    R. Knoll, Zur Tradition d. christl.soz. Partei, Ihre Früh- u. Entwicklungsgesch. bis zu d. Reichsratswahlen 1907, 1973, S. 111-15, 133-39;
    H. Slapnikka, Oberösterr., Die pol. Führungsschicht 1861-1918, 1983 (auch zu Nikolaus u. Peter);
    ders., F. Gf. R.-Salandra, Botschafter auf wichtigen Posten, Dipl. in schwieriger Zeit, in: Oberösterreicher, Lb. z. Gesch. Oberösterreichs III, hg. v. A. Zauner u. H. Slapnicka, 1984, S. 83-96;
    Widerstand u. Verfolgung in Oberösterr., II, hg. v. Dok.archiv d. österr. Widerstandes, 1982, S. 287-90;
    W. Litschauer, Dok. z. Leben d. Anna v. Revertera, 1993;
    Wurzbach;
    ÖBL;
    zur Fam.:
    GHdA, Gräfl. Häuser B XII, 1988, S. 371-75. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Privatarchiv Helfenberg.

  • Autor/in

    Peter Urbanitsch
  • Zitierweise

    Urbanitsch, Peter, "Revertera von Salandra, Friedrich Graf" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 478-479 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139112200.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA