Lebensdaten
1757 – 1832
Geburtsort
Heidenheim (Mittelfranken)
Sterbeort
Rödelheim bei Frankfurt/Main
Beruf/Funktion
Massoret ; Drucker ; hebräischer Philologe ; jüdischer Theologe
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 122702964 | OGND | VIAF: 69817285
Namensvarianten
  • Heidenheim, Benjamin Wolf
  • Heidenheim, Wolf
  • Heidenheim, Benjamin Wolf
  • mehr

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Zitierweise

Heidenheim, Wolf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122702964.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Simson;
    M N. N.;
    1) 1788 N. N., T d. Götz Anschel aus Wetzlar, 2) 1824 Helene, T d. Jos. Treindel;
    1 T aus 2).

  • Biographie

    H., der der „Henri Etienne der hebräischen Literatur“ und der „Mendelssohn des Machsor“ (Festgebetbuchs) genannt wurde, studierte an der Talmudschule in Fürth und später in Frankfurt. Dort beeinflußte ihn stark Salomon Dubno, der Mitarbeiter Mendelssohns an dessen Pentateuchübersetzung. H.s wissenschaftliche Leistung lag auf den Gebieten der hebräischen Grammatik, der schwierigen Lehre von den Akzentzeichen und der Vokalisierung der biblischen Texte, der Massora, und der Herausgabe korrekter Texte und Übersetzungen der hebräischen liturgischen Bücher. Er wirkte seit 1788 zunächst in Offenbach, wo er eine großangelegte Pentateuchausgabe begann, sie aber aus Geldmangel einstellen mußte. 1798 verband sich H. mit Baruch Baschwitz und erhielt durch Vermittlung des um die Aufhebung des Leibzolls in Süddeutschland verdienten Hofjuden Wolf Breidenbach von Graf Vollrath von Solms-Rödelheim das Privileg zur Eröffnung einer „orientalischen und okzidentalischen Druckerei“ in Rödelheim bei Frankfurt. Diese Offizin bestand unter dem Namen J. Lehrberger – zuletzt im Besitze des Verlages M. Kaufmann – bis zur Hitlerzeit. H. gab in ihr die erste große Ausgabe der Festgebete mit hebräischem wissenschaftlichem Apparat und deutscher Übersetzung, auch der schwierigen poetischen Einlagen, heraus. Beigefügt waren eine grundlegende literarhistorische Einleitung und eine alphabetisch-biographische Liste der religiösen Dichtungen und ihrer Dichter. H. wurde damit der Vorgänger von Zunz und dessen Arbeiten zur synagogalen Poesie. Das von H. edierte tägliche Gebetbuch erreichte bis in die 20er Jahre unseres Jahrhunderts über 150 Auflagen und wurde auch nach dem 2. Weltkriege wiederholt nachgedruckt. E. D. Goldschmidt schreibt von diesen Ausgaben: „To this day, apart from minor corrections, the text of the Liturgical Books is that of H.“ Auch der Pentateuch in verschiedenen Ausgaben und andere liturgische Bücher wurden von H. herausgegeben. Er benutzte zu seinen Arbeiten alte Drucke und Manuskripte, die bis ins 13. Jahrhundert hinabreichen. Daneben verfaßte er Arbeiten über die hebräischen Akzente, über Grammatik und Massora. Zeit seines Lebens hatte er gegen unerlaubte Nachdrucke und Plagiate zu kämpfen. Seine Ausgaben wurden erst durch die Seligmann Baers übertroffen, der 1868 einen Teil von H.s Nachlaß und eine viel größere Auswahl von Handschriften und alten Drucken als H. benutzen konnte. H.s großer handschriftlicher Nachlaß ist heute weit zerstreut.

  • Werke

    Weitere W u. a. Ode an ihre hochgfl. Erlaucht Herrn Vollrath, hebrä. u. dt., Rödelheim 1799;
    Meboh Halaschon (Grammatikal. Abhh.) hebrä., 1806;
    Mischpetej Hat'amim (Üb. d. Akzente), 1812. - Hrsg.: A. Ibn Esra, Mosnajim, Grammat. Schr., Offenbach 1791;
    Mikra Meforasch, Kommentierte Pentateuchausg. (bis Genesis 40, 16), ebd. 1798;
    Sefer Kerobot (Machsor), hebrä. mit hebrä. Kommentar u. dt. Übers. u. hebrä. Einl. „Hapiutim we-Hapajtanim“ (Dichtungen u. Dichter), 9 Bde., 1800-02 (viele Aufll.), Einl. auch gesondert mit Ergg. v. H. J. Michael, hrsg. v. J. Berlin, 1839;
    Sidur Sefat Emet (tägl. Gebetbuch), hebrä., 1806 (üb. 150 Aufll.);
    Pentateuch mit dt. Übers., 5 Bde., 1818;
    Sidur Safa Berura (tägl. Gebetbuch) mit dt. Übers., 1823 (viele Aufll.).

  • Literatur

    ADB XI;
    L. Lewin, Materialien zu e. Biogr. W. H.s, in: Mschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judentums 44, 1900, 53, 1909;
    ders., Zum 100. Todestage W. H.s, ebd. 76, 1932;
    ders., Heidenheimiana, in: Jeschurun 10, 1923;
    S. Poznanski, Die Ketuba d. W. H., in: Mschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judentums 47, 1903;
    Lewinsky, Eine Ode W. H.s a. d. J. 1795, ebd. 48, 1904;
    I. Rosenthaler, Zur Biogr. W. H.s, ebd. 49, 1905;
    E. D. Goldschmidt, Studies on Jewish Liturgy by German Jewish Scholars, Year Book II, Leo Baeck Institute, London 1957, S. 122;
    Jewish Enc. VI, New York 1904, S. 319 f.;
    Enc. Jud.;
    Jüd. Lex. II, 1920 (P).

  • Autor/in

    Heinz Mosche Graupe
  • Zitierweise

    Graupe, Heinz Mosche, "Heidenheim, Wolf" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 248-249 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122702964.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Heidenheim: Wolf H., ein durch seine Leistungen in der hebräischen Grammatik und in der Maßora, wie durch die von ihm veranstalteten Ausgaben hebräischer Werke ausgezeichneter jüdischer Gelehrter und Buchdruckereibesitzer, geb. 1757 zu Heidenheim in Mittelfranken, am 23. Februar 1832 zu Rödelheim. Er kam in früher Jugend nach Fürth, wo er neben dem Talmudstudium auch eifrig das Studium der alten hebräischen Grammatiker und der Maßoreten betrieb, die damals außerhalb der Mendelssohn’schen Schule wenig beachtet wurden. 1782 kam H. nach Frankfurt a. M. und besuchte dort das Lehrhaus des R. Nathan Adler, dessen werthvolle Bibliothek er mit unermüdlichem Fleiße für seine Studien benutzte. Er richtete schon damals sein Streben dahin, die sprachlich und typographisch verunstalteten cultuellen Bücher zu verbessern und auch einen maßoretisch correcten Text biblischer Bücher, namentlich des Pentateuchs herauszugeben. Um sich zuvor in den gelehrten Kreisen bekannt zu machen, gab er eine schwer verständliche hebräische Grammatik von Aben Esra (Mosnajim) mit einem kritischen Commentar heraus. Nachdem er hierdurch Ruf und Anerkennung erlangt hatte, unternahm er 1797 auf eigene Kosten die Herausgabe des Pentateuchs in 4°, mit mehreren alten und seinen eigenen exegetischen und grammatischen Commentaren, in denen er viele von jüngeren Grammatikern aufgestellte Sprachregeln verwarf und andere auf sichere maßoretische Basis gründete. Dieses überaus schätzbare Werk fand aber so wenig materielle Unterstützung, daß der Druck nur bis Genesis 43, 16 fortgesetzt werden konnte. Heidenheim's Leistungen wären völlig verkümmert worden, wenn ihm nicht einer seiner Verehrer, Wolf Breidenbach in Offenbach, mit Rath und That beigestanden und es ihm ermöglicht hätte, in Rödelheim bei Frankfurt a. M. eine eigene Buchdruckerei zu errichten und sich zu diesem Zwecke mit dem in der Typographie erfahrenen B. Baschwitz zu verbinden. Durch die in Correctheit wie Schönheit der Form ausgezeichneten cultuellen Schriften, die in dieser Offizin erschienen, erhielt sie einen Weltruf, der auch noch gegenwärtig dem Nachfolger Heidenheim's zu Theil wird. H. erlebte noch die achte Auflage der zuerst 1800 erschienenen Festgebete (9 Bände 8º, mit deutscher Uebersetzung und hebräischem Commentar und sehr wichtigen geschichtlichen Bemerkungen). 1806 veranstaltete er eine Ausgabe des täglichen Gebetbuchs, von welchem bis jetzt die 80. Auflage in 2000 Exemplaren erschienen ist. 1818 begann er den durch Correctheit und andere Vorzüge ausgezeichneten Druck des Pentateuchs mit verschiedenen Commentaren, und zwar in vier für verschiedene Zwecke bestimmten Ausgaben. Heidenheim's Ausgaben verbreiteten sich über alle europäischen und amerikanischen Länder. 1808 veröffentlichte er seine noch unübertroffene Schrift über die Gesetze der prosaischen biblischen Accente. Von besonderer Wichtigkeit ist auch seine 1825 erschienene Ausgabe der Psalmen mit einer Abhandlung über die poetischen Accente. — H. heirathete 1824 zum zweitenmal. Dem bisher Kinderlosen wurde in seinem 68. Jahre eine Tochter geboren. — H. starb in zerrütteten Vermögensverhältnissen. Seine Officin erstand sein früherer Associé J. Lehrberger, und seine werthvolle Bibliothek wurde zu Gunsten seines siebenjährigen Kindes versteigert. Seine Bücher wurden wegen der von seiner Hand beigefügten Bemerkungen und Correcturen sehr geschätzt und sind bei vielen neuen Editionen benutzt worden.

    • Literatur

      Nach Mittheilungen des Herrn Dr.

  • Autor/in

    S. Baer.
  • Zitierweise

    Baer, Seligmann, "Heidenheim, Wolf" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 300-301 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122702964.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA