Willer, Georg (genannt)

Lebensdaten
1514 – 1593
Geburtsort
Drasendorf (Kärnten)
Beruf/Funktion
Buchhändler ; Buchhändler ; Verleger ; Musikverleger
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 120839784 | OGND | VIAF: 88649153
Namensvarianten

  • Willer, Georg d. Ä.
  • Wucherer, Georg (ursprünglich)
  • Willer, Georg der Ältere
  • Wucherer genannt Willer, Georg
  • Wuecherer genannt Willer, Georg
  • Willer, Georg (genannt)
  • willer, georg
  • Willer, Georg d. Ä.
  • Wucherer, Georg (ursprünglich)
  • wucherer, georg
  • Willer, Georg der Ältere
  • Wucherer genannt Willer, Georg
  • Wuecherer genannt Willer, Georg
  • Weller, Georg
  • Willerus, G.
  • Willer, Georg, der Ältere
  • Willer, Georg, d.Ä.
  • Willer, Georgius
  • Willerus, Georgius
  • Willer, Georg der Älthere
  • Willer, Georg, der Älthere

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Zitierweise

Willer, Georg (genannt), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd120839784.html [05.12.2025].

CC0

  • Willer (ursprünglich Wu[e]cherer genannt Willer), Georg der Ältere

    | Buchhändler, Verleger, * 1514 Drasendorf (Kärnten), † 1593 Augsburg.

  • Genealogie

    Aus seit d. frühen 14. Jh. nachweisbarer Kärntner Adelsfam. d. Wucherer v. Drasendorf, die Lehnsleute d. Fürstbischöfe v. Gurk u. d. Herzöge v. Kärnten sowie im 15. Jh. Dienstleute d. Habsburger in d. österr. Erblanden stellte;
    V wohl Georg Wu(e)cherer v. Drasendorf;
    M wohl Agnes Graswein, aus Judenburg;
    Augsburg 1548 Euphrosina (* um 1525 – v. 1599), T d. Matthäus Elchinger (um 1500–45/46), Buchführer u. -drucker in A. (s. LGB²;
    Reske, Buchdrucker), u. d. Dorothea N. N. ( n. 1565);
    2 S Georg d. J. (n. 1548–1631, 1571? N. N. Haiden, KaufmannsT aus A.), Buchdrucker u. Verl. in A., führte d. väterl. Untern. fort (s. Augsburger Stadtlex.;
    MGG;
    BMLO), Elias (n. 1548–1630, 1] 1579 Euphrosina Mayr, 1598, 2] 1599 Radigunda Höchstetter, 1611), Buchdrucker u. Verl. in A., führte d. väterl. Untern. fort (s. MGG;
    BMLO);
    E Matthes ( 1627), Hans Georg ( 1649), Euphrosina, Regina, Elias ( 1623), Hans Christoph, Anna Maria, Anna Helena.

  • Biographie

    W. und seine Söhne Elias und Georg d. J. gehörten zu den prägenden Persönlichkeiten im dt. Buchhandel und Verlagswesen zwischen Augsburger Religionsfrieden und Dreißigjährigem Krieg. Die in der älteren Forschungsliteratur vertretenen Annahmen, W. sei in Augsburg geboren und als Nachfolger der dortigen Buchführer Johannes Rynmann (um 1460–1522) und Wolfgang Präunlein (um 1480–1558) anzusehen, sind hinsichtlich seiner Herkunft falsch und im Fall der Nachfolge archivalisch nicht belegbar.

    W. ist zwischen 1529 und Aug. 1541 urkundlich in österr. Archiven nachweisbar. Wo er sich zwischen Ende 1541 und 1547 aufhielt, nachdem er Kärnten als Glaubensflüchtling verlassen hatte, und wo er seine Ausbildung zum Buchhändler absolvierte, ist nicht bekannt. In Augsburg ist er erstmals 1547 in den Steuerbüchern verzeichnet und erwarb durch Heirat das Augsburger Bürgerrecht.

    Die Offizin des Schwiegervaters und dessen Buchhandel gehörten zu den unbedeutenden Unternehmen im Augsburger Druckgewerbe.

    Vielleicht hängt W.s Namenswechsel mit dieser Heirat und seiner aktiven Tätigkeit als Buchhändler und Verleger zusammen. Seine adelige Abstammung und sein großer wirtschaftlicher Erfolg ermöglichten es jedoch seinen Kindern und Enkeln, in Augsburger Kaufmanns- und Patrizierfamilien einzuhei|raten (Mayr, Haiden, Göttler, Groß und Höchstetter).

    W. sympathisierte zumindest in den 1550er Jahren mit der Theologie Kaspar Schwenckfelds v. Ossig (1490–1561), der zu dieser Zeit sowohl von Katholiken als auch von Protestanten als Ketzer verfolgt wurde, und war in den Vertrieb verbotener Schwenckfelder Literatur involviert. W. wohnte damals im selben Gebäudekomplex beim Kloster St. Ursula wie der Drucker Hans Gegler ( n. 1560), der zwischen 1555 und 1559 alle Erstausgaben der Schriften Schwenckfelds veröffentlichte.

    Dieser schickte fertige Manuskripte per Boten nach Augsburg, wo sie von Gegler umgehend gedruckt wurden. Um die Spuren in Augsburg zu verwischen, wurde ein Teil der Auflage dem Boten übergeben und vermutlich innerhalb der Schwenckfelder Gemeinden verteilt und verkauft. Die übrige Auflage wurde von W. nach Frankfurt/M. verbracht und auf der Messe umgeschlagen.

    Gleich das erste Verlagswerk zeigt W.s verlegerischen Mut. 1558 erschien der erste Band der dreibändigen Gesamtausgabe der Werke von Hans Sachs (1494–1576). Diese, in mehreren Auflagen gedruckt, entwickelte sich zu einem großen Erfolg, ebenso der auf der Artussage beruhende Ritterroman „Amadis de Gaula“. Zudem führte W. durch Übersetzungen aus dem Französischen zwei Werke von Michel de Nostredame (1503–66), besser bekannt als Nostradamus, auf dem dt. Buchmarkt ein.

    Besonders geschätzt wurde W. von Petrus Canisius (1521–1597), dem ersten dt. Ordensprovinzial der Jesuiten. Die engen Beziehungen zwischen dem Jesuitenorden und W. begannen, als dieser in den 1550er Jahren die akademische Druckerei der Jesuitenuniversität in Dillingen durch hohe Kredite vor dem Konkurs rettete. Von diesem Zeitpunkt war er stiller Teilhaber an dieser für die kath. Reform so wichtigen Druckerei, die unter der Leitung von Sebald Mayer (aktiv 1550–76) und anschließend seines Sohnes Johann (aktiv 1576–1615) stand. W. dürfte zudem eine zentrale Rolle beim Vertrieb der Dillinger und Ingolstädter Druckproduktion und bei der Belieferung von Jesuitenkollegien in Deutschland mit Literatur gespielt haben. W. machte sich Canisius auch dadurch gewogen, daß er ihn während des Trienter Konzils umgehend über prot. Neuerscheinungen informierte, diese Bücher besorgte und sie auf schnellstem Weg an Kardinal Stanislaus Hosius (1504–1579) schickte, als dieser als Legat von Papst Pius V. am ksl. Hof in Wien tätig war.

    Zum steilen Aufstieg trug auch die Einführung des Messekatalogs bei, wodurch W. den Buchhandel revolutionierte. Anfangs, in den 1560er Jahren, informierten die Kataloge über W.s Messeeinkäufe, entwickelten sich aber mit der Zeit zu Gesamtverzeichnissen der Messeneuerscheinungen. Zwischen 1564 und 1627 veröffentlichten W. und seine Söhne zur Frankfurter Fasten- und Herbstmesse je einen neuen Katalog (nur für die Fastenmesse von 1566 bzw. 1567 sind keine Kataloge bekannt). Bücher, die in den Willerschen Messekatalogen gelistet waren, besaßen verbesserte Absatzchancen. Die Messekataloge waren ein so großer Erfolg, daß sie von einigen Konkurrenten W.s nachgeahmt wurden.

    Die wichtigsten Absatzgebiete des W.schen Unternehmens waren der süddt. Raum und die habsburg. Erbländer. Geschäftsverbindungen gab es aber auch in die Niederlande (Christophe Platin, Lodewijk Elsevier), nach Osteuropa und auf den Balkan. An zentralen Orten unterhielt W. feste Niederlassungen, wie in den Universitätsstädten Tübingen und Wien. Die Bedeutung Augsburgs als Verteilerzentrum war dabei riesig. Über den Laibacher Buchführer Leonhard Stegmann ( Mitte 16. Jh.) gelangten die Messeneuheiten nach Slowenien, über den Buchführer Martin Hoffman, dessen Herkunftsort nicht bekannt ist, in den Bodenseeraum und ins Elsaß. Hans Niederauer (aktiv 1566) aus Hall versorgte mit Hilfe seines Lieferanten W. die prot. Bevölkerung in Tirol mit Reformationsliteratur.

    Zu einflußreichen Persönlichkeiten versuchte W. in direkten Kontakt zu treten. So lieferte er 1573 an den ksl. Rat und Erbtruchseß in Österreich, Veit Albrecht v. Puchheim, Horn und Wildberg (1532–84) über 100 Werke. Zur selben Zeit begannen auch die Buchlieferungen für Ehzg. Ferdinand II. von Tirol (1529–95). W. war am Aufbau der Bibliothek auf Schloß Ambras beteiligt und versorgte auch die Regierung von Tirol mit kath. Literatur und Bibeln zur Verteilung an Untertanen, deren Bücher im Rahmen von Ehzg. Ferdinands Rekatholisierungspolitik beschlagnahmt worden waren.

    Nach W.s Tod 1593 führten beide Söhne Buchhandlung und Verlag mit Erfolg fort. 1599 wurde das väterliche Vermögen unter ihnen aufgeteilt, nachdem es Elias 1598 gelungen war, sich in die bedeutende Frankfurter Buchhandlung Feyerabend einzukaufen.

    Schon vorher war er nach Frankfurt übergesiedelt, ohne sein Augsburger Bürgerrecht auf|zugeben, um die dortigen Geschäftsinteressen wahrzunehmen, während Georg in Augsburg verblieb. Der Tod von Elias und Georg d. J. 1630/31 und die verheerenden Bevölkerungsverluste samt Wirtschaftseinbruch ab 1632 im Gefolge der schwed. Besatzung Augsburgs, führten dazu, daß die Enkelgeneration der Familie Verlag und Buchhandel aufgab.

    Der große Erfolg des Unternehmens der Willer im konfessionellen Zeitalter beruhte auf dem breiten verlegerischen Angebot, das sowohl den prot. als auch den kath. Buchmarkt in allen seinen theologischen Richtungen abdeckte. W. bediente sämtliche Bedürfnisse vom Kalender für Analphabeten bis zur Fachliteratur in alten und modernen (Fremd)Sprachen, zudem spezielle Marktsegmente wie Landkarten und Musikdrucke. So ist ein Musikalienkatalog von 1622 mit dem Barsortiment von über 360 Notendrucken aus ganz Europa erhalten.

    Nicht zu unterschätzen ist auch die Zusammenarbeit zwischen den Söhnen W.s und dem von Marcus Welser (1558–1614) finanzierten Verlag „Ad Insigne Pinus“ (1594–1614). So bezahlte man z. B. gemeinsam 1603 die Drucklegung des Werks „Exegemata in Habacuc“ von Antonio de Guevaras (1480–1545), Bischof von Guadix. Keiner der an „Ad Insigne Pinus“ beteiligten Gelehrten hatte Erfahrung im Buchhandel, weshalb der Vertrieb der Buchproduktion mit dem Schwerpunkt auf Werken der christl. Antike in den Händen von Elias und Georg W. d. J. gelegen haben dürfte.

    Der W.sche Verlag versah zwischen 1558 und 1632 Drucker in Augsburg, Dillingen, Frankfurt/M., Ingolstadt, Lauingen, Lich (Hessen, Grafschaft Solms), Nürnberg, Oberursel (Hessen, Gfsch. Königstein) und Regensburg mit Aufträgen. Wichtigster Drucker wurde Michael Manger (aktiv 1570–1603), für den Georg W. d. Ä. 1569 als Trauzeuge in Erscheinung trat. Da W. und seine Söhne kein Verlegersignet verwendeten (das in älterer Literatur ihnen zugeschriebene Signet gehört zum Verlag Ad Insigne Pinus) und ihre Namen nur in etwa 80 Verlagswerken genannt werden, ist der Umfang der verlegerischen Tätigkeit nicht leicht zu erfassen. Jedoch bemühten sie sich seit 1564 regelmäßig und erfolgreich darum, ksl. Druckprivilegien in Wien zu erhalten, um ihre Verlagswerke zu schützen. Viele der geschützten Werke wurden von Michael Manger gedruckt, weswegen davon ausgegangen werden kann, daß ein Großteil seiner Druckproduktion von rund 350 Buch- und Flugschriftenausgaben auf Kosten der W. entstanden ist. Schwerpunkte des Verlagsprogramms bildeten medizinische und veterinärmedizinische, pharmazeutische und mathematische, humanistische und juristische Literatur sowie Prosaromane. Die Söhne brachten seit den 1620er Jahren auch Werke von kath. Theologen auf den Markt.

  • Quellen

    Qu StadtA Augsburg; Staats- u. Stadtbibl. Augsburg; LandesA Kärnten, Klagenfurt; LandesA Tirol, Innsbruck; Österr. StA, Haus-, Hof- u. StA, Wien.

  • Literatur

    L ADB 43;
    G. Bucelin, Germania topo-stemmatographica sacra et profana, 1672, S. 256;
    H. Pallmann, Sigmund Feyerabend, sein Leben u. seine geschäftl. Verbindungen, 1881;
    A. Hämmerle, Die Hochzeitsbücher d. Augsburger Bürgerstube u. Kaufleutestube, 1936, Nr. 1972, 2060, 2068, 2280, 2359 u. 2455;
    G. A. v. Metnitz u. H. v. Bourcy, Das Ende uralter Geschlechter Kärntens, in: Seftenegger Mbl. f. Geneal. u. Heraldik 2, 1955, Sp. 353–70 u. 3, 1955, Sp. 1 f.;
    R. Schaal, G. W.s Augsburger Musikalien-Lagerkat. v. 1622, in: Die Musikforsch. 16, 1963, S. 127–39;
    H. Grimm, Die Buchführer d. dt. Kulturbereichs, in: Archiv f. Gesch. d. Buchwesens 7, 1967, Nr. 197 u. 197a;
    B. Fabian (Hg.), Die Messkataloge d. 16. Jh., Bd. 1–4: Die Messkataloge G. W.s, 1972–78;
    J. L. Flood, Umstürzler in den Alpen, Bücher u. Leser in Österr. im Za. d. Gegenref., in: Daphnis 21, 1991, S. 231–63;
    H.-J. Künast, G. W. d. Ä. v. Augsburg u. d. Erstausg. d. Gesamtwerks v. Hans Sachs, in: D. Merzbacher (Hg.), 500 J. Hans Sachs, 1994, S. 63–66;
    ders., „Getruckt zu Augspurg“, Buchdruck u. Buchhandel in Augsburg zw. 1468 u. 1555, 1997;
    ders. u. B. Schürmann, Johannes Rynmann, Wolfgang Präunlein u. G. W., Drei Augsburger Buchführer d. 15. u. 16. Jh., in: H. Gier u. J. Janota (Hg.), Augsburger Buchdruck u. Verl.wesen, 1997, S. 23–40;
    ders., Die Akad. Druckerei d. Univ. Dillingen, in: R. Kießling (Hg.), Die Univ. Dillingen u. ihre Nachfolger, FS z. 450j. Gründungsjub., 1999, S. 595–626;
    ders., Bücher f. Tirol, Die Lit.versorgung Tirols durch d. Augsburger Buchhandel im 15. u. 16. Jh., in: R. Sila (Hg.), Der frühe Buchdruck in d. Region, Neue Kommunikationswege in Tirol u. seinen Nachbarländern, 2016, S. 29–46;
    P. H. Meurer, Cartographica in d. Frankfurter Messekatalogen G. W.s v. 1564 bis 1592, in: Cartographica Helvetica, H. 13, Jan. 1996, S. 31–37;
    H.-J. Koppitz, Die ksl. Druckprivilegien im Haus-, Hof- u. StA Wien, 2008;
    Augsburger Stadtlex.;
    BMLO;
    LGB²;
    Reske, Buchdrucker.

  • Porträts

    P Federzeichnung als Vorlage f. Kupf. (Augsburg, Staats- u. Stadtbibl.);
    Kupf. v. A. Mair, 1591 (ebd.);
    seitenverkehrte Nachstiche v. J. L. Blank, 1725 (Leipzig, Dt. Buch- u. Schriftmus., Portraitslg. d. Börsenver.bibl.) u. G. D. Eckstein f. F. Roth-Scholtz, 1729 (Nürnberg, GNM, Graph. Slg.).

  • Autor/in

    Hans-Jörg Künast
  • Zitierweise

    Künast, Hans-Jörg, "Willer (ursprünglich Wu[e]cherer genannt Willer), Georg der Ältere" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 185-187 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd120839784.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Willer, Georg

  • Biographie

    Willer: Georg W., ein Augsburger Buchhändler des 16. Jahrhunderts, dem ein bedeutsamer Fortschritt in der Entwicklung des Bücherverkehrs zu danken ist. Er ist es nämlich, der die buchhändlerischen Meßkataloge ins Leben gerufen hat. Bis dahin hatten zwar einzelne Verleger, um ihre Verlagswerke bekannt zu machen, von Zeit zu Zeit Verzeichnisse derselben ausgegeben, wenn es hoch kam, auch Reisende gehalten oder an drittem Ort Niederlagen errichtet. Hiemit wurde aber nur eine sehr beschränkte Anzahl der neu erschienenen Schriften zu weiterer Kenntniß gebracht und dazu noch innerhalb eines beschränkten Gebietes. Darüber hinaus waren die Gelehrten auf das angewiesen, was ihr Buchhändler zufällig von der Frankfurter Messe mitgebracht hatte, oder wovon sie durch ihren Briefwechsel mit Fachgenossen Kunde erhielten. Diese dürftigen Verhältnisse änderten sich mit einem Schlag für die Buchhändler wie für die Gelehrten, als W. anfing, seine Meßkataloge, d. h. Verzeichnisse der zur Frankfurter Messe gebrachten Bücher herauszugeben. Nun war die Bekanntmachung der neu erschienenen Litteratur mit einem Mal vervollständigt, einheitlich gestaltet und geregelt, und nicht nur dies: es ergab sich hieraus naturgemäß auch eine gesteigerte Nachfrage und weiterhin ein Aufschwung des Buchhandels, so bedeutend nach innen und außen, daß von da an ein neuer Abschnitt in der Geschichte desselben datirt. Zum ersten Mal gab W. seinen Meßkatalog in der Frankfurter Herbstmesse von 1564 heraus; von da ab ließ er jede Fasten- und Herbstmesse (nur die Fastenmesse von 1566 und 1567 macht eine Ausnahme) einen solchen erscheinen bis zu seinem Tod. Auch nachher noch wurde diese Veröffentlichung von seinen Söhnen fortgesetzt und noch aus dem Jahr 1627 kennt man einen Willer’schen Meßkatalog. Inzwischen war derselbe nicht nur von andern nachgeahmt worden, es waren ihm auch amtliche Verzeichnisse ähnlicher Art an die Seite getreten. Eine Zusammenfassung aber aller bis Frühjahr 1592 erschienenen Willer’schen Kataloge gab in letzterem Jahr Nicolaus Basse in Frankfurt heraus. Mit seinen Verzeichnissen wollte W. zurächst nur die Zwecke seines Geschäftes fördern; darum enthielten dieselben meist|nur Bücher, die bei ihm zu haben waren. Wenn sie aber doch gleichzeitig den größten Theil der zur Messe gebrachten Schriften umfaßten, so setzt dies einen großen Umfang des Willer’schen Geschäftes voraus. In der That tritt uns denn ein solcher auch sonst entgegen. In allen veröffentlichten Rechnungsbüchern von gleichzeitigen Buchhändlern kommt sein Name vor, in dem von Feyerabend in Frankfurt mit weitaus den größten Summen. Niederlagen hatte er sowol in Tübingen als in Wien und sicher auch noch an manchem andern Orte; mit Wien war sein Verkehr so bedeutend, daß er jede Woche einen eigenen Boten dorthin gehen ließ. Er war mit einem Wort ein Großsortimenter, wie es deren damals in Deutschland wenige gab. Viel unbedeutender war im Vergleich zum Bücherhandel Willer's Verlag. Doch fehlt derselbe nicht ganz. Als Marke hätte er dabei nach der Wiedergabe bei Lempertz das Bild einer Fichte gebraucht, um deren Stamm sich ein Spruchband schlingt mit der Aufschrift: Honos erit huic quoque pomo; doch muß hier eine Verwechslung bei Lempertz vorliegen, denn dieselbe Marke kommt auf den Werken des Welser’schen Verlagsgeschäftes ad insigne pinus vor und zwei Geschäfte haben sie sicher nicht gleichzeitig gebraucht. Die ersten Anfänge von Willer's bedeutendem Geschäft haben wir nicht festzustellen vermocht. Sie fallen ohne Zweifel noch vor 1550; im Jahre 1557 erscheint das Geschäft jedenfalls bereits in Blüthe. Was den Mann selbst betrifft, so ergibt sich aus der Unterschrift eines Bildes von ihm, das Lempertz mittheilt nach einem Stich von Alexander Man, daß er 1592 im 77. Lebensjahre stand, also 1514 oder 1515 geboren ist. Er wird Bürger von Augsburg genannt und stammte auch dorther. Wenn Mezger (Augsburgs älteste Druckdenkmale, 1840, S. 10 f.) ihn zu einem Dr. Willer und damit zu einem akademisch gebildeten Manne macht, so beruht dies nachweislich auf einem Mißverständniß (sein Sohn Elias dagegen, gleichfalls Buchhändler, kommt unter den Heidelberger Immatriculirten des Jahres 1576 vor). Sein Tod muß 1593 oder 1594 erfolgt sein; in ersterem Jahre ist er noch selbst, im letzteren ist seine Wittwe im Steuerbuche eingetragen. Seine Söhne Elias und Georg setzten das Geschäft fort, zunächst gemeinsam, bis 1598 ersterer einen Antheil am Feyerabend’schen Geschält in Frankfurt kaufte, allerdings um später wieder nach Augsburg zurückzukehren. Hier führte inzwischen Georg W. für sich die Buchhandlung weiter, wobei nun auch der Verlag eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Nach seinem Tod, 1631 oder 1632, verschwindet der Name W. aus den Meßkatalogen.

  • Literatur

    Vgl. Schwetschke, Codex nundinarius, 1850, S. IX ff., 8 ff. —
    Kirchhoff, Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels. Bdchn. 2, 1853, S. 24 ff. —
    Lempertz, Bilder-Hefte zur Geschichte des Bücherhandels. Jahrg. 1860, Taf. I. —
    Geschichte des Deutschen Buchhandels. Bd. 1, 1886 (siehe Register). —
    Archiv f. Frankfurts Geschichte. N. F. Bd. 7, 1881 (= Pallmann, S. Feyerabend, s. Register). —
    Briefliche Mittheilungen von Stadtarchivar Dr. Buff in Augsburg.

  • Autor/in

    K. Steiff.
  • Zitierweise

    Steiff, K., "Willer, Georg" in: Allgemeine Deutsche Biographie 43 (1898), S. 268-269 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd120839784.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA