Lebensdaten
1520 – 1569
Geburtsort
vermutlich Konstanz
Sterbeort
Lauingen/Donau
Beruf/Funktion
katholischer und evangelischer Theologe ; Hofprediger Kaiser Maximilians II.
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 131553429 | OGND | VIAF: 10981859
Namensvarianten
  • Phauser, Johann Sebastian
  • Pfauser, Johann Sebastian
  • Phauser, Johann Sebastian
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Zitierweise

Pfauser, Johann Sebastian, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd131553429.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Die Fam. stammt möglicherweise aus Österr.; Eltern unbekannt;
    2) Dorothea, T e. Pfarrers in Linz; mehrere K, u. a. Benignus.

  • Biographie

    P., über dessen Jugend nichts bekannt ist, hatte zunächst eine Pfarre in Sterzing (Tirol) inne. Anfang der 1550er Jahre wurde der populäre Kanzelredner als Hofprediger nach Wien berufen. Doch entließ Kaiser Ferdinand I. ihn nach kurzer Zeit wieder, da P. unverhohlen Kritik an der röm. Kirche geäußert und das Zölibat gebrochen hatte. Im Herbst 1554 trat P. in den Dienst Maximilians II. (1527–76), der an der couragierten Haltung des Theologen Gefallen fand.

    P. nahm in seinem Denken viele Ansätze der humanistischen und reformatorischen Kirchenkritik auf, etwa in der Rechtfertigungslehre, der Ekklesiologie oder in liturgischen Fragen, jedoch ohne sich offen von der kath. Kirche loszusagen. Damit stand er im Einklang mit einer am Wiener Hof stark vertretenen Strömung, die durch eine gemäßigte Kirchenreform und ein weitgehendes Entgegenkommen an die Protestanten die Glaubensspaltung überwinden zu können glaubte. Seine heftigen Ausfälle gegen die röm. Kirche, seine Popularität bei der ev. Bevölkerung Wiens und sein starker Einfluß auf den Thronfolger erregten den Argwohn der kath. Kreise am Kaiserhof. Insbesondere mit den Jesuiten um Petrus Canisius (1521–97) trug P. heftige Kontroversen aus, weshalb diese ihn beim Kaiser wiederholt als heimlichen Lutheraner denunzierten. Ferdinand zog P. deshalb mehrfach zur Verantwortung, so etwa im Dezember 1555, als er dem Hofprediger einen Fragenkatalog zur Beantwortung vorlegte, um dessen Rechtgläubigkeit zu prüfen. Mit Einverständnis Maximilians übersandte P. diesen Katalog an Philipp Melanchthon, der in einem Gutachten P.s Haltung als schriftgemäß bestätigte. Ferdinand ging dennoch immer schärfer gegen P. vor, weil er diesem die Schuld an den ev. Neigungen Maximilians gab. Der Kaiser konnte schließlich nur unter Androhung von Gewalt erreichen, daß der Thronfolger im März 1560 seinen|Prediger entließ. Auf Vermittlung Maximilians nahm P., der jetzt offen zum Luthertum übertrat, Mitte August 1560 eine Stelle als Pastor und Superintendent in Lauingen/Donau an, wo er später auch am neugegründeten Gymnasium illustre predigte. Der streitbare Theologe stand dabei in engem Kontakt mit Jacob Andreae (1528–90). Im April 1569 kam P., der nach 1564 von Ks. Maximilian finanziell unterstützt wurde, nochmals kurzzeitig nach Wien, um gemeinsam mit David Chytraeus (1531–1600) an der Ausarbeitung einer Kirchenagende für die ev. Landstände Niederösterreichs mitzuwirken, doch starb er vor Beginn der Verhandlungen an einem Schlaganfall.

  • Quellen

    Qu Bayer. HStA München, KBÄA 4233; Articuli XXXVIII adversus J. S. Pfauserum, in: D. Gerdes (Hg.), Scrinium antiquarium, sive miscellanea Groningana nova (…), VII/1, 1762, S. 97-101; A. Gindely, Qu. z. Gesch. d. Böhm. Brüder (…), 1859, S. 125-84.

  • Literatur

    ADB 25;
    N. Reusner, Icones sive imagines virorum literis illustrium (…), 1587, S. 159 f. (P);
    M. Adam, Vitae Germanorum theologorum (…), 1620, S. 415 f.;
    M. Hansiz, Germania Sacra, II, 1729, S. 616 f.;
    B. Raupach, Ev. Oesterr. (…), 1732, S. 54-56;
    ders., Erläutertes ev. Oesterr. (…), 1736, S. 130-32, Beil. 12, S. 109-13 (P);
    ders., Presbyteriologia Austriaca (…), 1741, S. 140 f.;
    J. G. Schelhorn, Ergoetzlichkeiten aus d. Kirchenhistorie u. Lit., I, 1762, S. 95-109;
    G. Th. Strobel. Nachr. v. d. Leben J. S. P., ev. Hofpredigers Kg. Maximilians (…), 1785;
    E. Reimann, Die rel. Entwicklung Maximilians II. in d. J. 1554-1564, in: HZ 15, 1866, S. 1-64;
    O. H. Hopfen, Ks. Maximilian II. u. d. Kompromißkatholizismus, 1895, S. 22-36 u. ö.;
    C. Wolfsgruber, Die k. u. k. Hofburgkapelle u. d. k. u. k. geistl. Hofkapelle, 1905, S. 73-76, 605;
    V. Bibl, Maximilian II., Der rätselhafte Kaiser, 1929, S. 71 u. ö.;
    M. Weigel, J. Wopper u. H. Ammon, Neuburg. Pfarrerbuch, 1967, S. 101;
    W. Pass. Musik u. Musiker am Hof Maximilians II., 1980, S. 29-35;
    A. Edel, Der Kaiser u. Kurpfalz. Eine Studie zu d. Grundelementen pol. Handelns b. Ks. Maximilian II. 1564-1576, 1997;
    Jöcher;
    Jöcher-Adelung;
    Wetzer/Weite, Kirchenlex.;
    Zedler.

  • Porträts

    Kupf. v. J.-J. Boissard u. Th. de Bry, Bibliotheca chalcographica (…), 1652-69.

  • Autor/in

    Andreas Edel
  • Zitierweise

    Edel, Andreas, "Pfauser, Johann Sebastian" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 304-305 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd131553429.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Phauser: Johann Sebastian P. hat sich eine Stelle in der deutschen Geschichte als Hofprediger Maximilians II. erworben. Er wurde 1520 in Kostnitz geboren. Ueber seine Jugend wissen wir nichts. Nach dem schmalkaldischen Kriege treffen wir ihn in Sterzing in Tirol als Pfarrer. Als Michael Geizkofler von der Universität nach Hause kam, suchte P. ihn oft heim und vernahm gern aus seinem Munde, wie es in Wittenberg und Leipzig zugegangen sei, und was Luther, Melanchthon und andere öffentlich gepredigt haben. Er theilte das Abendmahl unter beiderlei Gestalt aus und sprach gegen die Lehren des Papstthums. Er war ein tüchtiger Kanzelredner; aus weit entlegenen Dörfern gingen viele Leute zu ihm in die Kirche, und oft blieben reisende Kaufleute am Sonntagmorgen in Sterzing, um seine schönen Predigten zu hören (Wolf, Lukas Geizkofler p. 19). Bei dem empfindlichen Mangel an solchen Priestern, welche des Wortes mächtig wären und durch ein frommes Leben erbauen könnten, wurde P, dem Könige Ferdinand empfohlen; dieser nahm ihn — wir wissen nicht zu welcher Zeit — in Dienst und war auch recht zufrieden mit ihm; aber er entließ ihn, weil derselbe verheirathet war und sich von seinem Weibe nicht trennen mochte. Nach einiger Zeit berief Maximilian, des römischen Königs ältester. Sohn, P. zu sich, und der Vater ließ es geschehen, ohne Schlimmes zu ahnen. Als nun die Kunde sich verbreitete, Maximilian habe die evangelische Lehre angenommen, begab sich der böhmische Bruder Blahoslaw nach Wien, um sich von der Wahrheit des Gerüchtes zu überzeugen. Er ging am 10. März 1555 in die Kirche, wo P. predigte, und suchte ihn auch persönlich auf. Er fand in ihm einen Mann, welcher seine Stellung zwischen den beiden großen religiösen Parteien genommen zu haben schien, jedoch seine evangelische Gesinnung durchblicken ließ. P. erzählte viel von Maximilian, wie fromm er sei, wie er das Gute liebe und die Wahrheit feurig vertrete. Die Jesuiten aber waren wachsam, und Canisius verklagte den Thronerben und seinen Hofprediger bei Ferdinand, welcher einen Reichstag in Augsburg abhielt. Auch Karl V. erfuhr Unangenehmes über Maximilian und schickte deshalb den Spanier Juan de Ayala nach Wien, um Erkundigungen an Ort und Stelle einzuziehen, und die Nachrichten lauteten nicht günstig für die katholische Kirche. Da mußte P. den Hof verlassen und wurde nach Steiermark verbannt. Aber Maximilian legte sich ins Mittel, und er kehrte wieder zurück. Ferdinand verlangte nun von ihm mehr Rechtgläubigkeit, es kamen recht heftige Auftritte zwischen beiden vor, und die Jesuiten sowie Andere bereiteten ihm Nachstellungen. „Ich kann", schrieb er am 3. Februar 1556 an Blahoslaw, „in Wahrheit wider die, welche nach meinem Blut auf das grausamste lechzen, mit Elias ausrufen: „Ich bin allein übrig geblieben, und sie stehen danach, daß sie mir mein Leben nehmen." Ungetrübt bestand dagegen das innige Verhältniß zwischen Maximilian und P. fort. Jener tröstete diesen wegen der Verfolgungen, die er leiden mußte. „Gott lebt“, schrieb er ihm einmal, „die Ungerechten und Lügner werden umkommen.“ Der Hofprediger wiederum nennt ihn in Briefen den starken Daniel, den starken Löwen; sich selbst bezeichnet er scherzhaft als den berühmten Ketzer. Gegen Ende des Jahres 1558 begab sich Ferdinand nach Augsburg auf den Reichstag. Hier empfing sein Hofprediger, der Bischof v. Gurk, vom Erzbischof von Salzburg im Januar 1559 einen Brief, in welchem dieser schrieb: „wie ihm berichtet werde, habe P. am vierten Adventsonntag und am Tage des Apostels Johannes so ärgerlich und leichtfertig wider den römischen Stuhl und die katholische Kirche gepredigt, daß dergleichen in Zwingli’schen Städten und Orten nicht geduldet werde.“ Die Nachricht ist dem Kaiser ohne Zweifel mitgetheilt worden. Als er im Anfange des Herbstes nach Wien zurückkehrte, drang er stärker als vorher in seinen Sohn, den schlimmen Prediger wegzuthun. Er verhandelte beinahe täglich mit ihm darüber, und als er mit Bitten und Flehen nichts ausrichtete, ward er heftiger und schroffer. Er gelangte endlich im Januar 1560 so weit, daß dem Hofprediger Schweigen auferlegt und seine gänzliche Entfernung erwartet wurde. Wirklich mußte Maximilian sich dazu verstehen. Noch gab er die Hoffnung nicht auf, ihn wiederzuerhalten; „inzwischen“, schrieb|er am 12. März, „müssen wir es unserem eigenen Mittler befehlen und Geduld haben ....... Seid getröstet und gedenkt, daß wir, so Christum bekennen, müssen verfolgt sein und das Kreuz leiden und tragen.“ Am folgenden Tage wendete sich Maximilian an Christoph von Würtemberg, um dem Vertriebenen ein Unterkommen zu verschaffen, und der Herzog versprach es auch. Aber P. erschien nicht bei ihm, vielmehr erfuhr der Bischof Hosius von Ermeland, welcher als Nuntius vom Papste nach Wien gesendet worden war, um Maximilian zu bekehren, daß der unzüchtige d. h. verheirathete Priester die Erblande noch gar nicht verlassen habe, sondern sich in einem Kloster bei Wien aufhalte. Als er diese schmerzliche Kunde dem Kaiser mitgetheilt hatte, schickte dieser zwei Abgesandte nach dem 6 Meilen entfernten Kloster. Sie fanden den Abt schon von allem unterrichtet und vorbereiter. Indem er geltend machte, daß er nicht unter bischöflicher Gewalt stände, wollte er sich keiner Untersuchung unterwerfen; aber die Beauftragten beriefen sich auf den Befehl des Kaisers und des Nuntius. Da holte der Abt zu seiner Vertheidigung ein Schreiben Maximilian's hervor, in welchem er dringend aufgefordert worden war, dem Hofprediger einen Zufluchtsort zu gewähren. Nun mußte dieser wirklich fortziehen. Maximilian schrieb für ihn an den Herzog von Würtemberg und an den Pfalzgrafen von Neuburg. In des Letzteren Gebiet, in Lauingen an der Donau, wurde P. evangelischer Pastor und Superintendent und lebte dort bis zu seinem Tode, der am 6. Juni 1569 durch einen Schlagfluß erfolgte.

    • Literatur

      Reimann, die religiöse Entwicklung Maximilians II., in den Histor. Ztschr. XV, 1 ff.

  • Autor/in

    Reimann.
  • Zitierweise

    Reimann, Eduard, "Pfauser, Johann Sebastian" in: Allgemeine Deutsche Biographie 25 (1887), S. 737-739 unter Phauser [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd131553429.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA