Lebensdaten
1549 – 1622
Geburtsort
Eger (beziehungsweise Wogau bei Eger)
Sterbeort
Prag
Beruf/Funktion
Erzbischof von Prag ; Prämonstratenser
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 123963761 | OGND | VIAF: 23062403
Namensvarianten
  • Lohelius, Johann
  • Lohel, Johann
  • Lohelius, Johann
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Lohel, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd123963761.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    L. war, e. päpstl. Dispensatio super defectu natalium v. 1602 zufolge, mit großer Wahrscheinlichkeit v. unehel. Geburt, sein Vater war Fuhrmannsknecht. Auf seine Herkunft weist d. Heber im Mittelschild seines Wappens als Erzbischof hin, ebenso d. Münzdevise „Suscitans a terra inopem et de stercore erigens pauperem“.

  • Biographie

    L. kam mit dem Prämonstratenser-Stift Tepl, der ersten Stätte seines späteren Wirkens, 1564 zunächst als Stalljunge in Berührung, dann als Diener des Abtes Johannes Meyskönig. Dieser förderte die geistigen und musischen Talente des jungen Mannes, was zunächst zu dessen Anstellung als Organist führte. 1573 wurde L. in den Prämonstratenserorden aufgenommen; nach zweijährigem Noviziat legte er in Tepl die Ordensgelübde ab, denen 1576 die Priesterweihe folgte; auf diese hatte er sich im Prager Bartholomäuskonvikt u. a. durch Studien in Rhetorik und Philosophie unter Anleitung von Jesuiten, darunter Edmund Kampians, vorbereitet. Es schloß sich ein zweijähriges Theologiestudium in Prag an; sonn- und feiertägliches Messelesen in einer Kapelle der verödeten Strahover Stiftskirche führte L. erstmals an einen weiteren Ort seiner späteren Tätigkeit Nach der Rückkehr in das Stift Tepl engagierte er sich (zusammen mit Abt Meyskönig) für die Wiederherstellung der Klosterdisziplin; in der zum Protestantismus übergegangenen Stadt Tepl entfaltete er eine erfolgreiche gegenreformatorische Aktivität. Frömmigkeit, rhetorische Fähigkeiten und ein asketischer Lebenswandel führten dazu, daß L. innerhalb des Prämonstratenserordens rasch Karriere machte. 1578 zum Subprior in Tepl ernannt, wurde er noch im selben Jahr in das Amt eines Priors des halbverfallenen Stifts Strahov eingesetzt. Von einer kurzen Tätigkeit als „Rector conventus“ in Tepl 1583 abgesehen, blieb Strahov, wo L. 1586 die Abtswürde erhielt, für Jahrzehnte der Mittelpunkt seines Wirkens; 1612 löste ihn Kaspar v. Questenberg als Abt ab. L. wurde „zum Retter und zweiten Gründer“ Strahovs. Seine Leistung bestand in der baulichen, wirtschaftlichen und institutionellen Wiederherstellung des Stifts. Die bauliche Wiederherstellung erfolgte mit finanzieller Hilfe Kaiser Rudolfs II. und befreundeter Magnaten; wichtige Daten sind der Bau der Stiftskirche St. Rochus (1587) und die Wiederherstellung der verfallenen Klosterkirche (1588/1605). Größere Rückkäufe ehemaliger Stiftsbesitzungen konnten 1598 getätigt werden. Die Klosterzucht wurde, wo nötig, von L. mit unerbittlicher Rigorosität wiederhergestellt; der Heranbildung von geeignetem Nachwuchs diente zunächst die Einrichtung eines Knabenseminars, dem 1603 ein– aus dem Mutterkloster Steinfeld (Eifel) beschicktes – Ordensseminar folgte. Schon 1594 legte er den Grundstock zu der berühmten Strahover Klosterbibliothek, die er in der Folge dank Bücherspenden bereicherte. Die Ernennung von L. zum Generalvikar des Ordens für Böhmen, Mähren, Schlesien, Österreich, Ungarn und Polen 1587 erweiterte seinen Wirkungskreis über den bisherigen lokalen Rahmen hinaus. In den seiner Jurisdiktion unterstellten Konventen griff er streng durch, um die Wiederherstellung der Klosterzucht zu erzwingen und Wahlen von Klostervorstehern in seinem Sinne zu lenken. Im Zuge dieser Maßnahmen ließ er sich 1589 von Kaiser Rudolf II. die Abtwürde des heruntergekommenen Seelau (bei Humpoletz) übertragen. Anläßlich einer Romreise 1601 erhielt L. von Papst Clemens VIII. die ausdrückliche Anerkennung seiner Tätigkeit als Ordensreformator.

    1603 ernannte ihn EB Sbinco de Berka von Prag zum Weihbischof (Konsekration 1604). Die Ernennung des zunächst widerstrebenden L. wurde von Rudolf II., der wiederholt in Regierungsangelegenheiten den Rat L.s suchte, gefördert. 1605 nahm L. aktiv an der Prager Synode teil; das Amt des Weihbischofs behielt er auch unter Berkas Nachfolger Karl v. Lamberg bei. Dessen krankheitsbedingte Unfähigkeit, sich in den Religionsunruhen 1611 zu behaupten, führte dazu, daß L. noch im selben Jahr auf Vorschlag von Kaiser Matthias zum Koadjutor des Erzbischofs bestimmt wurde. Am 12.5.1612 wurde er von Papst Paul V. bestätigt. Nach dem Tode Lambergs am 12.9.1612 konnte L. den erzbischöfl. Stuhl besteigen. Wie seine Vorgänger übernahm er auch die Würde eines Großmeisters der Kreuzherren. 1616 vollzog er die Krönung Annas, Gemahlin Kaiser Matthias', 1617 krönte er Ferdinand II. zum König von Böhmen. Im Zuge seiner gegenreformatorischen Tätigkeit griff L. in die Auseinandersetzungen um die Auslegung des Majestätsbriefs von 1609 aufgrund der von ihm festgehaltenen grundherrlichen Obrigkeit über die (zur Herrschaft Osseg gehörige) Bergstadt Klostergrab energisch ein, was in der Schließung und 1617 im Abriß der neuerbauten ev. Kirche gipfelte. Der mit ländlichen Unruhen und nachhaltigem konfessionellen Druck verbundene Konflikt brachte L. in Gegensatz zu Statthaltern, Defensoren sowie Landständen und führte nach dem zeitweiligen Erfolg des böhm. Aufstandes für den Erzbischof zum Landesverweis; das dreijährige Exil verbrachte er großenteils in Wien, zeitweise im Zisterzienserstift Neuberg (Steiermark). Nach der Restituierung der habsburg. Herrschaft nutzte L., nach Prag zurückgekehrt, die letzten Jahre seines Lebens zum Wiederaufbau des Prager Kirchenwesens; das Kathedralkapitel verdankte ihm die freie Propstwahl, die Geistlichkeit erhielt auf seine Initiative hin wieder Sitz und Stimme auf dem Landtag. Für die bis zuletzt verfolgte gegenreformatorische Linie seines Wirkens erscheint es bezeichnend, daß auf seine Initiative hin Papst Gregor XV. die Kelchkommunion der Laien untersagte. Die seit 1614 von L. aus Gewissensgründen betriebene Rückstellung der 1580 zum erzbischöfl. Tafelgut gezogenen Herrschaft Osseg an den Zisterzienserorden erlebte er nicht mehr. L., der sich als Ordensreformator und Kirchenfürst unbestreitbare Verdienste erworben hat, galt als „copie vivante“ des hl. Norbert und fand Eingang in die Litanei der Seligen und Heiligen des Prämonstratenserordens.

  • Werke

    In d. Hauptsache ungedr. Mss. u. Briefe;
    Verz. b. Dlabacz, S. 32-39, u. Goovaerts, S. 529-31.

  • Literatur

    G. J. Dlabacz, Leben d. frommen Prager EB|J. L., 1794 (W, P);
    E. Weyrauch, Gesch. u. Beschreibung d. kgl. Stift Strahöver Bibl., 1858;
    A. Frind, Die Gesch. d. Bischöfe u. Erzbischöfe v. Prag, 1873;
    S. Brunner, Ein Chorherrenbuch, 1883, S. 525, 566-69;
    K. Pichert, J. L., Sein Leben u. s. Tätigkeit im Prämonstratenserorden u. als EB v. Prag, in: Analecta Praemonstratensia 3, 1927, S. 125-40, 264-83, 404-22;
    A. Zelenka, Die Wappen d. böhm. u. mähr. Bischöfe, 1979, S. 50;
    G. Christ, Köln u. Prag am Vorabend d. 30j. Krieges, Ferd. v. Wittelsbach u. J. L. in ihrer Rolle als Koadjutor u. EB im Rahmen d. kirchl. Strukturen ihrer Zeit, in: Festschr. Karl Bosl, 1983, S. 53-69;
    L. Goovaerts, Ecrivains, Artistes et Savants de l'ordre de Prémonstré, Dict. Bio-Bibliographique, 1899, S. 523-31 (W, L, P);
    Hierarchia Catholica Medii et Recentioris Aevi IV, 1935, S. 288, 308;
    LThK.

  • Porträts

    Gem. (Eger, Rathaussaal).

  • Autor/in

    Günter Christ
  • Zitierweise

    Christ, Günter, "Lohel, Johann" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 122-124 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123963761.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA