Lebensdaten
1895 – 1946
Geburtsort
Hornberg im Schwarzwald
Sterbeort
Riga
Beruf/Funktion
SS-Offizier ; Höherer SS- und Polizeiführer ; General
Konfession
evangelisch, nach 1933 „gottgläubig“
Normdaten
GND: 120640910 | OGND | VIAF: 3307100
Namensvarianten
  • Jeckeln, Friedrich August
  • Jeckeln, Friedrich
  • Jeckeln, Friedrich August

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Weitere Erwähnungen in der NDB-online/NDB/ADB

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Jeckeln, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd120640910.html [19.04.2024].

CC0

  • Friedrich Jeckeln war als Höherer SS- und Polizeiführer von 1941 bis 1944 zentral für die deutschen Massenverbrechen während des Zweiten Weltkriegs in den besetzten sowjetischen Gebieten verantwortlich. Er trieb die Ausweitung der Massenerschießungen von Juden wesentlich voran und verantwortete mehrere große Massaker, u. a. in Babyn Jar und im Rumbula-Wald bei Riga.

    Lebensdaten

    Geboren am 2. Februar 1895 in Hornberg im Schwarzwald
    Gestorben am 3. Februar 1946 (hingerichtet) in Riga
    Grabstätte keine
    Konfession evangelisch, nach 1933 „gottgläubig“
    Friedrich Jeckeln, BArch / Bildarchiv (InC)
    Friedrich Jeckeln, BArch / Bildarchiv (InC)
  • Lebenslauf

    2. Februar 1895 - Hornberg im Schwarzwald

    1905 - 1911 - Freiburg im Breisgau

    Schulbesuch (Abschluss: Einjähriges Examen)

    Oberrealschule

    1913 - 1913 - Köthen

    Studium Ingenieur/Maschinenbau (abgebrochen)

    Polytechnikum

    1913 - 1914

    Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger

    Badisches Feldartillerie-Regiment 76

    1914 - 1918 - u. a. Westfront

    Kriegsdienst

    u. a. Füsilier-Regiments 40 und Flieger-Ersatzabteilung 5

    1919 - 1925 - Trappenfelde bei Danzig (heute Tropiszewo, Polen)

    Gutsverwalter

    1925 - 1929 - Braunschweig

    verschiedene Tätigkeiten, zeitweise arbeitslos

    1929 - Braunschweig

    Eintritt

    NSDAP

    1930 - Hannover

    Eintritt

    SS

    1931 - 1940 - Braunschweig

    Leiter des SS Abschnitts IV (später Nordwest bzw. Mitte)

    1932 - 1945 - Berlin

    Abgeordneter der NSDAP

    Reichstag

    1933 - 1940 - Braunschweig

    Leiter

    Landespolizeiamt

    1938 - 1940 - Braunschweig

    Höherer SS- und Polizeiführer Mitte

    1940 - 1941 - Düsseldorf

    Höherer SS- und Polizeiführer West

    1940 - 1945 - Braunschweig

    Staatsrat

    Freistaat Braunschweig

    1941 - 1941 - Kiew

    Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Süd

    Heeresgruppe Süd, Reichskommissariat Ukraine

    1941 - 1945 - Riga

    Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Nord und Ostland

    Heeresgruppe Nord, Reichskommissariat Ostland

    1945 - 1945 - Breslau

    Höherer SS- und Polizeiführer Oberschlesien

    1945 - 1945

    Kommandierender General Korpsgruppe Jeckeln und des V. SS-Freiwilligen-Gebirgskorps

    1945 - 1946 - Halbe

    sowjetische Kriegsgefangenschaft

    1946 - Riga

    Anklage in einem sowjetischen Kriegsverbrecherprozess, Todesurteil und Hinrichtung

    3. Februar 1946 (hingerichtet) - Riga
  • Genealogie

    Vater Friedrich Heinrich Theodor Jeckeln 1852–1899 Textilunternehmer, Fabrikbesitzer in Hornberg
    Großvater väterlicherseits August Jeckeln Pfarrer, Dekan (Herzogtum Nassau)
    Großmutter väterlicherseits Franziska Jeckeln, geb. Seebold
    Mutter Emma Rosine Jeckeln, geb. Trautwein geb. 1874
    Großvater mütterlicherseits N. N. Gastwirt
    Schwester Julie Jeckeln geb. 1882
    Schwester Emma Jeckeln geb. 1884
    Schwester Getrud Jeckeln geb. 1896
    Bruder Theodor Jeckeln geb. 1898
    1. Heirat 13.5.1918
    Ehefrau Anna Hulda Charlotte Hirsch geb. 1895
    Schwiegervater N. N. Gutsbesitzer
    Sohn Friedrich Jeckeln 1920–1944 Soldat, gefallen im Zweiten Weltkrieg
    Tochter Ilse Jeckeln geb. 1923
    Sohn Klaus Jeckeln 1924–1944 Soldat, gefallen im Zweiten Weltkrieg
    Scheidung 1927
    2. Heirat 4.7.1928
    Ehefrau Annemarie Jeckeln, geb. Wienß 1907–1993 aus Danzig
    Sohn Reinhard Jeckeln 1929–2001
    Sohn Dieter Jeckeln 1941–1944
    Kinder ein weiterer Sohn, drei weitere Töchter
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Jeckeln, Friedrich (1895 – 1946)

    • Vater

      Friedrich Heinrich Theodor Jeckeln

      1852–1899

      Textilunternehmer, Fabrikbesitzer in Hornberg

      • Großvater väterlicherseits

        August Jeckeln

        Pfarrer, Dekan (Herzogtum Nassau)

      • Großmutter väterlicherseits

        Franziska Jeckeln

    • Mutter

      Emma Rosine Jeckeln

      geb. 1874

      • Großvater mütterlicherseits

        Gastwirt

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Schwester

      Julie Jeckeln

      geb. 1882

    • Schwester

      Emma Jeckeln

      geb. 1884

    • Schwester

      Getrud Jeckeln

      geb. 1896

    • Bruder

      Theodor Jeckeln

      geb. 1898

    • 1.·Heirat

      • Ehefrau

        Anna Hulda Charlotte Hirsch

        geb. 1895

    • 2.·Heirat

      • Ehefrau

        Anna Hulda Charlotte Hirsch

        geb. 1895

  • Biografie

    alternativer text
    Friedrich Jeckeln (links), BArch / Bildarchiv (InC)

    Jeckeln wuchs als Sohn eines Textilfabrikanten in Hornberg im Schwarzwald und in Freiburg im Breisgau auf, wo er 1911 die Oberrealschule abschloss. 1913 als Einjährig-Freiwilliger zum Militärdienst einberufen, diente er im Ersten Weltkrieg an der Westfront und nach einer schweren Verwundung 1916 in einer Flieger-Ersatzabteilung. Nach seiner Entlassung aus der Reichswehr im Januar 1919 verwaltete Jeckeln den Gutsbetrieb seines Schwiegervaters in der Nähe von Danzig. Unter anderem beeinflusst von dem Roman „Die Sünde wider das Blut“ des völkischen Schriftstellers und Politikers Artur Dinter (1876–1948) entwickelte sich Jeckeln nach 1918 zu einem radikalen Antisemiten. Nach der Scheidung seiner ersten Ehe 1927 ging er in Braunschweig und Hannover wechselnden Tätigkeiten nach und war zeitweise arbeitslos.

    1929 wurde Jeckeln Mitglied der NSDAP, für die er im Juli 1932 in den Reichstag gewählt wurde. 1930 trat er der SS bei, in der er rasch in führende Positionen aufstieg. Nach der NS-Machtübernahme übertrug ihm Dietrich Klagges (1891–1971) im Juni 1933 die Leitung des Landespolizeiamts Braunschweig, womit die auf Reichsebene erst 1936 realisierte Verbindung von SS und Polizei vorweggenommen wurde. Im Juni 1938 von Heinrich Himmler (1900–1945) zum Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) befördert, leitete Jeckeln den SS-Oberabschnitt Mitte mit Sitz in Braunschweig und von Juli 1940 bis Juni 1941 den SS-Oberabschnitt West in Düsseldorf. Während des Novemberpogroms 1938 und durch die Einführung von „Arbeitserziehungslagern“ für Zwangsarbeiter in Düsseldorf 1940 zeigte er ein besonders brutales und radikales Vorgehen.

    Nach Beginn des Feldzugs gegen die Sowjetunion am 22. Juni 1941 wurde Jeckeln zu einem Haupttäter der NS-Verbrechen in den besetzten sowjetischen Gebieten. Im Juni 1941 berief Himmler ihn zum HSSPF Russland-Süd für das Gebiet der Heeresgruppe Süd. Als daraus zum 1. September 1941 das Reichskommissariat Ukraine herausgelöst wurde, blieb dieses Gebiet im Zuständigkeitsbereich Jeckelns, der als HSSPF über alle Einheiten von SS und Polizei in seinem Territorium verfügte. Mithilfe ihm direkt unterstellter Einheiten der Ordnungspolizei und in enger Verbindung mit der Einsatzgruppe C der Sicherheitspolizei und des SD unter SS-Brigadeführer Otto Rasch (1891–1948) war er in den ersten Kriegsmonaten für die schnelle Ausweitung des Massenmords an den Juden mitverantwortlich.

    Am 30. Juni 1941 ließ Jeckeln in der westukrainischen Kleinstadt Dobromyl 132 Juden durch das Einsatzkommando 6 erschießen. Ende Juli und Anfang August 1941 gingen ihm zeitweise unterstellte Einheiten der Waffen-SS im nördliche Podolien dazu über, in großem Umfang auch jüdische Frauen zu ermorden, nachdem zuvor vorwiegend Männer erschossen worden waren. Dem Massaker von Kamjanez-Podilskyj Ende August 1941, als Jeckeln innerhalb von drei Tagen 23 600 Juden erschießen ließ, folgten weitere große Massaker im September 1941 in Berdytschiw, in Winnyzja und Dnipropetrowsk (heute Dnipro) sowie am 29./30. September 1941 in Babyn Jar bei Kiew. In Abstimmung zwischen Jeckeln, Otto Rasch und dem Stadtkommandanten der Wehrmacht in Kiew, Kurt Eberhard (1874–1947), wurden hier nach einem Bericht der Einsatzgruppe C 33 771 Juden ermordet. Insgesamt dürften den von Jeckeln verantworteten Kriegsverbrechen in der Ukraine weit mehr als 170 000 Menschen zum Opfer gefallen sein.

    Zum 1. November 1941 ernannte Himmler Jeckeln zum HSSPF Russland-Nord und Ostland mit Sitz in Riga, während der bisherige Amtsinhaber Hans-Adolf Prützmann (1901–1945) Jeckelns Position in der Ukraine übernahm. Kurz nach seiner Ankunft organisierte Jeckeln ein weiteres großes Massaker, als am 30. November und 8./9. Dezember 1941 im Wald von Rumbula 27 500 Insassen des Rigaer Ghettos erschossen wurden. In den folgenden Jahren leitete er zwei große deutsche Operationen zur Partisanenbekämpfung in Weißrussland, die Unternehmen „Sumpffieber“ (August/September 1942) und „Winterzauber“ (Februar/März 1943), bei denen ganze Gebiete durch das Niederbrennen von Dörfern und die Ermordung oder Verschleppung ihrer Bewohner entvölkert wurden.

    Nach der Rückeroberung und Besetzung des Baltikums durch die Rote Armee in der zweiten Jahreshälfte 1944 hatte Jeckeln verschiedene Funktionen in der Waffen-SS inne, u. a. kommandierte er Anfang 1945 Einheiten der Waffen-SS in Schlesien. Ende April 1945 geriet er bei Halbe in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Nach einem Prozess vor einem sowjetischen Militärtribunal in Riga wurde er am 3. Februar 1946 zum Tode verurteilt und am selben Tag öffentlich gehenkt.

  • Auszeichnungen

    1914 Eisernes Kreuz II. Klasse
    1918 Verwundetenabzeichen in Schwarz
    1922 Mitglied im Jungdeutschen Orden (bis 1924)
    1936 SS Totenkopfring und Ehrendegen des Reichsführers SS
    1939 Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP
    1942 Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern
    1943 Deutsches Kreuz in Gold
    1944 Ritterkreuz zum Eisernen Kreuz
    1945 Ritterkreuz mit Eichenlaub
  • Quellen

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, VBS 286 SSO/SS-Führerpersonalakten.

    Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 456 E Nr. 5395. (Personalakte)

    Gedruckte Quellen:

    SS-Obergruppenführer Friedrich Jeckeln, verantwortlich für die Ermordung der Juden in Litauen, Lettland und Estland 1941–1944. Dokumentensammlung, bearb. v. Tuviah Friedman, hg. v. Institute of Documentation in Israel for the Investigation of Nazi War Crimes (Haifa), 1997. (unsystematisch)

    Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 7: Sowjetunion mit annektierten Gebieten I, bearb. v. Bert Hoppe/Hildrun Glass, 2011.

    Wassili Stepanowitsch Christoforow/Wladimir Gennadjewitsch Makarow/Matthias Uhl (Hg.), Verhört. Die Befragungen deutscher Generale und Offiziere durch die sowjetischen Geheimdienste 1945–1952, 2015, S. 233–270 u. 347–369.

  • Literatur

    N. N., Art. „Jeckeln, Friedrich“, in: Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, hg. v. Israel Gutman/Eberhard Jäckel/Peter Longerich/Julius H. Schoeps, Bd. 2, 1995, S. 667.

    Frank Flechtmann, November 1944. „Und nun erst recht!“ Ein Hornberger läßt schießen, in: Die Ortenau. Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Mittelbaden 76 (1996), S. 471–492. (P)

    Richard Breitman, Friedrich Jeckeln – Spezialist für die Endlösung im Osten, in: Ronald Smelser/Enrico Syring (Hg.), Die SS. Elite unter dem Totenkopf. 30 Lebensläufe, 2000, S. 267–275. (P)

    Andreas Schulz/Günter Wegmann/Dieter Zinke, Die Generale der Waffen-SS und der Polizei. Die militärischen Werdegänge der Generale, sowie der Intendanten, Richter und Ministerialbeamten im Generalsrang, Bd. 2: Hachtel – Kutschera, 2005, S. 343–357.

    G. H. Bennett, Exploring the World of the Second and Third Tier Men in the Holocaust: The Interrogation of Friedrich Jeckeln: Engineer and Executioner, in: Liverpool Law Review 32 (2011), Nr. 1, S. 1–18.

    Bernhard Kiekenap, Hitlers und Himmlers Henker. Der SS-General aus Braunschweig. Biografische Notizen über Friedrich Jeckeln (1895–1946), 2013. (P)

    Gerhard Wenzl, Friedrich Jeckeln. Ein Mann fürs Grobe, in: Wolfgang Proske (Hg.), Täter, Helfer, Trittbrettfahrer. NS-Belastete aus Baden-Württemberg, Bd. 9: NS-Belastete aus dem Süden des heutigen Baden-Württemberg, 2018, S. 207–221.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie, ca. 1930, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. VI. Wahlperiode 1932, hg. v. Büro des Reichstags, 1932, S. 287. (Onlineressource)

    Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. IX. Wahlperiode 1933, hg. v. Büro des Reichstags, 1934, S. 421. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Kai Struve (Halle an der Saale)

  • Zitierweise

    Struve, Kai Struve, „Jeckeln, Friedrich“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/120640910.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA