Lebensdaten
1557 – 1644
Geburtsort
Utrecht
Beruf/Funktion
Theologe
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 123407427 | OGND | VIAF: 73883665
Namensvarianten
  • Uytenbogaert, Johann
  • Wtenbogaert, Johannes
  • Bogaert, Jan U. den
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Zitierweise

Uytenbogaert, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd123407427.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Uytenbogaert: Johann U. nimmt unter den Anhängern des Arminius unbezweifelt die wichtigste und einflußreichste Stelle als Hauptführer der remonstrantischen Partei, ausgezeichneter Prediger und bedeutender Theologe ein. Mit großer Besonnenheit und Mäßigung, unermüdetem Eifer und hohem Ernste lenkte er Jahre lang die remonstrantische Sache durch zahlreiche Schwierigkeiten hindurch, welche ihr zunächst auf kirchlichem, dann aber auch auf politischem Gebiet erwuchsen. Den 11. Februar 1557 zu Utrecht als Sohn des Augustin U. und der Helena oder Heylwich Hamel geboren, erhielt er seine erste wissenschaftliche Erziehung an der vorzüglichen Hieronymusschule seines Geburtsortes und trat danach in den Dienst erst eines Rechtsanwaltes und dann eines Secretärs des Statthalters von Geldern, Johann v. Nassau. Seine religiösen Ansichten hatten sich schon damals einigermaßen der katholischen Kirche entfremdet; als er aber die Predigt des Huibert Duifhuis gehört und das Büchlein des Johann Anastasius, „Der leken Wechwyser“ gelesen hatte, beschloß er um 1578 zum Protestantismus überzutreten. Um sich für das Predigtamt auszubilden ging er 1580 nach Genf, wo er sich weit mehr von Perrot und Goulart als von Beza angezogen fühlte. Nach vollendetem Studium kehrte er 1584 über Zürich und Basel nach Utrecht zurück, wo er noch im selben Jahre eine Predigerstelle erhielt. Dort wirkte er neben Helmichius, Sopingius und Modet, welche unter Leicester's Regierung die Aufhebung der den Consistorialen sehr anstößigen St. Jacobigemeinde durchzusetzen wußten. So erhielt denn auch U., ungeachtet seiner milden Gesinnung, nach der Aenderung des Regimentes 1588 den Abschied. Bald kam er nun im Haag in Berührung mit dem Prinzen Moritz und Oldenbarnevelt; 1589 zum Prediger berufen, gelangte er allmählich zu großem Ansehen und Einfluß als bevorzugter Prediger der Aristokratie und Lehrer des Prinzen Friedrich Heinrich. In noch engere Verbindung trat er zu dem ihn besonders hochschätzenden Statthalter, als er diesem seit 1599 als Feld- und bald hernach als Hofprediger jährlich ins Lager folgte. Darüber ward er unvermerkt in die vielen damaligen Streitfragen über das Verhältniß von Staat und Kirche verwickelt. So trat er vermittelnd und rathgebend auf in den kirchlichen Händeln, welche sich besonders zu Utrecht erhoben hatten, bei der Wahl des Arminius als Professor zu Leiden und hat bei fast allen kirchlichen Fragen seiner Tage mitgewirkt. Mit lobenswerther Mäßigung und versöhnender Klugheit arbeitete er zur Förderung des Friedens innerhalb der Kirche, wurde aber den streng calvinistischen Predigern immer mehr als freisinniger Theolog und als Diplomat verdächtig, besonders als die Streitigkeiten über die Praedestinationslehre zwischen Gomarus und Arminius zum Ausbruch gekommen waren. Umsonst versuchte er die sich immer mehr verbitternden Zwistigkeiten zu beschwichtigen, um sie der Entscheidung durch eine Nationalsynode zuzuführen. Aber seine öffentliche Erklärung, daß ein allgemein bindendes Glaubensbekenntniß unzulässig sei, und sein freundschaftliches Verhältniß mit Oldenbarnevelt, welcher sich der Unabhängigkeit der Kirche vom Staate stets energisch widersetzte, vereitelten jeden wohlgemeinten Friedensversuch. Als Arminius 1609 gestorben war, trat U. noch mehr als Führer der Partei in den Vordergrund. Er war im|folgenden Jahre der Urheber der vielberufenen und angefochtenen Remonstration, welche die Arminianer zur Vertheidigung ihrer Lehren den Staaten einreichten. Diese Vertheidigungsschrift erhöhte nur noch den Zorn der streng Kirchlichen; keinen geringeren Anstoß nahmen diese an Uytenbogaert's „Tractaet van de macht der Overheid in kerkelyke zaken“. Ein wüthendes Geschrei erhoben sie wider ihn wegen seiner Bemühungen für die Wahl des Konrad Vorstius zum Professor an der Leidener Hochschule, nachdem er selbst dieses Amt abgeschlagen hatte. Zur Wiederherstellung des Kirchenfriedens führte auch die Haager Conferenz nicht, an welcher U. einen bedeutenden Antheil hatte. Die Contraremonstranten widersetzten sich vielmehr fortwährend jeder Revision des Glaubensbekenntnisses und fuhren fort, gegen den Hofprediger wie gegen Oldenbarnevelt, Hugo de Groot und alle freisinnigen Prediger und Staatsleute zu lärmen. Besonders widerlich wurde U. von dem Haager Prediger Rosaeus verleumdet und angefochten. Um 1616 änderte sich auch das bisherige Wohlwollen des Prinzen Moritz gegen ihn, wohl weil der Hofprediger ihm seinen nicht tadellosen Lebenswandel ernsthaft vorgehalten hatte. Als nun in den nächstfolgenden Jahren der Prinz sich den Contraremonstranten anschloß, Oldenbarnevelt's Macht und Einfluß abnahm, die von U. geförderte zweite Remonstration ohne Erfolg blieb, die Nationalsynode bewilligt und zu Dordrecht zusammenberufen wurde und der Landesadvocat verhaftet war, kam auch für den Hofprediger die Zeit, auf seine eigene Sicherheit bedacht zu sein. Heimlich zog er nach Rotterdam, sandte von dort aus sein Abschiedsgesuch an den Haager Kirchenrath und entzog sich der ihm drohenden Verhaftung im September 1618 nach Antwerpen. Am 29. October wurde er von der südholländischen Synode seines Amtes entsetzt und bald nachher von den Staaten unter Confiscation seiner Güter verbannt. Inzwischen führte er von Antwerpen aus einen unausgesetzten Briefwechsel mit den nach Dordrecht geladenen Remonstranten und nach ihrer Verbannung war er die Seele der auf eine Organisation der Gemeinde gerichteten Bewegung, welche von der Versammlung seiner Parteigenossen zu Walwyk und Antwerpen ins Werk gesetzt wurde. Vielbeschäftigt blieb er in Antwerpen bis zum Ende des zwölfjährigen Stillstands, ging aber dann nach Frankreich, wo er sich in Rouen niederließ. Umsonst natürlich versuchte die katholische Geistlichkeit ihn in Güte für ihre Partei und Spanien zu gewinnen; seiner Religion und seinem Vaterlande treu, fuhr er fort, mit Wort und Schrift der remonstrantischen Sache unausgesetzt und mit höchster Hingabe zu dienen. Nach dem Tode des Prinzen Moritz kehrte er im September 1626 heimlich nach Rotterdam und Haag zurück, da Friedrich Heinrich den Remonstranten besser gesinnt war, sodaß ihre Lage sich hoffnungsvoller gestaltete. Wiewol nun auch fast alle ihre Prediger nach Holland zurückkehrten und die Magistrate an manchen Orten ihre gottesdienstlichen Zusammenkünfte stillschweigend duldeten, war es U. doch wider den Sinn, daß vorsichtige politische Klugheit dem Prinzen nicht erlaubte, die Mandate wider die Remonstranten sofort aufzuheben. Gleichwol besserte sich allmählich die Lage der Remonstranten. Im J. 1629 wurden Uytenbogaert's Wohnung und Güter zurückgegeben und seit 1631 konnte er sich im Haag, Rotterdam, Utrecht und anderwärts frei bewegen. Unermüdlich blieb er als Director mit den Angelegenheiten der remonstrantischen Brüderschaft beschäftigt, arbeitete eifrigst für die Errichtung eines Seminars, förderte die Berufung des Episcopius zum Professor der Theologie zu Amsterdam und predigte noch bisweilen mit großem Beifall zu Rotterdam, Delft und im Haag, zum letzten Male 1637. 1640 starb ihm seine treue Gattin Maria Petitpas und 1643 raffte der Tod auch seinen Freund Episcopius hinweg. Am 4. September 1644 schloß ihm selbst der Tod die Augen. Im Dom zu Utrecht ward er bestattet, tief beweint von seinen vielen Freunden als der tüchtige, arbeitsame, gemäßigte, fromme und gelehrte Streiter und Leiter der remonstrantischen Partei. Zahlreich sind seine meist anonym erschienenen Apologieen und Streitschriften, unter welchen besonders hervorragen sein „Tractaet van het ambt der overheid in kerkelyke Zaken" (1610), „Naerder Bericht" (1612), „Oprecht en noodtwendigh bericht" (1614), „Noodighe antwoordt op der Contra Remonstranten Tegenvertoogh" (1617), „Schriftelyke verantwoordinghe" (1619), „Achabs biddagh" (1619), „Rymoedigh Underzoeck" (1619), „Oprecht verhael“ (1628), „Vorstant van de vryheyt der Conscientie“ (1639) u. a. m. Von großer Bedeutung sind auch seine „Onderwysinge in de Christelicke religìe“ (1640), die „Kerkelicke Historie“ welche 1646 zu Rotterdam erschien, und die von ihm hinterlassene Autobiographie.

    Dr. H. C. Rogge, Johannes Uytenbogaert en syn tyd, Amsterdam 1874—76, 3 Bde. (eine treffliche Arbeit). Kürzere Nachrichten bei Van der Aa, Biogr. Wordenb. und Glasius, Godgel. Nederl.

  • Autor/in

    J. C. van Slee.
  • Zitierweise

    Slee, Jacob Cornelis van, "Uytenbogaert, Johann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 39 (1895), S. 441-443 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123407427.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA