Lebensdaten
1333 oder 1329 – 1389 oder 1388
Geburtsort
Frankfurt am Main
Sterbeort
Le Quesnoy (Departement Nord)
Beruf/Funktion
Herzog von Niederbayern-Straubing ; Herzog von Bayern ; Graf von Holland-Hennegau ; Graf von Holland und Seeland
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 136871267 | OGND | VIAF: 81144648
Namensvarianten
  • Wilhelm I. von Bayern
  • Wilhelm
  • Wilhem V.
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Zitierweise

Wilhelm I., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd136871267.html [20.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Wilhelm (als Graf von Holland W. V.), Herzog in Baiern, Graf von Hennegau, Holland und Seeland, vierter Sohn des Kaisers Ludwig des Baiern, der erste Graf von Holland aus dem Wittelsbach’schen Hause, geboren im J. 1329, nach einigen Angaben im J. 1333, wurde von seiner Mutter, der Kaiserin Margaretha von Hennegau-Holland, welche die Erbschaft ihres Bruders Wilhelm IV. (vgl. oben) erhalten hatte, im Sommer des Jahres 1346 in dem Lande eingeführt, um als ihr Stellvertreter in ihrer Abwesenheit die Regierung zu führen, wie sie auch von vornherein ihn mit Ausschluß des älteren Bruders Ludwig des Römers, zum Erben desselben erkoren hatte. Der Adel und die Städte Hollands und Seelands wurden nach vielem Sträuben auf einer Ständeversammlung in Gertruidenberg veranlaßt, ihn als solchen anzuerkennen, und W. führte von jetzt mit dem Titel Verbeider (Anwartender) mit Hülfe des unter Vorsitz seines Großonkels Johann von Beaumont tagenden gräflichen Raths die Regierung. Die Mutter kehrte nach Deutschland zurück. Dieses Regiment war aber bei weitem nicht im Stande, die überall gestörte Ruhe aufrecht zu erhalten. Der Adel, bis jetzt durch die kräftigen Hände der Grafen Wilhelm III. und IV. in Zaum, von letzterem dazu fortwährend durch kriegerische Unternehmungen in Athem gehalten, doch schon längere Zeit in verschiedene Parteien gespalten, stand überall in den Waffen. Die Kaiserin hatte, um die Stände zu gewinnen, den von ihrem Vorgänger schon ganz erschöpften Schatz durch übertriebene Schenkungen und dem gräflichen Einkommen schädliche Privilegien vollständig ruinirt und ihre Domänen mit schweren Schulden belastet, während man der Bevölkerung kaum weitere Beiträge abfordern konnte. Namentlich in Seeland hatten die Maßregeln des Verbeiders zur Wiederherstellung der Ordnung Widerstand erweckt. Zierikzee war in vollkommener Rebellion. Dazu kam im J. 1348 ein Krieg mit Utrecht und den Friesen. Es wurde W. fast unmöglich, die Regierungsgewalt, in welcher die Mutter ihm nicht ganz freie Hand gelassen zu haben scheint, aufrecht zu erhalten. Namentlich nachdem der Vater gestorben und Karl IV. allgemein als König anerkannt war, was auch die beiden Onkel, den König von England und den Jülicher Markgrafen, ihre Ansprüche auf die Erbschaft Wilhelm's IV. aufs neue zu erheben veranlaßte. Nur in Hennegau, dessen Besitz Margarethen nicht bestritten wurde, blieb die Ruhe ungestört. Die Kaiserin ließ sich denn auch im Januar 1349 überreden, damit die Länder ihrer Familie nicht verloren gingen, ihrem Sohn Holland, Seeland und Friesland als freien Besitz zu überlassen, während er im Hennegau ihr Statthalter blieb, allein gegen Entrichtung ansehnlicher Geldsummen zur Bezahlung ihrer Schulden und als Leibrente und unter sonstigen Bedingungen, welche weder Beaumont noch die holländischen Städte anerkennen wollten. Ein Theil des Adels und einige Städte zogen es vor, W. einfach als Landesherrn anzuerkennen und erhoben Fehden gegen die bis jetzt im Regierungsrath sitzenden Edlen, die seit Wilhelm III. im Besitz der Gewalt waren, und ihre Anhänger, wogegen andere, namentlich die Stadt Dordrecht, W. nur anerkennen wollten, insoweit die Mutter es bei ihrer Wiederkunft in Holland gutheißen sollte. W. scheint sich, was bei einem so jungen Fürsten begreiflich, den ersteren angeschlossen, die alten Regierungsräthe entlassen und aus den Führern der eigenen Parteigenossen einen neuen Rath gebildet zu haben. Seine Parteigenossen verbanden sich mit dem Utrechter Bischof und verbrannten die gräfliche Residenz Haag. Die Gegner griffen ebenfalls zu den Waffen. Das war der Anfang der Hoek’schen und Kabeljau’schen Kämpfe. Da erschien Margaretha im Anfang des Jahres 1350 in Hennegau, rief den Sohn zu sich und veranlaßte ihn in einer Zusammenkunft in Le Quesnoy, sich ihr zu unterwerfen und seine sämmtlichen Rechte an sie abzutreten. Zur Besiegelung des Vertrags wurde in Gertuidenberg eine Ständeversammlung abgehalten, wo W. die Abtretung wiederholte, was er nachher auch zum zweiten Mal in Dordrecht that. Er ließ sich von Beaumont nach Hennegau führen und widersetzte sich nicht, als Margaretha diesen und nicht ihn zu Zierikzee mit der Statthalterschaft über Holland und Seeland beauftragte. Als Beaumont aber sich weigerte, eilte W. nach Holland, wo die Stadt Delft und seine Parteigenossen unterm Adel, die Kabeljaus, wie sie sich wol nach der bairischen hellblauen Farbe nannten, aufs neue die Waffen ergriffen hatten, und ließ sich als Graf anerkennen. Vergeblich waren alle Versuche, auch die seiner Tante, der englischen Königin Philippa im Namen ihres Gemahls, des Königs Eduard III. und seines Bruders Ludwig von Brandenburg, ihn zu überreden. Er weigerte sich trotzig und brachte selbst Dordrecht und nachher auch Middelburg in seine Gewalt (Sommer 1351). Da erschien eine englische Flotte, um die Rechte der Mutter aufrecht zu erhalten. Vereint mit den Schiffen der Hoek’schen, wie sich die Anhänger Margarethens nannten, brachte sie W. bei Veere eine Niederlage bei; Seeland schloß sich wieder der Kaiserin an, aber als die Sieger jetzt die Maas, oder besser gesagt, den Rhein (denn schon damals war dort die eigentliche Rheinmündung) hinaufsegeln wollten, wurden sie von W. mit großem Verlust geschlagen. Die Kaiserin flüchtete sich nach dem treuen Hennegau. So ward W. Herr seiner niederländischen Besitzungen. Er mußte der Rachsucht seiner Parteigenossen den freien Lauf lassen. Die Hoeks wurden unbarmherzig verfolgt, ihre Führer aus dem Lande gebannt, ihre Burgen gebrochen; auch in den Städten, wo der unselige Streit auch die Bürgerschaft gespalten hatte, vertrieben die Kabeljaus die Hoeks; von jetzt an besaßen sie in den meisten unbedingt und für immer die Mehrheit: die meisten Rathsgeschlechter schlossen sich ihnen an, dermaßen, daß man in den Kabeljaus die städtische, in den Hoeks die Adelspartei erblickt hat. Es währte drei Jahre, ehe W., der sich nach einem Jahre mit König Eduard ausgesöhnt und dessen Nichte Mathilde von Lancaster geheirathet hatte, auch mit der Mutter ein Abkommen traf. Er behielt dabei Holland und Seeland, Hennegau verblieb der Mutter, aber unter der Bedingung, er solle ihr auch dort nachfolgen. Achtzehn Monate später ist das geschehen. Aber nur ein Jahr konnte W. sich der Herrschaft freuen. Dann (Herbst 1357) verfiel er in Wahnsinn, bald dermaßen, daß er, wol der erste Wittelsbacher, der solchem Loos anheimfiel, in Gewahrsam gebracht und seinem jüngeren Bruder Albrecht (s. A. D. B. I, 230) als Ruwaard die Regierung anvertraut wurde. Erst 1389 ist er, ein unheilbarer Kranker, im Schlosse zu Le Quesnoy im Hennegau gestorben. Das war, meinten die Zeitgenossen, die Strafe des Himmels. Von Wilhelm's Persönlichkeit ist wenig bekannt; denn seine Thätigkeit als Regent ist so sehr von den Kämpfen um die Herrschaft beeinflußt, er selber war noch so jung, als er der Führer einer Partei wurde, welche bloß dem|Namen nach für ihn, in Wirklichkeit aber für ihre eigenen Zwecke kämpfte, daß man kaum weiß, wie er selber gesinnt, noch weniger, wie er geartet war. Wenn man aber die Rathschläge liest, welche der berühmte Jurist Philippus a Leydis in seinem Buche De cura reipublicae et sorte principantis, der ersten staatsrechtlichen Arbeit der niederländischen Litteratur, ertheilt, ersieht man, wie schon damals unter den Hennegauern die Ansichten der französischen Legisten Boden gewonnen hatten. Schon kündigen sich dort die burgundischen Regierungsprincipien an, welche bei Wilhelm's beiden Nachfolgern, die in erster Reihe Ritter waren, sich noch kaum merken lassen. Inwieweit W. jenen Begriffen in seiner Regierung entsprochen hat, läßt sich nicht beurtheilen, dazu war seine Herrschaft zu wenig fest begründet und von zu kurzer Dauer. Bedeutend war sie gewiß, denn eine neue Zeit war für Holland und Seeland angebrochen.

    Die Urkunden für Wilhelm's Geschichte, soweit sie gedruckt sind, sind meist bei van Mieris, Groot Charterboek Bd. II zu finden, einige äußerst interessante auch bei van der Bergh, Gedenkstukken tot opheldering der Nederlandsche Geschiedenis, Bd. I. — Vgl. weiter die Fortsetzung von Beka und die freilich nicht zeitgenössischen Chroniken von Johannes a Leydis, Veldenaer, Naeltwyck; das sogenannte Oudt Goudsch Chroycxken; die Divisie-Kronyk Reigersbergh's Chronycke van Zeeland u. s. w. Außer Blok, Geschiedenis van het Nederlandsche Volk, Bd. II, welche die Benutzung von Arend u. s. w. ziemlich überflüssig macht, noch de Jonge, Over den oorsprong der Hoeksche en Kabeljaunsche Twisten; Blok, Eene Hollandsche Stad in de Middeleeuwen; kleinere Artikel von Fruin und Blok in Bijdragen van Nederlandsche Geschiedenis en Oudheidkunde. Auch der erste Band von Löher, Jacobäa von Baiern und ihre Zeit; Wenzelburger, Geschichte der Niederlande I.

  • Autor/in

    P. L. Müller.
  • Zitierweise

    Müller, Pieter Lodewijk, "Wilhelm I." in: Allgemeine Deutsche Biographie 43 (1898), S. 88-90 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd136871267.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA