Genealogie

V vermutl. →Hans Martin Wisel (Wessel, Wässel, ⚭ 1608 Maria Knebs), wohlhabender Bauer u. Winzer in B.;
M N. N.;
⚭ 1) Augsburg (?) 1621 Regina Arnold († 1643/45), 2) 1645 →Anna Maria Ulstett (1604–1665, ⚭ 1] 1632 Jakob Grimm), aus Augsburger Kaufm.- u. Patrizierfam. (s. NDB 26);
1 S aus 1) Johannes (* 1623), 2 T aus 1) Anna (1621–57, ⚭ →Daniel Depiere [de Pier], v. 1620–82, Optiker, Instrumentenmacher, führte W.s opt. Werkstatt in A. weiter, s. I. Keil, Augustanus Opticus, 2000; Augsburger Stadtlex.), Regina (* 1626).

Biographie

Über W.s Kindheit, Jugend und Ausbildung ist nichts bekannt. Als er 1621 aufgrund seiner Heirat Bürger der Reichsstadt Augsburg wurde, gründete er hier als „Perspectivmacher und Kristalldreher“ eine der ersten gewerblichen optischen Werkstätten Europas, in der er Brillengläser, Fernrohre, Polemoskope (Militärfernrohre), Schiffslaternen, Lupen und andere Geräte herstellte. Die Fertigung optischer Instrumente war in Augsburg ein freies, unzünftiges Handwerk. W.s Werkstatt war berühmt für ihre binokularen Teleskope und ihre aus drei konvexen Linsen zusammengesetzten Mikroskope. Aus Briefen und historischen Sammlungsinventaren ist nachweisbar, daß W. europaweit an Herrscher und Gelehrte zahlreiche Instrumente lieferte, z. B. an Kg. →Gustav Adolf von Schweden, Kg. →Christian IV. von Dänemark, Kf. →Maximilian von Bayern (1573–1651) und Ks. →Ferdinand III. (1608–57) sowie an →Christian Huygens, →Giovanni Battista Riccioliund →Johannes Hevelius (1611–1687). W. signierte seine Werke mit „I. W. A. O. F.“ oder „Iohann Wiesel Augustanus Opticus Fecit“. 1637 kaufte er ein Haus in Augsburg (heutiges W.haus, seit 2014 Fugger u. Welser Erlebnismus.), das er mit einem Ofen ausstatten ließ, um Glas zu|schmelzen und geeignete Glasplatten zum Schleifen von Linsen herzustellen. 1649 wurde er in den Großen Rat gewählt.

Aufgrund der hohen Abbildungsqualität und sorgfältigen Ausführungen waren W.s optische Instrumente sowohl nach zeitgenössischen Beurteilungen als auch nach neueren Untersuchungen Meilensteine in der Entwicklung der Optik. Nach W.s Tod führte der Schwiegersohn →Daniel Depiere dessen Werkstatt weiter; ein formales Ende ist nicht bekannt.

Werke

W u. a. Schiffslaterne, Schloß Rosenborg, Kopenhagen;
Fernrohr mit vollst. Optik u. astronom. Fernrohr mit terrestr. Umkehrsatz, Privatbesitz;
Fernrohre ohne Optik, Schloßmus. Skokloster, Schweden;
Fragment e. opt. Instruments, GNM.

Literatur

L I. Keil, Technology Transfer and Scientific Specialization, J. W., Optician of Augsburg, and the Hartlib Circle, in: M. Greengrass, M. Leslie u. T. Raylor (Hg.), Samuel Hartlib and Universal Ref., 1994, S. 268–78;
dies., Augustanus Opticus, J. W. (1583–1662) u. 200 J. opt. Handwerk in Augsburg, 2000 (P);
dies., Von Ocularien, Perspicillen u. Microscopen, v. Hungersnöten u. Friedensfreunden, Optikern, Kaufleuten u. Fürsten, Materialien z. Gesch. d. opt. Werkstatt v. J. W. (1583–1662) u. seiner Nachfolger in Augsburg, 2003;
dies., J. W.s Telescopes and his Clientele, in: A. D. Morrison-Low, S. Dupré, St. Johnston u. G. Strano (Hg.), From Earth-Bound to Satellite, Telescopes, Skills and Networks, 2012, S. 21–39 (P);
R. Willach, Ein alter Traum wird wahr, Die Auffindung u. Unters. e. komplett erhaltenen Fernrohrs v. J. W., in: J. Hamel u. M. Korey (Hg.), Weiter sehen, Btrr. z. Frühgesch. d. Fernrohrs u. z. Wiss.gesch. Augsburgs in memoriam Inge Keil, 2012, S. 95–117;
Augsburger Stadtlex.

Porträts

P Kupf. v. B. Kilian, 1660 (Staats- u. Stadtbibl. Augsburg), Abb. in: I. Keil, Augustanus Opticus, 2000 (s. L), S. 39.

Autor/in

Zitierweise

Hamel, Jürgen, "Wiesel (Wisel[ius), Johann" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 100-101 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121955540.html#ndbcontent