Lebensdaten
1898 – 1988
Geburtsort
Bielefeld
Sterbeort
Bielefeld
Beruf/Funktion
Graphiker ; Photograph
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 13303674X | OGND | VIAF: 161145542433396640318
Namensvarianten
  • Strüwe, Carl Heinrich Jacob
  • Strüwe, Carl
  • Strüwe, Carl Heinrich Jacob
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Zitierweise

Strüwe, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd13303674X.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Carl (1863–1937), Malermeister, Lehrer an d. Maler-Fachschule in B., Ehrenmeister u. Ehrenmitgl. d. Malerinnung ebd.;
    M Wilhelmine Dunkel (1875–1956), aus B.; 4 jüngere B Erich, Malermeister, übernahm 1937 d. väterl. Betrieb, Hobbymaler, Heinz, Lithograph in B., später in Berlin-Wilmersdorf, Werner († 1995), Lithograph in B., später in Bochum, Walter, Bauing. in Dresden, Hobbymaler;
    Bielefeld 1923 Hedwig (1896–1992), aus B., T d. Auguste Haase (* 1867); kinderlos.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Volksschule 1905–13 absolvierte S. eine Lehre als Lithograph bei der E. Gundlach AG, Bielefeld (1917 Gesellenprüfung). 1917/18 nahm er am 1. Weltkrieg teil und kehrte 1919 wieder zu Gundlach nach Bielefeld zurück. Neben seiner Angestelltentätigkeit als gelernter Lithograph und Graphiker in diesem Großbetrieb besuchte er 1919–23 Kurse in Zeichnen, Malerei und Schrift in Abend- und Sonntagsklassen der Handwerker- und Kunstgewerbeschule Bielefeld bei den Professoren Ludwig Godewols (1870–1926) und Karl Muggly (1884–1957) (Zeichnen, Malerei) sowie Fritz Eich (1887–1957) (Schrift u. Buchausstattung).

    Anfang der 1920er Jahre begann S., sich autodidaktisch mit der Photographie auseinanderzusetzen. Zunächst entstanden Reise- und Landschaftsbilder, die sich seit 1924 gezielt auf die Spuren der Staufer in Italien richteten. 1939 erneut zum Kriegsdienst eingezogen, konnte er seit Juli 1940 mit Unterstützung der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung an seinem Projekt „Hohenstaufen in Italien“ weiterarbeiten. 1945 wurden bei einem Bombenangriff auf Bielefeld sein Archiv und zahlreiche seiner Arbeiten zerstört. Das Ziel einer photographisch-literarischen Historiographie verfolgte er bis 1952 weiter; 1986 erschien das Buch „Hohenstaufen in Italien, Bilder und Worte“.

    S.s Hauptaugenmerk galt jedoch der Mikrophotographie. Angeregt durch Zeichnungen Ernst Haeckels (1834–1919) und Photographien Karl Blossfeldts (1865–1932), sah er im Mikrokosmos einen eigenen künstlerischen Fundus, den er photographisch erschloß. 1926 entstand seine erste bildbezogene Arbeit u. d. T. „Weiß über Grau schwebend“, eine Schwarzweißphotographie mit Kamera und Lichtmikroskop vom Kieferknochen des Wals. Sie verbindet Abbildungsgenauigkeit mit Formgebung und folgt – zusammen mit weiteren Arbeiten dieser Zeit –, dem Stil der Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre, den S. mit dem Blick auf den Mikrokosmos bereicherte. Eine Neuentwicklung stellte die Werkgruppe „Urbilder, Sinnbilder“ seit Anfang der 1930er Jahre dar. Hier entstanden Mikrophotographien mit symbolischer Bedeutung zu Titeln wie „Urbild der Individualität“ (Einzelschalen v. Diatomeen), „Urbild des Kollektivs“ (Lebensgemeinschaften v. Grünalgen) oder „Urbild der Abwehr“ (Brennhaare der Nessel): Sie sollten auf Zusammenhänge zwischen Mikrokosmos und allgemeinen Lebensprinzipien verweisen. In seinem mikrophotographischen Spätwerk der 1950er Jahre löste|sich S. von den bisherigen Vorstellungen und schuf auf der Grundlage des Erarbeiteten eine eigene, autonome Bildwelt. Sie wurde durch Publikationen und Ausstellungen Teil der „Experimentellen“ und „Subjektiven Fotografie“ dieser Zeit und ergänzte diese Richtungen mit ihren besonderen Bildleistungen. Das letzte Werk, „Finale“ (1959), ist eine Belichtungsmontage aus Fragmenten zerbrochener Diatomeenschalen, die S. zu einem Symbol des Verfalls in vollendeter Bildkomposition verdichtete.

    Das Werkverzeichnis zur Mikrophotographie S.s weist 246 Werke aus. Seine Monographie „Formen des Mikrokosmos, Gestalt und Gestaltung einer Bilderwelt“ (1955) stellte mit ihren 96 Bildtafeln das künstlerische Resümee der bis dahin 30jährigen Arbeit zu dem Thema dar. Die Bildfolge orientiert sich nicht an chronologischen oder objektbezogenen Standards, sondern an einer ,Neuen Ordnung`, die S. als eine eigene „formbetrachtende Systematik“ vertrat. Damit und mit seinen Texten zu Aufgabe, Ziel und Technik seines Faches begründete S. eine eigene Bildgattung, die künstlerische Mikrophotographie. Neben seiner freikünstlerischen Tätigkeit arbeitete S. bis 1963 als angestellter Graphiker für Werbung und Buchkunst in der Bielefelder E. Gundlach AG und verfaßte zudem bis in die 1970er Jahre Lyrik und Prosa.

    S.s Arbeiten fanden besonders in den 1950er Jahren Eingang in die Photoavantgarden ihrer Zeit, so in die Technokunst-Bewegung „The New Landscape“ von György Kepes in den USA und in die „Subjektive Fotografie“ von Otto Steinert (1915–78) in Deutschland. S. hat nie gelehrt, doch berufen sich namhafte Bildkünstler wie der Kunst- und Wissenschaftsfotograf Manfred Paul Kage (* 1935) und die Fotokünstlerin Claudia Fährenkemper (* 1959) auf sein Vorbild. Sein Werk ist heute in nationalen und internationalen Sammlungen vertreten.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. im Bund Dt. Gebrauchsgraphiker/Grafik-Designer e. V. (BDG) (1923–82), d. SPD (1931–33 u. 1946–48), im Kulturbund z. Demokrat. Erneuerung Dtlds. (seit 1947), in d. Dt. Ges. f. Photographie e. V. (DGPh) (1951–70);
    Kulturpreis d. Stadt Bielefeld (1986).

  • Werke

    photogr. Hauptwerke in d. Kunsthalle Bielefeld;
    weitere Arbb. u. a. in: Brooklyn Mus., Brooklyn, New York;
    Nat. Gallery of Canada, Ottawa, Ontario;
    Mus. Ludwig Köln;
    Mus. f. Kunst u. Gewerbe Hamburg;
    Slg. Goetz München;
    – Hohenstaufen in Italien, Bilder u. Worte, Mit e. Einl. v. G. Jäger, 1986;
    Nachlaß:
    C.-S.-Archiv Bielefeld (Gesamtwerk, schriftl. Nachlaß, Archivalien).L K. G. Heise, Natur u. Kunstform, Zum Problem d. Mikrofotografie, in: Die Zeit v. 6. 3. 1947, S. 4;
    Alfred Richard Meyer (Munkepunke), Zur Ausst. C. S., Formen d. Mikrokosmos, Lübeck, 1948, in: die maer von der musa expressionistica, Düsseldorf, 1948;
    A. Gewehr, Gestaltende Mikrofotografie, C. S. Seine Arbeiten, in: Photo-Prisma, Jg. 1950, S. 312;
    F. Roh, Formen d. Mikrokosmos, Ausst.besprechung, in: Die Kunst, Juni 1957;
    G. Jäger, C. S., Das fotogr. Werk 1924–1962, 1982;
    ders., Mikrofotografie im künstler. Kontext in Dtld. v. 1947 bis 1966, in: Mikrofotografie, hg. v. L. Derenthal u. Ch. Stahl, 2010, S. 125–35;
    ders., Mikrofotografie als Obsession, Das fotogr. Werk v. C. S. (1898–1989), 2011 (W, L, P);
    R. Mißelbeck, Dt. Lichtbildner, Wegbereiter d. zeitgenöss. Photogr., 1987;
    C. S., Reisen in unbek. Welten, hg. v. J. Hülsewig-Johnen, G. Jäger u. Th. Thiel, Ausst.kat. Kunsthalle Bielefeld 2012 (Qu, W, L, P)

  • Porträts

    | Selbstporträt mit mikrofotogr. Geräten, Fotogr., um 1947 (Bielefeld, C.-S.-Archiv).

  • Autor/in

    Gottfried Jäger
  • Zitierweise

    Jäger, Gottfried, "Strüwe, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 592-593 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd13303674X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA