Lebensdaten
1888 – 1962
Geburtsort
Bayreuth
Sterbeort
Bonn
Beruf/Funktion
Polizeioberst ; Publizist ; führendes Mitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold ; Jurist ; Militär ; Polizeibeamter ; Ministerialbeamter
Konfession
evangelisch-lutherisch
Normdaten
GND: 133756149 | OGND | VIAF: 20883052
Namensvarianten
  • Pfeiler, Hermann
  • Schützinger, Hermann
  • Pfeiler, Hermann
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Schützinger, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd133756149.html [20.04.2024].

CC0

  • Hermann Schützinger war 1922/23 erst in Hamburg-Altona, dann in Dresden als Leiter der sächsischen Landespolizei an führender Stelle im Sinne einer Demokratisierung der Polizei tätig. Als führendes Mitglied und einer der beliebtesten Redner des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold war er ein wichtiger Vertreter des republikanischen Gedankens in der Weimarer Republik, für die er sich auch publizistisch einsetzte.

    Lebensdaten

    Geboren am 23. April 1888 in Bayreuth
    Gestorben am 7. Mai 1962 in Bonn
    Konfession evangelisch-lutherisch
    Hermann Schützinger (InC)
    Hermann Schützinger (InC)
  • Lebenslauf

    23. April 1888 - Bayreuth

    1894 - Lindau

    Übersiedlung der Familie

    - 1908 - Kempten

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Gymnasium

    1908 - 1914 - Regensburg

    Offizierslaufbahn

    11. Bayerisches Infanterie-Regiment

    1914 - 1918 - Nordfrankreich; Westfront

    Kriegsdienst (zuletzt Hauptmann)

    11. Bayerisches Reserve-Infanterie-Regiment; 11. Bayerisches Infanterie-Regiment; 32. Infanterie-Regiment; 13. Bayerisches Infanterie-Regiment; Oberbau-Stab der 5. Armee

    1919

    Mitglied

    SPD

    1919 - 1921 - München

    Studium der Staatswissenschaften

    Universität

    1921 - München

    Promotion (Dr. rer. pol.)

    Universität

    1922 - 1923 - Hamburg-Altona

    Polizeidienst (zuletzt im Rang eines Polizeimajors)

    preußische Polizei

    1923 - 1925 - Dresden

    Chef der Landespolizei, Berater in Militärfragen (zuletzt im Rang eines Polizeioberst)

    sächsische Polizei

    1924 - 1933

    Mitglied

    Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold

    1925 - 1933 - Berlin

    Schriftsteller; Journalist

    1925 - 1933 - Berlin

    Herausgeber

    Sozialdemokratische Korrespondenz; Republikanische Korrespondenz (Pressedienste)

    1933 - 1936 - Berlin

    Herausgeber

    Der Reporter (Pressedienst)

    1936 - 1942 - Berlin

    Mitarbeiter der Anzeigen-Verwaltung (1938/39 unterbrochen)

    Buch- und Zeitschriften Verlag

    Mai 1943 - Mai 1945 - Berlin

    Mitarbeiter des statistischen Referats

    Wirtschaftsgruppe Eisen-, Stahl- und Blechwaren-Industrie

    1945 - 1948 - Berlin

    Leiter der Handelsredaktion

    Berliner Zeitung

    1948 - Saarland

    Übersiedlung

    1950 - 1962 - Bonn

    freiberuflicher Journalist

    7. Mai 1962 - Bonn
  • Genealogie

    Vater Heinrich Schützinger 23.6.1857– 15.9.1920 aus Weißenburg (Mittelfranken); Jurist, Kommunalpolitiker und Heimatforscher; 1894–1919 Bürgermeister von Lindau; Verfasser regionalgeschichtlicher Werke
    Mutter unbekannt
    Heirat 16.3.1922 in München
    Ehefrau Katharina Susanne Schützinger, geb. Klein geb. 12.4.1891 aus Kaiserslautern
    Kinder Heinrich Schützinger 11.4.1924–20.5.2005 Orientalist; seit 1972 außerplanmäßiger Professor an der Universität Bonn
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Schützinger, Hermann (1888 – 1962)

    • Vater

      Heinrich Schützinger

      23.6.1857– 15.9.1920

      aus Weißenburg (Mittelfranken); Jurist, Kommunalpolitiker und Heimatforscher; 1894–1919 Bürgermeister von Lindau; Verfasser regionalgeschichtlicher Werke

    • Mutter

    • Heirat

      in

      München

      • Ehefrau

        Katharina Schützinger

        geb. 12.4.1891

        aus Kaiserslautern

  • Biografie

    Schützinger wuchs in gesicherten bürgerlichen Verhältnissen in Lindau am Bodensee auf, legte 1910 das Abitur in Kempten ab und begann danach eine Offizierslaufbahn in der bayerischen Armee (1913 Leutnant). Seit August 1914 diente er bei verschiedenen Infanterie-Regimentern, zuerst als Bataillons-Adjutant, dann als Kompanieführer, 1918 als Maschinen-Gewehr-Offizier u. a. beim Stab der 5. Armee im Rang eines Hauptmanns. In der ersten Jahreshälfte 1919 war Schützinger Kommandeur der Stadtkompanie Regensburg, einer der sozialdemokratischen Regierung Johannes Hoffmanns (1867–1930) unterstehenden Volkswehreinheit. Seit November 1919 Mitglied der SPD, veröffentlichte er im März 1920 als Reaktion auf den gescheiterten Kapp-Lüttwitz-Putsch in der „Münchener Post“ den kritischen Artikel „Die Reaktion in der Armee“ und wurde unmittelbar darauf aus der Reichswehr entlassen.

    Seit Ende 1919 studierte Schützinger Staatswissenschaften in München, wo er 1921 bei Walther Lotz (1865–1941) zum Dr. rer. pol. promoviert wurde. Im September 1922 trat er in Hamburg-Altona in den Polizeidienst ein und wechselte im Mai 1923 als Leiter der sächsischen Landespolizei nach Dresden. Schützinger war ein entschiedener Befürworter der linksrepublikanischen Reformpolitik des sächsischen Ministerpräsidenten Erich Zeigner (1886–1949), dem er seine rasche Karriere in der sächsischen Polizei verdankte. Als sicherheitspolitischer Berater Zeigners und stellvertretender Reichsratsbeauftragter für den Freistaat Sachsen übte Schützinger erheblichen Einfluss auf die Politik der sächsischen Regierung aus. Er trieb die Demokratisierung der Polizei voran, indem er Schlüsselpositionen mit überzeugten Befürwortern der Republik besetzte, und bereitete die Polizei auf einen konfliktentschärfenden Umgang mit Streiks und inneren Unruhen vor. Nach dem Sturz der Regierung Zeigner wurde Schützinger zum 1. November 1923 zur Disposition gestellt und im April 1925 als Polizeioberst a. D. aus dem sächsischen Staatsdienst entlassen.

    Schützinger siedelte 1925 nach Berlin über, wo er bis 1933 die Pressedienste „Sozialdemokratische Korrespondenz“ und „Republikanische Korrespondenz“ herausgab, die zahlreiche SPD-Parteizeitungen und regionale Zeitungen mit satzfertigen Artikeln belieferten. Nach seinem Ausscheiden aus der Reichswehr trat Schützinger u. a. als Mitglied der Deutschen Liga für Menschenrechte und in der v. a. von SPD und USPD getragenen „Nie wieder Krieg“-Bewegung hervor. Zudem engagierte er sich in pro-republikanischen Organisationen: im Republikanischen Führerbund, dem er im Juni 1919 als Gründungsmitglied beitrat, im Republikanischen Reichsbund und in der Republikanischen Beschwerdestelle.

    Der Schwerpunkt von Schützingers politischem Engagement lag im 1924 gegründeten Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Bereits 1922 hatte er in München den Ausbau des sozialdemokratischen Selbstschutzes, der Auer-Garde, gegen Demonstrationen und Angriffe der völkischen Rechten vorgeschlagen. Schützinger gehörte seit 1929 dem Reichsausschuss des Reichsbanners an, der dessen Bundesvorstand beriet. Neben Berthold von Deimling (1853–1944), Otto Hörsing (1874–1937) und Paul Löbe (1875–1967) zählte er zu den beliebtesten Rednern des Reichsbanners im Reich.

    Schützinger setzte sich für den Ausbau des Reichsbanners als republiktreuer Hilfspolizei ein und unterstützte das Reichskartell Republik, das sich im Reichsbanner dem Kleinkaliberschießen widmete. Darüber hinaus setzte er gegen zahlreiche Widerstände innerhalb des Verbands eine Stärkung der politischen Bildungsarbeit des Reichsbanners durch, u. a. durch den Aufbau örtlicher Büchereien. In seiner publizistischen Arbeit trat er u. a. der Dolchstoßlegende entgegen und verteidigte den Republikschutzverband gegen Linksintellektuelle wie Kurt Tucholsky (1890–1935), die das Reichsbanner als einen Verband von in Routinen befangener „Sonntagsrepublikaner“ kritisierten, denen es an positiven politischen Reformideen mangle.

    Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde Schützinger nach Angaben seines Sohnes kurzzeitig verhaftet, sämtliche seiner Schriften wurden verboten. In der Folgezeit betrieb er bis 1936 ein Schreibbüro und gab den Pressedienst „Der Reporter“ heraus. Dort rief er im Oktober 1933 „alle ehemaligen Reichsbannerleute und Sozialdemokraten“ dazu auf, in der Reichstagswahl am 12. November 1933, die zugleich eine Volksabstimmung über den von Adolf Hitler (1889–1945) verkündeten Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund war, „ihre Stimme, Mann für Mann, für die Reichsregierung abzugeben.“ Von 1936 bis 1942 war Schützinger – mit einer Unterbrechung 1938/39 – in der Anzeigen-Verwaltung des „Berliner Buch- und Zeitschriften Verlags“ tätig. 1942/43 arbeitete er bei der Reichsstelle für technische Erzeugnisse, von Mai 1943 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im statistischen Referat der dem Reichswirtschaftsministerium unterstellten Wirtschaftsgruppe Eisen-, Stahl- und Blechwaren-Industrie. Von Oktober 1945 bis 1948 leitete Schützinger die Handelsredaktion der „Berliner Zeitung“ und wirkte von 1950 bis zu seinem Tod als freiberuflicher Journalist in Bonn. Nach 1945 nur noch sporadisch politisch aktiv, engagierte er sich 1948 in der von Fritz Küster (1889–1966) gegründeten, kurzlebigen „Forschungsgemeinschaft des Anderen Deutschland“, die durch kritische Publikationen zur Rolle der Wehrmacht im „Dritten Reich“ einen Beitrag zum demokratischen Neuaufbau Deutschlands leisten wollte.

  • Auszeichnungen

    vor 1925 Mitglied der Deutschen Liga für Menschenrechte
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abt. IV, OP 49 443. (Offizierspersonalakte)

    Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität München, M-II-45p Schützinger, Hermann. (Promotionsakte)

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 8 034-III/432. (Presseausschnitte 1923–1931)

    Bundesarchiv, Koblenz, N 1209/127. (Exemplar von „Der Reporter“, Oktober 1933)

  • Werke

    Monografien:

    Die Waffen hoch! Roman, 1914. (unter dem Pseudonym Hermann Pfeiler)

    Das Lied vom jungen Sterben. Kriegsroman aus dem Ban-de-Sapt, 1918.

    Das Wirtschaftsproblem des Völkerbundes und der Sozialismus. Die zwischenstaatliche Organisation als Problem der sozialistischen Wirtschaftsauffassung, 1921. (Diss. rer. pol.)

    Der Kulturkampf um die Republik, 1923.

    Der Kampf um die Republik. Ein Kampfbrevier für republikanische Frontsoldaten, 1924.

    Bürgerkrieg, 1924.

    Auferstehung. Eine Legende aus der Wahrheit des Krieges, 1924.

    Zusammenbruch. Die Tragödie des deutschen Feldheeres, 1924.

    Von Schlieffen zu Hitler. Das Offizierskorps, die Reichswehr, die Generalität, die „Strategie“ des zweiten Weltkrieges, der Feldherr Hitler, 1947.

    Aufsätze und Artikel:

    Die Reaktion in der Armee, in: Münchener Post, Nr. 69 v. 23.3.1920.

    Die deutsche Arbeiterklasse und die Wehrfragen der Zukunft, in: Sozialistische Monatshefte 27 (1921), S. 439–447.

    Die Wurzeln der deutschen Niederlage in der kaiserlichen Armee, in: Sozialistische Monatshefte 28 (1922), S. 165–174.

    Die Gestaltung der Polizei und der Wehrmacht in der deutschen Republik, in: ebd., S. 986–992.

    Die Bayrische Bewegung, in: Sozialistische Monatshefte 29 (1923), S. 216–219.

    Neue Wege der Schutzpolizei, in: Die Polizei 20 (1923/24), S. 307–309, 330–333 u. 350–353.

    Neue Kampfformen der KPD, in: Die Polizei 21 (1924), S. 266–268

    Das Friedenswerk der Frontsoldaten, in: Die Glocke 10 (1924), S. 1100–1102.

    Auskehr des Faschismus, in: Junge Republik N. F. 1 (1924), H. 1, S. 7–14.

    Neue Wehrmacht, in: Sozialistische Monatshefte 31 (1925), S. 77–81.

    Artikel 48, in: ebd., S. 156–159.

    Selbstregierung, in: ebd., S. 742–746.

    Reichsbanner und republikanischer Gedanke, in: Weltbühne 22 (1926), Bd. 2, S. 494 f.

  • Literatur

    Joachim Lilla, Der Reichsrat. Vertretung der deutschen Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Reichs 1919–1934. Ein Biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung des Bundesrates November 1918–Februar 1919 und des Staatenausschusses Februar-August 1919, 2006, S. 282.

    Lothar Wieland, Aus der Zeit ohne Armee. Ehemalige Wehrmachtoffiziere im Umfeld des Pazifisten Fritz Küster, 2009.

    Benjamin Ziemann, Die verzögerte Abkehr von der Gewalt. Hermann Schützingers Wandlung zum Pazifisten, in: ders., Gewalt im Ersten Weltkrieg. Töten-Überleben-Verweigern, 2013, S. 173–197. (P)

    Dieter Riesenberger, Soldat der Republik. Polizeioberst Hermann Schützinger (1888–1962), in: Wolfram Wette unter Mitwirkung von Helmut Donat (Hg.), Weiße Raben. Pazifistische Offiziere in Deutschland 1871–1933, 2020, S. 321–341. (W)

    Karl-Heinrich Pohl, Sachsen 1923. Das linksrepublikanische Projekt – eine vertane Chance für die Weimarer Demokratie?, 2022, S. 248–257.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Bildpostkarte, ca. 1929, Abbildung in: Benjamin Ziemann, Gewalt im Ersten Weltkrieg, 2013, S. 195. (Original im Besitz des Verfassers)

    Passfoto, nach 1945, Landesarchiv Baden-Württemberg. Staatsarchiv Sigmaringen, Wü 13 T 2 Nr. 2512/156. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Benjamin Ziemann (Sheffield)

  • Zitierweise

    Ziemann, Benjamin, „Schützinger, Hermann“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/133756149.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA