Lebensdaten
1853 – 1918
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
bei Ulm/Donau
Beruf/Funktion
Chemiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 12435940X | OGND | VIAF: 269259951
Namensvarianten
  • Haeußermann, Carl Friedrich
  • Haeußermann, Carl
  • Haeußermann, Carl Friedrich
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Haeußermann, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd12435940X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich (1823–94), Metzger, S d. Gemeindepflegers Gg. Jakob in Wolfsölden, u. d. Christine Dor. Mayer;
    M Gottliebin (1812–81), T d. Bauern Johs. Ergenzinger in Kornwestheim u. d. Christine Lörcher;
    ⚭ Anna Hubertine Beiell (* 1861); 2 Pflege-T.

  • Biographie

    Nach zweijähriger Apothekerlehre studierte H. seit 1869 Chemie, zunächst am Polytechnikum (heute TH) in Stuttgart und seit 1871 an der Polytechnischen Hochschule (heute TH) in München, wo er Privatassistent E. Erlenmeyers wurde. 1872 ging er nach Stuttgart zurück, wurde 1. Assistent bei H. von Fehling und las, damals 19jährig, aushilfsweise Chemie für Pharmazeuten. Der Militärdienstzeit und einer praktischen Tätigkeit in verschiedenen Farbenfabriken folgten 1876 die Promotion in Heidelberg und 1877 die Habilitation am Polytechnikum in Stuttgart. Hier las er über Teerfarbenfabrikation, später auch über „Neuere Probleme der synthetischen Chemie“. Während dieser Lehrtätigkeit – er war zwischendurch 1½ Jahre in einer französischen Farbenfabrik tätig – hielt er ständigen Kontakt zur chemischen Industrie, der er bei Neueinrichtung von Fabrikationsanlagen beratend zur Seite stand.

    1883 trat H. als Subdirektor in die Firma Chemische Fabrik Griesheim-Elektron ein und wurde unter Verzicht auf die Lehrtätigkeit schließlich Vorstandsmitglied. Unter seiner Leitung entstanden in Griesheim in kurzer Zeit große Anlagen zur Erzeugung von Teerfarben, anorganischen und organischen Zwischenprodukten, Anilin, Anilinsalzen, Nitrobenzol, Toluidin und deren Derivaten. Er hat in dieser Zeit der aufstrebenden deutschen chemischen Industrie wesentliche Dienste geleistet, indem er die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Forschungen der praktischen Auswertung in der Produktion zuführte. – Eine Wende hinsichtlich seines Arbeitsgebietes trat ein, als H. in seiner Eigenschaft als Leiter des chemisch-technischen Teils der Fabrik Griesheim mit Genehmigung des Preußischen Kriegsministeriums als beratender Chemiker bei den Versuchsarbeiten der Königlichen Pulverfabriken Hanau herangezogen wurde. Er kam mit der Industrie der Sprengstoffe in Berührung. Die Chemie der Explosivstoffe wurde von nun an sein bedeutendstes Arbeitsgebiet. Er stieß bei seinen Arbeiten auf 2.4.6-Trinitrotoluol (TNT), arbeitete ein Verfahren für die technische Herstellung aus und untersuchte als erster die explosiven Eigenschaften der Verbindung. Er empfahl der Regierung, das bisher als Granatfüllung verwendete 2.4.6-Trinitrophenol (Pikrinsäure) durch TNT abzulösen, das im Gegensatz zu Pikrinsäure neutral reagiert (also mit Metallen keine Salze bildet), sich infolge seines niedrigen Schmelzpunktes leichter gießen läßt und bei nur wenig geringerer Brisanz und Sprengwirkung mechanisch unempfindlicher ist. H. konnte sich mit seiner Ansicht zunächst nicht durchsetzen. Erst 1901 ging die Sprengstoffindustrie auf der Grundlage des H.schen Verfahrens zur großtechnischen Herstellung des TNT über, und 1902 führte die preußische Heeresverwaltung die Verbindung als Sprengladung ein. Im Weltkrieg 1914/18 war TNT der am meisten verwendete Sprengstoff. Bei seinen Arbeiten über die aromatischen Nitroverbindungen befaßte sich H. auch mit dem Hexanitrodiphenylamin, das er ebenfalls zur Verwendung als Sprengstoff vorschlug. Die Verbindung kam im Weltkrieg 1914/18 zur Anwendung, vornehmlich als Unterwassersprengstoff. – 1891 wurde H. an die TH Stuttgart als Nachfolger von C. Marx auf den Lehrstuhl für chemische Technologie berufen. 1906 trat er aus Gesundheitsgründen vom Hauptamt zurück, blieb aber noch bis 1914 der Hochschule als Lehrbeauftragter verbunden.

    H. hat mit seinen Arbeiten über Teerfarben und Nitrosprengstoffe neue Wege eingeschlagen. Auch zur Lösung des Problems der Nitrierung von Zellulosen hat er Bedeutendes beigetragen. Er hat in den verschiedenen Zeitschriften über seine Arbeiten berichtet und in Monographien und Handbuchartikeln das Wissen seiner Zeit auf den Gebieten der Teerfarbstoffe, der Sprengstoffe und Zündwaren sowie der Nitrozellulosen zusammengefaßt.

  • Werke

    W u. a. Die Industrie d. Teerfarbstoffe, 1884;
    Über d. explosiven Eigenschaften d. Trinitrotoluols, in: Zs. f. angew. Chemie 4, 1891;
    Herstellung v. α-Trinitrotoluol, ebd.;
    Verhalten d. Cellulose gegen reine Salpetersäure, ebd. 23, 1910, 26, 1913;
    Elektrolyt. Reduktion d. Nitrobenzols, in: Chemiker-Ztg. 17, 1893;
    Herstellung v. Kaliumperchlorat auf elektrolyt. Wege, ebd. 18, 1894 (mit W. Naschold);
    Zur Kenntnis d. Acetylcellulose, ebd. 29, 1905;
    Denitrierung d. Pyroxyline, ebd.;
    Sprengstoffe u. Zündwaren, 1894;
    Abkömmlinge d. Phenyläthers, in: Berr. d. Dt. Chem. Ges., 1896, 1897, 1901;
    Zur Kenntnis d. Nitrozellulose, ebd., 1903, 1904;
    Alfred Nobel u. d. Erfindung d. Nitroglyzerinpulver, 1904;
    Zur Kenntnis d. Xyloidine, in: Zs. f. d. ges. Schieß- u. Sprengstoffwesen, 1906-08;
    Zur Kenntnis d. Pyroxiline, ebd.,|1906;
    Über d. Einwirkung d. Salpetersäure auf Cellulose, ebd., 1908;
    Pikrinsäure u. Hexanitrodiphenylamin, ebd., 1910;
    Brenn- u. Explosivstoffe, in: Jb. d. Chemie, hrsg. v. R. Meyer, 1909;
    Explosivstoffe, in: Ungers Jb., 1914;
    Die Nitrozellulosen, ihre Bildungsweisen, Eigenschaften u. Zusammensetzung, 1914.

  • Literatur

    C. v. Hell, in: Zs. f. angew. Chemie 31, 1918, S. 413 f.;
    B. Lepsius, in: Berr. d. Dt. Chem. Ges. 51, 1918, S. 1683-85 (P);
    A. Schweitzer, in: Chemiker-Ztg. 42, 1918, S. 397 f. (P);
    DBJ II (Tl. 1918, L);
    Ch. Belschner, in: Württ. Nekr. f. d. J. 1918 u. 1919, 1922, S. 47-51 (W, L).

  • Autor/in

    Karl-Heinz Swart
  • Zitierweise

    Swart, Karl-Heinz, "Haeußermann, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 459-460 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd12435940X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA