Lebensdaten
1679 – 1742
Geburtsort
Bregenz
Sterbeort
Weingarten
Beruf/Funktion
Bildhauer
Konfession
katholisch?
Normdaten
GND: 132993554 | OGND | VIAF: 75029255
Namensvarianten
  • Kuen, Franz Anton
  • Cuen, Franz Anton

Quellen(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Kuen, Franz Anton, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd132993554.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Georg (1642–91), Baumeister, S d. Michael (s. Einl.);
    M Anna Barbara Lorenz;
    Bregenz 1723 N. N., T d. Bildhauers Joh. Winkel.

  • Biographie

    K. ging 1692 für 4 Jahre zu Anton Khriner in Wolfratshausen (Oberbayern) in die Lehre. Seit 1712/13 war er in Nordböhmen tätig. 1718/19 kehrte er nach Bregenz zurück, wo er spätestens 1737 Ratsmitglied wurde. Zwischen seiner Lehrzeit in Oberbayern und dem archivalisch gesicherten Auftreten 1713 in Ossegg (Böhmen) klafft eine biographische Lücke von zwei Jahrzehnten. Möglicherweise hat er um 1700 in der Werkstätte seines späteren Schwiegervaters Johann Winkel in Bregenz gearbeitet. Auffallend ist außerdem die stilistische Verwandtschaft mit dem 5 Jahre jüngeren Tiroler Matthias Bernhard Braun, der seit 1710 in Prag faßbar ist. Werke von K. und Braun wurden schon öfters verwechselt; die Frage, wer wen beeinflußt hat, ist ungeklärt, eine gemeinsame Wurzel ihres Schaffens – Italien und Salzburg – ist sicher. K.s Steinskulpturen verraten die Nachfolge Berninis in eigenständiger Formung, namentlich ist an Einflüsse von Bernini-Nachfolgern wie Ercole Ferrata und an Pierre Legros zu denken. Die Roßlenker auf der Schloßtreppe in Veltrusy (1716/18) haben neben der Antike auch den Pferdebändiger von Michael Bernhard Mandel in Salzburg zum Vorbild. Die wenigen Jahre in Böhmen waren seine beste Zeit. 1713-16 lieferte er eine Menge von Stein- und Holzfiguren für die von Ottavio Broggio umgebaute Zisterzienserklosterkirche Ossegg, gleichzeitig arbeitete er auch für mehrere Kirchen in der näheren|und weiteren Umgebung. Diese zahlreichen Aufträge wurden mit mehreren Gehilfen (u. a. J. E. Richter) ausgeführt, was auch die wechselnde Qualität erklärlich macht. Die Ossegger Fassadenskulpturen wirken durch Material und Materialität, die der Bildhauer voll zur Geltung bringt. Die Evangelisten, von denen Lukas selbstbewußt als Bildhauer dargestellt ist (Selbstbildnis), übertreffen an Wucht und an Kühnheit der zerschlagenen Silhouette auch Brauns Steinfiguren. Gelöst sich emporrankende Leiber kontrapunktiert K. (analog zu Brokoff) bei betonter Körperlichkeit mit „mächtig aufgeblasenen“ Gewändern (Blažíček), die ihre stoffliche Bestimmtheit verlieren, und nur noch bewegte Masse für Licht- und Schattenspiel sind. Vollends der Matthäus mit dem Laokoon-Kopf ist an plastischer Vitalität eine der beispielhaften Figuren des deutschen (nicht nur des böhmischen) Barock. – Ruhiger sind dagegen K.s Holzfiguren gehalten. Die Bewegung der Körper ist geschmeidiger, die Gewänder sind ziselierter geschnitten; vor allem zeigt sich ein verfeinerter Ausdruck, ein Lyrismus, als ob „bereits das künftige Prager Frührokoko“ vorweggenommen wäre (Blažíček). Als K. spätestens 1719 nach Bregenz zurückkehrt, wird diese Tendenz, die schließlich auch die Steinskulpturen erfaßt, noch augenfälliger, etwa in der „Immaculata“ von Deuchelried (1721/22), und im „Johann von Nepomuk“ in Neufra/Donau (1725), der das berühmte Vorbild von Rauchmüller und J. Brokoff (1683) sentimentalisch reflektiert. Den böhm. Elan zeigt K., nun bezeichnenderweise im Material Stuck um 1720 noch einmal in den Prophetengruppen auf den Vierungspfeilern der Klosterkirche Weingarten, für die er noch weitere Figuren ausgeführt hat.

    In Prag, wo es damals zwei Dutzend Bildhauerwerkstätten gab, konnte oder wollte K. nicht Fuß fassen. Nach der Rückkehr an den Bodensee war er zunächst viel beschäftigt, lebte als geachteter und vermögender Bürger in Bregenz, aber als Künstler entzieht er sich uns mehr und mehr. Es ist noch nicht gelungen, für seine beiden letzten Lebensjahrzehnte ein stimmiges Oeuvre zu erstellen. K.s Wirkung darf nicht unterschätzt werden; hatte er in Böhmen J. E. Richter und J. A. Tietz beeinflußt, so schuf er am Bodensee als Steinbildhauer die Voraussetzung für Joh. Jos. Christian, während ein geringeres Talent wie der Kemptener Bildhauer J. G. Brem gänzlich von ihm zehrt. Auch Feuchtmayer hat sich von ihm anregen lassen. K. arbeitete in Stein, Holz, Stuck und Terrakotta; er hat sich auch mindestens einmal als Architekt versucht (Entwurf der Rathausfassade Wangen, 1711). – Im letzten Stadium des Spätbarock ist K. in Böhmen neben Braun und F. M. Brokoff zweifellos die interessanteste Persönlichkeit. Im Bodenseeraum vermittelt er als der bedeutendste Vorarlberger Bildhauer des 18. Jh. mit wenigen, aber beispielhaften Werken den Übergang vom Spätbarock zu Régence und Rokoko.

  • Auszeichnungen

  • Werke

    Weitere W u. a. Apostelköpfe, um 1700 (Bregenz, Landesmus., Zuschreibung);
    figürl. Schmuck d. Kanzel, Beichtstühle, Chorgestühl, Orgelprospekt, 1713-16 (Ossegg, Zisterzienserklosterkirche);
    Holzfiguren a. d. Wallfahrtskirche Maria Ratschitz, 1713-14 (Prag, Nat.gal.);
    Wenzel u. Joh. v. Nepomuk, 1713 (Wissotschan, Kirche);
    Altarfiguren, 1713/16 (Kosel, Pfarrkirche);
    Herkules u. Mucius Scaevola, um 1718 (Kladrau b. Mies, Benediktinerstift, Zuschreibung);
    Fassadenskulpturen am Rathaus, 1719/20, Wangen/Allgäu;
    Hl. Stanislaus Kostka, 1721/22 (Feldkirch, Heimatmus.);
    figürl. Schmuck d. Hochaltars, 1720/23 (Rheinau, Benediktinerabteikirche, Zuschreibung);
    dgl., 1721/24 (Säckingen, Fridolinsmünster, Zuschreibung);
    Epitaph f. Weihbischof Geist v. Wildegg, 1722/23 (Konstanz, Münster);
    Fassadenskulpturen, 1723 (Einsiedeln, Benediktinerstiftskirche);
    Giebelskulptur d. Nepomuk, 1733 (Meßkirch, Nepomukkapelle);
    Immaculata, um 1730 (Mainz, Privatbes.).

  • Literatur

    O. Sandner, Die Kuen, 1962, S. 22-27 (Abb., L);
    ders., Kat. Barock am Bodensee, Plastik, 1964;
    E. Bachmann, in: Barock in Böhmen, hrsg. v. K. M. Svoboda, 1964, S. 149 f.;
    O. J. Blažíček, in: Vorarlberg 3, 1970, S. 29-36 (Abb.);
    G. Spahr, Die Basilika Weingarten, 1974;
    ThB.

  • Autor/in

    Oscar Sandner
  • Zitierweise

    Sander, Oscar, "Kuen, Franz Anton" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 217-218 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd132993554.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA